Pester Lloyd - Abendblatt, September 1866 (Jahrgang 13, nr. 200-223)

1866-09-01 / nr. 200

ne Samftag, 1. September. Nr. 200, (Die einzelne Nummer Eostet 4 Er. ő. XB.) Pest, 1866, ADCMIDITUASS P­ester Lloy­d. Telegr. Depeichen des ‚‚Pester Lloyd“. Wien, 1. September. Originaldepeiche) Die hiesigen Morgenblätter stimmen überein, daß­ die austro-italienischen Friedensverhandlungen einen vaschen, günstigen Berlauf nehmen. Die , Br." erfährt, der Frie­­­densschluß werde vielleicht in 10 bis 12 Tagen vollendete Thatsache sein, weil man sich einigte, nach Feststellung der Prinzipien alle, eine längere Berathungszeit erfordernden Behandlungen nach dem Friedensschlufse zusammentreten­­den Spezialkommissionen zu übertragen. Im Friedens­­instrumente werden diese Fragen der kommissionellen Ent­­scheidung vorbehalten werden. Maris, 1. September. (R.-B.) Der heutige „Mo­­niteur“ enthält Folgendes : Gemäß dem österreichisch-fran­­zösischen Veiträge vom 24. August wegen Regelung der Abtretung Venetiens sür Die Uebergabe der Festungen und des Gebietes von Pombardo-Venetien dur einen österrei­­cischen an einen französischen Kommissär bewerkstelligt werden. Xeiterer wird sich sodann mit den Behörden Ber­netiens wegen Uebergabe der Besitrechte verständigen. Die Bevölkerung wird berufen werden, sich über ihr Schicsal auszusprechen. Iu einem Schreiben an den König von Italien sagt der Kaiser: Er habe mit Vergnügen ver­­nommen, daß der König von Italien dem­­ österrei­­chisch-preußischen Waffenstillstande und den driebeng­ z praliminarien beigetreten. Demnach sei es wahrscheinlich, daß­ sich für Europa eine neue Friedensära eröffne. Der Kaiser­ habe das angebotene Venetien angenommen, um vor, unnügen Blutvergießen zu bewahren, damit Italien frei­ sei, von den Alpen bis zum Adriameer, Herr seiner Sefb­ide, wird Venetien bald durch die allgemeine Abstim­­mung seinen Willen ausdrücken künnen. Der König von Italien wird die zu Gunsten der Humanität und der Ber­­senunabhängigkeit abermals geltend gemachte Aktion Frank­­reich anerkennen. Metersburg, 31. August. (R.­3.) Die heutige „Betersb. Ztg.““ schreibt offiziels über die Haltung Nuß­­lands angesichts der Deutschen Vargelegenheiten und der Mission Manteuffel’s : Die kaiserliche Negierung schlug vor, die Betheiligung Europas bei der Prüfung der V­erände­­ungen zu fordern, welche mit dem vertragsmäßig begrün­­detem Gleichgewichte vorgenommen wurde. Der Borschlag blieb ununterstüzt. Das Prinzip der europäischen Solidari­­tät ist im­ Augenblicke von eben jenen Mächten beseitigt, deren­­ Uebereinstimmung diese Solidarität, begründete. Die kaiserliche Regierung enthielt sich ihres Urtheiles und da sie Rußlands Rechte als europäische Großmacht reservirte, ist ihre Aktion frei. Die nationalen Interessen Rußlands bleiben­ für dieselbe alleinige Richtschnur. = „Beiti Naple" registriet heute die von der „N. Fr. Pr.” gebrachte Mittheilung, dab Se. Erzellenz der Herr Hof­kanzler als Minister um die Person des Königs verbleiben und Graf Mori. Esterházy die Zunftionen eines Ministers des Kaiserlichen Hauses übernehmen dürfte, — und schließt an diese Mittheilung die folgenden Bemerkungen :­wei Punkte der obigen Mittheilung sind der Beachtung werte, nämlich jene, welche sich auf Esterházy und Majläth be­ziehen, und eine geringe Abweichung hinsichtlich der Prinzipien zeigen. Würde Herr v. Majläth zum Minister um die Person Sr. Majestät ernannt, so würde es scheinen, als ob das vollständige 1843er M Ministerium restituirt würde; und im der hat wäre ein Rumpfministerium neuerdings "eine verfehlte Maßregel, welche eben das nicht gewähren würde, was zum sichern Fortschritt der Verhandlungen des Reichstages erforder­­lic­h­, nämlich die Restitution des geieglichen Zustandes. Graf Esterházy erschiene, falls er als Ungar Minister des al­­terlichen Hauses verbliebe , bereits einigermaßen als Minister nach dem Entwurfe des Ider-Subsomitis. Würde sich Diese Nachricht verwirklichen und nimmt man in Betracht, daß an Sennyey als Mitglied der ungarischen Regierung genannt wird, so müssen wir entweder glauben , daß das Ministerium sich aus einer Parteikoalition gestalten, oder Graf Andrásfy aus demselben ausgeschlafen , somit dasselbe rein Konservativ­ sein werde. Selbst der Fall, daß das Ministerium blos aus Konser­­vativen ernannt würde, wäre in so weit tröstlich , ala die kon­­servative Partei, wie es bereits die auf Herstellung des ungarischen Ministeriums bezüglichen Verhandlungen zeigen, ander denft, ala bei Gelegenheit der Oberhausdebatten im­­ Monate April, wo sie so viel Böses gegen das Rrinzip der Ministerverantwortlichkeit und insbesondere gegen ein verant­wortliches ungarisches Ministerium v­orzubringen hatte. Der­ Trost ist übrigens nicht vollständig. Gewiß — und eigenthümlich genug — it es, das eben die Mitglieder der gegenwärtigen Negierung an den Berathungen über die Gestal­­tung einer,­fo in anderen Formen bewegenden Negierung sehr harten Antheil nehmen und die Rolle der Kronräthe spielen ; ja man nennt den Grafen Belcredi konstant als denjenigen, welcher die Unterhandlungen mit den ungarischen Staatsmännern führt, denselben Grafen Belcvedi , von dem bisher behauptet wurde, daß er mit Majlath und dem Grafen Csterházy voll fommen übereinstimme , und dies nicht allein im­­Brinzipe, son­dern in jenem ewig schwanfenden, stets transigirenden Verfahren, welches nie zu einem endgültigen Bef­cl­u­b gelangen kann. Sie legten den passiven Widerstand selbst am Negierungs­­ruder fort, wo boch Positivität, wo Thaten nöthig sind. Für ger­eise geheimgehaltene Soeen vertheidigten sie mit großer Aus­dauer so zu jagen jeden Fuß breit Erde gegenüber der Forderung, daß die Rechtskontinuität und Gefegmäßigkeit hergestellt werde, und geriethen sie bei der öffentlichen Meinung in einen schlechteren Rut, als sie verdienten ; denn wir müssen anerkennen, hab sie in dem Niedergangsstadium des abgelaufenen Jahres sich Ber­­dienste erworben haben.­­ Nehmen wir nun an, daßs statt­ eines Kanzler ein Mi­­nister an der Spite der ungarischen Regierung stehen wird. Bleiben dieselben Männer am Mauer, die bisher die Näthe der Krone waren, kann man da nicht voraussehen, daß je ihre Stellung in derselben Weise dazu benügen werden, infomweit e3 ihre veränderten Verhältnisse gestatten, um der Na­­tion gegenüber dieselbe passive Haltung wie bisher zu beobach­­ten, ja daß die Männer, welche bisher die Errichtung des unga­­rischen Miinisteriums nicht anziet­en,, nunmehr dem Wicklungs­­freie desselben mehr abzumarften wünsten , als vielleicht selbst die gemäßigteren Schattirungen der öffentlichen Meinung für nöthig erachten ? |

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