Pester Lloyd, April 1854 (Jahrgang 1, nr. 77-104)

1854-04-08 / nr. 85

Q»Wien,7.April.Die Mittheilung des sonst gut unterrichteten »Wiener"Geschäftsberichtes««,daß in der gestrigen Sitzung der Bankdirektion dieEkessUUUsgemachk Idee,daß die Staatsverwaltung»gesonnen sei, einen Theil der Staatsdomänen im Betrage von iso Millionen zur De­­ckungsanlegung der schwebenden Staatsschuld zu verwenden,kursirte hier schon vor längerer Zeit als Börsegerücht und nahm wiederholt auf die Kurse einen günstigen Einflußs N Er hieß es damals nicht,daß die Regie­­rung die Staatsgüter der Nationalbank verpfänden wolle,wie das genannte Blatt jetzt anzudeuten scheint,sondern,daß die erstere jene Gü­ter veräußern werde und sich dabei der Vermittlung des Bankinstitutes zu bedienen entschlossen sei.Ich habe nur damals Anstand genommen,Sie von jed­em Gerüchte in Kenntniß zu setzen,weil ich mir von einer verläßlichen Seite die Bestätigung hievon nicht verschaffen konnte,und mithin besorgt sein mußte, auf einen unliebsamen Widerspruch zustoßen.Die österreichischen Staats­­güter sind schon häufig als Sicherheit bei Anleihen hingestellt worden,allein vom wissenschaftlichen Standpunkte aus wäre es vortheilhafter,wenn sich die zweite Version jener wichtigen Mittheilung erfüllen und die Staatsver­­waltung die Staatsdomänen verkaufen würde.Auch das französische Gou­­vernement hat in den letzten Jahr­en­ den Rest der Staatsforsten verkauft und es wäre auch bei uns nicht minder ersprießlich,wenn man das Geschäft des Säens und Erntens den­ Bürgern­ überlassen und durch die Bet­äu­ße­­rung der Domänen die Verwaltung des Staates vereinfachen würde. Der Ertrag der Legieren ist ohnehin so gering, Daß er mit dem Kapitaldwerthe jperfelben in gar feinem Verhältnisse steht. Der Ertrag der Staatsgüter br­­ief sich im Jahre 1852 nach den offiziellen Aus­weisen auf 2,385,775 fl. ; vergleicht man damit die Summe von 150 Millionen, welche der Werth der zur Deckung der schwebenden Staatsschuld bestimmten Domänen errei­­chen soll , so ergibt ss ein Erträgniß von etwas über 11­, Prozent! Die Staatsgüter haben übrigens schon viel von ihrer Ausdehnung verloren. Im Jahre 1802 umfaßten sie nach einer in Folge eines besonderen Dekretes angeordneten Schägung 44257/,, C1 Meilen mit 111 Städten, 51 Schlös­­sern, 5471 Märkten und Dörfern, und 736 Höfen und waren von 1.855,065 Menschen bewohnt. Sie wurden früher als Eigenthibum der Krone behans belt und erst allmälig ist der Gebrauch eingeführt worden, das das Arqui­­valent für die Einkünfte auf den Gütern aus der Staatswaffe gezogen wurde. Seit dieser Zeit wurden immer größere Verläufe realisirt, so wa das Gerücht, was die Staatsverwaltung jegt ven Kest ver Domänen veräu­­ßern wolle, durchaus nichts umwahrscheinliches bietet. Die gegenwärtige Austehnung ist nicht bekannt , daß sie jedech hinter ver des Jahres 1802 weit zurückstehen müsse, geht Schon aus dem Umstande hervor, was ihr Ert­rag, wenn man entferntere Zeitepochen mit­einander vergleicht, im bestän­­digen Abnehmen begriffen ist. So war z. B. wo in dem Budget für 1849 der Ertrag der Staatsgüter in den am Meldetage vertretenen Fängern mit 1,390,000 Gulten aufgeführt, zuzüglich der anderen Provinzen erhob sich dieser Reinertrag auf 3,395,525 Gulten ; wenn man den Ertrag vom Jahre 1852 damit zusammenhält, so wird man den Abgang bald entweden. End­­lich ist noch zu berücksichtigen, daß die Staatspomänen viel an Werth ver­­loren haben durch Die Aufhebung der früheren Dominikalgerechtsame, so wie durch die Abschaffung der Robot, welche früher vom Staate eben so gut, wie­ von Privaten gewosfen wurde. — Der Mangel an telegraphischen Zeitung­s­nachrichten vom fünlichen Kriegsschauplage erregt hier einiges Aufsehen und dies um so mehr, als es bekannt geworden, daß gestern in dem türkischen Gesandtschaftshotel Depeschen angelangt sind, die im ganzen Hause eine freudige Bewegung hervorgerufen haben. Man ist zu sehr überzeugt, daß mit dem Anbruche der besseren, so lange sehnlichst erwarteten Jahreszeit der Kampf in seinem vollen Ernste begonnen haben muß. Rücksichtlich der Urlaubsbewilligung des Herrn von Bunsen in Lon­­don erzählt man sich hier in unterrichteten Kreisen, daß dieselbe wohl eine längere Dauer nehmen werde. Seine Stellung soll dur die aufrichtigen Beziehungen, in die er sich zu dem englischen Gouvernement gefegt hat, uns haltbar geworden sein. Sein gänzlicher Rücktritt wäre für die preußische Diplomatie ein großer Berlust und würde auch in der Kapitale des engli­­schen Bolfes, mit dem er durch einen vierjährigen Aufenthalt im Lande und durch verwandtschaftliche Beziehungen gewissermaßen verwachsen ist, einen ungünstigen Cinorud hervorbringen. «burg der Ansicht sein kann,Frankreich und England wu­rden 11achallen­ den 03M. Freiherr 9. Heß wird binnen wenigen Tagen hier eintreffen. I Berlin, 7. April. Wir athmen wieder frei auf, der politische Alp ist von uns gewichen, fett wem wir wissen, daß der Herzog von Mecklenburgs Strelig die Radreife angetreten. In der That, wer heute noch auf Frie­­densvorschläge aus Petersburg lauschen wollte, dem muß wohl der Friede „um jeden Preis“ genehm sein. Daß die Westmächte diesen neuen Proposi­­tionen sein Gehör scheifen würden, war vorherzusehen: die Zeiten sind vor­­bei, wo man an der Themse und Seine dem Ezaren die Brüche des ehren­­vollen Rückzuges offen ließ. Heute ist nicht mehr der Zwed des Westens Vermeidung des Krieges, sondern Wiederherstellung des Friedens, und zwar auf Grundlagen, die ihn gegen künftige Nedergriffe des norvischen Kaisers sicher stellen. Es ist auch kaum glaubi­, daß man in St. Peters­­an den Tag gekommenen diplomatischen Schachzügen, nach der Art und Reife, wie beide zu den gegenwärtigen Rüstungen propozirt worden sind, darauf eingehen, die Partie einfach für remise zu erklären. Biel näher liegt die Bermuthung , daß Rußland alles daran gelegen ist, den gegenwärtig z­wischen Oesterreich und Preußen fehmebenden Verhandlungen eine seinen Interessen günstige Wendung zu geben, eventuell der Einigung dieser bei­ den Staaten und einer engeren Verbindung verfehlen mit den Westmächten zuvorzukommen, um der neutralen Unterftügung Deutschlands sicher, im Vebrigen desto unbesorgter vorgehen zu künnen. Zerwürfnisse in Deutsch­­land, Zeitgewinn, Sicherung der Westgrenzen,­­ etwas gelegeneres gäbe es für Rußland nicht. Allem Anscheine nach sind jedoch diese V­ersuche ohne Erfolg geblieben. Mindestens­ deutet man die schnelle Abreise des rufsischen Frievendboten, vag Hleinlaute Gebaren ver Kreuzzeitung , in diesem Sinne. Freilich, „was er wünscht, das hofft der Mensch‘‘, und so wäre ed denn doch möglich, waß die An­wesenheit des Herzogs nicht völlig resultatlos geblieben, dann aber wie befam­tlich selbst der Ministerpräsident für unmöglich erklärt hat. Nies­mann zweifelt hier nämlich daran, das Oesterreich den Nebergang ver Ruffen über die Donau als eine Aufforderung zum Heraustreten aus dem bisheri­­gen passiven Verhalten betrachten müsse , gelänge es ihm daher nicht, Preu­­ßen für ss zu gewinnen, würde er wahrscheinlich also gleich zu einer engeren Koalition mit den Westmächten schtreiten , die ja seit lange Nichts sehnlicher wünschen. Die durch den Telegraphen hieher gelangte Nachricht von einem Schreiben des Kaisers von Desterreich an den Kaiser von Stankreich muß Diese Argumentation nur noch mehr erhärten. Praktisch und wahr faßt die „Zeit“ die dermalige Situation auf. „Desterreich”, sagt sie, , kann in seinem eigenen speziellen Interesse nicht gestatten, daß Rußland überhaupt in der Türfei, am wenigsten aber, daß es sich jenseits der Donau festlegt, und hierbei fallen die Inter­essen Deutschlands mit denen Oesterreiche eng zusammen. Die Donau ist ein deutscher Strom, werfen Mündungen ohne Gefährdung des deutschen Handels Rußland nicht überliefert werden künnen. Die russische Handels­­politik ist in Deutschland bekannt genug, als daß für den deutschen Handel nicht das Aeußerste zu befürchten wäre, sobald Rußland sich in der Lage sähe, die Donau nach Belichen zu Schließen, wie seine iibrigen Grenzen.‘ Weit gereizter ist die Sprache der anderen Journale; insbesondere bemüht sich vag „preuß. Wochenblatt” all die Sünden in Erinnerung zu bringen, wie Rußland seit einer Reihe von Jahren gegen Preußen sich hat zu Schulten kommen lassen. Die Wochen durch die Krevitskommission ver­­öffentlichten Aftenftüde, — ein „preußisches Blaubud­y‘” — verfehlen ihrer­­seits gleichfalls jenen Eintruch nicht, wen überhaupt alle bisher in der orien­­talischen Frage bekannt gewordenen Aftenftüde hervorrufen, den Einpruch, daß Rußland diesmal gegen Freund und Feind gleich s honungslos ver­­­­fahren. ..wäre eine rolirung Preußens ziemlich nahe vor der Thu­r,eine rohirung Laffen Sie und daher nach allerem hoffen, daß die Konvention, über welche der Ministerpräsident mit dem Freiherrn v. Heß verhandelt, bald zu Stande komme, und daß dann das Wiener Protokoll schleunig formulirt werde. E. C. London, 4. April. In der gestrigen Oberhausfigung verlad der Lordkanzler die Antwort der Königin auf die Apresfe des Parlamentes. Sie lautet : „Ich danfe Ihren Lorpfschaften für Ihre loyale und pflichtge­­treue Adresse- ES gereicht mir zur hohen Befriedigung, von Ihnen die Zu­­sicherung zu empfangen, daß Sie mitwirken wollen um die Mairegeln in’s Werk zu fegen, welche ich für die Ehre meiner Krone und die Wohlfahrt meines Bolfes für nothwendig erachte.”‘ Lord Aberdeen zeigte auf Dien­­stag den 11. April einen Antrag auf Beftagung bis Donnerstag den 27. an. In der Unterkäussigung verlad der Sprecher die Coben gegebene­ Antwort Ihrer Majestät auf die Aoresfe. Kapitän Scobell fragte wegen des Gerüchtes an, daß die Flotte im schwarzen Meere Mangel an Kohlen leide und deshalb müßig liege? Sir J. Graham führt, zur Widerlegung dies­­es Gerüchtes, die Nachricht an, daß die Flotte sich vor Barna befindet. Ad­miral Dundas habe ferner in einem Briefe vom 19. März bestätigt, daß er seit dem 1. Jänner 10.000 Tong Kohlen von Konstantinopel aus zugerannt erhielt ; ein Borrath von 6000 Tons liege außerdem in Malta bereit. Die Stimmung im hiesigen Publikum ist noch immer nicht recht ministeriell,­ und das Mißtrauen der Opposition will sie durchaus nicht einschläfern lassen. „Daily News“ ist erfreut, daß mit der Ueberrei­­chung, Entgegennahme und Radbeantwortung der Antwortsadreffe endlisch die legten zeremoniellen „Brimboriums“ vorüber seien, die Nation habe das Ihre gethan und erwarte jet, daß die Erefutive ihre Schuldigkeit the. Dem „Advertiser“ vergeht die Geduld, die Ruffen stünven in ver Do» bruofdja und nodh lurgere die englische Kavallerie in England. Lord Rag­­lan und Lord Har­dinge verbrächten die Zeit mit Streitigkeiten über vie zriedmäßige Art sie zu befördern ; ver eine wolle sie durch Staakreich rennen, der andere im nächsten englischen Hafen einschiffen. Der Zeitverlust Scheine beinahe absichtlich und sträflich. Dagegen bemüht sich „Chronicle” zu zeigen, was seine Gefahr im Berzuge sei. Die Russen träfen in einer Mausefalle und hätten es mit einer ganz anderen Macht zu thun als im Jahre 1828 und 18295 nur der zaghafteste Xaie könne glauben, daß siz Konstantinopel im Gallopp erreichen meinen. Der „Deralo“ greift die Regierung vom tür­­kischen oder Urqub rtischen Gesichtepunkt an. „Gerade in dem Augenblick“, sagt er, „wo das Gesichc des Sultand von der Treue der streng mohame­­rantischen Armee abhängt, die er von allen Enden seines weiten Reiches zus­­ammengetrommelt hat, haben wir, seine Allisten, eine Sage aufgerührt, die sein Reich in Stüden schlagen und einen Streit, welchen der sogenannte „ungläubige Türfe‘‘ bisher sorgfältig zu einem Befisstreit verengt hat, in einen Religionskrieg der furchtbarsten Art verwandeln kann. Rifaat Pascha, einer der energischsten Vertheidiger der Unabhängigkeit des Sultans, und der Scheich ul Islam, der Hohenpriester des Mohameranismus, sind ihres Amtes entlassen, und eine Fehde — eine religiöse Fehde ist zwischen dem Sultan und seinen getreueftien Unterthanen ausgebrochen, Wer war die Ar­­sace? Mit Nachprüf sagen wir, Niemand als die Lords Aberdeen und Clarendon, durch die Arglist, mit der sie gerade in diesem Moment die Frage anregten. Die mittelmännische Bevölkerung ist höchlich erbittert, und unserem Allirten droht eine Revolution im Innern, welche wir ange­stiftet haben. Dies ist die Politif unseres Ministeriums ; dies ist die Politis, welche aufzuheben und anzufragen, nach der Ansicht der Anhänger des Ministeriums, ein höchst unpatriotisches Unterfangen ist." — Ein mer­r wü­rdiges Zeichen der Zeit ist, daß sich eben ein Berein gebildet hat, um die Theilung der Türkei zu verhindern (Association for the Pro­­tection of Turkey from Partition). Dieser Berein, welcher seine Entstehung dem neulichen Store-street Meeting verdankt, führt in seiner ersten An­sprache an das Publikum eine Fahne und aufregende Sprache. Die erschiez­nenen Affenfunde und die Ereignisse des Tages, heißt es darin, entheben uns der Nothwendigkeit zu beweisen, daß die Theilung ver­würfet der ei­gentlich legte Zweck der britischen Regierung ist. Wir finden seinen Schuß bei der Opposition, wir sehen feine Sicherheit in der Weisheit oder Gerech­­tigkeit des Parlamentes, Feine Kraft in den durch Zweifel und Un­wissenheit gesk­morrenen Meinungen der Nation ; wir haben uns daher die Aufgabe ge­­stellt, die Nation über die Thatsachen aufzuklären, und sie zu einem Be­wußtsein ihrer Gefahr zu erwecken. Dem Namen nach ist dies ein Verein zum Schuß ver­würfet, ber Sache nach ist er es auch zum Schuße Eng­­lands. Obgleich wir bereits Männer von hoher gesellschaftlicher Stellung zu den Unseren zählen, werden wir die Hilfe und den Beitritt von Arbeitern und Handwerkern wanfbar annehmen. Die „Times“ bringt einen Brief an den Editor, mit dem Vorschlag, die rufsische Flotte ohne Blutvergießen unfäßlich zu machen oder zu vers­nichten. Wir hören, sagt der Einsender, daß die Ruffen das einzig schiffbare Fahrwasser nach Kronstadt durch Berfensung von Felsen­perren. Warum benügen wir diesen Wink nicht? Bauholz und Steine sind an der Ostsee nicht rar, und wenn wir die rufsische Seebarrikade dur einen auf Flößen hingeschleppten Seitendamm freundlichst um das Doppelte verstärfen, so bez­­ommt der Czar auf zwei, drei Sommer genug zu thun, um seinen Schiffen einen Ausweg in’s’offene Meer zu bahnen. Eine oder zwei unserer schwim­­menden Batterien konnten die Barrikadenbauer vertheidigen, und jedes rus­­sische Schiff jenseits der Schranfe, das sie mit ihren Bomben in Grund boh­­ren dürften, wäre eine Verstärkung der Gefängnismauer. Gewiß, zwei oder vier Bauholzschiffe mit reichlichem Ballast gefüllt und an der rechten Stelle versenkt, würden Kronstadt vor jedem Angriff von Außen befhssen, und ihm auf einige Zeit die Mittel nehmen, Kriegsschiffe zur Bedrohung der Nachbaren auszurennen. Derselbe Verstopfungsprozeß ließe sich gegen jeden anderen ruffischen Kriegshafen anwenden, der eine sehmale Einfahrt hat. Die Bortheile wären vieierlei : 1) die Welt hätte einige Jahre Ruh vor der ruffischen Slette; 2) die ruffischen Kriegsschiffe in den verstopften Häfen wurden unfehlbar von der Faule ergriffen und in aller Stille invalid wer­­den. 3) England und Frankreich, würden ihren Zweck erreichen, ohne halb so viel Matrosen zu verlieren, als sie in zwei oder drei Seeschlachten noths­tendigerweise opfern müßten. Nach diesem Resultat der Konferenzberathung ließ­ das österreichische Kabinet der Aufforderung der Westmächte freien Lauf. Preußen und Oesterreich schlossen sich dem Schritte überdies in so weit an, als sie das Petersburger Kabinet durch ihre Gesandten beschwören­ ließen, die Folgen einer Weigerung zu bedeuten und durch Rärmung der Sürstenthimer einen unheilvollen Krieg abzuwenden. Es ist bekannt, daß Nurland die französisch-englische Aufforderung unbeantwortet gelassen und die beiden Westmächte ihm in Folge dessen den Krieg erklärt haben. 68 ist hier zunächst an den österreichischen Vorschlag zu erinnern, durch einen ges­­einsamen Schritt der beiden deutschen Gangmächte eine Neutralitäts-Erklärung des Bun­­des herbei zu führen. Nachdem derselbe von Seiten der preußischen Regierung abgelehnt war, gaben der österreichische und der preußische Gesandte die bekannten Erklärungen ab. Hiermit im Ginslange standen die Worte, welche der Herr Ministerpräsident bei der im Auft­trage des Königs geschehenen Eröffnung der gegenwärtigen Kammerfestion aussprachh. Im Monat Jänner erhielt die Negierung einen Vorschlag des österreichischen K­abit­nets , auf dessen Inhalt die Kommission nur aus dem Umstande schliegen kann, daß er im einer, sogleich zu er­wähnenden,, diesseits nach Petersburg ergangenen Depesche als dem , tür dieser beantworteten rufsischen Vorschlage ähnlich bezeichnet worden ist. Preußen lehnte jene Broposition ab. Zu Ende des Monats Zänner, heißt es darin, wurde hieselbst vom Tat­­ruffischen Gesandten, während gleichzeitig Graf Orloff in außerordentlicher Mis­­sion dem Wiener Hofe V­orschläge überbrachte, eine Proposition übergeben, welche dahin ging, zwischen den drei Höfen von Oesterreich, Preußen und Rußland ein Protokoll zu unterzeichnen. Der Eingang des Entwurfes zu diesem Protokoll bezeichnete ams Beiweg­­grund des beabsichtigten Lebereinkommen. Den gemeinsamen Wunsch, Die Vers­bindung der drei Mächte Angesichts der den Weltfrieden bedrohenden Gefahren enger zu schließen, und als Zwed desselben die Vereinbarung der in den bevorste­­henden Konjunkturen sowohl unter sich als den Westmächten gegenüber zu beob­­achtenden Haltung. Demgemäß sollten 1) die beiden deutschen Mächte sich für den Bau­ einer aktiven Betheiligung Englands und Frankreichs in dem Kriege gegen Rußland förmlich verpflichten. Die strengste Neutralität zu beobachten und im Falle erneuerten Drängens oder Drohungen von Seiten der Westmächte zu erklären, daß sie entschlossen seien, Diese Neutralität nöthigenfalls mit den Waf­­fen in der Hand gegen Jeden, der sie verleben sollte, zu vertheidigen. 2) Die drei Mächte sollten jeden Angriff Frankreichs oder Englands gegen das Gebiet Desterreichs, Preußens oder eines anderen deutschen Staates wie einen Angriff auf ihr eigenes Gebiet betrachten und sich zur Abwehr gegenseitig nach Erforder­­ung der Umstände und nach weiterer Verabredung militärischer Kommissarien Beistand leiten. 3) Der Kaiser von Rußland wiederholte die Versicherung, den Krieg beenden zu wollen, sobald es seine Würde und das wehlverstandene In­­­­teresse seines Reiches gestatten würden. In Erwägung jedoch, daß Die weitere Entwickklung der Ereignisse den Zustand der Dinge in der Türkei verändern könnte, verpflichtete sich Se. Majestät, bei den biesfälligen Vereinbarungen mit den Seemächten in dieser Beziehung seinen Entschluß ohne vorgängige Verstän­digung mit seinen Verbündeten zu fassen. Dieser Protokollentwurf war von einer abschriftlich übergebenen Depesche begleitet, in welcher Der russische­­ Reichskanzler an die Tripelallianz erinnert, welche so lange Zeit der Schirm Europa’3 gewesen. Angesichts des bevorstehen­­den Krieges halte sich sein Souverän für verpflichtet, an seine Freunde und Ver­­bündeten einen ernsten Ruf ergehen zu lassen. Ihr gemeinsames Interesse mache es nothwendig, nunmehr die Stellung zu bezeichnen, welche sie in den bevorste­­henden Eventualitäten beobachten wollten. Indem auf das einseitige Vorgehen der Westmächte ver­wiesen wird, wird vor ihrer Nichtachtung der Interessen der deutschen Mächte gewarnt. Nicht so wolle Rußland handeln; es sei entschlossen, die Last des Krieges allein zu tragen und verlange von seinen Freunden und Verbündeten weder Opfer noch Hilfe. Das Heil beider Mächte und Deutschlanns Hänge von ihrer Einigkeit ab. Auf Diesem Wege würde es ihnen gelingen, die Krise sich nicht weiter entwickeln zu lassen, vielleicht Diesele abzufürzen. Es werden darauf drei verschiedene Stel­­lungen beleuchtet, welche die vereinigten deutschen Staaten annehmen können : Gemeinschaftliches Auftreten mit Rußland gegen die Seemächte, Verbindung mit den legteren gegen Rußland : endlich strenge Neutralität. Das russische Kabinet macht seinen Anspruch auf ersteres und hält das zweite für unmöglich, wenn Die deutschen Mächte nicht den Drohungen des Westens nachgeben. Es hiefe Dies, sich fest einer schimpflichen Nothunwendigkeit unterwerfen, um einer bejammerns­­werthen Zukunft entgegenzugehen. Rußland, bei sich unangreifbar, fürchte weder militärische Invasionen, noch die verderblicheren des revolutionären Geistes. Wenn seine Alliirten es verließen, so würde er es sich gesagt sein haffen, sich auf sich selbst zurückziehen und sich so einrichten, ihrer in Zukunft entbehren zu können. Der Kaiser vertraue den ber­­ährten Gesinnungen seiner Freunde und Verbündeten und denjenigen ihrer ta­­pferen Armeen, melde mit denen Ruglano­ seit so langer Zeit durch die Blut­­taufe und durch eine unverleugbare Identität der Grundsäße verbunden seien. Nur die dritte Alternative hält das russische Kabinet der deutschen Höfe für mür­­dig und ihren Interessen entsprechend, sowie für geeignet, Durch Hortfegung ihrer Vermittlerrolle Die besonderen Wünsche Rußlands zu verwirklichen. Doch dürfe diese Neutralität keine unbestimmte und sehwebende, auch keine abwartende sein, — denn eine solche Haltung würde ohne Zweifel von heinen kriegführenden Theilen, namentlich von Rußland, als eine feindliche angesehen werden — sie müsse vielmehr auf den Prinzipien beruhen, welche während langer Proben die allgemeine Ruhe und den Weltfrieden erhalten hätten ; diese Grund»­änge ihrer Politik müßten sie nöt­igenfalls durch die Waffen zur Geltung zu bringen mwissen. Sollte eine der beiden Seemächte einen Angriff wagen, so würde die andere ihre politische Stellung ändern. Eintretenden Falles werde jedoch Rußland mit allen seinen Kräften zu Hilfe kommen. Dieser Vorschlag ist in Berlin und wenige Tage später in Wien abge­­lehnt worden, i At einer offensiblen Depesche an den königlichen Gesandten in Petersburg vom 31. Jänner spricht die Negierung Sr. Majestät die Ansicht aus, dag das Protokoll vom 5. De­­zember und die darauf folgenden Unterhandlungen unter den vier Mächten eine gegenseitige­­­erpflichtung begründet, von der sich Preußen nicht einseitig lossagen könne.. Sodann sei das Resultat der auf Grund der Wiener Konferenzberathungen nach Petersburg abgeschieften Propositionen abzuwarten, und in seinem Falle fönne die königl. Regierung auf das mit an­deren Mächten unternommene gemeinsame Werk verzichten und durch einen Abfall den Er­­folg dieser Bestrebungen vereiteln. In einer anderen Depesche von demselben Tage. mweis’t die königliche Regierung darauf hin, daß durch den rusitischen Vorschlag, einer Art von defensiver Im­pellalianz , unsere Hilfeleistung,, auf die man zu verzichten behaupte, in einer anderen Form beansprucht werde. Den revolutionären Geist, den Nußland nicht zu fürchten habe, hätten wir auch bei uns ohne fremde Hilfe überwunden. Hebrigeng werde zwischen den deuts­­chen Staaten einigkeit herrschen. In den achten Tagen beg­reber Ließ das österreichische Kabinet den Entwurf einer zwischen den vier Konferenzmächten abzuschließenden Konvention vorlegen ; dieser Entwurf in der Kommission nicht mitgetheilt. Es wurden in einer Depesche vom 5. M­ärz an den Grafen Arnim die Motive der Ablehnung Seitens Preußens entwickelt. Preußen , obgleich vom Schauplane der Ereignisse entfernt, und weniger beim Streite betheiligt, als Desterz­reich, England und Frankreich, obgleich­ ferner bei einem Bruche mit Nußland am meisten den Gefahren ausgelöst, habe sich doch bei den Bemühungen der Westmächte, von Frieden unter Wahrung der Interessen des europäischen Gleichgg­ewichtes herzustellen, ohne Zögern beteiligt. Die Regierung habe bei Unterzeichnung der Akte der Wiener Konferenz sich die Freiheit ihres Handelns vorbehalten, um ihre Stelle in dem durch die Wiener Konferenz fonz statirten Konzert gut ausfüllen zu können. Die feierliche Form einer Konvention sei deshalb nicht in einem Augenblicke zu empfehlen , wo die praktische Tragweite der Stipulationen im Begriffe stehe, sie nicht mehr blos an die durch die Brotpfolle als übereinstimmend fonstaz tieten Grundfüge, sondern an die Ausführungsmaßregeln zu knüpfen. Bei der besonderen Stellung Preußens werde dieseg daher nur unter ansprüclichen Vorbehalten, wilcher der Konvention beizufügen wären, beitreten können. Hiedurch würde der eigentliche Zweck, die moralische Wirkung eher geschwächt werden. Deshalb dürfte die Beibehaltung der Form der Protokolle vorzuziehen und die Konferenz für alle diejenigen Gegenstände beizubehalten sein, welchevor die durch das Konventionsprojekt vorgeschlagene neue Kon­­ferenz gehören würden. Indem sie dieses Projekt Hiernach zur Zeit ablehne, betrachte die [ez nigliche Regierung nach wie vor das Konzert der vier Mächte als das dee Mittel zu einer befriedigenden Lösung der Verwicklung. Oesterreich verzichte nun gleichfalls auf den Abschluß der Konvention, und es war Grund zur Annahme, daß auch die Westmächte nicht länger da­ rauf bestehen würden. Dagegen würden die vier Mächte, nach der Angabe des Ministerprä­­sidenten, fortfahren, in Wien im Wege von Protokollen die bisherige Gemeinschaft fortzufegen. Namentlich siehe der Abschluß eines neuen B Protokolles in Aus­­sicht, welches das fortdauernde Einverständniß der vier Mächte konstatiren werde. Ueber das Berhaltung , in welches Preußen zum Wiener Kabinet und zu den deutschen Staaten zu treten wünscht, so wie über die Stellung Oesterreichs in der schwebenden Lage, spricht sich eine Depesche vom 16. März an den Grafen Arnim aus:­­ Man habe mit Interesse von den Maßregeln Kenntniß genommen, welche von Oesterreich zur Wahrung seiner Interessen an den südöstlichen Grenzen getroffen seien. Zwar werde Preußen gleich den übrigen deutschen Staaten den besonderen Standpunkt zu wahren haben, den es einnehme. Darin solle aber sein­d | - Die deutschen Großmächte in der orientalischen Frage: Der Bericht der Kreditsfommission der zweiten preußischen Kammer über die Kreditsforderung der Regierung enthält eine Darstellung der preußischen Politik nach den vorgelegten Altenstnden, der wir Folgendes entnehmen : Der Kourier, welcher das Ultimatum der Westmächte nach Petersburg bringen sollte, reifte über Wien, wo gerade ein russischer Entwurf zu Präliminarien in Eerfolg eines, dem Grafen Orloff bei seiner dortigen Anwesenheit vom faiserl. österreichischen Minis­­ter der auswärtigen Angelegenheiten gemachten D­orfschlages eingegangen war. Das öster­­reichische Kabinet legte jenen Entwurf, bevor der Kourier seine Reise nach Petersburg fort­­leste. Der Konferenz vor. Im Konferenzprotokolle vom 6. März konstatirten die Bevoll­­mächtigten von Frankreich und England , das zwischen den von ihren Regierungen geneh­­migten Erklärungen und Dokumenten einerseits und den von dem russischen Gouvernement vorgeschlagenen Präliminarien andererseits folgende Unterschiede statt­fanden : 1) In den Präliminarien werde die Räumung der Donaufürstenthümer abhängig gemacht von der Zu­­rücziehung der englisch-französischen Brotte nicht allein aus dem Schwarzen Meere, sondern auch aus dem Bosporus und den Dardanellen , während die Westmächte erklärt hatten, sich zu Leiterem erst nach Abschluß des definitiven Friedensvertrages entschließen zu können. 2­­8 Siege in der Absicht der Präliminarien , die Festlegungen in Bezug auf die Privile­­gien der Angehörigen der griechischen Kirche in die strengste Form eines Vertrages zu bringen , welcher nur die V­erhältnisse der zur griechischen Konfession gehörigen Unterthanen der Pforte zum Gegenstande haben solle ; diese Bestimmung sollte demnachst in den definiti­­ven Vertrag aufgenommen werden , und in Bezug auf sie eine offizielle Note, welche jene Privilegien bestätige, an das russische Gouvernement gerichtet, dem definitiven Friedens:­instrument anneh­irt werden , in der Art, daß sie mit dem Bertrage selbst gleiche verbind­­liche Kraft erhalte. Daß vieses Verlangen eben­so wie die beiden folgenden Bunk­e mit den in den Konferenzprotokollen niedergelegten Ansichten und Wünschen der übrigen Mächte zen­­trasüire, liege auf der Hand. 3) Sollten nämlich die Präliminarien von Nußland zwar nicht auschieklich, aber Doch der Rache nach der Berathung der Konferenz entzogen werden. 4) Während es nach den Konferenzprotokollen in der Absicht liege , die Türkei an den völkerz­rechtlichen Garantien Europa’s Theil nehmen zu lassen , werde diese Absicht in den Prälimi­­narien stillschweigend abgelehnt. — Die Gesandten von Preußen und Oesterreich erkannten das Gewicht dieser Bemerkungen und der bezeichneten Div­rgenzen an.

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