Oedenburger Zeitung, Juli 1933 (Jahrgang 66, nr. 146-171)

1933-07-01 / nr. 146

Seite 2, Samstag Dedenburger Zeitung _ Samstag und Sonntag, am 1. und 2. Juli: brosseshabaret EEE ET EEE der prominentesten Künstler im städtischen Mozi! in der gewohnten jhwungvollen Weije den Subilanten als Priejter, Menich und Stadtrepräfentant würdigte. Cr hielt einen ausführlichen Rüdblid auf die bis­­herige Tätigfeit des Iubilanten, der als Sohn unferer Stadt und als Kind armer, jedoh das Leute, hiefige Benediktinergymnafium be: juchte, jpäter ans Priefterjeminar nad GHÖör-Raab fam. Nad; jeiner Weihe zum Vrieiter (29. Iumi 1908) Ausbruch des Weltkrieges wirkte er als Hillsgeiftlicher in Wiejelburg, wurde bald darauf Erzieher des Eröberzogs Albrecht in Ungariih-Altenburg, Tfam jpäter als Religionsprofejlor an die jtaatliche Ober­­vealjhule in Györ-Raab und rüdte Honvedinfanterieregiment, mit dem 19er Raab jtationtert war, als Feldgeiitlicher an die Front. Zuerit an die ruffiiche, an die italienische. Er war wicht jelten in. den vorderjten Linien, hielt tap­­fer neben den Soldaten aus, Hungerte und Titt mit ihnen und war ihnen ein Yreumd und ITröfter in Not und Tod. Schon da= mals, als Feldgeiitlicher, fannte er (wie auch jegt) feinen fonfellionel­­oder Alajjenunterihied. Nicht jelten fam es vor, daß er einem an­­dersgläubigen Krieger, der Ihwer verleht wurde, Tuojt jpendete und die Schmerzen zu lindern verjuchte oder dem Sterbenden den Weg in in die Emwigfeit erleichterte. Seibit beim Grabe jüdijcher Krieger, die den Heldentod jtarben, verrichtete en — mangels eines Rabbiners — Totengebete, Dies rechnete man ihm unter den Kriegern hoch an; er wurde von allen jehr verehrt, insbeionders wegen feinen Aufopferung und Tapferkeit vor dem Feinde. Er war jederzeit bereit, fein Leben für andere zu opfern. In den Shügengräben der Kıar­­pathen (wurde ev auch jchwer verlegt und in hoffnungstofem Zuftand in ein Militär­­fpital nach Ungvär gebradt, wo er au vom Typhus befallen wurde. Sein Gott­­vertrauen, jein Mille, auch; weiterhin ein Freund und Tröfter der Mitmenjhen zu fein, machten ihn wieder gejund; erfaman die italienische Front, wo er au; lange einem Kriegsipitalen als Geel­­forger. wirkte. Nah Zujfammenbrud der Mittelmärhte fam er neuerlich an die ftaatliche Oberrealichule in Györ-Raab, wo er furze Zeit als Religionsprofefior tätig war. Während der Proletarierdiktatur in Ungarn gelang es ihm durch Tapferkeit und Unerfchrodenheit den Kirhen­­jhat der Györ-Raaber Did­­jeie vor den roten Horden Zu ihüsen. In den Annalen der Kinhen­­geichichte jteht diefe Tat mit goldenen Let­­tern verzeichnet. Nach kurzem Wirken in GYyÖör-Raab nahm er eine Pfarreritelle in der Gemeinde Röjtöf an; er war ein treuer Berater und Helfer der Armen. Man Tier ihn ungern ziahen, als er vor aht Iahren zum Gtadt­­pfarter von Dedenburg ge=­­wählt wurde. Geiner Wahl ging feitens feiner Vorgejetten der beite Kuf voraus und wegen jeines jozia­­len Gefühls und feiner edelgejinnten Handlungsweije erfreut er fih bei der ganzen hiefigen Bewölterung ohne Unter- Ihied der größten Liebe und Achtung. Sm.Namen des Fath. Konvent3 be­­grißte den Jubilanten Präjes Oberhau­­mitglid Dr. Stefan Pinezid. Er verdolmetihhte die Liebe und Verehrung der Mitglieder des Konvents, die dem Herrn dankbar find, daß er ihnen in dem Subilanten einen jo edelgefinnten, gütigen Geelforger und Kührer gegeben bat. be Hohihäkung überreichte er jodann das Geichenf der einen goldenen Meßfeld. Der Prüfe des „Eredo“-WVereines ftädtifchen Oberarhivar vite; Dr. Euger begrüßte den “ırbilanten in Namen der Fath. Männervereine un! Körperichaften. Gleichzeitig überreicht er ihm einen .neiltiaen Blumenftrauß der Mitglieder der Fath. Vereine un Körperjcaften. Die Glüdwünfche der fath. Trauer und Mädchenvereine verdolmetichte D Präfidentin des Fath. Frauenverbande Witwe Sojef Fifher. Im Namen d Trauenfongregation überreihte Tre Sulius Sferlan einen jchönen R jenitrauß und eine wertvolle Handarbt (Stieferei unter Glas). Für die Huldigung fagte Sta­­pfarrer Propft Koloman Bapp #f geriihrt Dank. Er fühlte fich bezügh der vielen anerfennenden und lobenit Worten fichtlich beihämt und meik, daß ihm dieje feine bejondere Freudee* reiten, weil er fie nicht verdiene, min er bloß feine Geeljorgerhflicht erfite. Nichtsdeftoweniger betrachte er die r­­flungenen Reden als Wegweijtr: wirfen nie und fein fsll. Eine Feine Freude beite ihm jedoch die Feier dekhalb, weilfie nicht nur feiner Berjon, fondern jeer Pofition, dem BPrieiterfleid gilt. er Tränen der vielen, Feltgälte gedach' er fodann feiner längftveritorbenen En, die im fath. Friedhof zu St. Mael ruhen. und denen er — wie er millin­­derliebe erflärte — alles verdcfe. Sie lehrten ihm -Pflihterfüllunund ‚wie er in der Zukunft Sottesfurdht, jowie die Liebe zum Näciten. Für das Grab feiner unver­­gehlihen, innigitgeliebten Eltern erbat er ji von der jchönen Feier nur eine Handvoll Weihraud... Dank jagte er nachher allen, die die jchöne Feier arran­­gierten und betonte, daß er aus dem erhaltenen Meffekelch für die Erfüllung eller Wünjche und für das Glüdf aller Bürger der Stadt ein Danfopfer 'darbringen wird. ‚ Nach der neuartigen Vortragsmeiie de8 „Szözat“, gelungen vom Männer­­gejangverein „Concordia” und der päpitlichen Hymne, gejpielt von der Mur fiffapelle de8 °M.-G.-B,. „Concordia” fand die erhebende Feier ihren würdigen Mbichlup. = Um 1 Uhr mittag fand zu Ehren. des Subilanten im großen Saale des Ffath. Nejevereines ein Banfett jtatt, an iwel- Hem 200 Berfonen teilnahmen. Tijch­­reden hielten: Obergefpan Dr. Elemer vd. Simon, Stadtpfarrer Propit Kolo­­‚man Bapp, Oberdireftor des GHörer ‚Schuliniveftorat3 Dtto Diida, Oberitl. Szabd, Achitett Karl Shärmär, Propit Dr, Ladislaus Bürhner umd Brofeffor Dr. ©. Gerecs. * Zu gleiher Zeit wurden in einem anderen Zofal des Ffath. Lejevereines anläßlich des Brieiterjubiläums unferes Stadtpfarrer8 265 orme Leute ausgespeiit Diefe Wohltätigfeitz­­aktion machte dem Subilanten die größte Freude, Er offenbarte dabei neuerdings jein edles Herz für die armen Tamilien. unferer Stadt. Schiller. dann len Zeit ehrbarer, gottesfürdtiger bei das in Györ- Zum Zeichen der Verehrung und Hazy, Ronventmitalieder! Er ei - k x Suriermäbigung be Annb-Yedenburg-Shenfurter Sienbaht Ab 1. Juli wird — gleich den Ungari­­ihen Staatsbafnen — much die Raab- Dedenburg-Ebeninrter Eijenbahn Tarif­­ermäßigungen gewähren. So werden die Fahrpreife im Perjonenzugsverfehr bis zu 15 Kilometer vom 9 bis 35 Proogent, im Shnellzugsverfehr über 100 Kilometer um 4 Progent ermäßigt. Die Schnellzugs­­ermäßigungen tommen im Berfehr mit Budapeit zur Geltung. Die Perfonenzugs- Tahrpeije find: Auch im MWarenvertehr werden bedeu­­tende ITarifermäßigungen bis zu 22 PBro­­zent Dunchgeführt. Kilometer 2, Klafie 3. Alafje 1—5 26 Heller 16 Heller 6—10 60 Heller 40 Heller 11—15 9% Heller 60 Heller |. 1. Iufi 198, Städtisches MOZI Vom 29. bis 30. Juni, Donnerstag und Freitag: Ein lustiger Tonfilm ! Amüfante Komödie nah dem Bübnenitük „Bun­­burry‘‘ von Oskar Wilde in $ Akten. Mulik Ralph Erwin. Hauptrollen: Georg Alexander, Charlotte Ander, Adele Sardrock, Harald Paulsen. Außerdem auf vielfeitigen Wunfch ! Frühling in Sopron. Sämtliche Filmaufnahmen des Frühlings, Fliegertag, Turnfeft, Ballagäs, Motorrennen, Kinderwagenkorfo, Leventefeft etc. Jugendfrei ! Donnerstags : 3, 5, 7 und 9 Uhr. Feiertag um 5, 7 und 9 Uhr. Ins unabhängige Berien. Bor DO Iahren noch war PBerfien in eine ruffiiche und eine englilche Inteveilen­­iphäre aufgeteilt und mod 1919 glaubte England die volle Kontrolle über ganz Berjien durchlesen zu können. Heute it es ein unabhängigen Staat! es gibt fei­­nerlei Borrehte der Ausländer mehr. Das hat Berfien nicht zulegt Sowjetrufland zu verdanken, das auf alle Vorrerhte des zeriftiihen Rukland im Perfien verzich­­tete: womit Somwjetrußland den britifchen Smperialismus in Mien treffen wollte. Mas ihm auch gelungen ijt, denn Berfien fühlte fiy Ende 1932 Ijtart genug, die 1901 auf 60 Iahre an die Anglo Perjian er­­teilte Erdölfonzeffion Shah Riza hat die drei Yorderungen, die er dabei jtellte, voll Durchgejegt: die Ein- Ihräntung des Konzeiftionsgebietes der Anglo. PBerfian. die jtärfere Heranziehung von Perjern auch in die höheren Stellun­­gen der Anglo PVerfian und: die Erhöhung der Abgaben der Anglo Berfian (4 Shhil­­ling je geförderte Tonne, unabhängig vom Preis des Dels, Anteil am Reingewinn und Hohe Einfommenfteuern). Die perfi- Ihe Regierung Hat fih aljo beträchtliche Einnahmen geiichert und fann damit ihr Regierungsprogramm durchführen, das nad der „N. 3. 3.“ drei Nunfte umfaßt: 1. Ausbau einer modern musgerülteten Armee fowie einer Quft- und Seeflotte (bei der Sowjetunion Hat Perfien 190 Milttärhluggeuge beitellt); 2. Schaffung einer nationalen Industrie zur Dedung des einheimijchen Bedarfs; 3. Bau von Eijenbahnverbindungen (u. a. mordfüdlich vom Kajpiihen Meer über Teheran zum Perfiihen Golf, jowie vom Nordperfien nach Iraf, Syrien und der Türkei), außer: dem von Automobilitraßen und Errichtung von Fluglinien. Hiebei ijt befonders in­­terejiant zu beobahten, dag PBerlien einen Ausweg nah dem Mittelmeer ‚nad Bei- Vielleicht bift du das große @lück! zu Bündigen und: = ALS der Gerichtshof Plab genommen, gab der VBorfigende- den Befehl: „Man führe die Angeklagten herein.“ Die Tanten Schluchten auf —. Homann und der Chefarzt, die her­­übergefonmmen waren — man würde ja auch fie noch über Charakter und Wejen des Angeklagten vernehmen —, erhoben fi, alS der Gerichtsdiener Hans Gerlich bereinführte. Sie wollten damit den Aln­­geflagten ehren umd zeigen, daß jie an feine Schuld nicht glaubten. _ Der weite Seal der Zufchauer verharrte in tiefem Schweigen. Hans, bleich; hohmüt und ungebeugt, verneigte fich leicht vı dem Gericht und nahm mit Stolgem Ghmut feinen Bla auf der Angeflagtenb£ ein. Seine Verteidiger redeten Te mit ihm. Dann trat Inge ein. Schüchtern und verlegen, af ohne eine Spur von Scham und jchidewuß­­ter Scheu, hielt fie die Blicke geift. Iroß der Unterfuhungshafpar ihr immer frifches Geficht auch jest fig und von dem janften Liebreiz, derie aus­­zeichnete. Ein leifes Naunen der impathie ging durch den Zufchauerraum Der Vorfigende runzelte dStirn. „sh muß um Nube bitter jagte er energiich. Snge und Hans grüßten | E3 lag in Ddiefem Gruß viel itille fiqnation, aber auch viel herzliche Achtunind tröft­­lie Ermunterung. Ach nein, jo blieten fich ne „KRom­­plicen” an... Dann erhob fih der Gtsantvalt, um die Anklage zu verleien. Gerladh hatte in der Vorterfuchung äußerft fparfam und bejanı feine Worte gejeßt. Sekt antiwete er mit der ruhigen, aber offenen ı rücfjichts­­lofen Empörung des zu techt Ange­­flagten. Nicht jowohl fein 1, al3 feine Worte waren farkaftiih. © Nechtsan- twalt beugte fich vor und flikte ihm zu: ‚Werfherzen Sie fi nicht die Shmpathie on Gerichtshofes und der Deffentlich­­eit.“ ‚Und Sans antwortete laut auf Dieje leije Mahnung: „Ich brauche feine Sym­­pathie, ich fordere nur Gerechtigkeit umd Vorurteilslofigfeit. Im SInterefie meines Standes ebenjomohl hie im perfönlichen. Nächjtens wird jedem Arzt, der zu einem fterbenden Patienten gerufen wird, den er nicht retten fann, gelegt.” ‚„Alber“, wandte der Vorjikende ein, „Sie werden nicht leugnen fünnen, daß Sie zu der Gattin des Direftord Feld­­mann ein Verhältnis unterhielten?” „Man steht zu jedem Menfchen, den man fennt, in irgendeinem Verhältnig!” erwiderte Falt Sans. „Zu Frau Direk­­tor Feldmann ftand ih in Beziehungen, die das Licht des Tages nicht zu feheuen haben. - Sch — mürde fie geliebt haben, wenn fie frei geiwejen wäre, So habe ich — und bat fie — ihr Herz besimungen. Wir haben ung zuweilen ein Beifammen­­jein gegönnt. Von Liebe it zwischen ung nie die Rede getvejen!” 3 „Sie waren mit Ihrem Gemahl nicht glüdlich?“ wurde Inge gefragt. „Was beißt glüdlich?" jagte fie mit ihrer janften und gewinnenden Stimme, „Uns jungen Mädchen wird immer noch viel zu diel die Ehe alS eine abjolute Er­­füllung bingeftellt. Wir wiffen nicht, tie ehr anders Die Nänner find, alS fie ung in Romanen und jogar in den Kehren, die man. uns gibt, dargeftellt werden. Die Großitadtmädchen, vielleicht, find alüclicher darin tvie wir, In umferen VBer­­hältnifjen —- und in den Sreiien, aus denen ic) jtamme, wird man immer noch zu einem falihen Idealismus erzogen, Das gibt dann Kämpfe — innerliche vor alfeım. Aber in diejen Kämpfen reift man und wird gerecht — auch gegen den an­­deren. Mein Mann war vielleicht ein menig zu gleichgültig gegen mi zu wenig hatte er das Bedürfnis, in feiner Stau den Menfchen zu fuchen und zu finden. Ih glaube jet jogar — ich habe in Diefen Wochen ja Zeit gehabt, darüber vadhzudenfen — er fürdhtete .ein ipenig den Menjhen in mir. Der war jung, tajch ımd Iebensfrob — und er war äl­­ter, bequem und. pafjiv. . Mber er war gutmütig und wahrhaftig. Ich habe ihn geachtet — und nie aufgehört, ihn lieb au haben. Ich habe ihm nie Böfes ge­­münjcht — wie follte ich ihm Böfes zu­­fügen? Der Gedanfe ift mir faft. un­­denfbar. Ich Fann zu allem, was mir und Doktor Gerlach jett' zur Laft gelegt wird, nur die Achjel zucken.” „Es beiteht natürlich die Möglichkeit, daß Doktor Gerlah gehandelt hat — ohne Ihr Willen.” Inge fchüttelte den Kopf. Mit ihren arogen, grauen Augen jah fie den Vor­­figenden flammend an. (Kortfegung folgt.) Mord zur Laft 76 Roman von Marlife Gonneborn. / R u a * Re) . -,.---.;-x««;ikk3.sskidx-skgx«k-B-

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