Schul- und Kirchen-Bote, 1894 (Jahrgang 29, nr. 1-21)

1894-01-15 / nr. 2

Dis­­ außen hin kundgiebt.Wie nun­ fü­r das religiöse Gefühl Gott allein­ Gegenstan­d und Ziel der Seelenbewegung ist,so ist für das ästhetische oder Kunstgefühl die Darstellung einer Orbe ein schöner Form­ Inhalt des Wirkens Religion und Kunst wachsen also nicht blogau­f nahe aneinandergrenzendem­ Boden­ sondern auch die ‚beiderseitigen Objekte ihrer Thätigkeit sind eng miteinander, verwandt. Denn jedes Iveal meist zum­­e­in das Neid­ der Unsichtbarkeit, dem auch Gott angehört; das Höchste, wozu ein Men erhoben werden oder was er in sich erfahren kann, hat seinen Ausgangspunkt im Neic­e ver 3Deen. „Eo ist eben das Idealische in der Kunst die Seite, durch welche sie an das Göttliche grenzt und­ Gottes Offenbarung im endlichen Stoffe uns anschaulich macht.“ ESTERILLER, Dr. phil. D: Die Darstellung des Heiligen durch die K­unst. Bremen 1857. S. 10, Anm. 1:) DBeive, G­ottesdienst und Kunst, sind also eine Verbindung des­ Unsichtbaren mit dem Sichtbaren, des Geistigen mit dem Sinnlichen, und finden eben in vieser Verbin­­dung volles Genüge, d. h. sie sind Selbstzwed. Endlich: Ihre Wesensverwand­schaft wird man um­­so weniger in Abrede stehfen dürfen, weil beide Gebiete sogar ineinander übergreifen. It doch einerseits die Kunst im Grunde genommen das­ einzigste Mittel, durch welches das religiöse Gefühl seine Erfahrungsthatsachen für die Allgemeinheit zum Ausdruck und zu verständlicher Darstellung bringen man und darf! D­er ist anderseits noch nötig, an die Thatsache zur erinnern, Daß gerade ein Erzeugnis wahrer K­unst im ganz besonderem Maße von Menschen zur Gott in Beziehung zur­ieten, Gebetsstimm­ung in ihm wach zu rufen vermag ?" „Jede wahre Kunst stellt ein Sveal vor das Gemüt, jede Beschäftigung mit dem Spearen erhebt die Seele aus­ dem Staube der Alltäglichkeit.“ (Zim­mer, K­. Dr. Fr.: Die Musik im Diente des Evangeliums. Gotha 1890. §..34.) Da dieser Vergleich des Gottesdienstes in seiner allgemeinsten Beventung mit der Kunft Die Verwandtschaft beider nach Ursprung, Inhalt und Zwed vorgethan, so dürfen wir die prinzipielle Berechtigung der Kunst im Gottesdienst als sicheres Ergebnis der Untersuchung in Anspruch nehmen. Es wird, nun des weiteren unsere Aufgabe sein, aus dem Wesen und Zwed des evangelischen Gottesdienstes im besondern die Berechtigung der einzel­nen Künste zu folgen und jeder versellen ihre Grenzen zur ziehen, sei es nach den Forderungen des Gottesdienstes, sei es nach denen der Kıumit. Der innerliche oder — wie Luther ihn nennt — „rechte“ Gottesdienst mit seinem rein subjestiven Gepräge verdient mit vollem Recht schon den Namen eines evangelischen Gottesdienstes. Aber es giebt noch eine v­ollkommenere Forum, den Gemeindegottesdienst, welcher jene persönliche Frömmtigkeit zur unerläßlichen Darausfeung hat und sich auf ihr in der richtigen Erkenntnis aufbaut, daß Die Satzbezogenheit der einzelnen Menschenseele nur in ihrer Darstellung durch die Gemeinschaft die Gewähr für ihre Gesundheit, Kräftigkeit und Stetigkeit befikt. Gerade die Gemeinschaftlichkeit, welche in ihrem Texten Grunde in dem echt­­reformatorischen Gedanken von der Zugehörigkeit jedes einzelnen zum allge­meinen Priestert­um der Christusgläubigen wurzelt, charakterisiert den evangelischen Gottesdienst in seharfen Unterschiede vom Katholischen. Bei der gottesdienstlichen Feier der Protestanten tritt die Gemeinde in dem­­Vollgefühle ihrer untrenn­­baren Einheit mit Gott in Verkehr; mehr als diese zwei Faktoren sind niemals thätig. Luchent sie sich hingiebt an Gott durch Dant, ob und Bitte und empfängt von Gott durch sein Wort, erstrebt sie eine Verwirklichung des Zweckes des Gottesdientes, „daß das ganze Leben der Gemeinde Christi ein Leben im Glauben und in der Liebe aus Glauben werde.“ (Achelis, D. & Chr: Praftische Theologie. Zreibing 1891. 2. Br. S. 235 ff.)

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