Pester Lloyd - Abendblatt, November 1889 (Jahrgang 36, nr. 252-276)

1889-11-02 / nr. 252

Der deutsche Antisem­tising, von dem ungenannten Berfaffer der Broschü­re : „Wallende Nebel“, welche vor einiger Zeit lebhaftes Aufsehen in Deutschland gem­acht hat, ist soeben eine neue Slogshfitt: „Baradema und d­er siebenten Großmacht“ erschienen, welche sich mit der deutschen Presse belästigt. Dem sehr interessant geschriebenen defte entnehmen wir folgende Stellen über die antisemitische Be­wegung : „Sie wissen, lieber Freund, daß ich dieser Frage (dem Antisemi­­tismus) absolut unparteiisch gegenüber stehe und daß seine noch so findige genealogische Chemie — wie das jehen in Tomischem Ueber­­eifer bei manchen P­ersönlichkeiten versucht ist — in mir einen Tropfen jüdischen Blutes entdecken könnte, aber ich halte die Frage des Anti­­semitismus und die Art, wie sie behandelt wird, für ein wirkliches Unglück. 90 habe diese Frage entfiehen jeden, als der Baster Todt die christlich-soziale Bewegung begann, um die großen sozialen Probleme in dem Sinn und Geist des Christenthums zu lösen. Diese Bewegung, in welcher Todt unb den großen idustriellen Schmidt in Braun­sch­weig eifrig unterstügt wurde, fand Berührung mit der an sich so berechtigten inneren Milton in Berlin und gerieth, als Todt bald darauf starb, ganz in die Hände des Hofpredigers Stöder. Die, selbst­­bewußte Neigung dieses Herrn, einen Lutherulus zu zielen, ließ ihn die s­chriftliche Bewegung zu einem des apostolischen Berufes wenig unwirdigen Angriffskrieg gegen das Judenthum oder vielmehr gegen die Juden als solche wenden. Leider hatte eine große Zahl von Juden sowohl in den großen Städten als auf dem Lande durch ihr Treiben, ihr lautes Verdrängen und ihre hochmüthige Stellung gegen das Christenthum vielfach Veranlassung zu tiefer Erbitterung gegeben, und 10 fanden sich Viele, welche in guten Glauben der antisemitischen Lärmtrommel folgten und ihren Gifel zu den Verdikt des Lessing’schen Patriarchen steigerten : der Jude wird verbrannt. Man t­at so, als ob die gemissenlose Geldwirtbschaft, die cunnische­­ Verspottung alles Heiligen und alles positiven­ Glaubens ganz ausschließlich jüdische Eigenschaften seien und arbeitete sich in ein Pharisderthum hinein, das jeden denkenden Geist erschreden, jedes fühlende Herz betreiben mußte. Ich stehe nicht an, es auszusprechen, daß ich der Geschichte des Judenthums, das sich Durch so viele Jahrhunderte grausamer Verfol­­gung, bitteren Hafses, höhnischer Verachtung durchgearbeitet hat, ohne den Glauben an eine heilige Weltordnung, die Saft des Strebens und Singens und den Aufschwung zum Foeal zu verlieren, voll Rich­­tung und Achtung gegenüberstehe. Mögen manche Artsmwüchse des Sudenthums unangenehm berühren, wir können m­em­als leugnen, daß dennoch ein edler Kern patriarchalischer Kraft und Treue in diesem­­ Bolfe steckt. Ich zähle Liebe Freunde unter den Juden und habe sie stets bemährt gefunden in hellen und trüben Tagen. Und das geistige Leben verdankt auch in Deutschland den Juden viel — mer möchte in Berlin die Kreise der Men­delssohns nicht ehren und achten und manche andere noch, die in den besten Zeiten geistiger Entwicklung den Ton angaben, der besser wahrlich und edler anflang, als der wü­ste L­ärm der antisemitischen Hege. Wenn das Schicsal des Nudenthums ein historischer Fluch dafür war, daß das Voll von Balästina die riftliche Heilsmahrheit von sich wies — und ich glaube das, denn ich bekenne, wie Sie wissen, den ristlichen Glauben ohne Deutung und Beschräntung — so Dürfen wir als Christen doch das Gebet des Heilands nicht vergessen: „Vater, vergieb ihnen, denn sie willen nicht, was sie tun“ — und daß dies Gebet dennoch seine Erhörung finden wird, das beweist die wunderbare innere Kraft des einst ausermählten Boltes. Man hat sie wie die Parias behandelt, aber sie, sind feine Parias geworden, sondern sie haben aus der Niedrigkeit, in die man sie herabtreten wollte, immer wieder das Haupt erhoben zum geistigen Licht und zum Ringen nach den S­dealen des menschlichen Lebens. Freilich ist der Materialisimus, die cynische Kritik und Negation alles Mebersinnlichen weit verbreitet unter den Kreisen des sogenann­­ten Neformjudenthums und unter den Juden sleptischer Negation oder blasirter Indifferenz. Aber wie mögen wir daraus dem Judenthrum als solchem einen Vorwurf machen, da wir doch gar so viele ebenso gesinnte getaufte Zugehörige der christlichen Kirche finden und da wohl selten ein Jude sich zu dem inhaltslosen Wort verstanden haben wü­rde, das ein getaufter Matador der Wissenschaft gelassen aus­­sprach: „Ich habe noch nie eine Seele unter dem Sezivmeijer ge­­funden !“ Aber auch der ungläubigste Jude wird kaum jemals über die jüdische Religion und seine gläubigen Stammesgenossen so bös und und wegwerfend sprechen, wie es leider so viele Christen über den Glauben und die Sonstitutionen der christlichen Kirchen zu thmn sein Bedenken tragen. Der gläubige und religiöse Jude steht aber dem positiven Christen, obgleich jener das Geangelium leugnen muß, immer doch noch näher als der getaufte Materialist, denn Beide haben den a ÁŐT Gott und dessen Gebote mit­einander gemein­­er gläubige Suche wird, wenn er sich von der göttlichen Gen Pin des Heilandes Eben ein eifriger und tief gläubiger Schrist werden, denn er wird denselben Weg in seinem inneren Leben durch­machen, auf dem die Apostel zur Nachfolge Christi gelangten und " Stahl — den doch die Kreuzzeitungs-Bartei nicht verleugnen fanı" — iemeist dies ebenso wie in neuerer Zeit der vortreffliche Paulus Gaffel, der das Hirtenamt so eifrig und segensreich ausübt räte selten ein anderer evangelischer sztlaustal und der mit Medt von sich jagent kann, ex sei der wirksamste Gegner der Juden, denn er unwünscht­­ sie Ale zu seiner Nachfolge auf den Weg des Paulus zu führen und hat Viele, Viele zu gläubigen und treuen Christen getauft. · Alle ernst gesinnten jüdischen Rabbiner und alle gläubigen Juden wären natürliche und wirksame Alltixte der inneren Mission, denn die Pflege der Sittlicheit, der treuen Arbeit und der­ mildthäti­­gen Sorge für geistige und leibliche Armuth und Berkommenheit steht­en ebenso nahe als den Chhristen, ımnd üt von ihnen stets gebt worden. ‚Menn mum aber jeder Sünde sich, nun weil er Jude it, in Ach und Bann gestellt sieht, so kann das nur dahin führen, daß 505 ehinende Sudenthum allein das große Wort führt, und daß Die­­ so­eren jüdischen Elemente sich fern halten. Mir haben langjährige jüdische Freunde mit tiefer Trauer von diesen Zuständen gesprochen und wenn gegenüber dem UWebermuth mancher Elemente, die vom Schriftenthaum nur den Namen und den Taufschein haben, auch in dem legten jüdischen Handelsmann ein Funken von dem Stolz der Matta­bier aufglimmt, und sich zu Haß und Verbitterung entzündet , können wir das verachten und verurtheilen Möchten wir doch den Suder gegenüber an die altgriechische Fabel vom Aeolus und dem Sonnen­­gotte denken. Beide retteten, wer einem Wanderer zuerst den Mantel abnehmen m wiürde, — je ärger der Gott der Winde tobte, um so fester schnallte der Mann seinen Mantel um die Schultern, — Apollo ‚wenn die Kuchen vom Christenthum nichts spüren, als die Tasten J­ohns und der Verfole gung, so meiden sie den Mantel trogiger und schmerzlicher Opposition armer Sonnenstrahl­­eh ihn die flissende Hülle ableg . Das Lid der evangelischen Liebe aber ist märmer als die Sonne Apollo’s. Doch Stürme des Hafses und der Berahtung, des immer je schnallen. | .» ·»Aer—«so werde«nSie»saen,lmein liebest Fqudi denn­ig weiß ja, daß Sie auch ein wenig Antisemit sind, mentgítene in iren Neigungen und Instinkten — aber solfen mir wenn den Herrschafts­­bestrebungen des jüdischen Geistes auf dem Gebiet der Kapitalmirth­­haft und auch der Literatur ruhig zusehen, sollen wir auf unserem vaterländischen Boden das germanische Clement und den christlichen Glauben als eine veraltete und verrottete Mir hinstellen hajfen und die­se Arbeit der jüdischen Spekulation überliefern ? Nein, mein Freund, das sollen wir nicht, aber wir sollen vor Allen gerecht sein, wir sollen die Dinge angreifen und nicht die Ber jonen. Sind denn der Gründungsschminder, der Ber das Börsen­­treiben, ausschließlich jürdische Sünden ? Geht, der Tü Kakole Mant­­monsdienst nicht bis hoch hinauf in die christliche Gesellscchaft? Und ist nicht gerade hier im Berlin der gefährlichste und abgefeimteste Maucher mit dem unm­ürdigen Träger eines Namens vom besten Klage verknüpft gewesen ? Machen wir durch unsere Gesebgebung, so viel an uns ist, den Kapitalswucher in jeder Gestalt, unmöglich, so mir an das niedere Judenthum sich nicht mehr mit demselben befassen­­ können. — Aber mir finden leider auch in s chriftlichen Kreisen zähen M Widerstand gegen solche reinigende Geseßgebung. Und dann mü­ssen wir doch wohl anerkennen, daß es gerade den Juden weniger zu vers übeln ist, wenn sie der erwerbenden Spekulation vorzugámetje ihre Kräfte zuwwenden, denn seit Jahrhunderten waren ihnen — außer der Kunst und Wissenschaft — alle ü­brigen Gebiete verschlosfen. — Die­jenigen Bevorzugten aber, welchen vergönnt war, der Tajtalischen Duelle zu nahen, haben es wohl bemiesen, daß auch auf ihren Häup­­tern die Slan­me 005 Ydeals sich entzieden kann, deren reinigende Kraft ja endlich den Einzelnen wie die ganze Menschheit zu dem Yoeal aller Sdeale, — der cristlichen Heilswahrheit führen muß. _ . — . : Ingesuenigkeiten, (Se Majestät in Meyerling) Wie man uns aus Wien telegraphirt, begab sich Se. Majestät heute. Früh direkt von Schönbrunn nach Meyerling und wohnte dort einer Messe bei. Nach weiterem Vermeisen an der dentmwirdigen Trauerstätte im Schlosse ist Se. Majestät nach Schönbrunn zurü­ckgefahren. Das Antlit des Monarchen verrieth, daß der erlauchte Herrscher den heutigen Morgen einer unvergeblich theuren Erinnerung gewidmet hatte. Allerseelen­ Aug heute it der Gräberbesuch im Kever­pejer Friedhofe ein massenhafter und in den meisten Kirchen, der Hauptstadt haben, wie am Allerseelentage üblich, Trauergottesdienste " stattgefunden. — Die Hörer des kön. . Thierarznei-Instituts begaben sich heute Vormittags torporativ auf den ‘sriedhof hinaus, mod­elbst sie die Gräber der Professoren Dr. Wilhelm Zlamal und Dr. Alufius Azary begränzten. Die Gedenktreden hielten die Böglinge Johann Reis und Zoltán Antal. — Der „Klub junger Leute” bedrängte­­ ein einfaches Grab, den­en Kreuz Die­smlschrift trägt: „Hier ruht N. W., gestorben am 27. Mai 1886." 63 war Dies ein Opfer der damaligen Straßentumulte . In­ der Sankt Sigismund-Kapelle der Diner Königlichen Burg, woselbst sie die Krypta der Familie des Balatins Sofer befindet, hat heute Vormittags um 8 Uhr ein feierlichen, vom Bropit-Burgpfarrer Franz Maplaghy pontifizirter Trauergottesdienst stattgefunden. Eine zweite Gedächtnißmesse wurde ebenfalls um 10 Uhr vom Hof­kaplan Dr. Bargha gelesen. I­n der Balatinalgruft erschienen heute früh im Auftrage des Erzherzogs Josef deren Obersthof­­meister Baron Adolf Nyáry, der Honved-Atlatus General der Kar­­allerie Eduard Graeff und der Adjutant des Erzherzog Honved­­major Dobreczky. Die Genannten verblieben eine halbe Stunde hindurch in der Krypta und begränzten die Särge. — Auch in der Weltungs-Garnisonsu­che hat aus Anlaß der Allerseelenfeier um 10 Uhr Vormittags ein Requiem stattgefunden, welchem die dienst­­freien Offiziere der Garnison korporativ anmahnten. Die Trauer­­mesle wurde vom Propst-Pfarrer Michael Bogisc­h zelebrirt. Der Kirchenchor trug unter der Leitung Mori­ V Baprimecz' mehrere alte ungarische Chorale ‚vor. (Reformationsfest.) In der evang. Kiche am Deätplag wird das diesjährige Reformationsfest am Sonntag, 3. 0. M., Vormittags 9. Uhr abgehalten. Opationen.­ Der Senatspräsident der Königlichen Tafel Dr. Bela Barta feierte am 24. v. M. die fünfzigste Jahreswende seiner Promotion zum Doktor der Philosophie. Aus diesem Anlasse begrüßte ihn die St. Stefan-Gesellschaft, deren Ausschußmitglied der Subilar­it, dur­ eine Deputation, welche aus dem Vizepräsidenten der Gesellsshhaft päpstlichen Prälaten Dr. W­hilipp­­ Steiner, den Direktotor Dr. Johann Kif8 und dem Geb­etär Ferdinand Hummer, bestand. — In Körmend wurden — wie man uns berich­­tet — der Fürstin Batthyany-Strattmann anläßlich ihres Geburtsfestes am 31. Oktober Ovationen bereitet. Zum Dante für die vielen Opfer, melde die Fürstin im Interesse der geistigen und körperlichen Ausbildung der Schuljugend brachte, wurde sie von BR Geistlichkeit und den Lehrern mit Gesang und Deklamation en­egrüßt. (Selbstmord einer jungen Frau) Das Leichenbegängniß der Frau Irma Fischer fand heute Nachmittags 3 Uhr vom Trauerhaufe, Bombenplag Nr. 2, unter außerordentlicher Theilnahme von Leidtragenden statt. Der Rektor des Polytechnikums, Michael Klimm, war anwesend; auch die in Frankfurt wohnende Schmetter der Verstorbenen war mit ihrem Gatten biedergekommen, um an der Trauerfeier theilzunehmen. Der evangelische Pfarrer 5­4 013 hielt eine ergreifende Trauerrede. Mederfideglung des Unterrichtsminissteriums.­ Als der Finanz Ausschuk des Abgeordnetenhauses jüngst das Unterrichts­­budget verhandelte, machte Meinijter Graf Albin Esaky die Mittheilung, daß er wegen Bededung der Kosten der Medersiedelung des Unterrichts­­ministeriums von Ofen nach Pest beim Abgeordnetenhause um einen Nachtragskredit NE vor werde. Wie man „MR. Hirl.” meldet, belaufen sich diese Kosten auf ungefähr 17.000 fl. und ein nahezu ebenso großer Betrag war zur Adaptirung der neuen Amtsloyalitäten erforderlich. Der Minister wird den auf diesen Nachtragstredit bezie­­h­en Gelegentwurf dem Abgeordnetenhause demnächjst unterbreiten. Ka­menden. Vermißte Die Gattin des Kutschers Ludwig Ullmann geb. Zonife Fallat (auf der Heuberen Waidnerstraße 38 wohnhaft m st feit gestern Abends abgängig. Die Frau st­ehst vor einem Monate aus dem Irrenhause, wo sie sich­ längere Zeit befunden hatte, nachhause gefommen. — ‘Der Eisenbahnbremser Karl Sam u entfernte sich vor einigen Tagen aus seiner Wohnung (Ringaffe Nr. 4) und ließ seither, nichts von sich hören. Diebstahlelshronik.) Dem Techniker Lorand Balogh wurde heute in einem Saal der Bolytechgnit ein mit 35 fl. be­wertheter Rad gestohlen. — Dem Journalisten Moriz Ziffer aus Hermann­stadt wurde auf dem Zentralbahnhofe ein Koffer entwendet, welcher diverse Kleidungssuüce im Werthe von 100 fl. enthielt. Ein Honved-Offizier in der­ höheren Genieschule) Die Honved-Offiziere konnten­ bisher nur die Wiener Kriegsschule und den Intendanzkurs besuchen. Gegenwärtig befindet sich aber auch in der Wiener höheren Genieschule ein Honvéd -Offizier, Oberlieutenant Wieber; dieser trat jedoch nicht unmittel­­bar als Honved-Offizier, in die Schule, sondern war vor Kurzem vom 2. Genie-Regiment bereits als Hörer der Anstalt zur Honvedarmee überlegt worden und der Honvédminister hatte ihm gestattet, seine Studien beendigen zu dürfen. Auswanderung. Die malachischen Bewohner der Arader Hegyalja befinden sich in sehr bedrängter Lage, welche von Agenten dazu benuzt wird, um sie zur Auswanderung zu verführen. In Kovapincz wird unter den Leuten von den schönen Aus­­sichten gesprochen, die der Auswanderer in Bulgarien hatre. Dort soll angeblich die Regierung die Absicht haben, rumänische Landleute aus Ungarn anzusiedeln und ihnen unentgeltlich Grund und Boden zu geben. Im Kovapinez haben sich­ mindestens sceben hundert Leute gefunden, welche nach Bulgarien auswandern wollen. Die ungarische Sprache im Belknyefer G­ymnasium.­ Der Unterrichtsminister hat an den griechisch­­atholischen Bischof von Großmwardein Ihael Pavel, ala den Batron des Belenyefer Gymnasiums, eine Zuschrift gerichtet, der gemäß die Unterrichtssprache für die ordentlichen Lehrgegenstände das Unga­­rische zu sein hat, und der neu­e Direktor Butténn hat den Schülern mitgetheilt, daß in Zukunft die A Unterrichtssprache in den höheren Klassen das Ungarische sein wird. (Vergiftete Zeugen­)Wie dem»B-Hirl.«berichtet wird,war·encichs jüdische Zeugen aus Ungvar zu einer Schlußvers handlung in einer Klach wegen Meineides nach Beregpäßzitirt.Der Aixgeklagte,.11111 sich von den belastenden Aussagen der Zeugen zu be­­steiem ließ Ihnenthtgebem Einer liegt im Sterben und auch die andern sind erkrankt,doch dürften sie gerettet werden können. Gert Stöcker­ hat sich­—wie man­ uns aus Berlin schreibt­—bei seinem vorläufigen Abgangerott der politischen Bühne eine Unwahrheit zu­ Schulden kommen lassen,welche in ihrer Illustra­­tion der politischen Moral,wie sie sich in Folge der Stöcker’schen Agi­­tation in dem dieser Agitation zugänglichen Bereich­e darstellt,mehr be­­zeichnend ist als irgen­detwas Vorangegangenes.Wie alle Blätter mit­­getheilt haben,erklärte Herr Stöcker vor ein­igen Wochen öffentlich,daß die christlich-soziale Partei ihre Versammlungen nunmehr einstellen werde.Jetzt bringen aber mehrere Blätter ein vertrauliches Rund­­schreiben Stöckerts an alle eingeschriebenen­ Mitglieder der Christlich- Sozialen,nach welchem die Versammlungen weiter stattfinden.Der ausdrückliche Vermerk»Vertraulich«beweist,daß es bei dieser Doppel-­­kundgebung Stöcker 7si11 der That sich nur um eine grobe Täuschung der öffentlichen Meinu­ng,möglicherweise auch einer höheren Stelle, handelt. (Der Roman Crispi’s­)Aus Genua im Oktober schreibt man uns:Binnen wenigen Wochen soll in Rom ein Buch über den italienischen Minister-Präsidenten Francesco Crispi erscheinen. Der hiesige«Caffaro«ist in der Lage,ein Kapitel aus demselben,die erste Liebe Crispi’s,seinen Lesern vorzuführen,eine Geschichte,welche trotz ihres romantisten Anstriches doch­ der Wirklichkeit entspricht und auch von Crispi selbst in allen Details bestätigt worden ist. Crispi weilte damals in Palermo,woselbst er ausstudirte und faßte eine heftige Zuneigung zu einer der vier Töchter seiner Hausfyaut,der­ 15jährigen Rosina,welche die Liebe des 1sjährigen Jünglings berwiderte.Allein die beidenseitigen­ Familien wollten von einer Verbindzung der beiden jungen Leute nichts wissen und Crispi wurde von seinem Vater gezwungen,Palermo zu verlassen und nach Ribera,wo di­e Familie Crispi wohnte,zurückzukehren Der­ Jüngling gehorchte,allein mit seinen Gedanken war er immer in Palermo bei seiner«Geliebten»;seine Gesundheit litt unter diesen Aufregungen­ so, daß die geängstigte Familie ihn auf’s Land,nach ihrem Gute Sciacca sandte.»Dayfals——1837——hatte die Cholera Sizilien erreicht und nanxentlich in Palermo furchtbare Ernte gehalte 11.Esab daselbst täglich 4——500To·dt»e und die Verzweiflung warmi­ höchste gestiegen. Die Kunde von diesen Schrecknissen drang bis zu Crispinis ein ab­­geschiedenes Asyl.Außer sich Über­ die der Geliebten drohende Gefahr­, gelingt es ihm die Wachsamkeit seiner Aufseher zu täuschen;auf dem Rückenemester deseilt er,der Gefahren eines Rittes du­rch das verseuchte und mitgeregte Wand nicht agtend, gegen­­ Balermo, welches er nach viertägigem Mitte erreicht. Hier erscheint er der Geliebten, roelcher die Mutter, der Bruder und zwei Schwestern durch die schredl­iche Seuche dahingerafft worden waren, als rettender Engel. Er blieb zwei Monate in Balermo verborgen, bis sein Vater von seinem Aufenthaltsorte Kunde erlangte. Er überraschte den Sohn in Balermo, konnte jedoch der rührenden Gewalt seiner Bitten nicht widerstehen und die schöne Rofina wurde die Frau Francesco’s. Das Glüd war nicht von langer Dauer; Rofina Crispi starb nach zweijähriger Ehe. Nach Ablauf des Trauerjahres wollte Crispi Rofina’s Schwester, welche den Säugling mit verzehrender Gluth Trebte, ehelichen. Allein der Vormund des Mädchens gab die Verbindung nicht zu und das eralterte Mädchen wurde Nonne. Sie lebt fest noch als Oberin eines Klosters in Balermo. Zur Zeit des Papstjubiläums war sie in Rom . .­..,­­udenverfolgungen g 9. Ueber die in unserem jüngsten Morgenblatte bereits Bagdad s­chreibt man und Brief, melchen ein in ermähnte Judenverfolgung in Ein vom 7. Oktober datirter Bagdad anfälliger Rabbiner an einen hier lebenden Lehrer der orientalischen Sprache gerichtet hat, schildert in rührend einfacher Weise die beispiellosen Drangsale und Verfolgungen,, welchen die Angehörigen der Bagdader Judengemeinde seitens der tür­kischen Behörden und der muselmanischen Bevölkerung ausgelegt sind. Der Hilferuf aus dem alten Babylon lautet in seinen wesentlichsten­ Stellen wie folgt:­­ »F den Sommermonaten raffirte hier,«wie das wolan im Abenlande bekan­nt geworden sin dürfte, die Cholera. Wir füg­teten vor der verheerenden Seuche ins Freie, wo mir viel von Dieben und anderem Gesindel auszustehen hatten. Als die Epidemie nachlte und wir in die Stadt zurückkehrten, traf uns ein anderes Unglück. Der Rabbiner Apala Somekh starb. Nachdem es uns vermehrt war, unsere Todten auf dem gewöhnlichen Leichenorte zu begraben, erbaten wir uns vom Gouverneur Mustefa Afım Balga die Erlaubniß, un­­seren berühmten Todten in der Nähe des Grabes des Propheten Dohnjchuah ben Sehojadat Datopen, welches unweit des rechten Ufers des Tigris liegt und ein bedeutender Wallfahrtsort für die­ hiesige Ssudengemeinde ist, zu beerdigen. AZ wir man die theure Leiche be­­statten wollten, erschien der Vorstand des unweit der Grabstätte liegen­­den Ortes und wollte unser Vorhaben hindern. Wir zeigten Die schriftliche E­rlaubniß, doch nichts Fruchtete, der Vorstand mit einen Leugen drangen mit Schwertern bewaffnet auf und ein und verwundeten einige unserer Leute. Wir mehrten uns und es gelang und auch, die Angreifer in die Flucht zu Schlagen und den Leichnam des Rabbi zu­­ beerdigen. Des anderen Morgens gingen wir zum Gouverneu­r, um gegen diese Gemah­that Klage zu führen. Wir hofften, daß uns unser Recht werde, doch wir täuschten uns. Nicht nur, daß der Bacher fi unserer nicht annahm, ex ergriff sogar Partei für jenen Orts­vorstand, welcher behauptete, daß Die genannte heilige Stätte nicht das Grab des erwähnten Propheten, sondern das des Sehujchuah ben Nun wäre, der auch Prophet der Imaeliten ist. Alle unsere Einreder und aue der Einwand, daß die Sudengemeinde seit Jahren diese Grabstätte in gutem Stande erhalte, halfen nichts. Der Vorstand ver­­leumbdete uns, als ob wir seine Leute angegriffen hätten, während wir doc nur unser gutes Recht vertheidigt hatten. So nahm dann der Bascha die Rabbinen und Vorsteher der jüdischen Gemeinde gefangen,ließ sie in ein Gefängniß werfen,woh Ddiebe und Räuber fraßen, und sandte auch die Reiterei in die Straßen der Juden. Alle unsere Glaubens­­genossen, die sich auf der Straße befanden, wurden von den Reitern gepackt und arg hergerichtet, sodaß viel Blutfloß Man band auch einen Theil der Juden an die Shmweife der Pferde, schlei­st sie so herim und warf sie dann zu den Uebuigen ins Gefäng­­ni. Die Mohantedaner der Stadt, als sie sahen, daß der Barda jo feindlich gegen die Juden vorgehe, erregten einen Aufstand, drangen in unsere Häuser, plünderten und raubten so viele ihnen möglich war. Von dieser Zeit an sind die Juden hier flutlog der Gewalt der wandsüchtigen Mohamedaner preisgegeben und es vergeht Fein Tag, an dem wir nicht viel zu, er­leiden und zu erdulden hätten. Alle Haben die starre­­ Hand des allmächtigen Balga zu spüren. Am Versührungstage, zwei Stunden vor Sonnenuntergang drangen Soldaten in das Gebethaus und nahmen den gerade darin meilenden bedeutendsten Mann der Gemeinde Yosef Schemrodh gefangen, weil man ihn verleumdet hatte, daß er die Waffen gegen die Muselmanen gezogen habe. Ungefähr 70 von­ den Vornehmen unserer Stadt sandten Telegramme nach Konstantinopel, worin sie Klage führten. Der Bascha ver nahm davon und ließ auch die Absender der Telegramme ins Gefängniß werfen. Somit sind jegt sämmtliche Rabbinen Schrift­­gelehrte und Richter, die Führer und Notablen der Juden im Gefängniß. Schwere Besorgnis erfüllt uns vor der Zukunft, wir fürchten, daß unsere L­eiden noch lange nicht zu Ende sind, denn man droht, uns ebenso zu vernichten, die seinerzeit die da in Damaskus von den Mohammedanern vernichtet wurden.“ (Zur Börsenlage.) Ungarische Gold-Rente, ungarische Papier-Rente, Ungarische Kredit-Aktien, Staatsbahn-, Lombarden-, Union- und Hypothesenbant-Aktien empfehle zum rascherten Anlauf. Dieselben dürften in nr Zeit wesentlich steigen. Aufträge führe unter Zusicherung der größten Gonlance bestens aus. 3. Léry, Banl­­haus, Budapest, Hatvanergasse 17. Theater für Heute, Samstag, 2. Novem­ber, Nationalth­eater: »Bal­utän«e, »Az uj embereke. — K­önigliches Opernhaus: Geihlofin. — Festungs­­theater: Geihloffen. — Bolfstheater: »A molnár és bed sm Deutsches Theater: „Der Müller und fein ind”. -- - » a Es ere gemor war, motel aus Wien: ne KELHET ETETETT a Senilleton, nn Der Kampf ums Lebe, La lutte pour la vie (Struggle for life). Drama von Alphonse Dandet, zum ersten Male aufgeführt am 30. Oktober im Barifer Theatre du Gymnase, der in elegantem Morgenforu­m ihr alsbald gefolgt ist — aus dem Baris, 30. Oktober. Nicht als Nachlese buchhändlerischen Erfolges, wie die bisheri­­gen Dramatisirungen seiner berühmten Romane sich präsentirt haben, sondern zum ersten Male als selbstständige dramatische Schöpfung be­­kommen wir ein neues Merz des genialen Meisters des zeitgenössischen französischen Romans, Alphonse Dauder’s zu genießen. Während Zola sich am Sarge des heimgegangenen Augier für dessen Sit in der Aka­­demie Fandidiren läßt, betritt sein Nivale mit einem fabnen Zeitbild in dramatischer Form die verwaiste Bühne, um die " Kfirontés" des zur Neige gehenden Säfulums, die Streber, denen man das Darmin­­ssche Epitheton „Struggleforlifer” beigelegt hat, zu brandmarten. Alphonse Daudet’s letter Roman „Immortel“ Hang persimistisch aus mit dem brutalen Erfolge des „Architekten für Die elegante Welt“ Paul Aitier, der in der eleganten Faulniß gesellschaftlicher Verbindun­­gen als spolia opima die Millionen-Herzogin seiner Träume sich zu ergattern versteht, indem er die Tugenden und Leidenschaften seiner Umgebung, die Eugen Gegenseitigkeiten, ehrwürdigen Traditionen und frommen Lügen der Familie, des Staates und der Gesellschaft mit unübertrefflicher Planmäßigkeit, als Stufenleiter seines Aufstieges bewühßt. Raul AMíllers Glühl und Ende wid uns nm in belegter dramatischer Schilderung vorgeführt. Gleichzeitig werden in diesem Drama aus dem modernen Leben eine Reihe aktueller Ideen, mit denen die Literatur der legten Jahre sich beschäftigt, ein­­geflochten und vom Haupthelden bis zur letten der Nebenfiguren kann man in berüchtigten und obituren Zeitgenossen und Tageshelden frappante Analogien ohne Mühe entdecken. Im ersten Arte werden Situation, Charakter und Lebensführung des „Struggleforlifers“ recht drastisch beleuchtet. Ein Boni XVL-Salon im prächtigen Hotel der Herzogin von Bradovani, welches seit drei Jahren, seit der Verheirathung der Eigenthü­merin, das Hotel Aftier genannt wird, bildet die Antecamera des duch schwere Sammtportieren bezeichneten Alkovens, dessen Eingang ein Kammerdiener leitet. Paul Aftier’s Intimus und Geschäftsfreund, der Sarkastische Notar Chemineau, solwie der spionirende ‚ Sekretär Lortigue erwarten mit Ungeduld den spät aufge­­standenen Aftier. Der Sekretär rapportirt durch die Thüre das Tages­­ereigniß, die Meldung des „Journal des Debats“ von der bevor­­stehenden Ernennung des Deputirten Aftier zum Staatssekretär und entfernt ihm eine Dame in summarischer Toilette, en corset, tritt hastig aus dem Affäven, um den Triumph des geliebten Mannes — Sournal zu Töten. Diese Dame ist — nicht die Herzogin, derzeit Madame Aftier, sondern Lydie Baillant, Beamtenstochter, und vor Kurzem noch Vorleserin der Herzogin, lebt aber Maitresfe Astier’s, des „Ummiderstehlichen“. Astier’s Geschäftsträger, Chemineau, dessen Eintreten die Dame im Korset wieder nach dem Alkoven ver­­seucht, macht Witier auf die unbegreifliche Intensequenz aufmerksam, m­it der er seine Maitreffe im „Konjugalen Domizil” empfängt, aus welchem der stets naf beiden Seiten hin gedechte Sekretär Zortigues — auch ein Streber minorum gentium! — Berichte an die Herzogin sendet, ohne daß man solche von ihm verlangte oder hiefür Dant wüßte. Von dieser Herzogin, d. i. Madame Allier, fomm­t Ghemineau eben. Seitdem sie ihre Vorleserin, Lydia Vaillant, in den Armen Aitier’s überraschte, blieb sie auf Schloß Mouffeaur, der einst von Aitier restaurirten architektonischen Berle, mit ihrem Summer allein. Sie weiß, daß Aitier sie täglich verräth und verleugnet, daß sein Egois­­mus seine Dankbarkeit fennt dafür, daß sie ihn aus dem Staub err­hoben, seine Schulden bezahlt und ihm die Wege zu seinen politischen Erfolgen geebnet, die sich in der Wahl zum Deputirten und nunmehr in der ersten Betheiligung an der Regierungsge­walt ausdrü­den. Die Bankspek­ulationen, zu denen Witter sie überredet, haben durch den Krach ihres Bankiers ein Ende mit Schreden genommen; das Schloß wird den Weg der Millionen gehen; die Gläubiger haben es mit Beschlag belegt. In diesem „psychologischen Moment“ hat Aster seinen Antimus nach Mouffeaur entsendet, um die Gesinnungen der Herzogin zu erforschen. Chemineau hat so­ viel erfahren, daß die Herzogin die verrätherische Undankbarkeit Aitier’s ihrem ganzen Umfange wag fennt, sowie auch den innigen Wunsch desselben, daß sie in eine Scheidung ein­willige. Um diese Scheidung zu brusquiren, Tebt Aitier troß der materiellen Sorgen, troß der vielfältigen Agenden seiner öffentlichen Stellung wie ein jugendlicher Dom­­­an, der in jedem Augenblick in flagranti ertappt sein will. Doc Chemineau informirt ihn dahin, die Herzogin werde niemals in eine Scheidung willigen, obwohl sie es als Schmach und Unglück ansehe, Madame After zu sein. Aftier belehrt seinen Intimus — der übrigens durchaus nicht die perversen Gesinnungen Aftier’s their: —, die Liatson mit Lydie Baillant affishire er nur deshalb, um vor der Herzogin Die wahre Intrigue zu bergen, den Plan einer Ehe mit Eiter Selena, einer enorm reichen,­­ Fabrizieren und vermaiften­­ Fremden, die ihn sieht. Mit bewegungsloser, grausamer P­hysiognomie legt Nitier seinen Plan dar, doch mird ihm unheimlich zu Mutde, als der Kammerdiener den Besuch dr­eier Herren anmeldet. 63 ist der alte Baillant, Lydiens Vater, und deren Bräutigam Ar­­tonin Goffat, die seine Ahnung davon haben, daß Lydie bei Uftier sei. Dieser glaubt, zwei Näh­er fümen, in der That jedoch verlamm­t Coffat nur wegen einer Miethzinsaffaire seiner Familie. Die Herzogin hat vor Fahren, als Boffat’s Bater in Folge einer verunglückten Speku­­lation Hand an sich gelegt, der verwaisten Familie fü­r ewige Zeiten einen illusorisch geringen Miethzins in einem ihrer Häuser gewährt. Paul tier respettert diese Konzession nicht­ länger, und der alte­­ Daillant kommt mit Antonin Cofiat, einem jungen und ziemlich nie beholfenen Chemiker, um für das gute Recht der Familie Coffat zu plaidiren. Faltotum Cheminsau nimmt es zuerst auf sie­, die beiden Bellamanten abzufertigen, Aitier Taufiht hinter der Gardine in Ge­sellschaft Lydiens, während der alte und ehrliche Vaillant von Che­­mineau verhört wird. Nachdem er weiß, um was es si handelt, tritt Astier aus dem Alkoven und bescheidet mit sarkastischer Härte und empörender Tonb­alance die Neklamanten abmesslich, ja er äußert sich sehr despettirlig über die von den Retenten angeführten Hum­a­­nitätsgründe. Ihr Vater war, wie es scheint, den Geräften nicht gewachsen!” sagt er mit Bezug auf das tragische Ende des aus Ehr­­gefühl zum Selbstmörder gewordenen Goljat, und „das Leben ist ein Kampf der Interessen!“ Tautet seine Sentenz bezü­glich der von den Retenten angeführten Billigkeitsgründe. („Notte mich aus oder ich erde Dich ausrotten!” kommentirt diese Vtrafe bei Seite das iro­­nice Laktotum Aftier’s.) Und derselbe Aftier findet nach einigen Minuten die lügnerischen Geberden, die verführerischen Zärtlichkeiten, deren er bedarf, um Xıdien beim Abschied zu sagen, daß seine Situa­­tion ihm hinfort nicht gestatte, sie zu sehen, wenigstens für einige Zeit, wie er hinzufügt, um die Verzweifelte zu trösten. Aitier zucht mit den Achseln, als Chemineau, die personifizirte Skepsis, ihn angesichts dieser Szenen, deren Zeuge er geriefen, seine Bewunderung ob so viel Selbstbeherrschung ausdrückt. Hindernisse sind für Astier nur daz­u da, um unweggeräumt zu werden. Trot der ungünstigen Situation und der ablehnenden Haltung der Herzogin will Aitier seinen Wlan, die Schöne Millionärin, eine Jüdin, zu heirathen, nicht aufgeben. Vor Allem muß er sich mit seiner Frau aussöhnen, damit sie in die Chefscheidung­­ aus Liebe einwillige. „Ad, ala Napoleon und vofe­­i­ne’, oppalaudirt Chemineau, und Der BochangLa.Llt An diesem Alt war ursprünglic der­ Schlußdialog zwischen Atter und seinem Intimus Chemineau mit einer Wette­ bereichert, worin tier, anknüpfend an ein soeben erschienenes Buch seines Lieb­­lingsautors Larcher (so heißt Bourget in der „Vie Parisienne“ — sich selbst) über zwei intelligente Raubmörder, das „V­orurtheil“ der strafenden Gerechtigkeit als unverfälsschter „Struggleforlifer“ heraus­­fordert und sich anheifhig macht, mit seinem unübertrefflichen Disposi­­tionstalent ein Verbrechen zu begehen, dessen er niemals überführt werden könnte. (Aitier hat die Wegräumung seiner Gattin im Sinne.) Dieses Intermezzo ist später von Daudet weggelassen worden, und nur einige fritische Phrasen Willer’s über das bezeichnete, auf seinem Schreib­­tische liegende Buch, „Erei junge Franzosen unserer Zeit“ betitelt, be­­zeichnen die Stelle, an der Dauder’s Selbstzensur gemaltet hat. Dieser Alt, der ohnehin einen Sprühregen geistvoller Sentenzen und farkartt­­iger Motd niedergehen läßt, kann der barocken M­ettidee umso mehr entrathen, als sie nach einer analogen Szene in Dostojemskvs , Ber­brecjen und Sühnen nicht einmal originell schiene. Wenn Larcher- Bourget im Salon Witler, dieser Seinengrube des Schranfenb­reiten Egoid­­mus, dennoch zitier wird, so zahlt Daudet mit Diesem Tribut die un­­verkennbare moralische Mitarbeitersgaft des geistvollen Biychologen bessen Doeen und Unschauungen über dieses und 10 manches andere hema in der schönen Literatur fast aller Franzdft­­igen Autoren der besten Jahre befruchtende Spuren und Anklänge zuzu­klaffen. . Der englische Titel selbst dieses Dramas ist durch Bourget zum geflügelten Bariser Modewort gemacht worden. Danten wir. Daudet, daß er in diesem Drama das Aeußerste aufbietet, um den „Struggleforlifer“ des eleganten Schimmers, den der Roman über seine Erfolge gebreitet, zu berauben, und ihm den Grad zu ertheilen,­­ den er — sans phrases! — verdient, den eines prämeditirten Mord­­gesellen j­ene oben zitirten „zwei jungen Franzosen“ unserer­ Zeit sind nämlich vor ihrer Analysirung doch Lacher im Jahre 1878 de facto auf dem P­ariser Roquetteplag guillotinier worden. Sie hießen Lebiez und Barre, waren gebildete und studirte Leute, Lebiez sogar ein junger Gelehrter, der in anatomischen Präparaten erzeulirte und der, während die Volizer nach den Thätern des von den Ber­nannten an einer wohlhabenden Gemü­severläuferin verübten Raub­­mordes Fahndete, im Onartier Latin eine Vorlesung über den „Kampf ums Dasein“ hielt, worin er in diesem Kampfe alle Mittel für er­­laubt erklärte. An der definitiven Redaktion des Stückes hat Dandet seinen Helden exit in einem späteren Akte — da nur umso drastischer — zur ultima ratio des „Struggleforlifers", dem Verbrechen, grei­­fen lassen. Im zweiten Akte, der im Gardensaal des Schlosses von Mousseaur spielt, machen wir die Bekanntschaft des exlefensten Opfers Wirter’S, dieser Herzogin von stolzem Wesen, die er weich wie Wachs ummacht hat und die nun außer der Verminderung ihrer aristokrati­­schen P­ersönlichkeit und dem Berluste ihres Reichthums auch den Ver­­rath, die Beleidigungen Astier’s ertragen muß, dem sie zur Last zu fallen scheint, der sich von ihr scheiden Lassen möchte und den sie — marut­m leugnen? — mit allen seinen Verbrechen noch liebt. Madame Pasca Hat diese Rolle — eine Art „Königin im Gril“ — , mit einer der glänzenden­­­ergangenheit dieser Künstlerin würdigen Gran­­dezza kreirt. Gestalt und Organ sind bei ihr eben­so bewundernsmerth, wie die Leichtigkeit, mit der in einigen Szenen, so oft sie deren bedarf, ihre Schönheit von sieghafter Jugendlichkeit überflogen erscheint. Und Madame Pasca ist 1835 geboren! Die Herzogin schildert eben einer jungen Freundin (auch diese ist in ihrer Ehe unglücklich, doc tröstet sie si nach mancherlei Gxperimenten nunmehr mit der­­ Morphin­­sprige), wie Aitier, nachdem er sh absichtlich mit Lydie ertappen ließ, nunmehr seine Maitresse in Paris installiert hat, nach­dem der alte Vaillant, Lhdiens Vater, mit Apancement dahin verseßt wurde, als sich der biedere Alte anmelden läßt. Er kommt in der be­­reits erwähnten Affaire der Familie seines jungen Freundes Antonin, und erst nach längerem Gespräch mit dem Alten sieht die Herzogin ein, daß Vaillant von Astier’S Beziehungen zu Lydie keine Ahnung habe, wie sie bisher angenommen. Sie hütet sich mehlmesslich, ih­ren Schmerz einer Aufklärung zu bereiten. M Lafontaine (als Vaillant) weiß in dieser Szene, wie in den folgenden, au­ch Nuancen dieser wichtigen Rolle plastisch zu gestalten. Die Schloß­­halle betritt sodann — eine Folge des Steilbietungs-Ediktes —, mit einer bunten Schaar vulgärer Besucher die famose ; ‚Bourget, | !! Gerichtshelle,­­ Der Debrecziner Batermörder Josef Möricz, der befanntlich am 27. Jänner I. 3. von dem Honved-Kriegsgerichte zum Tode dur­ den Strang verurteilt wurde, ist vom Honved-Distrikte- Obergerichte zu 20 Jahren Keffer verurtheilt wor­den. Das Distrikts-Obergericht zog im Monate Mai I. 3. unter Prä­­sidium des Generals Bulyovkty diese Strafsache in Verhand­­lung und ordnete eine ergänzungsreife Untersuchung, ferner die Untersuchung des Geisteszustandes des V­atermörders an. Die ermittig­­ten Anerzte überreichten noch im vorigen Monate ihr diesfälliges Gut­­achten dem Obergerichte, welches vorgestern unter dem Präsidium des Generals Szvetic 8, Direktors der Ludovica-Akademie, sein Urtheil füllte, demgemäß Josef Möricz 53u 20 Jahren Kerner verurtheilt wurde Das Urtheil wurde heute Vormittags dem Sneulpaten im Garnisonsspitale Nr. 17 in Ofen publizier, wo Möricz derzeit Frank darniederliegt. Möricz nahm das Micheil gleich­­giltig entgegen. Er leidet gegenwärtig an Magenktrümpfen, doch du­rfte er nach Ausspruch der behandelnden Aerzte bald genesen. Den ‚Ort, HA ’ I )

Next