Pester Lloyd - Abendblatt, April 1863 (Jahrgang 10, nr. 74-98)

1863-04-08 / nr. 79

ein,daß man dort,auch nach dkaü­cktritt Langiewicz’ keinen Moment an die freiw­illige Be­ndiguung dreinm­­pfes gedacht hat.Dafür spricht zunächst ein Mani­­fest,welches das revolutionäre KomiteS am 24.März, also wenige Tage nach der Katastrophe in Welce,ver­­faßt und an die Redaktion der»Daily News«abgesen­­det hat.Das Manifest trattrt aus dem Lager in der Umgegend von Bialowicza und warde unter dem Lärm versanonen und Musketen geschrieb unz es füllt in dem englischen Blatte vom 4.d.nicht weniger als sieben Spalten und sagt,nach einer Analyse des»Timpo««,im Wesentlichen Folgendes: »alem die Polen nur an Rußland allein den Krieg erklären, wollen sie si­chlos von dem fremden Jod­ befreien und die Brutpflüde ihrer Nationalität wieder vereinigen, ohne Preußen und Desterreide feindlich herauszufordern. Das herzliche und enttälebene Einverständniß zwischen Frankreich und England kann allein Preußen und Oesterreich zur An­­shliefung an die Ansicht der gebildeten Nationen über Polen bewegen. Sechszehn Millionen Polen sind unter dem Tode Ruslands,, mit einer solchen Bevölkerung muß man rechnen, Bas die Frage der Regierungsform betrifft, so kann diese erst nach Beendigung des Kampfes gelöst werden. Die Stärke Rußlands lag bis jegt darin, daß Branfrei und England beide um seine Allianz buhlten. Ein unabhängiges Polen von der Ostsee bis zum schwarzen Meere wäre die Krönung jener Politik, welche in der frimm die Wiederherstellung der Nationalität verkündete. Aber nicht mit Hilfe der so oft verlegten Verträge von 1815 kann die Unabhängigkeit Polens wieder hergestellt werden. Wir wollen kein solches Falk­werk ; Polen sol­len Polen gehören. Was wir nöthig haben, das sind 30,000 Mann englisch-französischer Truppen in­ diesem Rande mit 100,000 Gewehren, dann wü­rde Polen in einem Monat 300,000 Soldaten auftreffen. Unterdessen ruft Rußland Hunger und Pest zu Hilfe. Seine Soldaten verwüsten das flache Land und man läßt die Leichen unbegraben, um die Lebenden durch Krankheit zu tö­ten. Wenn Europa nicht versorgt, so wird es bald selbst von der Cholera überfallen werden, wie zur Zeit der vorigen polnischen Revolution. Das gute Recht Polens, die eigene Gefahr, alle Umstände regen Europa die Pflicht auf, Polen zu helfen. Dann sei den zivilisirten Nationen , deren Sympathien für Polen si in so hervorstedender Weise gezeigt haben. Lang lebe das empörte Polen ! Auf die strategischen Operationen hat die Kata­­strophe vom 19. März gleichfalls keinen nachhaltig nach­theiligen Einfluß geübt : Die Hauptsächlichfte Folge, schreibt man der „Gen.­­Korr.“ aus Lemberg, ist die Verlegung des Schwerpunktes der Bewegung von Sübmwellen nach Nordosten , zeigt sich dies in allen den neuesten Bewegungen und Käm­­pfen, und es liegt an im ganzen Wesen der polnischen Kriegführung, dieselben Grundlage, die sich Bisher im Screi­­nen so sehr bewährten, au) im Großen zur Anwendung ge­­langen­ zu lassen, d. h. nicht blos einzelne zuffische WUhthei- Hagen sondern einen großen Theil der in Polen stehenden zuffischen Soldaten nach der einen Gegend zu ziehen und als­­dann einen Ausbruchh in einer anderen Gegend zu veranlassen; auch die fortwährenden Störungen des Betriebes der Mar­­shall-Petersburger und anderer Eisenbahnen stehen sicherlich damit in Beziehung. Offenbar will man nämlich verhindern, daß die Russen, die denn doch im Mittelpunkte des Landes eine entschieden unüberwindliche Stellung einnehmen , diese Stellung benügen, um ihre Truppen schnen­ und massenhaft von der einen Gegend in die andere zu birigiren.­ Weiters sucht sich die po­niische Infurrention anstatt der fohmwieriger gewordenen Kommunikationen über die trockene österreichische und preußische Grenze, andere an der Osts­e­e zu eröffnen, wozu die Urgirung eines Aufstandes in Samogitien (Gouvernement Komwno) und Polnisch-Stierlan­d dienen sol. Im Zusammenhange damit fliehen figerlich auch die geheimen Expeditionen aus Schweden und England, welche, wie es heißt, auf drei Schiffen den Insurgenten Zu­­züge, Waffen und Munition bringen sollen. Auf einem dieser Schiffe sol an Herzen sich Befinden. (Diese Madrid­en sind aber noch mit größter Neserve aufzunehmen.) Die neuesten Nachrichten bestätigen das Zunehmen der Insurreftion im Gouvernement Ko­wno. Die Füh­­rung sol eine sehr geschichte sein, namentlich willen die Sinsurgenten jedes Zusammentreffen mit größeren Trup­­penabtheilungen zu vermeiden. — Aus Posen vom 4. b. wird berichtet : Nach soerben Hier eingegangener telegra­­phischer Nachricht ist ganz Litthau­en im allgemei­­­nen Aufstande. Man sucht sich die Seelütte bei Polangen zu siltern, wo man die Landung französischer Schiffe mit Waffen, Munition und einer Schaar Emigranten eriwar­­tet. Durch die Zerstörung der Eisenbahn und der Tele­­graphen sucht man die russischen Truppenforps vom Zuge nach Polangen abzuhalten. — Ueber die rechten, gering­­fügigen Gefechte im Kraklauer Gebiete wird der „Konft. Desterr. Ztg.” aus Krakau vom 5. b. get­rieben : Zu unserer nicht geringen Mederrashung hören wir die eben eingetroffene Nachricht von einem unweit dem Grenz­­orte Szice swilden den Ruffen und einer Abtheilung pol­­nischer Truppen flattgehabten Zusammenflöße, der, was am sonderbarsten Flingt, mit einem Siege der Polen und der Flucht der Ruffen geendigt haben sol. Ich sprach so eben einen Heren, der von der Gegend, wo dieser Kampf statt­­fand, in diesem Augenblicke hier ankam. Mein Gewährsmann konnte mir allerdings keine näheren Details mitteilen. Er erzählte­­­ und gab er das Mitgetheilte als zuverläs­­sig an — daß eine Insurgentenabtheilung, in einem Walde versteht, heute gegen 5 Uhr Morgens bei Stlart, einem Dorfe, 2 Meilen von hier in der Richtung nach Olkusz, die Russen angegriffen; der Kampf dauerte 492 Stunden und endete mit der Flucht der Rufen. Die Insurgenten hatten einen gewissen SregomsfFi (nach Anderen Öregrom) zum Anführer. Dieser diente als Major im rufsischen Heere und for eminente srategische Fähigkeiten besigen.. — Ein von spät am Abend verbreitetes Gerücht will behaupten, dag bei diesem Kampfe die Russen abermals eine Grenzverlegung ber­gangen, auf österreichisches Territorium gedrungen sind, von hier jedoch durch unser Militär zurückgedrängt wurden, hier­­auf aber auf die österreichischen Soldaten gefeuert und auf zwei Mann von Legieren ersoffen haben sollen. Ich theile Ihnen dies allerdings nur als ein unverbürgtes Gericht mit, das sich wahrsceinlich nicht bestätigen wird. — Seit gestern befinden sich in unseren Mauern einige auserlesene Exemplare tuffischer Koralen, die, wie man erzählt, als Beute ruhende Raubvögel bei Baran auf österreichisches Ge­biet kamen und da auf gut Glüc zur Ausübung ihres hono­­rablen Raubgeschäftes ausgingen, hier aber festgenommen und hierher gebracht wurden. Interessant ist folgende, vom „ZIygodnik" in Lem­­berg gelieferte Zusammenstellung der offiziellen ru­fs­i­­schen Berichte bey . Diztennít" über die Kämpfe in Polen : Nach allen im „Dr. Pomwsz.” veröffentlichten Rapporten gelangt man buch Summisung der vom 23. Jänner bis 27. März, d. h. im Verlaufe zweier Monate gelieferten Gefechte, dann der nach diesen Rapporten von den Insulgenten einer­­seits und den ruflichen Truppen andererseits erlittenen Ber­­­uste zu folgenden Resultaten : Im ganzen Umfange von Stan­­greßpolen fanden vom 23. Jänner bis 27. März 61 Treffen statt. Von den Infurgenten wurden getödtet 6193, verwundet 67, gefangen 1177, zusammen 7437, von den russischen Truppen getödtet 61, verwundet 192, gefangen 9, zusammen 262. Aus der Vergleichung des Verlustes der Infurgenten an Todten In der Zahl 6193 Mann mit dem ruffischen Verluste von 61 Mann, ergibt es sich , daß die Infurgenten mehr als hundermal so viel verloren, als die ruffiigen Truppen, welche durchschnitt- Lid­ bei jedem Treffen nur einen Todten (gewöhnlich einen Sto­­r­fen) verloren. Die Anzahl der Gefechte beträgt nämlich 61, der rufsische Verlustfan Todten ebenfalls 61. Dieses Mißverhält­­nis gwischen der (von der rufsischen Regierung offiziell ararge­­denen) Anzahl der Todten, Verwundeten und Gefangen auf ruffischer und polnischer Seite — selbst kaum glaublich, wenn die Insurgenten nur mit Heugabeln,­ Dreipflegeln und Kü­­chenmessern bewaffnet gewesen wären — beweist entweder ein monströses Verheimlichen der russischen Verluste, oder es würde darthun , daß die Rufen die von ihnen wehrlos ermordeten Einwohner zu den gefallenen Feinden rechnen. In Petersburg erkennt man allmälig die Bedeutung des polnischen Kampfes und erklä­rt daselbst jedenfalls eine große Partei, die den Widerstand unter­­sügt , wie ein Telegramm aus der russischen Hauptstadt meldet. Hat der A­d­el des Gouvernements Petersburg einsimmig die Adresse an den Kai­ser votirt, welche sagt: Die durch die Unruhen in Polen provozirten Ansprüche auf d­as Patrik­montum Nußlands erwecken unseren Schmerz und Untillen ; die von Eurer Majestät inaugurirte Aera wird den gegen die Integrität des Reiches gerichteten Projekten nicht günstig sein ; der Adel, vereint mit allen Klaffen, wird vor seiner Anstrengung, vor keinem Opfer zurückweichen, um das Gebiet des Kaiserreichs zu vere­theidigen. — Auf diplomatischem Gebiete bringen die, in­folge der Festtage nur spärlich vorliegenden Berichte wenig Neues. Nachdem der „Kongreß“ aufgegeben, sol von „freien Konferenzen” oder „Zusammenfünften” die Rede sein. — Aus Konsantinopel vom 6. wird berichtet :­­ Dmer P­aida hat die provisorische Leitung des Kriegsministeriums übernommen. Die Armee ist in 6 Korps getheilt ; das erste davon, bisher in Konstan­­tinopel stationirt, und unter Kommando des in Wien erzo­­genen Abdul Kerim Pasdja stehend, wird nach Schumla ver­­legt. — Am 19. März fand zu Jerusalem die feierliche Einweihung der Stapelle des österreichischen Pilgerhauses satt. Der Patriarch zelebrirte dabei. — Der Mord in Damas­­tus, dessen Thäter ein Ch­rist­is, hat Feine beunruhigen«­­den Folgen. Se. Heiligkeit der Papst hat am Palmsonntage, wie im „Giorn, di Roma“ zu lesen if, die Palmmeihe vorgenommen, der Prozesstion und sämmtlichen über fünf Stunden dauernden Zunftionen Dieses Tages angemahnt ; sein Gesundheitszustand ist somit, entgegen der Mitthei­­lung der „U. A. 3." ein sehr erfreulicher, * Wien, 7. April. An der heutigen Barbörse vartir­­ten Kreditaktien zwischen 207,10—40, 1860er Hofe hickten sich auf 97,95—98,­40, Nordbahn 1830. Die Mittagshöh­e verlief für fremde Devisen und Komptanten, die einen abermaligen NRüdgang erfuhren, sowie für die meisten Effekten in günsti­­ger Stimmung. Berzinslihe Fonds und namentlich 1860er kofe­gelten sich bei ansehnlichen Umfägen abermals höher, Kreditaktien, anfangs vernachlässigt und bis 206.90 gedrüht, wurden später ziemlich gekauft und fließen %/ fl. Höher­ übrige Industriepapiere waren wenig begehrt und Nordbahn 5 fl. billiger, Schlußkurse : Skrebitaktien 207,60, Nordbahn 1825, Staatsbahn 221,50, 1860er ganze Hofe 98,80, Fünftel 99,40, Krebitlofe 133,50, London 109,90, Sticher 109,25, Abendbörse, Krebitastien variirten zwischen 207,70—80—50—70, Schluß 207,60—70 , Nordbahn 1822— 1823 , 1860er Lofe 98.35—50, Pardubiger 134,50—60, — Rente unbekannt, "Verantwortlicher Redakteur : Karl M Weißkircher, Emil Müller, Dorotheagasse Nr. 14, Veh 1863. — Berlaa bei Peer Lipplegefelläaft, .Schnelgrefendrud von b­ ­­­­ee a bé e A

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