Pester Lloyd, Dezember 1911 (Jahrgang 58, nr. 298-309)

1911-12-16 / nr. 298

N BR­A Er SE Er. . "JER LLOYD . Mit Berchlüftung konstatieren wir aus diesem Aus­­weise, da mir etwa die Hälfte der Mitglieder des­­ fdul-Rehrturs absolviert und­ vier Zehntel von ihnen Österreichischen Abgeordnetenhauses eine­­ Hochschulbildung beisst. Kaum der zehnte Teil hat irgendeinen Mittel­­haben , bestenfalls eine untere Mittelschule besucht und die Hälfte von diesen, also mehr als ein Fünftel der Abgeordneten, weist überhaupt nur eine Volksschul-­e glängend begabter, Mob­liter des­ öiterreichischen DENT tums auf, und Diese hätten auch heute würdige Nachfolger, wenn das unglückliche Wahlsystem­ sie nicht aus dem­ Ab­­geordnetenhause ausschließen würde. Die politischen Ereig­­nisse der legten Jahrzehnte haben die Regierungen dari­n einander mit unglaublicher Mannheit gestürzt und in ihren Reihen begegnen wir tatsächlich hervorragenden Männern mit einer geistigen und moralischen Qualifikation ersten Ranges. Wie, viele gibt es ihrer aber in dem gegenwär­­tigen Abgeordnetenhause? Von sämtlichen deutschen­ Abgeordneten waren mut­ig: der Morauner Schreiner und der Christlichsoziale enhoch als Aderbauminister Mitglieder je eines Kabi­netts. Von den Tschechen waren drei Minister: Macak, Siedler und Wrajer. Als führender Politiker kann kein einziger, von ihnen , angesehen­ werden. ‚Bei den Molen stoßen wir auf fünf gewesene Minister: Glabinzzi, Kon­towszi, Bilinski, Zalessi und Abrahamow­cz, und unter ihnen auf Männer, die tatsächlich leitende Faktoren der österreichischen Politik sind. Unter den übrigen Abgeord­­neten Fünnen selbst diejenigen, die bemüht sind, das par­­lamentarische Leben Desterreichs mit Aufmerksamkeit zu begleiten, kaum einige Männer finden, deren politische Tätigkeit hervorragendere politische Fachkenntnis und Berufenheit verraten hätte. Das itt in der Tat eine poli­tische Selektion, aber sie it auf den Kopf gestellt: der Ausschluß der Starken, der Berufenen aus dem Kampf um die nationale Exid­enz. Es mag sein, daß diejenigen, die überall wirtscaft­­liche Beziehungen in den Vordergrund stellen, diesem öden Bilde gegenüber Beruhigung darin suchen werden, daß das Bolfsparlament berufen ist, in erster Reihe den wirtschaftlich tätigen Schichten der Gesellschaft zu einer füh­­renden Rolle zu verhelfen, daß­ die Berufspolitiker abge­­drängt werden und ihren Pla die führenden Persönlich­­keiten der erwerbenden­ Gesellshaft einnehmen sollen. prü­­fen wir daher die Lage auch aus diesem Gesichtspunkte. Abgesehen von den 82 Sozialdemokraten, die natur­gemäß die Interessen der Arbeiterkrasse vertreten und mit ‚Rücksicht darauf, daß sie zum größten Teil aus Arbeitern oder früheren Arbeitern bestehen, eine höhere Schulbildung der Natur der Sache nach nicht beriten können, vertreten die in der Landtwirtschaft, in der Industrie und im Han­­del enthaltenen Kapitalien und Unternehmungen 186 Mit­­­glieder des Abgeordnetenhauses. Von diesen haben 49 die Hochschule, 59 eine untere Mittelschule und 78 die Wolfs­­fehle besucht. In Prozenten ausgedrückt 26 ° 4, 3177, ber­­iehungsweise 41 ° 9 Prozent, so daß kaum der vierte Teil aller Gutsbesiter, Industriellen und Kaufleute eine höhere Bildung besitz und Die wirtschaftlichen Interessen seines Berufes mit der entprechenden SSachkenntnis zu vertreten vermag. Auch Hier it Die Lage eine noch viel ungünstigere, wenn wir Die beiden gebildeten Volfsstämme: Die Deuts­chen und die Tschechen zum Gegenstande besonderer Unter­suchung machen. Von den hier in Betracht­ kommenden 186 Abgeordneten sind 133 Deutsche und Tschechen, wäh­­rend auf die übrigen­ Volksstämme nur 53 entfallen, von diesen befuchten: Zum Schluffe noch ein Datum: Bon fäntlichen Mu­­­se ‚Militärdienstes. Davon haben als Merzte, Apotheker 2c.­dient haben, ohne jedoch den von ihnen erreichten mili­­tärischen Rang anzugeben, Wenn hier auch ein, zwei Irr­­tümer unterlaufen sein mögen, man doch angenommen werden, Daß über­ diese Frage zumeist jene Herren Ab­­geordneten schweigen, Die es nit zum Offizier oder Unteroffizier gebracht haben. Wir haben unsere Aufgabe beendigt. Wir wollten nur photographieren, ohne einen Kommentar oder ein Raison­­nement daran zu k knüpfen. Das Bild steht hier vor dem Leser und jedermann kann die Konsequenzen aus ihm ableiten. Wir bitten jedermann, die Tatsachen unbefangen zu prüfen und nicht von Schlagworten, den aprioristischen prinzipiellen Standpunkten auszugehen.­­3 möge jeder­mann erwägen, ob ein solches „Wolfsparlament“ fähig, it, die Arbeit des Parlaments zu leisten, seine Rechte auszu­­üben und seine Pflichten zu erfüllen und selbst seine eigene Ansicht darüber festzustellen, ob jene Wahlrechts­­reform, die das ungarische Abgeordnetenhaus dem ähr­­­ig­ machen würde, der Sache der Aufklärung, des Fort­­schrittes, der Freiheit einen Dienst leistet, ob sie das Ge­­wicht und die Macht der Nation erhöht, mit einem Worte, ob sie eine liberale und nationale Politik ist? (Magyar Figyelő." | | r Te1E7 Tsiglelel Sod- Mittels Rolta= . idulen feulen fchulen Deutsche und Tscheden ... ... 20 50 63 Andere Nationalitäten ... ..­ 29 3 15 In Vprozenten ausgebracht: Deutsche und Tschechen .. ... 15 376 474 Andere Nationalitäten ... ... 547 17 23:3 . Samstag, 16. Dezember 1911 Der Rücktritt des Freiherrn v. Conrad und die äußere Politik, (Telegramm des „Bester Lloyd“) .Wien, 15. Dezember In der heutigen Gitung des Österreichichen Abgeordnetenhauses beantwortete Demnisterpräsident Graf Stürgkh die an ihn gerichteten Interpellationen über den jüngst erfolgten Rücktritt des Chefs des General­stabes Freiherrn Conrad von Hößendorf. Der D­inisters­präsident sagte: Die Herren Fink und Genossen haben an mich eine Sinterpellation gerichtet, welche anknüpfend an den Rücktritt des früheren Generalstabschefs Freiherrn Conrad von Hößendorf gewise Fragen der äußeren Politik zur Sprache bringe. Diesen Gegens­­tand betrifft auf eine von den Abgeordneten Adler und Genossen eingebrachte , „Interpellation. Indem ich mich beehre, diese Anfrage nach Einver­­nehmen mit dem Minister des Yeußern zu beantworten, möchte ich zunächst konstatieren. Daß es­ ein dem Träger der Krone durch die Verfassung ausschließlich vorbehaltenes Not bildet, als oberster Kriegsherr Die Bersen des Chefs des Generalstabes ebenso wie alle mili­­tärischen Funktionäre nach allerhöchstem Ermessen auszu­­wählen. Dies vorausgeschieht, sieht sich die Regierung übrigens veranlaßt, festzustellen, daß der Rücktritt des Freiherrn v. Conrad nicht auf solche Ursachen zurückzuführen it, wie sie in verschiedentlichen, insbesondere auch auf Die Fragen der auswärtigen politis anspielenden publizistischen Erörterungen angenommen wurden. Weiter ist die Ef. Negierung, die ss mit den zur Wahrnehmung der gemein]­­m Angelegenheiten in erster Linie berufenen Faktoren in d.: erforderlichen unausgeregten und engen Fühlung weiß, in der Lage zu erklären, Daß die Grundlagen der äußeren Bolitis der Monarchie, wie sie seit Jahren wiederholt durch den Minister des Neukern vor den Delegationen, sowie duch meine Amtsvorgänger vor den beiden Häusern des Reichs­­rates unter Zustimmung dieser Körperschaften dargelegt worden sind, auch heute unverändert fortbes­­tehen. 939 muß es bei diesem Anlasse neuerlich mit allem Nachdruce zurücweisen, wenn in der Interpellation Adler und Genosen die Behauptung, als ob in einfluß­­reichen Kreisen angeblich geriisse gegen diese traditionelle Politik gerichtete Stre­­uupperungen dieses freien Schaffens mit Kunst sie über­haupt vertragen. Und um der­ Wahrheit die Ehre zu ge­­ben: es ist heu­te ‚manches besser geworden im Künstler­­haufe als es vordem, als es noch vor einen halben Jahre nehme an der Ausstellung im Künstlerhause zur bewegen­ tar. Die Gezessionisten haben draußen ihre Erfahrungen e. waren Durch umerk­artete Enttäuschungen vers­ittert, dennoch­ war im­ Frühjahr kaum einer zur Teil: Die Bedingungen ersprießlichen Mu­sammenarbeiteng fehlten, jo augenfällig ,auch den Abiresenden sein mußte, daß sie Ablaken ähnlicn Komfort, ähnlichen Zuspruc­, agaussichten finden. Auch darin ist erfreu­liche Bandlung eingetreten. Durch die Berufung moderner­ Künstler in die Jury, richtiger durch­ Die Amerteilung der Richterkollegien und die freie Jury­wahl scheinen die Bez­dingungen eines gewaltigen Zusammenstromes von Be­e geschaffen. Die Sache hatte vorläufig auch ihren ac­teil. Der Zusammenstrom it da, ohne daß das Er­­gebnis darum sonderlich imponieren würde. Man hat einen ungarischen Glaspalast. Weit über neun hundert Nummern. Die Case überfüllt. Natürlich alle auftreib­­ ehr viel Porträts. Das ist einerseits tröstlich, weil es zeigt, Daß die Kunst nicht vergeblich nach Brot geht, andererseits z­wängt es aber die Eindrücke des Beichauers in eine Richtung. Zum Glück sind die Bildnisse nicht arm an Abwechslung der Mache. Warum man die zwei pracht­­vollen ZARId in eine der Nischen gehängt hat, statt mit ihnen zu paradieren, das mögen die Arrangeure berant­worten. Der Künstler hat in der jüngsten Zeit wenig Besseres, Nobleres gemalt. Es sind englische Modelle, Eine Mik Cart, der Typus raffiger Schönheit. Etwas Ienbachu­ch angefaßt, wie uns dünkt, aber mit Werve auf das Gebiet hinübergeleitet, wo die Laßlöfche Art herrscht. Durchaus persönlich ist das Bildnis der Lady Vantage. Ein Meisterstück mit kaum übertrefflicher Leich­­tigkeit behandelt, die feinen Hände ein besonderer Gegen­­stand verdienter Bewunderung. Wie Lakló hier das defo­­rosive Element scheinbar als Nebensache betrachtet und sei ihm besonders hoch an­­Im ersten Saale gibt es der guten Bildnisfe­r genug. Bon Benczur einen ausdrucksvollen Mefette, ein glattes, doch nicht gewöhnliches Porträt des Architekten Kaufer (das Bild des Grafen: Stefan Tifa war heute aus Sept noch nicht pisantes Frauenbild der die Kleiderfraufen und Nocbelüge bein­ahe so wichtig sind wie der Kopf des Modells. Von dieser Art reift sich Csót­os, wenn er einen Sohn Julius Wilaffics’ Dr. Tibor Wilaffics malt, mit einer Kraft und Unmittelbarkeit, die verfehlt. Bon Céjat kin­wald ist ein interessantes Damenporträt im großen Saale, Edith nicht unbekannt, Sein Exast, feine sympathische Malweise, die nichts­ fallen läßt, Diesem Frauenbildnis zu gewinnender­­ Geltung, Die lacierung des Modells, die geldjmadvalle Behandlung des dekorativen Details wert. Ein helles, scharf ausgeprägtes Damenbildnis von Karl Ziegler, ein besonders feiner Frauenkopf von Emericy Knopp zählen zu dem Sehenswerten im ersten Saale. Wenn man den Rundgang im der siebzehn Galen diesen Anstellung absolviert hat und sich die Frage vor­legt, was man von Porträts noch im Gedächtnis behalten­ habe, so drängt sich die Erinnerung um ein merkwitdig starres Dreierbildnis Karl Ferenczys auf. Es heißt: Gesch­wister, und man muß, bis in den Saal zwölf laufen, um es zu sehen. Aber die Reife verlohnt. Urwüchsigeres, mit mehr Erfolg in die Sphäre der Kunst erhobene Realittik trifft man nicht bald. Darin leuchtet in der Erinnerung ein Hleb-Porträt Eduard Karlovksys weiter.­­i­st auf den Kontrast zwischen hell und dunkel gestellt, imponiert aber auch di­e­ seltene Schärfe des persönlichen Ausdr­uchs. Unter den Bildnissen des Professors Balló ish dasjenige Julius Jusths und des Barona Mar Madarajiy- Bed am alüdlichsten geraten, die, vornehme Art des Künstlers am besten spiegelnd, Arthur Halmi hat während seines lebten Budapester Aufenthaltes gleichfalls einige Porträts gemalt, sehr glatte Bilder von gutem Marktwert, ohne allzu viel Vertiefung. Ein starres Porträt, voll Chr­­geiz und solident Können, hat Stefan Zádor in der Ast­stellung. Diesem jungen Künstler geht der Charakter über, alles, er hat aber auf das Auge, das am Oberflächlichen nicht haften­ bleibt. 3 Ihr gewohntes, ehrenswertes Scherflein Haben Julius Stetfa, der ältere Vajtagh und Alexander Endrey beige­tragen, Endrey mit der erfolgreichen Ambition, einen­ Schritt auf dem­ Wege zur Natürlichkeit zu tum. Enige der­ sprechenden Bildnisse und Zeichnungen Oskar­ Glah* (ein famoses Damenporträt und eine frappierende Kata­nung Bela Felefis) fesselt den Beichauer. Ein Münchener Unger, Eugen Feiks, durch überraschende Beobachtungen von Bolts- und Gesellschaftsszenen auffallend, hat auch­ ein realistisches Porttät Jona Molnárs in Den A­rditel ähnliche Ab doch echt Fünftlerisch verwertet, ihren Eindruck an nicht gerechnet, Lommen in eingetroffen), von v. Terey. Der Künstler it Hier Ctefan Csót im der artistischen pariserischen em Art,

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