Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1884. Januar (Jahrgang 11, nr. 3054-3080)

1884-01-15 / nr. 3066

Seite 50 Hermannstadt, Dienstag Siebenbürgisch-Deutsales Tageblatt. 15. Sanitar 1884. Nr. 3066 zum Schluffe bange, und er spricht von­ den Gefahren, von denen Die Ne­­­gierung von der Opposition des Oberhauses bedroht werde. „Eine Partei, die so wenig wählerisch ist in ihren Meitteln, ihren Allianzen und Schlag­­­worten, wie diese, man selbst gegen ihre ursprünglichen Absichten in eine Bewegung von unabsehbarer Bedrohlichkeit hineingerisfen oder zu einer solchen Bewegung mißbraucht werden. Die politische Frivolität im Bunde mit der Elek­talen und feudalen Demagogie und dem Rassen-Fanatismus — das ist eine Komposition, deren alte Wirkung auf die Massen nicht leicht berechnet werden kann, und im ihrer Unberechenbarkeit liegt ihre Ge­­­fahr.“ Wo ist man indes weniger wählerisch in den Mitteln, in den Altanzen ır. i. w., als bei der Negierungspartei ? Bormitrje diesbezüglich zu erheben, ist zum mindesten unflug. Wann man diese Angelegenheit wieder aufgenommen wird, darü­ber verlautet nichts bestimmtes. Vorderhand wird das Abgeordnetenhaus wohl die Budget­­­debatte zuerst zu Ende führen. Den Kroatischen Landtage kann man sagen: „nulla dies, sine linear, feine Situng ohne antimagyarischen Erafehl, und dieses hat mun insoferne eine weittragendere Bedeutung, als man ss in Kroatien mehr und mehr in das Gefühl eines selbständigen, von Ungarn unabhängigen Kroatiens hineinlebt, woran dann später kaum eine Remedur möglich sein dürfte. Die Szene, die sich nun in der Sagung vom 12. d. M. abspielte, wurde dadurch hervorgerufen, daß während der Verhandlung des Geseh­­­entwurfes über die Gendarmerieversorgung der Banus in einer Privat­­konversation mit dem Sektionschef Voncina Tächelte. Darauf erklangen Nufe von der äußersten Linken: „Er lacht, während wir die Nechte des Landes zu wahren suchen !“ Philepics: Magyarischer Knecht! Der Sklave lacht und bezieht das froatische Gehalt! Kamenar: Er lacht ung aus, während wir seine Wü­rde wahren wollen, damit er nicht zu einem Banduren des magyarischen Honvedministers degradirt werde, David Starosevics: Ihr habt schon alle Wälder an die Magyaren ausgeliefert und ich werde es noch erleben, daß in meinem armen Vater­­lande magyarische Forsthüter angestellt werden, welche meine Landsleute verfolgen und töten werden. Der Banııs wird mit der Durchführung des Geietes betraut und der Honved-Minister hat die Macht, das ist doch ein Unikum. Für diese Majorität ist mur der Stod! In ihrer Mitte fißen Gauner, die große Pensionen beziehen, machten sie das Land zu Grunde gerichtet haben. Allgemeine Bewegung entstand natürlich im Sibungssaale, und es bedurfte der Mühe des Präsidenten, um die Verhandlung wieder in ein ru­­higes Geleite zu bringen. · Der Petersburger Korrespondent der,­Germania«ergänzt seine frühere Meldung,wonach der Schlittenunfall des Zars im Parke von Gatschina die Folge eines Schuß-Attentates gewesen,durch die Mitteilung, daß mit demselben eine Frauensperson in Verbindung stehe,welche Ja­­­blonski(der verschwundene nihilistische Gehilfe Sttdejkin’­Z)bei eine­n Wald­­­hüterin Gatschina unter dem Vorgehen,sie sei eine Polizei-Spionin, unter­bracht habe Am Tage nach der Ermordung Sudejkin’s sei sie in Gatschina verhaftet worden;sie sei beschuldigt,das Attentat auf den Zar während der Jagd in Gatschina verübt und an der Verschwörung gegen Sudeikin teilgenommen zu haben.Es habe sich herausgestellt,sie sei eine Schwester des hingerichteten Kaisermörders Scheljakom Nach einem in Petersburg verbreiteten Gerü­chte sei sie bereits heimlich gehenkt worden. Dem­ Berliner»Tageblatt«wird aus Wien gemeldet: ,,Die Einladung des Kaisers Franz Josef an den russischen Minister des Aeußern­.Gierszmn Besuche Wiens wird von mehreren Blättern und auch von den politischen Kreisen als ein großes­ Entgegen­­­kommen Oesterreichs gegen Rußland bezeichnet.Der ungewöhnliche Vorgang,daß ein Herrfeber selbst einen fremden Minister eingeladen,soll gleichsam eine Art von Genugthuung für den Letzteren sein.Es verlautet, Herrn Giers sei einigermaßen verstimmt gewesen wegen der bekannten, später günstiger­ erläuterten Aeußerungen des Grafen Kalnoky in der letzten Delegationssession über Oesterreichs Verhältnis zu Rußland.Den Eindruck hiervon zu verwischen und rü­ckhaltlos zu zeigen,wie erwünscht der Besuch des­ Herrn v.Giers sei,und wie aufrichtig auch Oesterreich die Freundschaft mit Rußland anstrebe,aus diesem Grunde sei des Kaisers Einladung erfolgt.« Die Abstimmung im ungarischen Eberh­ausa Pest-12.Januar. Seit Menschengedenken ist das Oberhaus nicht so zahlreich besucht gewesen.Auf den Kardinal­ Fauteuils hatten der Primas,Hat­ 1fald unnd der Erzbischof von Agram Mihalovics Platz genommen.In der ersten Bank der Regierungsanhänger saß zur Rechten des Grafen Julius An­­­drassy,der Herzog Philipp von Koburg in Generalsuuitor 111.Erschien dem Gange der Verhandlung mit großem Interesse zufolge.In der­­­selben Bank befanden sich auch die österreichischen Aristokraten Prinz Heinrich Liechtenstein,Fürst Adolf Josef Schwarzenberg und die Fü­rsten Alfred und Robert WiItdischgrätz.Die Herren kamentheremen in den in Wien wohnenden Ungarn:Graf Johann Palffy,Graf Bela Szechenyc, Markgraf Pallavicini und Graf Nyaryz »» .­­­Nach Eröffnung der Sitzung ergriff zunächst der Prinas das Wort, um die Vorlage namens seiner Kollegen vom­ Episkopat abzulehnen;vorher überreichten mehrere konservative Grafen ein Bündel Vertrauensadressen, welche insgesamt 313.576 Unterschriften tragen sollen.Nach dem­­ Primas sprach Graf Anton Szechen gegen die­ Vorlage fü­r welche übrigens die nun folgenden Redner:die Obergespi­ue Perczel,Graf Abraham Gyürky, ferner Baron Vinzenz Pongracz,Kronhüter Baron Nikolaus Payz Baron Ervin Rosner und schließlich Ministerpräsident Kolomanv.Tipachtraten. An einer Stelle seiner Rede ertönte von der äußersten Rechten der Ruf:»New igaz!«(»Das ist nicht wahr!«)Zum Glü­ck für diesen»Redner«hatte weder der Ministerpräsident,noch der Präsident des Hauses den noblen Zwischenruf gehört,der­ wackere Mann selbst verschwand in Hintergrunde, sobald er dieses sW 111«tgesprochert h­atte. » »· Be­­i 5 folgte die namentliche Abstimmung ; beinahe sämtliche Mitglieder des Hauses­ notierten, bei dem geringsten Zweifel ließ Präsident v. Szö­­­gyeny-Marich die Probe machen. Keine der Parteien war ihres Sieges sicher, beide hofften, agitierten, fürchteten. Graf Ludwig Zichy-Ferraris nahm die Verlesung vor. Von den Erzherzögen war ferner anwesend; der Klerus, von dem viele Titular- und die griechischen Bischöfe fehlten, stimmte mit Nein, von den Bannerherren zwei: Gzivaky und Geza Szapary mit Nein, vier: Banffy, Erdödy, Bay und Szlavy mit Sa. Von den Ober­­­gespanen stimmte bles Graf Stefan Szapary mit Nein, First Paul Ecter­­­hazy und Sofef Lonovics waren I, die Mebrigen dotierten fünflich mit Ja. Unter den Obergespanen befand sie auch, der, jüngste, Graf Ludwig Batthyany. Von den Herzögen stirmte Prinz Philipp von Koburg unter stürmischen Cljens mit Sa, desgleichen Fürst Batthyany; mit Nein votierten die österreichischen Indigenen. Die Herren aus Oesterreich gaben ihr „Nein“ mit möglichst einmagyarischer Betonung zum Besten. Die Rechte nahm das Votum der Fürsten Liechtenstein und Windischgräb mit stürmischen Eisenrufen auf. Von den Grafen waren es die Familien Eshter­­­hazy, Pongracz, Defjavffy, Zichy (18 Mann Hoch), die den Gefegentwurf ablehnten. Graf Bela Széchenyi trat für die Vorlage ein; als er Sa jagte, vernahm man ein Pfeifen, — so weit gehts schon im Oberhause! Hin­­­gegen war es die Familie Podmanycziy, die wie ein Mann für die Vor­­­lage eintrat. Auch zwei Polizeibeamte, Baron Luzsenicky und Kommissär Baron PVongracz nahmen an der Abstimmung Teil und votierten fü­r die Regierung. Bei manchem exotisch klingenden Namen fragte man: „Wer ist das?" Die Barone stimmten zumeist für die Vorlage. Endlich war die Abstimmung zu Ende. Die Atmosphäre hat einen geradezu lebensgefährlich [chwu­len Grad angenommen, aber Alles verharrte um Saale. Er währte einige Minuten, bis das Strutinium beendet war, endlich lautet der ae „Bon 391 verifizierten Mitgliedern — be­­­ginnt er unter allgemeiner Spannung — stimmten 200 mit Nein, 191 mit Ja; der Gelegentwurf ist demnach mit einer Mehrheit von 9 Stimmen abgelehnt." Die Stimmung, welche dieses Resultat verursachte, läßt sich nicht beschreiben. Man muß die Triumphrufe der Sieger mit angehört haben, um sich hievon einen Begriff zu machen. Um 2 Uhr war diese denkwürdigste Abstimmung des ungarischen Oberhauses zu Ende. Vor dem Museum hatte sich unterdessen eine große Menschenmenge angesammelt, die stumm die hochgeborenen Geießgeber und ehrwürdigen Kirchenfürsten passieren ließ. Aus der Debatte, welche der Abstimmung vorausging, teilen wir im Nachstehenden blos die wichtigsten Momente mit: Fürstprimas Simor erklärte im Namen des Episkopates ganz kurz, daß er aus den am 12. Dezember v. a. entwickelten Gründen die Vor­­­lage ablehne.­­­ Graf Anton Szeesen, der ebenfalls den Gefjeltentwurf bekämpfte, erwähnte u. A. auch den Antisemitismus : er sagte: In erster Linie kommt hier jene geistige Krankheitsericheinung in Betracht, die allenthalben in Europa und so auch bei uns, und bei uns unserer primitiven Kulturzustände und mancher zum V­orwande genommenen ökonomischen Welterstände wegen in besonders grellen Formen auftritt: der Antisemitismus. Viele fürchten, daß die Ablehnung, andere wieder aus gleichfalls gewichtigen Gründen, daß die Annahme der Vorlage dem Antisemitismus neue Waffen zuführen würde. Meine Welterzeugung ist die, daß gewissenlose Agitatoren in jedem alle, ob nun das Gejäß angenommen wird oder nicht. Daraus Kapital zu Schlagen wissen werden. Eben deshalb halte ich es für einen argen politischen Weißgriff, daß dieses Geseh gerade in unserer Zeit auf Die So aordnung gejeßt wurde. Viele betonen, es sei notwendig, den antisemitischen Aus­­­schreitungen gegenüber jenen, welche unter denselben leiden, eine gewisse geistige Genugshuung zu gewähren. Saint Simon sagte von Ludwig XIV., er liebe e3, auf Anderer Riücden Buße zu thun; hier künnte man umgekehrt sagen, er solle auf dem Rüden Anderer eine Belohnung geboten werden. Ein armer Jude, der durch­ die verdammenswerten Ausschreitungen ge­­­schädigt worden it, wird wenig Trost und Entschädigung darin finden, wenn es seinen Glaubensgenossen, die vielleicht gar nicht geschädigt worden sind, in Hinkunft gestattet ist, Ehen mit Christen einzugehen. Ich bin weit entfernt, die Bedeutung des Antisemitis­mus zu unterschägen; ich wünsche, daß er mit allen Mitteln bekämpft und der gute Leumund des Landes vor dem Auslande wieder hergestellt werde; allein die Antipathie des Aus­­­landes gegen ung scheint mie doch nicht ausschlie­ßlcch im Anti­­­semitismus ihren Grund zu haben, denn dem objektiven Beobachter fan es unmöglich entgangen sein, welch’ nüchternen Ernst die Bevölkerung einer fernmagyarischen Gegend zu­ einer Zeit bewahrte, als mitten unter ihr ein berüchtigter Prozeß von­ Mikbräuchen und Irrungen ver­­­handelt wurde. Obergespan Perczel nimmt die Vorlage an. Obergespan Graf Abraham Gyn­rky meint:Wenn anläßlich des Tipa-Eßlarer Falles das Volk trotz der Hetzereien ruhig blieb,so sei dies zum großen Teil das Verdienst des dortigen Obergespans Gräfl,dem­ das Volk mit unbedingtem Vertrauen anhänge.Auf die vorliegende Frau über­­­gehend,bemerkt Redner bezüglich der vorgelegten Vertrauenskundgeungen: Wenn das Abgeordnetenhaus je­inen Gesetzentwurf annehme,welcher die Abschaffung der Stolagebühr(Großer Lärmrechts,Oho!OhoiElätig oder die Konfiskation der Kirchengüter...(RiesigerLären rechts,El­­ill!Präsident lautet)zum Decke der Bezahlung der Staats­­­schuld enthielte,so könnte man noch unvergleichlich mehr Vertrauens-Adressen für das Abgeordnetenhaus zusammenbringen,als jetzt für das Oberhaus. Redner ist aber überzeugt,daß dieses in einem solchen Falle sich nicht von der Zahl jener Adressen,sondern nur von seinem Gewissen leiten ließe bei Annahme oder Ablehnung der erwähnten Gesetzentwü­rfe.(Zustimmung.) Redner erklärt,daß er die Vorlage als Basis der Spezialdebatte annehme. (Zustim­un­g.) Obergespan Gräfl bemerkt in persönlicher Erwiderung,die Gerech­­­tigkeit erfordere zu sagen,daß es einzig und allein das Verdienst des Szabolcser Volkes und seiner Nüchternheit sei,wenn keine Ausschreitungen vorgekommen sind. Baron Vinzenz Pongracz erklärt sich für die Annahme des Gesetzentwurfes. Kronhü­ter Baron Nikolaus Vay:Vor allen Dingen kann ich zwei Bemerkungen nicht unterdrücken.Die eine besteht darin,daß das Abge­­­ordneten­haus,welches schon bisher die Einführung der allgemeinen oblia­­­torisch anivileheurgierte,jetzt nach Erhalt des Oberhausbeschlusses eine noch entschiedenere Stellung dazu eingenommen hat,wie wir aus seinem Nuntium ersehen.Es ist,wie dies aus der Natur der Sache hervorgeht, seinem Ziele um einen Schritt nähergekommen,also ganz im Gegenteil zu Re Intentionen des Oberhauses.Viel wichtiger ist indes meine zweite Bemerkung:Das hohe Haus möge sich erinnern,daß es bei der ersten Verhandlung kaum einen Redner,nam­entlich von Seiten des hohen Klerus gab,der nicht dagegen Verwahrung eingelegt hätte,als ob der Antisemi­­­tismus aus ihm spräche Wir haben dies nicht bezweifelt,nichtsdestoweniger konnten wir unsere Beürchtung nicht verhehlen,daß,wenn die Engel einmal aus dem Lauf sein würde und Tausende und Tausende von Zungen das Votum des hohen­ Klerus wiederholen würden,daß das dann außerhalb des Hauses, weit ins Land hinaus, jedermann den vom hohen Klerus und vom Firstprimas abgegebenen Votum, die ihm angenehmste und günstigste Auslegung geben wird. Und was wir befürh­teten, ist Leider nach kaum einigen­­­ vierundzwanzig Stundens zur­ Wahrheit geworden. Denn kaum verhallte hier im Hause die erste großangelegte, leider mit Nein! endende Rede, so erhob si in einem sehr fern gelegenen Kreise, mit Berufung auf diese Rede, der dort bis dahin ruhige, höchstens auf der Lauer stehende Antisemitismus, erhob sie und siegte. Wohl weiß ich, daß zahlreiche Abgeordneten-Kandidaten nicht werden umhin können, die Frage des Anti­­­semitismus in ihr Programm aufzunehmen; wenn sie aber in dieser Hinsicht sich auch auf uns werden berufen können, so werden sie dadurch ihren wenig beneidenswerten Standpunkt beträchtlich festigen. Wohin ein solches Streben führe, daß hat uns deutlich gezeigt die Propaganda, deren Ausfluß das Gesuch war, welches von einigen Tausenden aus dem Tapolczaer Wahlbezirk­ an das Abgeordnetenhaus gerichtet, von diesem aber mit ge­­­bührender Indignation zurücgewiesen wurde und welches sich nicht mehr gegen die Mischehen allein wehrte, sondern auch schon die Aufhebung des Emanzipationsgesehes urgierte: eine Propaganda, welcher die in jener ganzen Gegend ausgebrochene Bewegung, die nur durch P­ublizierung des Stand­­­rechtes unterdrückt werden konnte, zuzuschreiben ist. Behü­te ung Gott davor, daß die Fäden der Ursachen solcher Bewegungen jemals bis an die Schwelle des Oberhauses zurüczuführen seien! Ich empfehle die Vorlage zur Annahme. (Stürmischer ) Baron Erwin Nosner, Graf Albin Blaty und Graf Stefan Heg­­­levich empfehlen ebenfalls die Vorlage. Präsident erklärt, daß niemand mehr zum Worte gemeldet sei. Ministerpräsident Fifa: Auf die Erörterungen des Grafen Stechen über die richtige parlamentarische Brazis wünsche ich jet nicht zu rerlef­­­tieren. Er mag in vielem Recht haben;­­­ wird die Zeit kommen, diese Sache eingehender zu diskutieren, wernn die Regelung des Oberhauses auf der Tagesordnung stehen wird. Bis dahin müssen wir unsere bisherigen Gefege und die gesehliche Praxis befolgen. Ich will nur noch Eines be­­­merken, weil ich erfahren Habe, das jedes Wort, welches ich hierüber sage — wohl nicht hier — als Drohung aufgefaßt wir. Ich will also bemerken, daß, wenn ich in diesem Augenblick die Organisation des Oberhauses er­­­wähne, dies seinestwegs eine Folge der Debatte ist, die sich hier ent­wickelt hat, sondern eine Folge mehrseitiger Urgenzen (so des Grafen Ferdinand Zichy) und der Versprechungen, die ich vor anderthalb Jahren gemacht habe. .. Eben der Umstand, daß man den Ausdruck meiner Besorgnisse wiederholt als Drohungen oder Shortefchkniffe hingestellt hat, hält mich zurück meine Bedenken für den Fall neuerdings auszubilden , wenn diese vage nicht die entsprechende Lösung finden sollte und demzufolge solche trebungen neue Nahrung finden, Die gewiß nicht im Untereffe des Landes liegen. Ich fürchte sehr, wenn diese Frage ungelöst bleibt, wird weder eine Weissagung, noch eine Drohung nötig bin, die traurige Wirk­­­lichkeit wird meine Besorgnisse rechtfertigen. (Zustimmung.) Dieser Gefeh­­­entwurf hat einen doppelten Zweck. Der erste ist, die Anomalie abzustellen, daß im unserer nächsten Nachbarschaft, in Oesterreich, Ehen geschlosfen werden können, die dort legitim, bei ung illegitim sind; dadurch wird das Familienleben zerstört, die folgende Generation unglücklich gemacht. Der zweite Zweck ist der, zwischen den politisch gleichberechtigten Konfessionen die Schranken niederzureißen, welche die Gründung einer Familie behindern. Geehrtes Haus! Ich begreife die Skruppel, die von­ konfessionellem Gesichts­­­punkte erhoben werden; ich begreife sie, aber ich teile sie nicht. Denn ich halte das Christentum fir viel stärker, als daß ich fürchten wü­rde, daß dieses Gefett ihm schädlich sein könnte. Aber ich weiß, daß es solche giebt, welche dem Gelegentwurf aus Antipathie gegen die Iiraeliten opponieren, welche ihn deshalb nicht an­­­nehmen wollen, weil sie die Diraeliten im Lande für gefährlich halten. Diese begreife ich nicht. Wenn es im Lande einen ganz korrekterweise mit allen Rechten ausgestatteten Wolfsstamm giebt, welcher Intelligenz und Belt hat, die man ihm nicht konfiszieren kann (die Intelligenz kann man ihm nicht, den Befig will ihm niemand konfiszieren), und wenn dieser Wolfsstamm nach den bestehenden Gehegen eine besondere Karte bildet, dan­n mag in ihm eine Gefahr für die Gesellschaft Liegen. In dem Augenblick aber, io dieser Wolfsstamm aufhört, gegeblich gleichsam unter der Last eines Sluches stehend, davon ausgeschlossen zu sein, sich mit den übrigen Birgern des Landes zu verschmelzen, — in dem Augenblicke ist diese Gefahr zum größten Zeil gesch­wunden (Lebhafte Zustimmung) und die nämlichen, die ge­­­fährlich hätten werden künnen, werden viel nüßlichere Bürger der Gesells­­­shhaft und des Staates sein. (Beifall, Widerspruch.) Am Zeugnis hiefür könnte ich jene Aeußerungen anführen, auf welche sehr geehrte Männer von der anderen Seite 10 als auf ein Argument be­­­rufen haben; ich meine die Aeußerungen einzelner Rabbiner. Diese i über­­­zeugen mich nicht davon, wofür sie angeführt worden, wie schlecht nämlich dieses Geseß sei, niemand wolle es haben, sondern sie überzeugen mich davon, daß es frolche Rabbiner giebt, welche sehen, daß vieses Gejeß ihrer Ommni­­­potenz ein Ende macht. Dagegen aber kann ich seine Einwendung machen, welcher Ommipotenz immer das Gejeß ein Ende macht. Doc ich wieder­­­hole: Ich sehe ein, daß das Argumentieren in dieser Stunde nicht mehr am Plage sei. Ich habe gethan, was ich für meine Pflicht hielt; ich habe meinen Ansichten in Kürze Ausdruck gegeben; es hängt nunmehr von der Weisheit des hohen Hauses ab, über das Schicsal der Vorlage zu ent­­­scheiden. Gebe Gott, daß das Nesultat ein solches sei, in welchem wir Be­­­ruhigung finden. (Lebhafter Beifall. Rufe: Abstimmmen !) Die bei der Abstimmung abgegebenen Stimmen verteilen sich in fol­­­gender Weise: »­­­ . «Mit»Nein«stimmten:3 Kardinäle,2 Erzbischöfe,16 Bischöfe,14 Titularbischöfe,2­ Rechte,2 Bannerherren,1 Obergespan,6 Fürsten,128 Grafen und 26 Barone;mit,,Ia«:4 Bannerherren,54 Obergespane, 2 Fürsten,63 Grafen,68 Barone. Aufsehen hat die Teilnahme des Herzogs Philipp von Koburg, des Schwagers des Kronprinzen Rudolf, an der Abstimmung des Oberhauses erregt. Dieselbe wird vom „Betti Naplo“ als ein Werk Andraffy’s3 und Tipa’3 bezeichnet. Dem Herzog sei vorgestellt worden, daß nur sein Er­­­scheinen die Würde des Oberhauses retten künne. „Der Herzog von Koburg versprach sein Erscheinen, damit er durch seine persönliche Gegenwart jedem „in Aussicht gestellten“ Skandale vorbeuge. Und als Tika dies erreichte, hielt er schon das ganze Spiel für gewonnen. Es ist aber natürlich, daß er den Herzog von Koburg, bevor er ihn zum Erscheinen einlud, der Ma­­­jorität der Negierung Hirn mußte. Denn einen Herzog von Koburg darf man nicht dem Minderstimmen ausregen. .. Al der Herzog, welchen Graf Julius Andraffy nervös erwartete, im Oberhause erschien, war die Oppo­­­sition in gedrücter Stimmung und voll böser Vermutungen. Das Antlig des Heren Ministerpräsidenten Koloman Tipa aber heiterte sie auf, und er rechnete sicher auf den Sieg. Die Anwesenheit des Herzogs von Koburg imponierte. Nichts störte die Ordnung. Die jungen Magnaten der Opposition beherrschten sich, obgleich sie voll Leidenschaft gegen den Ministerpräsidenten waren. Ein Faiteur der Regierungspartei ging fortwährend auf und ab, zählte die Mitglieder der Negierungspartei und brachte dem Ministerpräsidenten günstige Berichte. Und mit diesen günstigen Berichten ist der große taftische ie zuzuschreiben, daß Koloman Tipa, welcher seine Mehrheit für gesichert ansah, in die heutige Abstimmung einwilligte... Und als der Schriftführer den legten Namen aufgelesen und der Sieg der Opposition klar war, verbitterte er das Antich Koloman Tia’s. Mit erzwungenem Lächeln sprach er mit dem neben ihm figenden Finanzminister Szapary, während Graf Julius Andraffy nicht mehr wagte, den gar von Koburg anzureden. Der Herzog von Koburg saß ruhig wie eine Säule, und auch er redete mit niemanden mehr. Die Opposition des Oberhauses besiegte den mächtigen Minister­­­präsidenten, der nach der Abstimmung gezwungen war, den Herzog von Koburg um Entschuldigung zu bitten, daß er ihn im eine so unangenehme Situation gebracht habe.“ . - -g«« 1 2ofal: und Tages: Chronif, (Hofnachricht.) Ihre kaiserliche Hoheit die durchlauchtigste Frau Kronprinzessin Stefanie ist, wie ein offizielles Bulletin meldet, an den Varicellen (Spispoden oder Schafblättern) Leichter Art erfranzt. Wiener elektrische Ausstellung.­ Se Majestät hat nach­­folgendes a. h. Handschreiben erlassen: Lieber Herr Sohn Kronprinz Erzherzog Rudolf! Mit aufrichtiger Freude und hoher Befriedigung habe Ich die Heberzeugung gewonnen, daß Euer Liebden durch ihr­ hingebungsvolles Walten als Protestor der zu Wien im vertroffenen Jahre veranstalteten internationalen elektrischen Aus­­­stellung zum erfolgreichen Gelingen derselben wesentlich beigetragen haben. Ich finde deshalb Euer Liebden für diese der Förderung hochwichtiger wissenschaftlicher und gemeinnügiger Interessen gewidmete Thätigkeit Meine vollste Anerkennung und Meinen wärmsten Dank auszusprechen. Wien, am 10. Januar 1884. Franz Josef m. p. « (Frauen-Verein.)Die Ausschußmitglieder des Frauen-Vereins zur Unterstützung der evang.Mädchenschule in Hermannstadt werden höflichst ersucht,Mittwoch den 16.d.M.nachmittags sehr an einer Sitzung bei der Gefertigten teilnehmen zu wollen. Sosefine Bielz, Vereing-Vorsteherin, Heltauergasse 25. rt . .

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