Pester Lloyd - Abendblatt, Januar 1860 (Jahrgang 7, nr. 2-24)

1860-01-03 / nr. 2

Nr. 2. (Die einzelne Nummer Eoftet 3 Er, ő. HG.) Lloyd, eft, 1860. m Dienstag, 3. Jänner. * Se. Faiserliche Hoheit der Durklautigste Herr Erzh­erzog Generalgouverneur haben so wie für Pest, auch für die Stadt O­ien den Betrag von 1500 fl. für Wärmestuben und Suppenbetheilungs­­anstalten zu widmen geruht. Die im Disziplinarwege eingeleitete Untersuchung gegen jene Hörer der Recibte und Medizin an der Pesteruniversität, melde sich, um die Einführung der ungarischen Sprache als Unterrichts­­sprache zu erbitten, als Deputation nach Wien begeben hatten , ist nun, wie das „Pesit Staple" mittheilt, dahin beendet , daß Einer dieser Studierenden auf 1 Lahr von der Peter Universität ausgeschlossen ward, acht andere aber eine strenge OBerwarnung erhielten. Der Neujahrsartikel im ,Zagesb. a. Böhm." enthält, wie wir in der , Dreffe" lesen, folgende bemerkenswerthe Neußerung. Das Prager Blatt sagt : „Was am dringendsten noththut , wäre wohl eine ber­­timmte Andeutung üiber das Gystem, eine präzise Beststellung der Prinzipien, von welchen die Regierung gerettet w­orden, an denen sie in allen ihren Anordnungen feilhalten will. Es ist, wie gesagt, Ungeheures nachzuholen, es ist fast der ganze Staat von unten bis oben neu aufzubauen, und so der Bau ein solcher sein, wird er wohl noch geraume Zeit in Anspruch nehmen. Soll aber andererseits der Muth der Bevölkerung bis zur Vollendung frisch bleiben, sol das Bern­trauen vor jeder Schwankung bewahrt werden, so ist dies nur dadurch möglich, wenn wenigstens jene Grundzüge des neuen Baues­, wenn die leitenden Grundzüge klar formulirt werden. Man wird der Detailausführung geduldig und ver­­trauensvoll entgegenhalten, wenn man schon im voraus wenig­­stens im wesentlichen weiß, in welchem Geiste die neuen Schö­­pfungen gehalten sein werden. Wir gegen Feinen Werth auf „Schlagworte, wir verlangen Feine jener landläufigen For­­meln, die unter hochtrabenden Worten am Ende dog­ nichte sa­­gen ; wir wünschen nur zunächst einen Fingerzeig darüber, ob und in welchem Maße der segnisdste Wunsch der Besölkerung, der sich bereits bei vielen Gelegenheiten, namentlich bei den Berathungen der Vertrauensmänner über das Gemeindegefeg fundgegeben, eine Erfüllung zu hoffen habe. Damit allein wäre schon ein Mafstab für die Intentionen der Regierung überhaupt gegeben. In Ungarn hat dieser Wunsch einen nur zu entschiedenen Ausdruck gefunden, obwohl er dort zugleich eine ganz tonfreie Gestalt angenommen hat, was in den an­­deren Kronländern nicht der Fall war, über das Prinzip einer Rollevertretung sind jedoch alle einig. Die speziellen Wünsche der Ungarn sollen zwar, wie wir schon jegt erfah­­ren, wenig Aussicht auf Realisirung haben, und dieses, zum Föderatismus hindrängende Kronland wird jedenfalls noch manche Schwierigkeiten bereiten, allein eine entschiedene B­esi­­stelung der im allgemeinen festzuhaltenden Grundlage wird auch auf dem speziellen Gebiete der , ungarischen Frage‘ ihre guten Früchte tragen. Ein bekannter österreichischer Di­­plomat sagte zu einem ungarischen K­avalier : „Sür euch Toll immer besonders fersirt werden, warıım wolt ihr nicht an unserer Tafel mitspeisen 2" — ‚Mit Vergnügen, nur möchte ich bitten, mir früher eure Charte zu zeigen’, entgeg­­nete der Magyare,‘’ V Politische Nunbfchbau, 3. Jänner. Die Bef­ragung des Kongresses auf unbestimmte Zeit beschäftigt jegt selbstverständlich die gesammte Presse : „Lithugi, Korresß,“ eine Berliner will nun über Die Motive, welche zur Herbeiführung dieses überraschenden Ereignisses mitwirkten, folgende Details erfahren haben, „für deren Richtigkeit sie einstehen zu künnen glaubt." Die Korrespondenz berichtet : Als die Brodüre „der Papst und der Kongreß’ er­­schienen , erhielt der österreichische Botschafter am französis­­shen Hofe, Fü Metternich, den gemessenen Auftrag, von dem Grafen Walewsfi beruhigende Erklärungen inso­­fern zu verlangen, als diese Brodire nicht die Absichten der französischen Regierung ausbrnde, so daß dieselbe nöthi­­genfalls den Inhalt der Schrift desanouiren fenne und werde. Der Graf Walemssti erklärte auf diese Anfrage, daß er außer Stande sei, die geschm­fekte Erklärung abzugeben, und nun entgegnete Surf Metternich, daß der Herr Graf denn wohl einsehen würde, wie es der Würde Oesterreich’s wenig anstehen dürfte, den Grafen Rechberg nach Paris zu entsenden, um ihn vielleicht schon in der ersten Stkung des Kongresses sich von seinem Leffel erheben und aus dem Kon­­ferenzfaal zurückziehen sehen zu müssen. So weit von der Stellung Oesterreich’s. Was Rußland und Preußen anbetrifft, so hatten diese Mächte die Einwilligung, ihre Mi­­nister der allerwärtigen Angelegenheiten an den Kongresver­­handlungen Theil­nehmen zu lassen, von vornherein davon abhängig gemacht, daß Oesterreich seinerseits den Grafen Rechberg als ersten Benollmächtigten nach Paris senden würde, so daß nunmehr die Reife des Fürst­s Gottscharoff so wie die des Baron Schleinik als aufgegeben erachtet wer­­den kann, wie denn auch die Vertagung des Kongresses sich von selbst ergeben hat. Die Sensation,, welche die Brodüre und die Befra­­gung des Kongresses erregt, ist um so begreiflicher, als sich überwiegend die Meinung aufprängt, daß der Kaiser Napo­­leon, weit entfernt, mit diesem neuen Programm nur einen ballon d’essai ausgesandt und mit voreiliger Veröffentlichung einen politischen Fehler begangen zu haben, ernste und tiefe Pläne verfolgt. Der Kaiser, so meint man, hat dem fran­­zösischen Klerus darthun wollen, bis zu welchen Grenzen er sich dessen Einfluß gefallen haffen mürbe; dem Kaiser war es ferner darum zu thun, von der Wirkung Kennt­­niß zu nehmen, welche die in der Broschüre ausgesprochenen Gedanken auf die französische Nation ausüben würden. Nun lasfen aber die neuesten Nachrichten aus Frankreich keinen Zweifel darüber, daß die französische Nation einer Austra­­gung der römischen Frage im Sinne der Brodlce günstig gestimmt ist, und so dürfte denn der Kaiser ohne großes Wag­­niß dem widerspenstigen Klerus damit drohen können, daß er seine Truppen aus Rom zurücziehen werde. Persimisten behaupten, daß der Kaiser nie ernstlich den Kongreß gewollt und daß er entschlossen sei, das gegebene Wort, Italien bis zum adriatischen Meere frei zu machen, einzulösen. Bene­dig ist fest der Kampfpreis, aber der Angriff­ wird von Bologna und Ferrara aus geschehen, sehen sie hinzu. Aus Paris wird der „Buff. Patg.” geschrieben : Was man von dem Nachtrt­tt des Grafen Balewszi sagte, war mehr als ein bloßes Gericht. Es wird nämlich versichert, daß im Testen Ministerrathe unter dem Borsig des Kaisers der Graf Walewstt und Herr Row­land, Minister des öffentlichen Unterrichts, ihre Entlassung eingereicht haben, weil sie mit der Friserlichen Wolttif nicht einverst­anden seien. Ihre Demission it aber nicht angenommen worden. Man sagt, der p­apstliche Nuntius Migr. Sacconi sei entschlafen gewesen, abzureisen,, falls die Ent­­lassung des Grafen Walewsfi angenommen worden wäre. Den Berichten aus Italien entnehmen wir . Saribaldi istt am 27. 9. M., von seinem Adju­­tanten und vier Offizieren der Nationalgarde von Como be­­gleitet, in Mailand eingetroffen. Die Musiibande der Na-

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