Pester Lloyd, Dezember 1910 (Jahrgang 57, nr. 298-311)
1910-12-16 / nr. 298
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Tenze: Schwarz. « In Wien: bei Book & Herzfeld, Ed. J. Danneberg, M. Dukes, Haasenstein & Rud. Mosse, J. Rafael, H. Sokalı Im Auslande: Berlin: Rudolf Mosse, & Co.; Paris: John F. Jones & Einzeln : Morgenblatt in Budapest ler, in der Provinz 14 Heller. Ab li Budapest 6 Heller, in der Provinz Redaktion und Administration : sea 2 NER keinem Falle zurückgestellt. Vierte Briefe werden nicht angenommt. 2 Name EN “" - der Valeria-utera 12. — Manuskripte Kéz m — Sudapest, 15. Dezember. : 83, gehört nicht zu den Gepflogenheiten dieses Blattes, traurige Einzelereignisse , zur verallgemeinern, über ‚den Beifall unserer öffentlichen Verhältnisse zu jammern, wenn privates Beschulden irgendeinmal eine Katastrophe herbeigeführt hat. Allein die schweren Bauunfälle in der Hauptstadt mehren sich seit einiger Zeit in so entschredendem Maße, daß es unmöglich is, über diese bedenkliche Erscheinung ohne Bemerkung Hinwegzugehen. Nach einer Stagnation, die fast anderthalb Jahrzehnte währte, ist sehr endliche Baulust in der Hauptstadt wieder erwacht. Auf Weg und Steg trifft man auf die Spuren frühen Lebens. Das tote Wachsen den Budapester Bevölkerung, der unaufhörliche Zuzug aus der Provinz, Die Sehnsucht nach befseien. Erwerbsverhältnissen haben in der Hauptstadt erst eine unbeschreiblige Wohnungsmisere geschaffen, dann ein fast fieberhaft haftiges Streben nach schleuniger Abhilfe erstehen lassen. Diese Bewegung war aus unterschiedlien Gründen Wilkommen zu heißen. Sie stellte der Bevölkerung eine Linderung der Wohnung suchte, wenn nicht völlige Abhilfe in Aussicht. Sie bot einem anderer wichtigsten Gewwerbszweige, der Bauindustrie, endlichh Die Verheilung einer Periode neuer Blüte. Und so war die Annahme berechtigt, daß das Baugewerbe selbst nicht nur aus finanziellen, sondern auch aus administrativen Interessen dafür sorgen werde, die überall auftauchende Bauluft nur in Bautwur _ ausarten zu Taffen. ” Das gerade Gegenteil geschah. Man muß nur ein wenig Umsau Halten in den Straßen Budapests, um vor ‚den Ungeheuern der baulichen „Renaissance” zurückzuschieden. Die Einwohnerschaft war allerdings von altershen daran gewöhnt, daß die behördliche Geschmachlosigkeit in Bau laden. ‚mit der privaten Geichmachsverierung erfolgreichh Wweiteifete. Ueberall anderwärts in der Telt sind Regierung und Stadtbehörden bestrebt, wenigstens ‚die Ctileinheit auf öffentlichen Plagen zu wahren, der bauherrlichen Willkür, top es angeht, eine Schraufe zu jegen. Wäre das auch bei uns gescieben, dann würden auf dem Parlamentsplage nicht Die im Stile völlig verschiedenen gotischen und Renaissancebauten einander gegenübergeseßt worden sein und dann wäre es undenkbar gewesen, daß jebt in der unmittelbaren Nachbarschaft von Monumentalbauten die Brautesten modernen Mietkasernen können. Das war nur in einer Baur selbst, Dem Kubtikun je proßiger aufgedrungen, dafür aber den Augen der Behörden, entzogen. Die Behörden greifen erst ein, wenn irgendwo wieder einmal ein morsches Gerüst oder eine für einige Zeiten gebaute Mauern zusammenstürzt und „einige Menschen "begräbt.. Die erer minden in der Prese, das Wehklagen der von solchen Katastrophen unmittelbar Betroffenen, rüttelt Daun die Beshörden für kurze Weile aus ihrer Gleichgültigkeit auf, man, nimmt, wie es so sön heißt: den, Sofalaugenfein. vor, stellt fest, daß auf irgendeinen Polier sein Berlaf war und legt in einem dürrem Protokoll fest, daß die Bauleitung an dem jüngsten Unglück unschuldig sei, Da sie ihrerseits alle Erfordernisse : Der bestehenden Bauordnung ‚peinlich gewissenhaft erfüllt: Habe. Diese unglückelige Bauordnung in der Prügeljunge aller Welt. Sie muß, für den Mangel an künstlerischem Empfinden herhalten, wenn bauliche Erzeste unser Auge beleidigen, die Physiognomie der aufstrebenden Stadt verungzieren. Sie gewährt jedem Mißbrauch, der aus der Duldung unzulässiger Dinge und Verfügungen entsteht, das Mäntelchen Khristlicher Nachjigt. Sie it die Ausflucht, wenn es ei um die nie eingestandene Umgehung wichtiger sanitärer Gebote handelt. Die spanische Wand, Hinter der Die Storcuption vorzeitig Bewohnbarkeitligenzen erteilt. Diese ‚Herrlich elastischde Bauordrung it wundersam gefügig, wenn es Die Interessen einzelner gegen das große soziale Interesse auszuspielen und zum Siege zu führen gilt. Was auf dem Gebiete des Bauwesens an Willkür auf der einen, an Indulgenz auf der anderen Seite geleistet wird, das hat in legter Analyse immer wieder in der Bauordnung seine Brut oder Aufluchtsstätte. Kaum ein Fall ist ung bekannt, daß in der jüngsten Zeit, Die jo rei an Baukatastrophen war, andere als die unmittelbaren Opfer dieser Unglückfülle Schaden davon gehabt hätten. It es da ein Wunder, wenn diese Katastrophen immer neue Veranlassung zu Erregung geben, wenn der Sozialismus sie ausbeutet, um die Bürgerschaft in Dem Lichte erscheinen zu lassen, als Habe sie in ihrer Unfultur und ‚Herzlosigkeit ‘einen Begriff von Dem Werte eines Menschenlebens?!. So wächst der Begriff: Bauordnung so über den ursprüngligen Sinn hinaus.. Sie wird der Stadmeffer städtischer Kultur, menschlicher Empfindung und sozialer Gesinnung. Sie san, wenn jluger Bürger sinn sie den Anforderungen einer humanen, dabei praktiigen Zeit anpaßt, der N werden. Ein Faktor, der auf alle Lebensäußerungen eines großen, Gemeinwesens entscheidenden Einfluß nimmt. Die entscheidet , über das Wohl und Wehe, das aus der Wohnungsfrage entspringt. Sie modelt die baulichen Züge einer Stadt, wird maßgebend für deren guten oder jelebten Ruf. Sie it entweder die Orterin . Der Öffentlichen Gesundheit, oder deren Feind. Die ist entweder die wirksamste Helferin des Rechtes, das im Gefege steht, oder die heimliche Mitschuldige an allen Vergehungen, die unter der Dede des Gefeges verübt werden. Die rettet läffige Bauherren, leichtfertige Architekten, strafbare Kategulator alles städtischen Lebensmeter, forcupte Beamte vor den Folgen ihrer Hängen oder ihrer Unterlassungen. Das, das eine gründliche Reform unerläßlich, dringend ist, unterliegt seinen Zeifel. Iu dieser Sta gibt es verhelfende Anfälle zu künftiger Größe und euroäischer Bedeutung. Hier äußert sich, zumal, in den lette Jahren, ein, so erfreulicher geistiger und materieller Schwung, so reges Interesse für allgemein menschlichei und unbestritten gute soziale Bestrebungen, daß es jantm. schaden wäre, alldas in dem Piorast der alten Mißmi verkommen zu lassen. Die Baukatastrophen der für Zeit sind gleichfalls nichts weiter, als die natürlichen Fos eines Denkens und Arbeitens, wie es zur Zeit der Heille Bauspekulation gang und gäbe gewesen war. Diese Spekulation, »die nur auf Der augenblickichen Vorteil bed war, hat unserer Hauptstadt für lange Jahrzehnte: Stempel aufgedrückt.Jhrverdolsxketijvir,«daß Buda«pest, baulicher Hinsicht zu den charakterlosesths Städten Kontinents zählt;ihr verdanken wir die Fehler,: Ausnutzungf Die Aufgabe all jener Budapestersejnmelz die ihre Hauptstadt lieben.Jetzt,da eine Periodedeneuerung gekommen sein kön.11tc,uns diesehmez Gegenheit·1vi11kt,diese Fehler,zum Teile wenigstens, 31 machen, sehen wir, daß man aus den Erfahrungen 7. Vergangenheit seine Lehre abzuleiten gesonnen it. niemand. daran denkt, neben seinen eigenen bered Suteresse auch öffentliche Rücksichten zu beachten um es für diese Mißachtung des allgemeinen und so Prinzips keinerlei Netorfion gibt, insolange die Bollwer der alten Lotterwirtschaft aufrecht stehen. Mit der gung des alten Baustatuts ist aber keineswegs alles geriese Bauordnung, vor mehr als dreißig Jahren Verhältnisse geschaffen, die längst unser mitleidiges erregen, wurde seither auch von den Behörden nicht respektiert, nach Bedarf, oder wenn man will, nach ( gelegentlich wohl auch ‚manches Gescheite unterlief ‚gabe, der geben Protektion abgeändert, wobei um Spüren, das wird dereinst, eine dankbare Aug moderne Moralphilosophen sein. Offenkundig ist wie alle mit den Verhältnissen Vertrauten so viel, daß o Berantwwortlichkeit für die sich häufenden Katastrophe erster Reihe, der oberflächlichen Baukontrolle zur La legen ist. Hier mit vor allem Wandel geschaffen w Man wird wohl daran tun, endlich zu der Erkennt gelangen, der Kronprinz Rudolf den herrlichsten A gegeben, hab es im Staate sein wertvolleres Gut als’ d Menschen gibt. « ..« er Er b fendetom Die beutelosen Sieger, a . . der Mr. Bauımfeld. Jat leben wir wirklich im der Schlechtesten aller neuen Welten. Unaufhaltsam gleiten wir ‚auf das Niveau einer fast europäischen Moral hinab. Was‘ unser ivar, „geht zu den Hunden“, wie man hier die Vergänglichkeit auszudrücken pflegte in jener schönen Zeit, in welcher die Sprache der politischen Nedner noch blumig, kraftvoll und dur ihre ‚brillante Frechheit überzeugend war. In der ein guter Wind ganz anderen Wirkung übte als ein Argument, in der man dem hochverehrten Herrn Mitbürger, soweit er auch Wähler war, lieber zu einer angenehmen Berdauung verhelfen wollte, als ihn überflüssigerweise über Dinge aufzuklären, Die er besser niemals verstehen sollte. Eine politische Kampagne ohne die geringsten Circentes. Wo soll das enden? Kein Feuerwerk flammt auf, seine Blechnufit ertönt. Sang- und Klanglos geht in einem Mieere von politischer Citte und Vernunft unter, was sonst einen der feinsten Reize dieses Volkes bildete. Nur modernen. Kriegsschrei gibt er und der lautet überdies: orat ! In ihrem Namen wird ein Kampf geführt, dessen innere Unnatur fon dadurch allein beiwiesen it, Daß niemand die Mittel hergeben will, um ihm ein wenig umhaltlich zu gestalten. Eine dollarlose Kampagne! Bergeben sind die offenen und geschlossenen Briefe, welche die Parteileiter an die Setzzeiten ergehen Lassen. Wert wird als Geld zur Unterstügung eines Theaters hergeben, in dem man si nicht das kleinste bikdjen mehr amiüsieren tat. Was die politischen Akteure zu fügen haben, list man ohnedies am nächsten Morgen in den Zeitungen. Eoferne man noch Luft dazu "verspürt, immer wieder Dieje dlose Melodie von Recht und Shr bezteit, von Gewissen und Flichtgefühl über fi ergehen zu lassen. Was sind das für elende „Zeiten geworden, in welchen beide Parteien nur einen Ehrgeiz fennen, ‚anständig zu jet. Wo der Wettlauf um die Gunst der Menge dem nebulosen Ziele gilt, der Bessere, Gediegenere, Wertvollere nicht bloß zu scheinen. Das ganze Land it in eine Sonntagsschule verwandelt und fließt über von Mil und Honig der frömmsten Denkungsart. Vornehme Gesinnung ist eine Scheidemünze geworden, die exlefensten Prinzipien bekommt man in den politischen Kaufhäusern als K Rabattcoupon in die an ganz andere Dinge gewohnte Hand gedrüdt. Wohin man sich immer in feiner Verlegenheit werdet, grinst einem das Standbild der Bürgerjugend entgegen, die da triumphhieret bum, bun, tiara ! Das heißt offe Bum, bum, tiara. Diese wonnigen Laute täuscht mir ja nur die Erinnerung vor. An eine nahe Vergangenheit, wilden der, aber Jahrhunderte zu liegen seinen. Im Madison Sautare Garden, dem mintervollen Zirkus, in dem sich die berühmten zehntausend entzübten Besucher ein paarmal während jeder einzelnen Stampagne um die Pläße rauften, gibt es in diesem traurigen Jahre eine Fachausstellung nach der anderen. Kein Lofal Scheint ja heute Hein genug, um es wirklich füllen zu können. Noch in der legten Me.Kinley-Bryan-Kanpagne sind auf dem Madison Square tausend Sänger aufmarschiert mit zweihundert Musikapellen, die alle vom Türme aus mittels elektrischer Lichtsignale dirigiert werden sollten. Gingenement für fünftausend Dollars war eine Bagatelle, Hundert Massenversammlungen im Freien eine Gelbstverständlichkeit bei Fabelbeleuchtung und bengalischem Lichte. Später noch kam der Millionär-Demagoge ‚Here Hearst und engagierte für seine Monsterkonzerte die teuersten Etats der Oper, Die um tausend blauke Dollars pro Arie die Wählermasfen für Die Duerköpfereien ver Jöhnen sollten, welche’er aus Eigenen beistellte. Abend für Abend widerhallte die ganze» Stadt von schmetternden Mufiten, dem strammen Getrampel der Wählerbataillone, welche, auszogen, um mit machtvollem Geschrei ihrer politischen Ueberzeugucen Ausdruck zu«. Betrat man eine Wählerversammlung,so durfte mhm sein,ein paars Stunden lang in einer Weise-1-1n·te,rh zu werdem welche dass.Leben wirklich szuu Lust. Wenn masn es heute als einte«Anklage gegen-Heer weltlieft,daßs er sich von Wallstreet einen Jos- 250.000Doll»ausliefer—111ieß,nuc um etwas gebe Kampagne des Staates Newyork zu bringen,'mcGxe· antriebste 11das Andenken jenerIEdslen segsnen,wjchert das Volkx undfeiner Freuden ein so offenes ssbuchgeeigtsh«abc-11.Den Brotkorb hat wankhochgeängt sp daßkwir»fluvielscu’chigiarnicht«z1» peichen können Unds mit der anderen Hand nimmt uns all die Freuden, welche uns für Stunden wenn die teueren bildpreise vergessen machen - Löten, weiht uns den Stein der wirklich, wahrhaftig fälschten Ehrbarkeit. Wenig fehlt mehr und mann dem Stimmgetter seine Leumundsnote abgeben. mije tief ist unsere politische Freiheit in a. mi Nicht nur die Kandidaten, sondern dj die Wähler so arständige Gesinnung dokumentarisch nachzweifen. Dit S und: Gewalt gt man uns zu Dingen, zu verführen, Di in der guten alten Zeit nur Erastados zu verfechten a wagt haben. ." Früher i hat man wenigstens diic stille Hoffnung, daß die Erwählten des Volkes ihre wundervollen Prin uuchtsprechungen möglichst rasch-vergesse n(w Heute«kibe«t,·111o sie sich vom Stunde zu«Ssrunde«snsr das Verhängnisl)ineinreden,daßxrunneszunk Abhing einmal, wirklich mit der Ehrlichkeit versuchen to bleibt uns nicht, viel mehr übrig, als der ganz sch Tepft, daß fid. eing, so durchaus unamerikanische rasher überleben muß, als ihre Anhänger das für mög halten. Immer aber ist es das unglückliche Bolt, dem berlei phantastische Ideen ausprobiert werden. Wen wir einfache, harmlose Tiere wären, hätten sich längst ein par ‚Dubend „Vereine zusammengetan, um. ung. gegen jolge Duülgreten zu jhüsen. Für den Menschen freilt ki NEN LEE TEE A 4 . . UN N N e lee 4 ER INY RR Ran TRIER .