Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1931. január (78. évfolyam, 1-25. szám)

1931-01-01 / 1. szám

Donnerstag, 1. Januar 1931 • 3 * PESTER LLOYB Markt. ist und es auch bleiben wird, selbst wenn seine auf Vergrößerung der eigenen Agrarproduk­tion; gerichteten Bemühungen noch so große Erfolge erzielen werden. Ungarns handelspolitische Ziele lassen sich mit den deutschen und österreichischen produktionspolitischen Bestrebungen überhaupt leicht vereinbaren, so daß die reellen Wirtschafts­interessen dieser Vertragspartner durch eine noch so weitgehende Vertiefung der gegenseitigen Be­ziehungen vollauf bewahrt bleiben könnten, keines­wegs aber eine Beeinträchtigung zu erfahren brauchten. Die Agrarkonferenzen der Donauländer werden im neuen Jahr ebenfalls fortgesetzt werden; sie haben auch bisher schon den Konferenzstaaten Kraft und Gewicht verliehen, die aber ihre gemein­samen preis- und handelspolitischen Belange erst voll zur Geltung bringen können, wenn sie die ein­heitliche Verhandlungsfront hergestellt haben wer­den, auf die ihr gemeinsames Ziel letzten Endes gerichtet ist. Der zweite Schritt, der nachher zu tun sein wird, betrifft die Erzielung eines Einver­nehmens mit den industriellen Importstaaten des Westens, die auf die Kräftigung des Kaufvermögens der südöstlichen Agrarländer schon im wohlerwoge­nen Eigeninteresse angewiesen sind. Drei überaus wichtige Gesetzschöpfungen wer­den das Jahr 1931 einleiten. Zunächst das Industrie­förderungsgesetz. das in erster Linie den vitalen Interessen der ungarischen Landwirtschaft zugute kommen wird. In ihrer bedrängten Lage kann der Agrarproduktion unseres Landes zunächst nur durch tunlichste Steigerung des Binnenkonsums apfgeholfen werden. Je weniger sie dem Export­zwange unterliegt, desto leichter wird es sein, ihr beizuspringen. Aber auch sonst sprechen überwie­gend agrarische Interessen für ein energisches und zielstrebiges Fortfahren im bewährten Prozeß un­serer Industrialisierung. Die größte Sorge bereiten uns ja die Existenzschwierigkeiten der heranwach­­senden Landwirtejugend; die Volksüberschüsse der landwirtschaftlichen Bevölkerung können bei der immer fühlbareren Volksdichte nur durch eine in steter Entwicklung begriffene Industrie nützlich aufgesaugt werden, zumal da einer Auswanderung unüberwindbare Schwierigkeiten im Wege stehen. Aber selbst wenn die Freizügigkeit der Völker­wanderungen wiederhergestellt würde, wofür einst­weilen keine Aussicht besteht, wäre eine massen­hafte Auswanderung der hierzulande keine Be­schäftigung findenden Volkselemente ein schmerz­hafter nationaler Verlust, der sich nur durch Ver­wirklichung unserer Industrialisierungsbestrebungen vermeiden läßt. Die hiefür in Aussicht genommenen Subventionen dürfen mithin beileibe nicht als Na­tionalgeschenk an die Industrie aufgefaßt werden, wie das nicht selten geschieht; sie sollen bloß das zu neueier Unternehmungslust anzuspornende Ka­pital für die Anfangsschwierigkeiten entschädigen, gegen die jede neue Industrie im Wettkampfe mit den bereits bewährten Unternehmungen stets anzu­kämpfen hat. Ungarn hat es schon in Vorkriegs­zeiten an investierbarem Eigenkapital gemangelt; nach den Kapitalszerstörungen der Kriegs- und der Inflationszeit kann neues Kapital nur durch Sondcr­­begünstigungep angeworben werden. Auch das Gesetz über die Energiewirtschaft be zweckt neben einer Geltendmachung einheitlicher Elektrifizierungsgrundsätze das Heranziehen von Kapital zur möglichst lückenlosen Versorgung des ganzen Landes mit billigem elektrischen Strom. Die Hoffnung besteht, daß weder das heimische noch das auswärtige Kapital sich davor verschließen wird, an dieser bedeutsamen nationalwirtschaftlichen Arbeit teilzunehmen. Die im Zuge befindlichen Elektriftzie­­rungsarbeiten an der Strecke Budapest—Hegyes­halom erfordern noch gute zwei Jahre; zurzeit wird sowohl am Ausbau der Linie wie an der Erzeugung der elektrischen Lokomotiven gearbeitet. Als drittes Gesetz, das die Industrie berührt, kommt noch die Kartellvorlage in Betracht, der man gerechterweise keine Industriefeindlichkeit vor­werfen darf. Vollends übertrieben mutet die Drohung des Präsidenten und des Direktors des Bundes der Fabriksindustriellen an, aus der Handels- und Gewerbekammer auszuscheiden, weil deren Präsi­dent in der Kartellvorlage nicht die Strafexpedition zu erblicken vermag, die der Bund darin aufzufinden vorgibt. Die Zugehörigkeit zur Kammer beruht auf einem altbewährten Gesetz; gelegentliche Unzufrie­denheit mit allfälligen Stellungnahmen der Kam­mern berechtigt noch zu keinem im Gesetz gar nicht vorgesehenen Austritt. Was würde aus den Kam­mern werden, wenn bald die Handwerker, bald die Kaufleute, bald wieder die Fabrikanten sich selb­ständige Kammern errichten würden! Die Kammern sollen gerade für die oft auseinandergehenden Inter­essen der städtischen Berufskreise eine höhere Synthese herbeiführen; zu einer solchen kommt es aber nicht, wenn man gleich ausscheiden will, sooft man niedergestimmt wird. Wo eine Überzeugung einer anderen gegenübersteht, dort kann stets nur die Mehrheit entscheiden. (Unserem Vernehmen nach wurdexibrigens dieser Zwist der Kammer­­leitung und des Bundes seither friedlich beigelegt. Anmerk. d. Redaktion.) Im übrigen wird auch das kommende Jahr im Dienste der ständigen Ideale des Handelsministe­riums stehen. Sensationen hat ein solcher Dienst nicht zu bieten, es sei denn, man läßt sich durch Straßen-, Bahn- und Brückenbauten impressio­­nieren. Es wird vielleicht nicht sehr imposant lauten, wenn man auf so und so viel Kilometer Straßen hinweist, die man bauen ließ, und doch haben iStraßen eine über die damit verbundene Arbeits­gelegenheit weit hinausragende Bedeutung. Noch immer gibt es in Ungarn etwa tausend Genieinden, die keine Straße mit der Außenwelt verbindet. Können sich Stadtleute einen rechten Begriff von der wirtschaftlichen und kulturellen Bedeutung einer Straßenverbindung für solche gottentlegenen Ortschaften machen? Darum bin ich — schloß Han­delsminister Dr. Bud seine Ausführungen — in erster Linie für einen Ausbau unseres Straßen­netzes, der sämtliche noch aushaftenden Gemein­den in die Märkte und den Wirtschaftsverkehr ein­schaltet. Für diese Dörfer bedeutet die Verbin­dungsstraße eine wirtschaftliche Strukturwand­lung, die selbst in Zeiten niedergehender Konjunk­tur eine Belebung des dortigen Verkehrs im Ge­folge hat. Nur wo sich das lokale Verkehrsproblem weder durch Normalbahnbauten, noch durch 'Straßen entsprechend lösen läßt, also wo sich bei­spielsweise ein weitverbreitetes Netz von Gehöften um einen Zentralort gruppiert, wie in der Umge­bung von Szeged, Nagykőrös, Cegléd usw., halte ich den Bau wirtschaftlicher Kleinbahnen für begrün­det. Das Jahr 1931 wird im Zeichen intensiver Straßen-, Bahn- und Brückenbauten stehen, und Er (zögernd): Hm, höchstens, also ich denk mir, ich mein’ bloß, ob er vielleicht nicht etwas zu großzügig dimensioniert ist und ob du dadurch nicht etwa die freie Passage stören oder gar verhindern wirst? Sie (mit einer wegwerfenden Handbewegung). Das spielt keine Rolle. Das trägt inan jetzt so. Aber findest du nicht, daß er mich grün macht, und daß er überhaupt meiner Individualität zu wenig Rech­nung trägt, und soll ich ihn nicht lieber auf einen aschantifarbenen Topfhut oder auf einen frostblauen Helmhut, oder auf ein Phantasiegeflecht aus echter Pavianmähne Umtauschen? Was? Wie? Er (vorsichtig, gewitzigt): Liebling, ich fühl’ mich da wirklich zu wenig kompetent, um dir in einer derart einschneidenden wichtigen Frage zu raten. Sie (nickt bitter): Ich weiß, ich weiß, ich hab’ doch wirklich nicht einen einzigen Menschen, der mir auch nur mit einem Rat an die Hand geht, und wenn es drauf um und ankommt, steh’ ich immer vollkommen allein und vereinsamt auf der Welt... (Sie beginnt an ihren Lippen zu nagen.) Jetzt weiß ich erst recht nicht, was ich tun soll. IV. Sie (auf der Promenade, erblickt ihre Freundin); Grüß dich Gott. Betsy. Betsy (zuckt zusammen): Wie, du hast schon wieder einen neuen Hut... (mit einem zitternden Fisteln in der Stimme). Das ist jetzt der dritte in dieser Saison ... (Betrachtet verkniffen den Hut, ihr Blick erhellt sich plötzlich.) übrigens, ein hübscher Hut, wirklich ein reizendes, ganz allerliebstes Hüterl... (Warm.) Und wie gut er dir paßt... (noch | wärmer), also ich bin entzückt, ich bin direkt be- ! geistert, es ist der schönste Flut, den du seit langem getragen hast, also ich freu’ mich direkt für dich, wie jung und frisch du darin aussiehst... (Ausge­sprochen herzlich.) Komm’, wir wollen zusammen ein bißchen spazieren gehen... (stolz). Die Leute sollen j sehen, was ich für eine fesche Freundin hab’... ‘ Sie (verabschiedet sich rasch): Du darfst nicht bös’ sein, aber ich hab’ leider eine dringende Verab­redung . .. (Sie schreitet die Promenade zurück, für sich): So eine aalglatte Otter... (sie beschleunigt das Tempo), jetzt will ich aber augenblicklich den Hut Umtauschen. V. Sie (wieder im Salon für individuelle Damenhut­­bckleidung. Sie drückt sich eben den neunten Hut aufs aschblonde Haupt. Dreht und wendet sich vor dem Spiegel): Hm . .. (auf ihrer Stirn die Sorgcnfalt? beginnt sich plötzlich zu ebnen) was, wie, haben Sie was gesagt, wie, was ... (sie tritt einen Schritt zu­rück und nickt schelmisch ihrem Spiegelbild zu). Nun, liebe Frau, wie finden Sie, daß mich dieser da kleidet? Die Modistin (faltet andächtig die Hände inein­ander, wie in Ekstase): Gnädige Frau, der andere Hut war gewiß schön, jetzt aber erst dieser Hut... (ihre Augen glänzen immer faszinierter). Jawohl, ja, jetzt seh’ ich es erst, daß es notwendig war, daß gnädige Frau den anderen Hut umgetauscht haben, denn dieser Hut da ... (sie geht in weitem Bogen herum und mustert den Hut auch von der anderen Seite), jawohl, ja, ganz gleich, von welcher Seite man ihn anschaut, und dazu dieses Kopferl und erst das ganze Figürl... (sie spitzt symbolisch genäschig die Lippen vor, schmatzend). Also, direkt zum Anbeißen glatt zum Verlieben... (ihr Gesicht verdüstert sich plötzlich). Aber was soll ich machen, der Flut ist be­reits von einer Engländerin gewählt und beangabt, ich soll ihn ihr abends ins Hotel hinaufschicken, morgen früh reist sie nämlich wieder zurück nach London ... (sie ringt sichtlich mit einem schweren Entschluß), aber was, jawohl, ja ... (mit einer jähen Wendung zum Ladenfräulein). Johanna, packen Sie augenblicklich der gnädigen Frau das Hiiterl ein ... (mit patriotischem Pathos), diese Ausländerinnen sollen sich ihre Hüte zu Hause einkaufen. v yjiVET! nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Finan­zierungsmittel auch sonst in den Investitionsarbeiten fortfahren, die bei den Staatsbahnen schon bisher mit nützlichen Ergebnissen im Zuge waren. Die Ankurbelung der Wirtschaftskonjunktur wird eine angelegentliche Sorge der Regierung sein; nur darf nicht alles von ihr allein erwartet werden. Die Revision der Friedensveriräge. Von Dr. BENEDETTO CIRMENI, Senator des Königreiches Italien. Rom, 28. Dezember. Die bekanntesten Sprachrohre des Quai d'Orsay äußern ostentativ Bedenken über die deutsche Reichspolitik, die sich angeblich mit gefährlichen friedensfeindlichen Absichten tragen soll. Der erste Leitartikler des Temps, der allgemein als der be­glaubigteste Dolmetsch der französischen Außen­politik gilt, hat förmliche Alarmrufe vernehmen lassen ob einer Entschließung des Auswärtigen Aus­schusses des Reichstages, durch die die Regierung angewiesen wurde, eine Propaganda für die Revision des Versailler Vertrages einzuleiten, und ob der drei Noten des Reichsaußenministers Curtius an das Sekretariat des Völkerbundes in Angelegenheit der Behandlung der deutschen Minderheit durch die polnische Regierung. Wofern die scharfen Be­­| schuldigungen des Temps auch vom Herrn Briand — natürlich in milderer Form — beglaubigt werden sollten, würde Dr. Curtius es leicht haben, darauf zu antworten, daß er und seine Kollegen in der Regie­rung nicht verantwortlich seien für die Ent­schließungen des Auswärtigen Ausschusses, da in diesem die Oppositionsparteien — die National­sozialisten, die Deutschnationalen und die Kommu­nisten — die Mehrheit innehaben, die allesamt darauf aus sind, dem Kabinett Brüning und ganz besonders dem Reichsaußenminister die größten Verlegenheiten zu bereiten; man braucht sich ja bloß gegenwärtig zu halten, daß der Vorsitzende dieses Reichstagsausschusses, der nationalsozialisti­sche Reichstagsabgeordnete Dr. Frick, Innenminister Thürigens ist. Auch bezüglich der drei Noten an den Völkerbund kann die deutsche Antwort nicht schwer­fallen, denn sie sind ja durchaus im Geiste des Ver­sailler Vertrages und der Völkerbundsatzungen be­züglich des Schutzes der nationalen Minderheiten gehalten. Wenn aber auch gegen die Haltung der deut­schen Reichsregierung auf diplomatischen Wege kein Anstand erhoben werden kann, so läßt sich doch nicht leugnen, daß in Deutschland das Streben nach Revision der Friedens ver träge tatsächlich vorhanden ist und unleugbar auch Fortschritte aufzuweisen hat. Auch kann man nicht in Abrede stellen, wie ich dies in meinen für den Pester Lloyd geschriebenen Arti­keln aus Berlin ausführlich dargetan habé, daß in Deutschland nicht bloß die Rechtsparteien, sondern überhaupt alle Parteien, auch die kommunistische mitinbegriffen, völlig eines Sinnes darüber sind, daß die militärische finanzielle und moralische Verskla­vung eines 65-Millionen-Volkes auch jetzt noch — zw'ölf Jahre nach Kriegsende — zumal unter den gegenwärtigen, äußerst schwierigen, sogar geradezu

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