Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1882. Januar (Jahrgang 9, nr. 2446-2470)

1882-01-02 / nr. 2446

D\ N > KUSEun © RedactionundAdministratiom Heltauergcisse23. Erscheint mit Ausnahme der genwmtheiers tage täglich. Abonnement für Hermannstadt: monatlich 85 fr., vierteljährig 2 fl. 50 fl., halbjährig 5 fl., ganzjährig 10 fl. ohne Zustellung ins Haus, mit Zustelung 1 fl. 3­­1, 6 fl. 12 fl. Abonnement mit Postversendung: Für das Inland: et vierteljährig 3 fl. 50 en N 7 fl., ganzjährig Für das Ausland: vierteljährig 9 AM. oder 12 Fre3 , halbjährig 18 a 24 Fre3., ganzjährig 36 AM. oder 48 Fred. ann Unfrantirte Briefe werden nicht angenommen, Manuskripte nicht zurückgestellt. Re 24406. | BIBLIOTECA, ASTRA ER­­N. | { ! / vil Us | a Hermannfladt, Montag, 2. Januar Prünnmerationen amd Iuferate übernehmen außer dem Hauptbirreau, Heltauergasse Nr. 23, in Kronstadt die Buchhandlungen, Heinrich Dresswandt, Heinrich Zeidner, Meditsch J. Hed­­­rich’s Erben, Schässburg Gebrüder Retzer, Buch­­­handlung, (C. F. Erler’s Nachfolger), Bistritz Friedrich Wachsmann Nr. 187, Sächsisch - Regen Adolf Dengyel, Mühlbach Josef Wagner, Kaufmann, Broos Paul Batzoni, Lehrer, Wien Otto Maas (Haasenstein & Vogler), Rudolf Mosse, A. Opelik Rotter , C., H. Schalek, Pest A. V. Geldberger, Frankfurt a. M. G. L. Daube & C. Snfertionspreis : Der Raum einer einspaltigen Garmondzeile kostet 6 fr., das drittemal je 5 fr. 6. W. exclusive der beim einmaligen Einraden 7 fr., das zweitemal je Stempelgebühr von je 30 fr. . ·Pråmumeratiforts-Einladung auas Siebenbü­rgisch-Deutsche Tageblatt Mit Januar 1882 hat ein neues Abonnement auf das Siebenbürgisch-Deutsche Tageblatt«begonnen. « D-Pränumerationen und Inserats in Auftrage we­rde­n entgegen­­­enommen: in Hermannstadt beim Hauptbureau, Heltauergasse 23, in der Bud)­­­Boah Franz Michaelis, und Elisabethgasse Nr. 29 bei Sultan Gürtler, u­mwärta bei den am SKopfe Des Blattes genannten Firmen.­­­ Der Verlag des „Siebenbürgisc-Deutsi­­hs Tageblatts”. (Hermannstadt, Heltauergasse Nr. 23.) 1832. Bum t­euen Saft­­­ ende Haußvater hat am Ende des Jahres die Bilanz über sein Be a gezogen , aus dem kleinen Streit des Hauses fentt fi) der Blid Hinaus in die große Welt. Sit doch auch des Heinen Mannes Sein und Wohler gehen abhängig von dem, was draußen sich voll­­­zieht, und Seiner vermag sich dem Einfluße zu entreißen. Nur allzufecht wirft das Unbehagen, das nicht nur unser öffentliches Leben kennzeichnet, auch auf den Einzelnen ein. Das Jahr 1881 hat, wie kaum ein anderes, den Charakter der Zeit, den des Ueberganges nach allen Seiten wider­­­gespiegelt. Der erbrödelungsprozeß der Zürfei machte Ortschritte, die Frage des Mittelmeeres wurde der Lösung näher geführt, in England kämpfte man um die irische Frage, in Rußland um eine Verfassung, in Deutschland um die Sicherung des Reiches, in Oesterreich- Ungarn um den Bestand des Staates. Hier will er zu gar seiner Stetigkeit kommen. Was in unserem Staate im verflossenen Jahre stetig war, das war die Alles verschlingende Magyarisirungstendenz und der pflichtgemäße Kampf der Nichtmagyaren für un­­rechtlich und geieglich verbürgte Nationalität, ihres Daseins­­­n Ma nen Kampfe, der besonders auch unserem Volke auf­­­gezwungen worden ist, ist es eine erfreuliche Thatsache geiwesen, daß unsere Wolfsseele doch nicht ermattet zu Boden gedrüht ist, sondern geradezu zu neuem Flug sich mächtig gehoben hat. Unvergeßlich sollen die Tage der Wahlen ung bleiben und von der St­­euversicht jener Tage wollen mir ' il­ititem­en in’s neue­ar.» a ee eg een en froger Erhebung hält man es nicht für möglich, daß es irgend jemanden geben könne, der nicht mit ganzem Herzen bei Pi ‚feinem Volke, nicht bei der treuen Arbeit für dasselbe sein künne. 8 ist ·­­­ ’eer unter unse worden in den letzten Jahren wir hr a­­ie mich Alles im @liede, Schulter an Schulter, mit den Genoffen, entschlafen für das Höchsste,­ was wir haben, einzustehen; wo immer gibt es( auc) unter und „Xbsentisten“, d. h. Leute, die überall durch ihre Abwesenheit glänzen, wo es sich um die Förderung des öffent­­­lichen Mahles handelt, sei e8 aus Judifferentismus, sei e8 aus überkluger Vorsicht, die seine Farbe benennen wollen, um si nicht bloszustellen. Mir meinen aber mit den „Absentisten“ Diesmal nicht vornehmlich diese Leute, auch­ natürlich nicht jene, welche duch ihren Beruf an die Fremde gefeffelt sind, nicht diejenigen, welche des leichteren Erwerbes. Des besseren Fortlommeng willen die Heimat verlassen und zwar meistens mit der Lobenswerthen Absicht, später wieder dahin zurückzukehren. 3 sind vielmehr jene, den Höheren gesellsshhaftlichen Klassen angehörenden Sagisen gemeint, die bei materiell unabhängiger Stellung ihrer Heimat theil ® der unerquichlichen öffentlichen Verhältnisse wegen, theil ® um Der mangelnden großstädtischen Genitije Ar den Rüden ehren, um an fremden Orte­­n sicher zu genießen. | x­­er­­ne Marken Verhältnisse näher kennt, wer da weiß, wie­­­ wer wir gerade jegt in unserem öffentlichen Leben materiell unabhängige, intelligente Männer entbehren, der wird, gerade am Ende eines so kam­pf­­­reichen Jahres, uns sicherlich darin beipflichten, daß jene Erscheinung im höchsten Grade bedauerlich ist. Wir sind wohl, ohne uns nationalen Dünkels shuldig zu machen, zu der Behauptung berechtigt, daß es nicht der Mangel an Intelligenz, nicht der Mangel an Talenten für das Wirken im öffentlichen Leben ist, der bei Sins­ die erwähnte, schwer e­mpfun­­­dene Lüde verursacht. Einzig und allein die durchschnittliche Vermögens­­­tofigkeit unserer gebildeten Staffen ist e8, welche die zur Führung der öffentlichen Angelegenheiten befähigten Männer, um nur Teben zu können, zwingt, eine feste Anstellung, sei es im Staats- oder Comitatsdienste, sei ed im Dienste der Commune, der Schule oder Kirche anzunehmen. Damit it bei unserem unvernünftig strengen Incompatibilitätsgeieg eine Wirksam­­­keit im Reichstage größtentheils unmöglich gemacht, selbst wenn, der durch­­­schnittlichen Vermögenslosigkeit wegen, die Uebernahme eines Mandates nicht schon von vorneherein meistens ausgeschlossen wäre. Zu den Comi­­­tatsversammlungen wieder ist es ein niederschlagendes Schauspiel, zu sehen, wie sehr der Mangel an materiell unabhängigen Männern und in Folge dessen der Mangel an kräftiger, energischer Opposition jener schwer quali­­­sie­rbaren Comitatswirthschaft Worthut­­eistet, die bei uns unter dem lächerlichen Aushängeschilde der „Comitatsautonomie“ zur Persiflage der modernen Verwaltung geworden ist. In der That, in unseren gegenwärtigen Drangsalen in uns an jedem Einzelnen der Unseren gelegen, der die Kraft und Fähigkeit besigt, der guten Sache irgend werden, sei e& noch so geringen, Dienst zu er­­­weisen. Ja die bloße A­nwesenheit am Schauplage unserer Kämpfe, das bloße gute Beispiel, welches ein angesehener, hochgebildeter und unab­­­hängiger Mann durch­ seine Haltung gibt, ist ein Gewinn, der nicht hoch genug anzuk­lagen ist. Und wie sehr bedarf auch unser rein gesellschaft­­­liches, also nicht politisches Leben einer Auffrischung durch jene Elemente! Wahrlich, wenn es nur Ein Mann, ein einziger wäre, um dessen Zurüc­­­kerufung es si) handelte, selbst dann noch wilden wir die Sache für wichtig genug halten, um unsere Stimme zu erheben. Und es ist nicht nur Einer!­­­ Daß die öffentlichen Verhältnisse bei­ uns nicht so beschaffen sind, um uns besonders „lieb“ zu sein, ist zweifellos richtig und dieses ist, so meinen wir, für jeden, der ein Herz für sein Wolf hat, gerade ein Grund mehr, hier zu bleiben und so weit es seine Kräfte erlauben, an der Verbesserung weder Aenderung jener Verhältnisse getreulich mitarbeiten zu helfen. Iit unsere Auffassung wohl eine allzustrenge, wenn wir der Meinung sind, es sei Dies geradezu eine Pflicht, ‘ja mehr noch, eine Ehrenpflicht ? Si­erlih nit. Und einer solchen gegenüber können alle jene Gründe, mittelst welchen wohl der Absentismus entschuldigt oder motivirt werden will, nicht bestehen. Es sei doch alle Mühe und Anstrengung vergeblich; das Schickal ver­­wacsen, d. h. ihr langsamer Verfall und ichltelicher Untergang sei ein für allemal besiegelt, — so lautet, wie wir oft zu vernehmen Gelegen­­­heit hatten, eine der Hauptentschuldigungen. Wir könnten Vieles hierauf erwidern, allein wir wollen uns nur eine ganz kurze Bemerkung gestatten. Die Herren, welche jenes Argument im Munde führen, haben ganz Recht; wir unterschreiben jedes Wort desselben. Ja wir gehen sogar noch viel weiter und behaupten, daß genau dasselbe Schicsal für jedes Volk „be­­­siegelt“ ist. Hat nicht schon Dacaulay mit ergreifenden Worten die Gefühle jenes Neuseeländers geschildert, welcher dereinst an den Ufern der Themse stehen und den Ort jucen wird, wo vor Zeiten eine große, berühmte Weltstadt Namens London gestanden? Ya, jenes Schicsal steht uns Sachsen ganz unzweifelhaft bevor. Vorläufig aber leben wir no; ziwar nicht besonders glänzend, aber wir leben. Und wir gedenken dies auch fürderhin zu ihm­ — so lange «8 eben geht, gewillt, unsere eigenen Todtengräber zu sein. Keinesfalls aber sind wir Wir fühlen und auch an Kopf und Herz noch­ kräftig genug, um uns von der Schwächlichsten aller Schwächen frei zu halten, vor jener nämlich, die an jeder Möglichkeit des Besserwerdens verzweifelnd, sogar die Mittel des Besserwerdens nicht mehr bedeuten mag. „Was Fan Ein Mann wirken, er ist ja nur ein Tropfen im Meer?" — so hört man weiterhin fragen. Wir haben hierauf im Wesent­­­lichen schon oben geantwortet. Wir fügen dem Gejagten nur noch Hinzu, daß ja Ein Mann sehr leicht einen zweiten nach ich ziehen kann und gelingt es ihren vereinten Anstrengungen vieleicht auch noch einen Dritten zu demselben Schritte zu bewegen, dann sind sie gleich ihrer drei, d. h. ein completes Collegium ! Endlich seien noch Jene erwähnt, die ganz offen, ohne viele Strupel eiigestegen, das Leben in Siebenbürgen sei nicht nur nach seiner öffent­­lien Seite hin Serwerl­e und unangenehm­, sondern es biete auch überaus wenige und armselige gesellschaftliche Genüsse und man dürfe­­­ nicht übel nehmen, wenn Jedermann Dies kurze Erdenleben so angenehm als möglich genießen wolle ı. j. w. wir angehören, wirksam gefunden haben ! Schwache, borgsichtige Lebensphilosophie. Das allein auf den Genuß gestellte Leben fan seine Rechnung unmöglich finden. Der Genuß san niemals wahrhaft und dauernd glücklich machen. Selbst auf jenen sonnig scheinenden Höhen, in den allerhöchsten, glänzend­­­sten Gesellschaftskreisen besteht das Leben viel mehr im Glüclichtscheinen als im Glückichsein. Kant schreibt, eine lange Erfahrung habe ihn zur Ueber­­­zeugung von der Nichtigkeit alles Genusses der nicht im Bewußtsein der Pflichtenbeobachtung liege gebracht. Und der Philosoph Herbert Spencer sagt treffend: „Das genußfüh­lige Leben schlägt aus dem Grunde fehl, weil er bedeutende Theile der menschlichen Natur ungeübt läßt; er über­­­nachläßigt die Durch erfolgreiche Thätigkeit erlangte Befriedigung und er mangelt ihm an dem­ befriedigenden Bewußtsein Anderen geleisteter Dienste.* Nun wählen, hier „unten“, im Seife ihrer Vollsgenosfer können auch unsere Absentisten reichlich Gelegenheit finden zu jener immeren Be­­­friedigung, die sie dort „oben“ doch niemals finden werden. Von jenen vornehmen Herren, die aus sonderbarer „Vornehmheit“ sogar ihr sächsisches Blut verläugnen, die vergessen, daß sie oder ihre Väter einzig und allein ihrer sächsischen Abstammung­­es verdanken, wenn sie zu­­­nächst zu Amt und Würde, hernach zu erblichen Titeln und­­­­ermögen ges­­langten, wollen wir hier schweigen. Sie gehören jener nunmehr glück­cher­­­weh auf den Aussterbeetat gelegten Spielart der germanischen Nace an, welche es meisten verschuldete, daß die Dentichen ein Volk von Bedienten genannt wurden. — Wir gedenken heute Lieder mit Stolz des Volkes, dem das jegt nach einer ruhmreichen Vergangenheit an dem Anfang einer neuen großen Entwickklung steht und getroffen und einer bessern Zukunft, wenn jene Tugenden des Freises und der Arbeit, der Irene­­n und der Pflichterfüllung auch im neuen Jahr mehr und mehr unter uns heimisch werden, die wir in unserer Vergangenheit so oft jegengleich Welch’ « ‚ Politische Webersicht, Hermannstadt, 1. Samıtar. Mlerlei sensationelle Neuigkeiten aus der Hauptstadt nehmen wir beim Schluffe des alten Jahres in das neue hinüber. So wird nämlich gemeldet, daß der Ministerpräsident nichts Geringeres vor hätte, als nach Erledigung des Budgets die Verlängerung der Mandatsdauer von drei auf fünf Jahre beigfießen zu lassen, dann den Reichstag aufzulösen und Neu­­­wahlen auszuscreiben. Vor der Hand dürfte diesen Gerüchten indes der reelle Hintergrund abgehen. Für die nach dem­­­ Zusammentritte des Reichstages zu beginnende Budgetdebatte rüsten sich die oppositionellen Parteien, und es scheint, daß es namentlich auf das Kom­munikationsministerium abgesehen­ ist, welches in diesen Tagen wegen Angriffen in der Presse gegen seinen Unterstaats­­­sefretär Hieronymi eine Preklage angestrengt hat. Die äußerste Linie dürfte nun die Gelegenheit benügen, wenigstens läßt sie es verfiinden, durch Aufhebung von Korruption und durch­ persönliche Provokation das Kabinet anzugreifen. Ob ein fauler led vorhanden ist, Preßprozesse­ zeigen, wird der Verlauf des der vom Kommunikationsminifterium gegen M. Team-im Hiernundårrlicht NovellevonWilhelmJensen. «Und­—­im Nordwesten Deutschlands—ist tet­erflach,soweit ber one Rn Nur fern abwärts im Südosten hebt ji ein blauer Berg­­­rüden von mäßiger Höhe, der im Mittagspuft völlig verschwindet und selten zu anderer Zeit d­ am Morgen und Abend hervortritt. Wenn er fast schwarz und so deutlich erscheint, als war er für den Fußgänger in einigen Stunden erreichbar, vermag der Landmann mit Sicherheit auf Regen zu zählen. Unweit von seinem Abfall liegt eine Stadt, die sich in den legten Jahrzehnten aus mittlerem Umfang beinahe zu einer Großstadt aufgehoben. Sonst bestehen die Ortschaften viele Meilen gegen Norden einzig aus Dörfern, zum Theil offen von der Fläche steigend, zum Theil im Busc­­herstedt, den nur der Kircht­urm überragt. Sie sind nicht weich, kaum wohl­­­habend. Die Mehrzahl müßte man arm heißen, wenn ihre Bewohner nicht genügsam wären. Sie arbeiten thätig, um zu leben, da ihr Leben erfordert nicht viel, heut nicht mehr, ab­ zu den Zeiten ihrer Vorväter. Der Handel hat seine großen Verbindungen tragen duch ihre stillen Häuser gezogen; sie siegen abseits. Aderbau und B Viehzucht füllen ihr Zagewerk und begrenzen die Welt ihrer Gedanken, wie der Horizontwald ringsum ihnen die wirkliche Welt begrenzt. Eigentlich ist es nirgend­wo ein rechter Wald, sondern ver­­­einzelte Hölzungen, Baufäume und Gebüsch schieben sich zusammen, daß es Abends von fern­­­en Einbruch eines leichten­ Worstes macht. Doch der vor­­­wiegend sandige Boden trägt seine wirklichen Waldbäume, Buchen und Eichen fehlen fast ganz; die weißrindige Birke herrscht, an feuchtgrundigen Stellen Erle und Erd­e. Dazwischen wechselt der Boden mit Ader- und Heideland, auf dem Schafheerden meiden; große Flächen dedt beinahe mannshoher, gelbflammenver Ginster, daß es an wolfenschweren Tagen scheint, als läge ein grob­er Sonnenbild auf folgen Streben, darüber geht herrsehend der Westwind, biegt das Astwerk der Bäume gegen Südost und rüttelt mit wuchtigem Stoß im Herbst und Frühjahr das bemooste Stroh 2102. von den Dachsparren der­­streuten Häuser. Ziemlich inmitten derselben liegt das Dorf Ottershude. Die Lifchotter, welche demselben ehemals seinen Namen veranlast hat, ist ver­muthlich in ihrer Anzahl gegen früher sehr verringert, und der übrig gebliebene Rest hat sich von der einstigen Wohnstatt weiter abwärts gezogen, wo­ der am Dorfrand vorüberfließende Bach sein träges Wasser in su­pfiger, wenig betretener Niederung zwischen Schilf- und Binsenwänden me­hrarmig ver­­­breitet. Eine sehr alte, zur Hälfte aus Granitfindfingen erbaute Kirche hebt sich nur unbedeutend über die Dächer umher. Sie ist ohne Thurm , in unvordenklicher Zeit, den wer auch das Kirchenbuch seine Auskunft giebt, hat nach der Ueberlieferung der Blrg den ursprünglich gewesenen zerstört und die unbemittelte Gemeinde den Aufwand einer Wiederherstellung gescheut. Als Erfolg ward damals neben der Kirchenmauer für die Glode ein Holz­­­bau errichtet, der mehr einem Schuppen ähnelt, als einem Thurm. Er ist auch nicht mehr der erste, vielleicht nicht einmal zweite, obwohl sein ver­­­morschtes Gehält unverkennbar bereits den Jahrhunderten redet. Um ihn besser als seine Vorgänger gegen die Witterung zu sichern, haben die derzeiten Renovatoren ihn, vermutlich­ nach reiflicher Erwägung, völlig mit Theer überzogen. So bietet er einen wenig freundlichen und einladenden Anblick; nur wenn die heiße Mittagssonne auf ihm brütet, spielt er in zitternden, schwarzgoldig-rothgrünlichen Farben, so daß er an das schimmernde Frühlings­­­gefieder eines Staats erinnert. Und auch wie das hellstimmige Flöten und Zwitschern des Ietteren klingt manchmal der Glodenton aus ihn weit draußen im Busch und Feld durch stille Frühlingsluft. Ottershude ist heute von ziemlicher Ausdehnung und mit dem Schluß des leßten Jahrzehntes ungefähr im entsprechenden Verhältniß zu der sch8 Dieilen jülicher gelegenen Großstadt angewachsen. Die Zeit hat seit damals Deancperlei verändert, wenn auch nicht an der Phisiognomie der Landschaft, so doch an der des Dorfes. Man kann nicht sagen, daß die ländliche Ein­­­samkeit gestehwunden, aber gleich den Fischottern hat sie sich von den Häusern etwas abseits gezogen, auf den ersten Blick, sondern muß ein wenig gehen, um sie zu suchen. Das thun indeß, der Art ihrer Verdrängung gemäß, mit Wenige, zum Theil vereinzelt über die Landschaft zer­ Ber­­iegt dorthin kommt, gewahrt sie nicht mehr. Vor zwanzig Jahren aber noch mi­chte es in Deutschland wenig ländlich ftttere Dienschenansiedlungen gegeben haben, als Dottersynne. Die Zeit ging darüber hin, wie über alle Ortschaften der Expo, doch sie trug kaum dann und wann eine Zeitung von der leiteren herein, sondern nur die sie, stetig wech­­­selnden Berichte, die der Himmel viermal im Jahre für alle, selbst für die des Lesens nicht Eundigen Augen ausgab. Manchmal, besonders um die Zeit der ersten Tag- ud Nachtgleiche des Jahres, verzögerte sich das Er­­­scheinen der „Duartalnachrichten“ nicht unerheblich, allein im Ganzen und Großen konnten die Abonnenten auf Innehalten des verheißenen Programmes rechnen. Wenn auch, wie gesagt, nicht selten „untief verspätet”, brachte das erste Blatt schließlich doch Lerchengetriller über die aufgrünende Saat, Veilchen am Südabhang des Raines, weiße Opstblüthen zwischen den be­­­moosten Strohbädern des Dorfes. Dann folgten sich die Vierteljahrs­­­nummern mit größerer Regelmäßigkeit. Zwar ließ sich nicht voraus ver­­künden, ob die zweite mehr mit Sonne und Himmelsblau, mehr mit Wolken und Wind angefüllt sein würde, allein an ihrem Schluf Hang und blitze ausnahmslos und getreulich jedenmal die Sense durch goldgelbes Halın­­­gewoge, schwankten die hochbelasteten Wagen im Abendlicht von Scheunen zu. Dann kam das dritte Blatt und breitete stillen Stanz über die leeren helver. Heiter begann er, doch eine träumerische Schwermuth lag unter dem Sc­hsinn verborgen. Lachend, jubelnd Hang es aus den Gärten, wo roth­­­bädige Buben und Mädchen Ted in Geäft nach eben so rothbädigen Früchten hafcpten; unbeachtet bog sich auf ver Heide­­te schwerbeladene Brombeer­­­wante zu Boden, blaue Schleen füllten den Wegdorn mit tausend dunklen Augen. Aber allmählich Hub ver Wind au lauter auf der Aeotsharfe der Stoppeln zu laufen und nächtlich aus hoher Luft klangen die pfeifenden Stimmen der Wandervögel in sein Concert. Mit grauem Nebel Kinpigte­­bie legte Nummer der Himmelszeitung sich an, und wohin das Auge sah, wir­­­belten ihre Blätter umher. Sturm und Regen peitschte bis sie sich eines Morgens alle in ein einziges, unabsehbares weiches Blatt verwandelt hatten, über das er die Hafen und Füchse hie und du bis an die Garten­­­zäune hinam ihre Schriftzüge durcheinander kreuzten. Die einzige im der Luft darüber verbliebene Stimme bildete Frächzen per Ruf der Krähe, die sich zu den Tauben auf den Dachirft hodte, als habe sie auf dem weißen­­­­­­

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