Oedenburger Zeitung, Mai 1922 (Jahrgang 54, nr. 98-121)

1922-05-16 / nr. 109

RE Ku =­­ ‚ Seite 2. — Nr. 10. a Be ‚würden mangen des Friedens und der nachfol­­genden Diktate die Interessen der deut­­schen Wirtschaft nur mehr­ in völlig un­ zulänglichem Maße gewahrt werden, so sie dann völlig­ vernachlässigt werden. Bei alldem, bei der ganzen Beurtei­­lung der deutschen Antwortnote bleibt, allerdings eines zu bedeuten, daß die eigentliche Bedeutung des Dokumentes erst noch geschrieben und f­estgestellt wird, und zwar nicht in Berlin und nicht in Paris, sondern in Genua. Der Verlauf der Konferenz wird an die Bedeutung und die Folgen der deutschen Antwort bestimmen. Will die Konfe­renz von Genua ihren Zweck erfüllen, den wirtschaftlichen Wasseraufbau und die Befriedung Europas herbeizufüh­­ren, dann wird sie auf d­iesen Wege die Forderungen der­ Reparationsfermmis­­sion von Deutschland als unerträgliches Hindernis finden. Und sie wird feinen Denn der­ Geist der Note der Reparationsten: miffion hat nichts gemein mit dem Geiste von Genua, den m­an bei Beginn der Konferenz von allen Geiten mit so vielen hohen Worten als den Geist des Friedens, der Versöhnung und der Ge­rechtigkeitt bezeichnet hat. Dann wird die Konferenz von Germ­ an noch ihre Unterschrift unter die deutsche Antwort feßen müssen. Umweg machen können. Verbot der Wahlpropaganda ab 22. Mai! (Drahtbericht der „Oedenburger Zeitung“.) Budapest, 15 Mai. Die Re­gierung hat alle Wählerver­sammlungen vom 2. Mai bis 3. Juni verboten. Die Begrün­­dung geht aus folgender halbamaligen Mitteilung hervor: Seit der Auflösung der National­versammlung ist eine geraume Zeit vertroffen, und während dieser Zeit hatten die politischen Parteien und ihre Kandidaten auch bisher schon weibhlich Gelegenheit, die Wählerschaft mit ihren Grundlagen in gründlicher und einge­­hender Weise bekannt zu machen; die Wähler sind daher am jetz­lichen durchaus in der Lage, sich über ihre­ Stellungnahme zu den einzelnen Kandi­­daten eine bestimmte Meinung gebildet zu haben. In Anbetracht dieses Um­­standes und des nicht minder wichtigen Moments, daß es an im­nteressse des Landes Liegt, daß die in naher Zeit stattfindenden Wahlen zur Nationals­­versammlung ohne die gek­naite Stö­­rung der öffentlichen Ordnung in wiürdevoller Weile verlaufen und Die wahlberechtigten Bürger von ihrem Wahlrecht in einer ersten Ruhe Ge­­brauch machen, die den die öffentliche Ordnung gefährdenden Parteileiden­­­­schaften und Aufregungen entrükt und Jaud der gegenwärtigen schwierigen Rage des Landes angemessen ist, hat Die Regierung im Interesse der Sicherung der Ruhe und der öffentlichen Ordnung auf Grund der gesetlichen Bestimmun­gen, über die Ausnahme gewalten wie­­ folgt verfügt: 1. In der Zeit vom 22. Mai bis ein­­schließlich 3. Juni dürfen feisterlei poli­­tische V­ersammlungen abgehalten, und auch anderweitige Volksversammlungen oder Auszüge an öffentlichen Orten dürfen nicht gestattet werden. 2. Wer dieses Verbot verlegt oder umgeht, macht sich, wofern seine Hand­­­lung nicht einer schwereren Strafsanka­­­tion unterliegt, einer Medertretung schuldig, nic it auf Grund des S 10 6.4. 63:1912 zu bestrafen.­­­­ Stimmungsbild. Im Stadtiwald blüht der Flieder Und grün ist Baum und Strauch, Bunt sind die Gärten wieder, Die Straßeneden auch, An allen Farben prangen Sie, wohin man nur blict, Mit kurzen und mit lange Plakaten vollgespi­t. Hier rosenrot, dort röter Und blau und gelb und weiß, Versprochen wird von jeder Bartei, sie bricht das Eis! Den Frühling will bedeuten Auch diese Zettelpracht So nämlich wird ’s dem Leuten Vor Wahlen vorgemacht. Die Leute gehen vorüber Und bleiben gar nicht steh’, Ich glaube, weil sie Lieber Die bunten Blümlein sehn... Do weiß ich alch, weshalb m­aı Die Eden ruft macht bunt ? Damit ich nicht behaupten kann : &3 fchert sich drum sein Hund! Gamin („Neues pölit. Bolfsbl.”). Drucksorten in einfacher bis feinster Ausführung Röttig-Romwalter Druckerei-A.-G. ::: Oedenburg, Denkplatz Nr. 66 s BT Oedenburger Zeitung - Optimistisch. Ein Mann heiratete eine Witwe. Sein Bruder sagte ihm am Hochzeitsmorgen: „Sch möchte nie der zweite Mann einer Witwe­ sein.” Der Bräutigam läcelte optimistisch: „Immer noch besser, der zweite Mann einer­­ W­itwe zu sein als ihr erster.“ ” Auf Umtwegen. Bater: „Der Weg zum Erfolg ist sehr lang und sehr schwer, mein Sohn.” Sohn: „Gibt es seine Umwege ?* Bater: „Do ja. Eine Menge. Die Ge­­fängnisse sind von von Leuten, Die Diele Umwege gegangen sind.“ Dienstag, 16. Mai 192. ——­­—m—b EX[#:srz­ zum—n Bureaumöbel, Tapezierer- und Eisenmöbel Riesenauswahl, gediegene Ausführung, mässige Preise! Grösstes Provinzversandhaus, Grabenrunde 62, Telephon 339. Leopold Kopstein, Oedenburg, 5234 Der 16. Mai (Dienstag). Kath.: Zohan­dy, Nep.; Brot.: Moses. — Gedenktage: 1788 der deutsche Dichter Franz Rüdert in Schweinfurt geb. — 1821 Pfarrer Sebastian Kneipp geb. Todesfälle. Am 13. d. M. starb : Frau Stephan Kiraly geb. Marie­­ Horvath im Al. und der Kleinland­wirt Rudwig Altheim im 45. Lebensjahre. An 15. dv. M. verschied­ die SAjährige Private Anna Hierma­yer. Trauung. Der Oberstt im fün. ung. Generalstab Wilhelm Röder ehelichte gestern die Private Anna Szalay. Als Trauz­eugen fungierten Husaren­­oberst Sranz von Flud und ein zwei­ter Husjarenoffizier namens M­aul Bongradh . Berlohung. Die Tochter Vilmus des städtischen Kanzleidirestors Stephan S­­lanvy verlobte sich mit­ dem Capye­­der Kreisnotar Adalbert Kiss. Ein Polizeihauptmann als Boliziker. Der auch in Oedenburg bestens bekannte Raaber Staatspolizeihauptmann Dok­tor Anton Kriptinfonid, der mit einem außerparteilichen Programm — nach Niederlegung seines Amtes — kan­­didierte, hielt gestern in Raab seine Programmrede, die großen Erfolg hatte. Seine Aussichten beurteilt man in sehr günstiger­­ Weise. Die Wahlpräsidierenden der Na­­tionalversammlungswahlen. Der Zens­tralausschuß der K­omitate wählte in seiner legten Sigung die folgenden Herren zu Präsidierenden bei den Nationalratswahlen: Wahlkreis Edepreg: Vorfigender Advokat Dr. Franz Bäachmegpet, Stell­­vertreter Grundbesiger Ga Simon Wahlfreid GCSorna: DBorfigender pensionierter Oberstuhlrichter Bela 95- oHEeki, Stellvertreter Apotheker Gugen Merinezer. Wahlkreis Kapıfvär: Vorfigender Oberforstrat Raul Rimler, Stellvertreter Adootat Dr. Andreas Nagy. Wahlkreis Land: Vorfigender kath. Beistlicher Paul Bene, Stellvertreter Gutsverwalter Geza Payer Wahl­­freiSiedenburg Land: Vorfigender Dionts VPolgar, Stellvertreter Ladislaus Simon. Wieder im Amt. Nach langer Krankheit volständig genesen begann­ der städtische Kanzleidirektor Stefan Sz­lady ‚wieder seine Amtstätigkeit. Auszeichnung eines aus Oeden­­burg stammenden Gelehrten. Zum korrespondierenden Mitglied der ungarischen wissenschaftlichen Akademie wurde der aus Derenburg stammende Geologe Dr. Aladar Bendl gewählt. Dr. Vendl ist der Sohn des langjährigen Professors der Staatsoberrealiguie Dr. Aladar Bendl. Umtausch der Ein-Kronen- Noten. Der Finanzminister hat eine Verordnung erlassen, laut deren die auf dem Gebiete des ungarischen Staates befindlichen nicht überstempelten, auf eine Krone lautenden Noten der Desterr.-Ingar. Bank, sowie die durch die Organe der sogenannten Räte­­republik emittierten Ein-Kronen-Nachahmun­­gen vom 1. Mat Eid intlusive 13.­­Juni durch die zur Hebernahme dieser Geldnoten einzig verpflichteten Stellen: das Kön. ung. staatliche Noteninstitut und die fon. ung. Staatsfasjen, nur mehr mit einem fünfzigprozentigen Abzug, d. i. im Werte von 50 Heller, an Zahlungsstatt anzunehmen oder auf Staatsnoten umzu­­tauschen sind. Nach Ablauf dieser Frist dürfen die erwähnten Geldnoten weder an Zahlungsstatt angenommen, no auf Staatsnoten umgetauscht werden. Ueberstempelung österreichischer Vorfriegs-Staatsschuldentitzel. Die tschechische Gesandtschaft in Budapest teilt mit, daß die Frist für die Heberstem­pelung der in Ungarn befindlichen und eigentum­ tihechischer Staatsbürger bildenden öster­­reichischen Borkriegs: Staatsschuldentitied bis zum 31. Mai verlängert wurde. Diese Titres können bis zu dem genannten Tage in der kommerziellen Sektion der Gesandtschaft in Budapest (5. Bez., Mademia utca 17) behufß Wieber­­stempelung eingereicht werden.­­ Bergessene Handschuhe. Ein Beam­­ter der hiesigen Staatspolizei, der ge­­tern der Versammlung der Sozial­­demokraten in der Turnhalle auf der Pfarrwiese beimwohnte, vergaß d­ortselbst um halb 4 Uhr nac­hsmittags ein Paar dunkelbraune Handschuhe aus Anti­lopenleder. Der ehrliche Finder wird gebeten, die Handschuhe im Kaffenilofaf der Staatspolizei abgeben zu wollen. Der heutige Markt zeigte Normal ER Eier notierten 8 K pro Stüd. — Radbrud verboten. Die Adoptivtochter. Original-Roman von H. Courth8-Mahler. (43. Fortjegung.) Herbert dachte soeben Daran, Daßs er ja nun eigentlh in aller Form bei Frau Steinbrecht um Britta­­ anhalten muste. Er erinnerte ih jenes Gesprächs mit der alten Dame, als er ihr seine Liebe zu Britta gebeichtet hatte. „L­assen Sie mir Britta­no ein Meilchen, sie ist mir teuer geworden.“ hatte sie damals gesagt. Aber seine Liebe hatte sie gebilligt. Wie gut, daß er damals schon gesprochen, sonst wäre er ihr wohl morgen als Mitaifträger erschienen. « Un­ruhig warstete esr daraus,daß Theo«sich entf­ernen sollte.Ins seiner Gegenwart wollte er Onkel un­d Tante von seinem Glü­ick nicht­ Mitteilung machen. . Zusms Glück hatteTlser für­ den Abend eine Einladung­ und entfernte ich bald. Sobald Herbert mit den­ alten Leu­­ten allein war, berichtete er zunächst von seinem Apvancement und dann von sei­er Verlobung mit Britta. Das gab eine Heberraschung. Frau Dr. Frensen weinte vor Freun­de, daß Herbert ein solches Glück errun­­gen — und zugleich vor Herzeleid, Daß­­ Theo nicht ebenfalls so alüblich sein konnte. Sie sprach das auch aus. Ihr Gatte lachte und schüttelte Her­bert vor Freude an den Schultern. „Alle beide können das Prachtmädel Do­ nicht Haben! Aber da sich der Teu­­felsjunge hier nun mal mit ihr verlobt hat, wollen wir froh sein, daß wenig­­stens einer sie bekommt. Sieh ihn Do nur an, Alte­r er strahlt ja vor Glück! Much ja auch arg tief fiken, ‚die Liebe, wenn unser besonnener Herbert so leicht, sinnig it, si mit einem armen Mädel zu verloben! Geh­ Herbert — nun bist du aber d­och froh, daß es so gefommen it. — Herbert machte, ein ernstes Gesicht, dann sagte er: „Nein, es freut mich gar nicht, dah Britta Frau Steinbrechts Erbin wird! Aus meiner Hand ollte Britta alles empfangen, das hielt ich für ein Hohes Süd.“ « Den alten Herrschaften wurden die Augen feucht. „Halt recht, Herbert, der Tugend die Royale. Zur Realitäit kommt man noch früh genug. Und schön it es da, dah ihr euch gefunden habt, ehe das Geld eine Rolle spielte. Daß es aber vor­­handen sein wird, das ja dir nicht feid tun, mein Lunge.“ „Es soll jedenfalls seinen Schatten auf unsfer Glüc werfen. Ich liebe Britta allein — alles andere als Nebenjade.” „Wie schade, daß du uns das nicht vorhin schon gesagt hast, Herbert. Nun­ hat es Theo nicht erfahren,“ sagte Frau Dr. Frensen mit leisem Vorwurf. Herbert Früchte sie zärtlich. „Nur ihr beiden sollt willen!“ “ es Heute „Aber Theo gehört d­och zur F’ milie.“ „Gewik, Tantchen. Aber für Theo soll es no­ ein Geheimnis bleiben — bis ich mit Frau Steinbrecht gesprochen habe.“ ‚Nun, wie du willst. Ach, du Her­­zensjunge — ichh bin ganz närriichh glüc­­lich, hat das liebe Mädchen nun zu uns gehört. Lieb habe ich sie, weil sie mich zum erstenmale mit ihren schönen gold­nen Augen ansah.“ Herbert mußhte zum Abendessen blei­­ben. Die beiden alten Leute wollten noch allerlei von ihm hören. Britta war am nächsten Morgen früher als eut aufgestanden. Die glückliche Unruhe trieb sie schon vor der verabredeten Zeit hinaus in den Parf. Mit einem raschen Ei spähte sie die Klausstraße herauf. Sie war fast menschenleer. Aber jet bog oben mm­ die Ehe eine große, ichlante Männer­­gestalt. Sie fühlte, daßs es Herbert war. Schnell hHuschte sie an das Pförtchen und ichlo es auf. Dann ging sie langsam auf den verschneiten Wegen auf und ab,­­ bis sie die Tür leise Flirren hörte. Da wandte sie sich um und ging ihrem Glück entgegen. Ausstrahlend sahen die beiden jun­­gen Menschen einander an. Schnell 309 Herbert Brittas Arm durch den feinen und, ihn fest an sich drühend, sagte er aufatmend: „Liebes, Süßes — diese Nacht wollte­­ sein Ende nehmen. Dant, heiken Dant, da Du gefommen bist.“ Und er 309g fie tiefer in den Barf hinein, bis man sie von der Straße nicht sehen konnte. Nun waren sie allein im der schweigenden M Winterpracht des Barfes. Er nahm sie in seine Arme und führte sie, bis sie beide atemlos las­sen. Dann sahen sie sich tief in Die Augen und führen si wieder und wieder. 5 „gieb es, wie hab’ ich es nur ausge­halten, so lange neben dir herzugehen! Mie­ habe ich, mi nach dir gesehnt! Und du, Liebling, hast du auch Sehr, jucht nach mir gehabt?“ fragte er endlich. = Sie legte ihre Wange an seine Schulter und sah zu ihm auf. (Fertlegung flgt.)

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