Oedenburger Zeitung, November 1921 (Jahrgang 53, nr. 248-272)
1921-11-01 / nr. 248
soedwikuxgerseikuuk ,,p».« TIER SER RH ; Nr. 8. — Seite 3. Bor a Ei LH > REIN NEL ffierheifigen — Alerseelen! Mieder einmal, bevor der weihbärtige Minterriese seiner hinsterbenden, in bunte, zerzauste Raubregen eingehüllten Herbstkraut den eiligen Bermählungsfuß auf die erstarrenden Lippen drüht, weihen wir Lebende einige verinnerlichte Stunden der Vergangenheit und den Lieben, die damals an unserer Seite in ihren wandelten. Die Zeiten, als man mit der Vergangenheit in heiligem Schmerz um das Unfahbare, das uns in einem Yugenblif Lebendes, Liebes, Einziges auf Nimmerwieder sehr raubte, eins wurde — sind vorüber. Die Schwere des Da= seins in den le&ten Jahren, die uns den biblischen Spruch: „Im Schweike Deines Angeihtes sollt Du Dein Brot ejsen!“ Heute so ver verständlich machte der ewige Kampf, um das Leben fristen zu können, nahmen uns die Zeit und die erforderliche Beschaulichkeit, in der einen zarten Tränen freier an stillen Abenden Entschwunschenes, Hingegangenes, Heimgefehrtes , wieder sehen, hören, fühlen und herbeisehnen zu künnen. Das Leben hat über das unermeklich weite Todesreich der Vergangenheit einen harten Sieg davongetragen, der uns fast nur zwei Tage im Jahre, Allerheiligen und Allerseelen, lieh, um in ihnen unsere Lieben und all denen, deren lekter Hauch die unendlichen Sahrtauffende Hindurch noch durch die oft vibriert, ein Erinnerungsfeuer der Liebe, des versöhnten Schmerzes und des Bewisifens von Menschenichidialen anzuzünden. Die Kerzen, deren Lichtfabeln in ruhigem Glanze, wie von den Atemzügen der teueren Verstorbenen leise bewegt, unter ihren mit Tannenzweigen umgränzten Bildern an dämmernden Herbstnachmittagen in den Zimmern tadern werden; die blausen Witern, die die zarte Hoffnung auf ein Wiedersehen von bereiften Grabhügeln zuflüsstern; unsere Arie, die sich dem Stiv vor der Allmacht des Todes auf den winterlichen Boden beugen und die aus ihrem Herzensveritel plößlich hervorquellenden Tränen werden Zeugenschaft ablegen für die Liebe, Verehrung und Pietät, die wir Eilzugsmenschen von heute der Vergangenheit von Leitern und Vorvorgeitern aus unserem schmersenden Innersten heraus andachtsvoll weiben! us Der 1. November (Dienstag). Allerheiligen. — Gedenktage: 1903 der Geschichtsihreiber Theodor Mommssen in Charlottenburg gest. — 1914 deutscher Seesieg unter Vizeadmiral Graf Spee bei Koronel über die Engländer. — Sonnenaufgang 6 Uhr 57 Min., Untergang 4 Uhr 29 Min. — Mondaufgang 8 Uhr 25 Min. früh, Untergang 5 Uhr 38 Min. undmittags. un Der 2, November (Mitttvoch). Allerseelen — Gedenktages 1642: Gieg der Schweden über die Kaiserlichen bei Breitenfeld. — 1766 der österreichische Feldmarschal Franz Karl Graf Nadesty in Trzeburg geb. — 1914 Kriegserklärung Nußlands an die Türkei. Serbien bricht die Beziehungen zur Türkei ab. — 1917 Graf Hertling wird deutscher Neidkfanzler. — 1918 Waffenstilstand zwischen Oesterreich-Ungarn und der Entente. — 1919 der Sozialhygieniker Wilhelm Schallmayer in Stailling, Planegg bei München gest. — Sonnenaufgang 6 Uhr 59 Min., Untergang 4 Uhr 27 Min. , Mondaufgang 9 Uhr 30 Min. vormittags, Untergang 6 Uhr 22 Min. abends. nn Des Feiertages wegen erscheint Die nächste Nummer Mittwoch nachmittags zur gewohnten Stunde. Trauungen. Gestern fanden folgende Cheichließungen statt: Modewarenhändler Friedrich Filo mit Fräulein Margarethe Mayer und Wagenordner bei der Raaberbahn Zosef Nemeth mit Fräulein Nefe Heßer. Ernennungen. Der Reichsverweser ernannte den Oedenburger stellvertretenden staatlichen Handelsschuldirektor Alexander Mekaros zum Direktor in die sechste Gehaltstlasse und verlieh dem ehemaligen hiesigen Handelsschulprofessor Stephan Ratsfayn den Titel eines Handelsschuldirektors. Beim Grabe Stephan Tikas in Gent sind heute im Auftrage des Komitats mit einer Kranzspende des Hon.-Oberfilials des Komitats Dr. Josef Oester und der Oedenburger Virilist und gewesene Abgeordnete Elemer Simon erschienen. Am 31. Oktober sind es drei Jahre her, daß Tika unter den mörderischen Schüfsen der vazierenden Revolutionssoldaten fiel. Der Evangelische Lese- und Jünglingsverein veranstaltete Sonntag den 30.Oktober, abends, einen religiösen Abend und begann damit abermals seine öffentliche Tätigkeit. Die gefühlvoll gesprochenen Deklamationen des Fl. Misi Feigl und des Julius Tihürk ges fielen allgemein. Die Eröffnungsrede und die Zerlesung hielt der Dereinspräses Pfarrer Karl Hanzmann, der über das Tema: „Frömmigkeit und Kirchenbesuch” tiefernste und zu Herzen gehende Worte prach. Das funftvolle Gelbspiel des Hans Scholz, der nebst meisterhaften Klavierbegleitung des Professord Alexander Rärpänti Mozarts „Larghetto” spielte, erntete großen Beifall. Die sehr zahlreichen Anwesenden sangen zu Anfang und Ende nebst Harmoniumbegleitung des Lehrers Johann Ritter das Hohelied der Reformation. Die Pfadfinder versorgen ihre Schulen mit Holz. Einen hüsschen und erfreulichen Aublid boten gestern die Pfadfinder eines hiesigen Insstituts, die, ihre freie Sonntagszeit benugend, mit Abfallholz schwer beladen ihren Nahweg aus dem Walde antraten. So aufgefaßt, ist die Tätigkeit der Pfadfinder tatsächlich eine erzieherische und beispielgebende. Die Sperrstunde ist so wie bisher auch weiterhin für die öffentlichen Lokale um 12 Uhr nachts. Zünglingsverein Hält Mittwoch, den 2. November, abends 6 Uhr in seinem Verein d. Sofale, St. Georgengasse Nr. 14, seine diesjährige Generalversammlung ab, zu welcher auch auf diese Weise alle Vereindemitglieder Höflichst eingeladen werden. Zuder für die Dedenburger wird zum festgelegten Mammalpfeis, wie uns der städtische Appropisignierungschef versicherte, demnächst in hinreichenden Mengen zur Verfügung stehen. &3 wäre demnach eine Medereilung, den teuren Würfelzuder zu 112 Szonen pro Kilo zu kaufen. Die Teuerungszulagen Der Lehrerschaft. Zur genauen Leitstellung des Ausmaßes der Teuerungzulagen der nicht staatlichen Lehrer und Kinderbewahrerinnen haben die zuständigen Schulstühle (Aufsichtskommissionen) innerhalb zwei Wochen an das königliche Schulinspektorat im Sinne der Dokumentalverordnung Nr. 172.000/1921/82. Ausweise einzureihen, die folgendes zu enthalten haben: Name des Lehrers (Kinderbewahrerin), die Zeit der Wahl auf ihren gegenwärtigen Bollen, der in der Nußnießung des Lehrers (Kinderbewahrerin) stehende Grund, das Ausmaß der MWeingärten in Joch (falls der Grund verpachtet ist, it die Radhtsumme behördlich nachzuweisen), die Quantität des Brennholzes in Raummetern bezw. die etwaige Summe der Brennholzablöse, die ausführliche Aufzählung anderer Naturalbezüge oder eine statt diesen erhaltene Bargeldablöse, eine außer den vor dem 1. Jänner 1919 mit einem Generalversammlungsbeschlus festgelegten Gebühren aus ordentlichen Einnahmsquellen genehmigten Teuerungszuschuß oder Gebührenzuschuß aus derer Benennung, die bisher erhaltene Teuerungszulage und endlich Die Benennung der zuständigen Staatsfafja. Die Lederer mögen die Schulstühle in der schnellen Fertigstellung dieser Ausweise in ihrem Interesse unterjtügen. Lanzkurs-Eröffnung. Donnerstag, den 3. November.1. S., um 8 Uhr abends findet die Eröffnung eines neuen Tanzfurtes im Tanzinstitut gb (Elisabethgasse Nr. 16) statt. Die alte Ordnung bei den Lebensmitteltransporten wurde zur großen Erleichterung der Dedenburger Landund Stadtbevölkerung wieder hergestellt. Im Falle nun Dedenburger aus Ungarn Mehl oder Getreide in kleineren Mengen nach hier bringen wollen, erhalten sie die Erlaubnis bei der Erpositur des „Gof“ (Nathausplaß 6, 2. Stod, Amtsstunden von 9 bis 1 Uhr). Um Erlaubnis für andere Lebensmittel hat man sie wegen Ein- und Ausfuhr an die Oedenburger Erpositur des Aderbauministeriums (OGtabenrunde 121, Straßenfront, 1. Stob, Amtsstunden von 9 Bis 1 Uhr) anwenden. Die Anszehlung der Staatsbeamtengebühren erfolgte mit Nachsicht auf den morgigen Feiertag bereit im Laufe des heutigen Tages. .,Unverhofft kommt oft!«Das mußte gestern mit taggasuch so ein Lauzbub erfahren,der mit einer Gummischleuder einem sogenannten Katapult— Steine nach dem Nachbarhauben schleuderte Urplötzlich und waclut nicht etw«a-sa-n«ft packte ihn die rächende Nemesig in Gestalt eines kräftigen Arbeiters beim Kragens und verabreichte ihm seine ausgiebige Tracht Prüge.Das wrpugdelicti ließ der lieberraschte vor Schreck fallen undna ihm,als er genügend durchbleut worden war,schleunigstreißaug.—In letzter Zeit hat der Unfug mit den Gummitischfleudern wieder so stark zugenommem daßeg hoch an der Zeit wäre,energisch dagegen einzuschrextem Würde jeder,der eiinen Bubennf diesem leichtlichkeil stiftenden Werkzeug erwischt.so verbahrem wiederbetreffende Arbeiter.so wäre dem Treiben dieser Buben,die nicht nur Spatzen und Tauschemen dem auch Fensterscheiben sich als Zielobjekte wählen, gar bald Einhalt getan! Unglücksfall in der St. Georgen- Harfe. Der in der St. Georgengasse Nr. 17 wohnhafte Zosef Nitter räumte Samstag den Boden auf; er stürzte von der Leiter, brach den rechten Oberarm und zog sie am Kopfe sowie am Gesicht schwere Verlegungen zu. Der Verunglückte wurde ins Elisabethspital gebracht. Einladung. Der Evang. Lese- und Die Beerdigung der Helden von Budadors fand Samstag vormittags in überaus feierlicher Weise und unter Teilnahme aller konfessionellen und gesellshaftlichen Organisationen vom Budapester Nationalmuseum aus statt. Fünf von den zehn Helden waren fatho- Tischer, drei reformierter, einer evangelischer und einer jüdischer Konfession. Die Särge trugen, bis auf einen, dessen jüdische Meberreste, die er barg, nicht agnosziert werden konnten, folgende Namen: Johann Nagy, Karl Ohaba, Michael Sipos, Johann Kiss, Franz Matrai, Ladislaus Deäüs, AUer, Vincze, Gabriel Cs.Molnar und Emmerich Klauf. An dem Leichenbegängnis nahmen der Reisverweser, Erzherzog Stofef, die hohen Offiziere der nationalen Armee, die Mitglieder der Regierung und viele Vereine mit ihren Fahnen teil. Die Helden wurden im Kerepejerriedhof beigesetz. Der bei Budaörs gefallene jüdische Universitätshörer Cmmerich Klaus wurde Sonntag im israelitischen Friedhof unter großer Teilnahme im hauptstädtischen Ludenschaft be=ervigt. « Gitta machte ein unbeschreiblich hochmütiges Gesicht. „Das kommt von der Abstammung. Deine Mutter war ja wohl ein Mädchen aus dem Volke. Sage mal, ist es wirklich wahr, daß sie Wälcherin gewesen ist?“ Ellinors Augen leuchtet er stolz. „Sa, Gitta, sie verdiente ich in schwerer Arbeit ihr Brot, als sie fur den Tod ihres Bruders im fremden Bande plötlich einsam und verlassen dastand. OD, meine Mutter war eine herrliche Braut Mlle, die sie fanıeten, haben sie verehrt. Ich bin sehr, sehr stolz auf meine Mutter wie auch auf meinen Bater. Das gesunde, kräftige Blut in unseren Metern verdanken wir, mein Bruder und ich, nicht zum wenigten meiner Mutter. Wen sie sich nie! Durch einen bösen Hall Schaden getan hätte, so lebte sie heute nah und wäre gesund und Freilich.“ Gitta lächelte etwas malitiös. „Wie sonderbar, daß ein Freiherr von Lossow so unter seinem Stande Heiratete! Meines Willens ist das der einzige Fall in unserer Familie. Uebrigens tust du gut daran, es vor aller Welt zu verbergen, was deine Mutter gewesen ist.“ »Was meine Mutter gewesen isst?« wiederholte Ellinor mit vor Erregung bebender Stimme, während sie Augen sie nur so gereizt, Ellinor zu demütisch ganz Drittel fürchten. „Nun, ich meine, daß sie eine gewöhnliche Wälderin war.“ Ellinor warf den Kopf zurück. „Sie war eine sehr ungewöhnliche Mähderin! Eine Frau, so flug und tüchtig, von so edler, vornehmer Gesinnungsart, wie — ja — wie ihr es gar nicht begreifen önnt! Ich werde nie ein Geheimnis daraus machen. Das sähe ja aus, als schäme ich mich meiner lea Und ich bin doch so stolz auf je!“ Gitta zuchte die Achseln. „Das begreife ich nicht. Mutter it eine geborene Schlettau —“ « Heine Gräfin Ein unbeschreiblicher Hochmut lag in die»sen Worten. Elsinor zeigte sich albers gar nicht davon überwältigt,daßi Gittas Mutter eine Gräsfin Schlettau w an Sie mußte denken,was woihl diese Gräsfin Schlettau getan haben würde, wenn sie an Stelle ihrer Mutter ohne Schuß und Hilfe in ein fremdes Land verschlagen worden wäre. Der Gedanke Hieran erfüllte sie mit Heiterkeit. Sie konnte über Gittas gespreizten Ton lächeln und nahm die junge Dame internst. Webrigens sah Gitta auch jeßt ein, das sie unflug gewesen war. Es Hatte gen. Nun zeigte sie sich besonders liebenswürdig, denn sie erinnerte si, da Botho die Kusine Heiraten sollte. „Was ich noch sagen wollte, Ellinor ‚— morgen kommt Botho auf längeren ‚Urlaub nach Losjow. Dann wird es kurzweiliger. Botho it ein brillanter Gesellschafter. Du wirt ihn nun auf fennen lernen.“ „Ich bin sehr gespannt darauf,“ erwiderte Elfinor mit einem feinen Lächeln. — Inzwischen war Gittas Pferd vorgeführt worden. Sie ließ sie von dem Reitmehl in den Sattel heben. Elfinor hatte eine praftischen, weis hen Lederhut, den je stets zur Hand hatte, auf das üppige goldbraune Haar gedrückt und schritt nun mit ihren festen Rederstiefeln und dem schlichten, Fußfreien Tuchrod neben Suleife her. Bei ihnen lag der Mahd mit dem zarten, feinen Grün des Frühlings. Die Vögel fangen und zwitscherten mit brennendem Eifer, wie sie den nur im Frühling singen. Die beiden jungen Damen gingen ihren Gedanken nach und wechselten nur ab und zu flüchtige Worte. So verging eine Viertelstunde. Da sahen sie bei einem Kreuzweg Baron ‚Linded auftauchen. Er erblichte sie auf und hielt sein Pferd an, um sie zu erwarten, aur (Sortregung folgt.) · . In die Gecichter der bewen jungen Damen stieg eine leisse Nöte.Gitta dachten nnhire Lügen und leineteiv fiann sich,daß Ba·ron Lindeck sie unweit bis sich genannt und dass er mit Gitta hinter dem Nücken ihrer Eltern ein Liesbenverhältnis Hatte. „Ob ihm das nicht unpallender erscheint, als wenn eine junge Dame ganz unbefangen seinen Besuch annimmt?“ dachte sie bitter. Aber sie warf den Kopf zurück, als wolle sie diese Gedanken verscheuchen. Was ging Baron Linded sie an? Nichts gar nichts! Er war Großonkel Heribert lieb und wert gewesen — das hatte ie wohl veranlagt, ihm einige Sympathie entgegenzubringen. Ob Onkel Heribert es wohl gutgeheißen hätte, daß er heimlich mit Gitta flirtete? Ach, sie wollte gar nicht mehr daran deuten. Baron Lindel wir abgetan für sie — gründlich abgetan. Gitta beugte ich zu Ellinor herab. „Da it Baron Lindel, Ellinor. Nicht wahr, du bist nicht böse, wenn ich mich bitte, mich mit ihm allein weiter. Dt zu laffen? Wir haben denselben eg.“ Ellinor sah mit fragendem Bit zu ihr auf. AGRARIABearer, = SE a Maschinen — das Beste vom Besten Putzmühlen Schrot- u.Putzmühlen, Futterschneidemaschinen, alle Maschinen für Ackerbestellung in hervorragender Qualität. Verlangen in Preisliste. AGRARIA G.m.b.H., Wien IV. Rechte Wienzeile 1. — Filiale: Graz, Annenstr. 69.