Pester Lloyd - esti kiadás, 1938. augusztus (85. évfolyam, 171-195. szám)

1938-08-01 / 171. szám

Montag, Í. August 1938 PESTER LLOYD Japanisch-russische Kriegsspannung Eine regelrechte Schlacht im »koreanischen Dreieck« — Japaner erobern die Hügel von Tschangkufeng zurück 30 Tote und 200 Verwundete auf russischer Seite Der gestrige japanisch-russische Zwischenfall um die Hügel von Tschangkufeng ist der ernsteste seit dem Amurinsel-Zwischenfall vom 19. Juni des Vorjahres, als die Japaner zwei russische Kanonen­boote versenkt und die Russen dadurch zur Räumung der nach japanischer Auffassung unrechtmäßig be­setzten Amurinseln Kunchatzu und Schinamuho ge­zwungen haben. Die Vorgeschichte des Zwischen­falles, die das Bild einer regelrechten Schlacht bietet, in dem die Russen 30 Tote und 200 Verwundete ver­loren haben und zur Räumung der von ihnen be­setzten Hiigel gezwungen wurden, geht auf mehrere Wochen zurück. Seit Wochen geht ein diplomatisches Protestspiel zwischen Moskau und Tokio um die Rechtmäßigkeit der sowjetrussischen Besetzung der Hügel von Tschangkufeng in der Tiefe von zwei und der Länge von sechs Kilometer vor sich. Die Russen behaupten, diese Hügel lägen auf Sowjetgebiet, die Japaner bestreiten dies. In dieser Gegend ist die Drei­­ländergrenze in einer Länge von 650 Kilometer um­stritten'. Die strategische Bedeutung dieser Grenze ist aus dem Grunde besonders groß, weil sie fast in der Schußweite der Kanonen von Wladiwostok liegt und besonders die Hiigel von Tschangkufeng bloß fünfzig Kilometer von der Bucht von Possiet entfernt liegen, die die Russen zu einem wichtigen Flottenstützpunkt ausgebaut haben. Die Frage ist nun: cui prodest? Wessen Inter­esse konnte es sein, jetzt blutige Grenzzwischenfälle heraufzubeschwören, die große Ähnlichkeit mit einem Kriegskonflikt haben und die in jenen ent­fernten Gebieten, in denen zwei ziemlich autonome Armeen von einer Stärke von je vierhunderttausend Männern einander gegenüberstehen, in der Tat fast unbemerkt sich in einen Krieg verwandeln können. Die Japaner haben dieses Interesse jetzt sicherlich nicht. Man erinnert in diesem Zusammenhänge an den Amurzwischenfall vom 19. Juni vorigen Jahres, der sich später als Tastversuch der Japaner heraus­gestellt hat, ob die Russen im Falle eines japanisch­­chinesischen Krieges marschieren würden».Sie sind nicht marschiert. Sie haben sich zurückgezogen und zwei Wochen später war der Zwischenfall von Lukutschiao vom Zaune gebrochen. Man neigt also eher zur Annahme, daß es sich jetzt um einen russischen Tastversuch gehandelt hat, ob die Japaner norh stark genug sind, die Besetzung der strittigen Hiigel einfach hinzunehmen. Wären sie schwach gewesen, dann wäre vielleicht auch Sow­jetrußland weitergegangen. Nicht als ob Sowjetruß­land ein Interesse daran hätte, jetzt in den chine­sisch-japanischen Krieg einzugreifen. Aber es hat ein Interesse daran, zu erkunden, wie weit die Japa­ner sich im siegreichen Vormarsch erschöpft haben. Es hat ferner ein mit China gemeinsames Interesse daran, Japan ständig zu irritieren, seinen Vor­marsch nach Hankau zu verlangsamen, ihm nicht zu erlauben, von der Mandschurischen Grenze Trup­pen nach Mittel- und Südchina zu werfen. Wenn diese Annahmen richtig sind, so wird auch dieser Zwischenfall nur ein Tastversuch blei­ben wie der vom 19. Juni 1937. Aber Prophetie ist ein undankbares Geschäft in diesen Zeitläuften und auf solche Entfernungen Vielleicht brüten schon japanische und sowjetrussische junge Offiziere dies­seits und jenseits des Amur und des Ussuri ihre na­­poleonischenPhantasien aus, vielleicht sind sie'bereits zur „heroischen Insubordination“ entschlossen, um einen Krieg zu entfesseln, auf den sie in ihren schläf­rigen Garnisonen bereits seit Jahren warten. Und vielleicht wächst dann eine Situation den Mächten über den Kopf, die sie allzu lange heraufbeschworen haben, um sie eines Tages nicht mehr meistern zu können. Unsere heutigen Telegramme über diesen Fra­genkomplex lauten wie.folgt: Der zuverlässige Zeuge Baron Friedrich Podmaniczky Von Julius Illyés Die zuverlässigsten Zeitdokumente stammen nicht von Schriftstellern, das versteht sich von selbst. Schriftsteller haben ihre Individualität, d. h. ihre Gesichtspunkte, mit anderen Worten ihren Filter auch in den Winkeln der Nebensätze; was der For­scher vollbringen möchte, das erledigen sie selbst: sie verarbeiten sogleich den Rohstoff. Sie fallen Ur­teile und lassen uns kaum an das Material der Unter­suchung heran. Zu einer Uneigennützigkeit in dieser Beziehung gehört ein besonderes Talent, mit dem die geistreichen Causeure, die Besessenen des Klatsches und die Geheimpolizei begnadet sind, deren eigen­artige Fähigkeiten, nebenbei bemerkt, ebenfalls mit einzelnen Elementen des schriftstellerischen Talents verwandt sind. Nützlich ist ferner hiebei ein gewisser Hang zur Indiskretion, zur Neckerei, zur Prahlerei und zum Zigeunertum, ferner eine gewisse grapho­manische Veranlagung, die übrigens bereits rein schriftstellerische Eigenschaften darstellen.. Sie waren alle in Baron Friedrich Podmaniczky, einem der amüsantesten und besten Memoirenschreiber des neunzehnten Jahrhunderts, vorhanden. Zudem wurde ihm auch ein langes Leben geschenkt mit einem vorzüglichen Gedächtnis, einem bis zu seinem Le­bensende unschuldig gebliebenen und unverwüst­lichen Kindesherzen und vor allem einem Kindes­­mund: er redet, als wüßte er selbst nicht, was er sagt. Die wichtigsten Dinge fallen in seinem sich hin und her schlängelnden Redefluß nebenbei ab. Aber gerade dies macht die Arbeit des Forschers so ge­nußreich; er ist ja so veranlagt, daß er ein im Fluß­sand gefundenes Goldkörnchen eher für reines Gold ansieht als ein Goldstück, das ihm vom Kaufmann in die Hand gedrückt wird. Der edle Barotj sprach von seiner wechselnden Umgebung auch mit siebzig Jahren mit einer genau kindlichen oder — was noch mehr besagt — jugendlichen Unbekümmertheit, frei von allen ge­sellschaftlichen und moralischen Vorurteilen, wie er es mit zwanzig Jahren getan hat. Deshalb käme es einem wie ein Mißbrauch seines Vertrauens vor, würde man hinter seinen Worten „Enthüllungen“ suchen. Das wäre auch eine vergebliche Mühe. Der Baron erzählt recht viel, sogar ungeheuer viel; wir erfahren, wann der erste Weihnachtsbaum nach Ungarn gekommen ist (im Jahre 1828 stellte ihn seine Mutter, die in Deutschland geboren wurde, nach deutscher Sitte auf}; wir erfahren, woher das Wort „Pecsovics“ stammt (Name eines reaktionä­ren Wahlagitators iip Komitat Tolna) und wie die Heiraten in der vornehmen Welt zustande kamen (fast ohne Ausnahme auf materieller Grundlage). Er plaudert weitschweifig über seine engere, ver­trautere Umgebung, die Aristokratie, dem Leser würde aber nie einfallen, den Plauderer mit einem schadenfrohen „Aha!“ zu unterbrechen. Er erzählt nichts „Enthüllendes“, sondern nur Menschliches. Auch wirkt seine Schrift beinahe so, wie die eines großen Schriftstellers. Der Stil ist zwar ungenieß­bar, doch beschwört er ein Stück versunkenes Le­ben herauf, das des ungarischen neunzehnten Jahr­hunderts. Die Glaubwürdigkeit, die seine Memoiren aus­zeichnet, erreichte er dadurch, daß er Haupt- und Nebensachen kaum unterscheidet. Baron Nikolaus Wesselényi, diese Herakles-Erscheinung der ungari­schen Aufklärung, der für seine Ideen das Augenlicht opferte, charakterisiert er in erster Reihe als Pferde­kenner und Geschäftsmann. Bei einem anderen be­rühmten Aristokraten kommt er immer wieder darauf zurück, was für ein glänzender Billardspieler er war. Der dritte erscheint als ein vorzüglicher Tänzer, der vierte <ds ein hervorragender Jäger. Podmaniczky war es, tier von Vörösmarty, dem größten romantischen Dichter Ungarns, ausplauderte, daß dieser seine Zigarren selbst fabriziert hat und sich stets über die Herstellung irgendeines Schaum­weines den Kopf zerbrach. Die Helden wandeln in Schlafröckan, sie essen und trinken und begehen auch ihre großen Taten entweder plaudernd oder sich über kleine Dinge ärgernd, genau wie sie s,ie auch in der Wirklichkeit begangen haben. Auch Széchenyi, den größten Ungarn, stellt Podmaniczky nicht auf der*Rednerbiihne oder die Felsen des Eisernen Tores wälzend dar, sondern in einem Tanzsaal; von den tausenderlei Neuerungen des großen Reformers be­richtet er weitschweifig (über 24 Seiten) nur von der einzigen, wie Széchenyi in die. Welt der Aristokratie (mit kaum geringerer Mühe als die Steuerpflicht) den Tanz des Volkes, den „Csárdás1“ der Gyöngyöser Weinbauern, eingeführt hatte. Sogar die Kunsldenk­­mäler gestehen Intimitäten, wenn er sie anspricht. Von e:nem der schönsten Gebäude Budapests, dem Paiais des Ministerpräsidimns, hat erfolgendes zu berichten: „Der Polka-Tanz kam in jenem Winter in Mode, —- und-ich lernte den Polka im großen Vorzimmer des Palais der Sändor-Straße vom Grafen Beckers während der Pause bei einem Vergnügen. So oft ich jetzt die Empfangssäle des Minister­präsidenten betrete, sehe ich mich immer den Polka tanzen.“ Wie jeder Memoirenschreiber von Geblüt liebt er eigentlich gar nicht das Schreiben (höchstens als Ersatz für das Reden), sondern die Erinnerungen. Hiebei hält er sich nicht an die Verkettung der Ereig­nisse oder an das logische Nacheinander, sondern einmal führt seine Feder die Rührung, ein andermal die Lust am Erklären. Diese beiden Grundelemente der Inspiration reißen ihn mit, die Zeitfolge wirft er ebenso kühn um, wie die modernen Romanschrift­steller oder vielleicht noch kühnfer, so daß eigentlich erst wir ihn richtig genießen können, die durch die Schule des modernen Romans gegangen sind. Auf diese Weise verknoten sich d'ie Ereignisse um irgend- Die Russen in neuen Stellungen Tokio, 31. Juli. Ein neuer sowjetrussisch-mandschurischer Grenz­­zwischenfcill mit blutigem Ausgang wird von man­dschurischer Seite gemeldet. Nach der amtlichen Veröffentlichung der mandschurischen Militärstellen wurden sowjetrussische Truppen, die etwa 2 Kilo­meter auf mandschurischem Gebiet vorgednmgen wa­ren, bei Tschangkufeng und Tschatsciofeng am Sonntag vormittag von. mandschurisch-japanischen Truppen zurückgeschlagen. Die Sowjetrussen sollen dabei etwa 200 Mann verloren haben, 30 Tote hätten von ihnen zurückgelassen werden müssen. An Kriegs­material sollen den mandschurisch-japanischen Trup­pen 11 Tanks, 11 Schnellfeuerkanonen und mehrere Maschinengewehre in die Hände gefallen sein. Uber die mandschurisch-japanischen Verluste liegen noch keinerlei Angaben vor. Der Zwischenfall wird in Tokio wegen seines Ausmaßes mit großem Ernst ver­zeichnet. Tokio, 1. August (MTI) Bei den südlich von Schatsaoping liegen­den Hügeln haben die sowjetrussischen Streitkräfte, die Sonntag nacht einen Angriff versucht hatten, den Rückzug nach Osten angetreten. Die Sowjettrup­pen ließen auf den östlich des Khasan-Sees gelegenen Anhöhen Aehrere Kompanien zurück. Es wurde be­obachtet, daß ein Teil der Sowjettruppen sich in der Richtung nach Karatschin zurückzieht. Nach einer Meldung des Domei-Bureaus aus Söul haben die Sowjets in der Gegend von Suataschi eine 800 Mann starke Abteilung konzentriert und bei Karatschin Artillerie aufgestellt. Das Kriegsministerium hat festgestellt, daß an den bisherigen Zusammenstößen seitens der Sowjets 3 und die 14 kubanischen Hexenmeister Ausserdem die wunderbaren Produktionen der bengalischen Königstiger prolongiert! DIE BESTEN ART 1ST EM DER WELT! PREMIERE REUTE! ZIRKUS FÉNYES Vorstellungen 4 und 3 Uhr T 5 L E P H O N 11 3 - a?4. und,11.3 364 ! ln ihr Herz sclHiessea Sie JUANITA, die blendende Kubanerin, Star der sensationellen Rumba-Revue RIMAC keine regulären Truppen, , sondern ausschließlich Grenzwächter teilgenommen haben. Der amtliche Sowjetbericht Moskau, 1. August (Havas) Über die Zusammenstöße bei Tschangku- Feng hat die sowjetrussische Telegraphenagentur den folgenden Bericht ausgageben: Die Japaner haben bei den westlich des Khas­­san-Sees gelegenen Anhöhen die Grenze überschrit­ten, eröffneten überraschenderweise ein Feuer uhd griffen die Sowjet-Grenzwache an. Die Japaner dran­gen vier Kilometer tief in das Gebiet der Sowjetunion

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