Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1884. Januar (Jahrgang 11, nr. 3054-3080)

1884-01-28 / nr. 3077

maniapuud in mium­mt im Heltauergassen — erfheint mit Ausnahme der Sonne und Hefer­­­tage täglich. Abonnement für Hermannstadt: monatlich 85 fl., vierteljährlich 2 fl. 50 fl., Halbjährig 5 fl, ganzjährig 10 fl. ohne jen­­er Haus, mit Bustellung 1 fl., 3 fl., 6 fl., Abonnement mit Boftverseudung: Für das Inland: vierteljährig 3 fl. 50 age TH, ganzjährig für das Ausland: vierteljährig 7 RM. oder 10 8., halbjähri­­gE RM. de 20 vun, KL 28 ae c#. Unfrantiste Briefe werden nicht angenommen, stripte nicht aurüdgestelt. N 3077. XI. Jahrgang. S Siebenbu­rgis-Beutstes ageblatt. Hermannstadt, Montag, 28. Januar Pränumerationen und Inserate übernehmen außer dem Hauptbureau, Heltauergasse Nr. 23, in Kronstadt Heinrich Zeidner, H. Dresz­­­wandt’s Nachfolger, Mediasch J. Hedrich’s Erber, Schässburg H. Zeidner’s Filiale, Bistritz Friedrich Wachsmann Nr. 187, Sächsisch -Regen Karl Fronius, Mühlbach Jos. Wagner, Kaufmann, Broos Paul Battoni, Zehrer, Wien Otto Maas (Haasen­­­stein - Vogler), Rudolf Mosse, A. Opelik, M. Bukes, Moriz Stern, Heinrich Schalek, J. Danne­­­berg, Pest A. V. Goldberger, Frankfurt a. M. G. L. Daube , C. nun ASnfertionspreis: Der Raum einer einspaltigen Garmondzeile hostet beim einmaligen Einraden 7 fr., das z­weitemal je 6 fr., das drittemal? je 5 fr. d. W. exclusive der Stempelgebühr von je 30 fr 1884. Die Sprachendebatte im österreichischen Weiksrate. ‚ Die Debatte im österreichischen Reichsrate, mit deren Veröffentlichung wir in unserer vorigen Nummer begonnen haben, nimmt den Verlauf, der ihr vorausgesagt wurde. Die aus Tschechen, Polen und deutschen Ultramon­­­tanen zusammengelebte Majorität des österreichischen Abgeordnetenhauses sucht vor der ihr durch den Antrag des Grafen Wurmbrand gestellten Alter­­­native: entweder die deutsche Sprache und die österreichische Staatseinheit offen zu verwerfen oder die deutsche Grundlage Oesterreichs. Das Ergebnis einer vielhundertjährigen Historischen Entwicklung, anzuerkennen, ausz­uweichen. Den Beweis liefert der eingebrachte Antrag des Polenführers Grocholski, welcher die faktische Geltung der deutschen Sprache al8­­­ Verständigungs­­­mittel der obersten Staatsbehörden anerkennt, aber die geießliche Anerkennung derselben als Staatssprache als überflüssig erklärt. Durch diesen Ausweg will die gegenwärtige Majorität des österreichischen Abgeordnetenhauses ver­­­meiden, der deutschen Sprache offen den Fehdehandschah hinzu­werfen, aber sie wird dadurch schwerlich den von den Deutschösterreichern angestrebten moralischen Erfolg vereiteln, wohl aber durch die voraussichtliche Ver­­­werfung des Wurmbrand’schen Antrages darzuthun, daß das gegenwärtige Regime die Grundlage Oesterreichs in Frage stellt. Wir fahren zunächst mit der Mitteilung der in der Situng vom 24. d. M. gehaltenen Neden fort: Abgeordneter Graf Hohenwart bringt in Erinnerung, daß er den Antrag Wurmbrand bei der ersten Lesung als inopportun bezeichnet habe; er habe sich im Laufe der Zeit überzeugt, daß diese Auffassung gerechtfertigt ge­­­wesen sei, da eine Lösung der Spracenfrage unmöglich ist, während die Par­­­teien und Nationalitäten sich so schroff gegenüberstehen. Redner sagt, er werde einen Antrag stellen, welcher die Gegenlage versühnen soll. Sodann pole­­­misiert Graf Hohenwart gegen die Rede Tomasezufs­ und meint, auch der Ausschuß anerkennt die Notwendigkeit der deutschen Sprache. Der Streit dreht sich darum, ob der Antrag der Minorität den richtigen Weg wähle, der deutschen Sprache ihre Stellung zu sichern. Er ist Sache der Kriegsver­­­waltung, meint Redner, dafür zu sorgen, daß die Einheit der Armee aufrecht bleibt. Redner leugnet, daß die Rechte gesagt habe, eine Definition der Staat- Sprache sei nicht möglich; im Gegenteil, wir meinen, es sind zu viele Defini­­­tionen aufgestellt worden. Wenn man bedenkt, wie der Begriff „Landessprache“, der in früheren Jahren einer verschiedenen Auslegung kaum für fähig ges halten wurde, nach 16-jährigem Bestande der Staatsgrmundgefege zum Gegen­­­stande einer Kontrovers­e gemacht wurde, und wenn man sieht, welche Nach­­­wirkung dieser Streit auf das ganze öffentliche Leben ausübt, dann ist es nicht­ nur e Teichtsinnig, sondern es wäre unverantwortlich, durch Aufstellung des neuen, nach seiner Seite abgegrenzten Begriffes der Staatssprache ein neues Streitobjekt fünftlich zu Schaffen. (Sehr gut­ rechts.) Nachdem weder der Antragsteller noch seine Gesinnungsgenossen groß wiederholter Aufforderung eine halbswegs genügende Definition hefjen, was sie sich unter Staatssprache denken, gegeben und auch nicht durch ein von ihnen selbstverfaßtes Gefeh Klarheit in die Sache gebracht haben, erübrigt dem Ausschusse nichts anderes, als sein „non liquet“ auszusprechen und die verlangte Anordnung abzulehnen. Denn man Fan nicht einem Antrage zustimmen, dessen Tragweite nicht bekannt ist; man kann auch nicht der Regierung zumuten, daß sie dah­­errate, was das Haus selbst nicht weiß. (Beifall recht.) Will man, daß die Resolutionen von der Regierung r­espektiert werden, darf man ihr seine Rätsel aufgeben. Er wollte man — fährt Redner fort — zu der Frage übergehen, ob ü­ber­­­haupt eine Aufforderung an die Regierung wegen eine Duchführungsgeseßes zu Wet. 19 zu richten je? Davon wollte er abjegen, ob es opportun, ob c3 Staatsmännlsch klug ist, eine Frage zur Lösung bringen zu wollen, deren bloße Besprechung schon die größte Erregung hervorruft, und ob nicht im einem solchen Momente die Gefahr naheliegt, daß: Beischlüsse gefaßt werden, die mehr dem­ Interesse der Parteien, als dem Staatsinteresse entsprechen. (Beifall­­recht3.) Die Ansicht de Minoritäts-Referenten, daß zur Ausführung des Artikel 19 ein Durchführungsgefeh notwendig wäre, sei nicht stichhaltig; alle Regierungen seit dem Jahre 1867 haben den Artikel 19 in Anwendung gebracht ohne ein Durchführungsgefeb. Derselben Ansicht waren auch der Reichsrat und alle Landtage, ja, der Verfassungs­ Ausschuß des Jahres 1867 hat ein solches Durchführungsgefeß als unzweimäßig und unmöglich abgelehnt. (Hört! rechts.) Der Minoritäts-Referent hat­­­ es­ unterlassen, jene Stelle im Berichte des dama­­­ligen Ber­affungs-Ausschusses zu zitieren, in welcher gesagt wird, es sei sein Aus­­­führungsgeben zu beschließen, weil Ausführungsgefege und Verordnungen teils zu dem legislativen Wirkungskreise des Reichsrates und der Landtage, teils zu den administrativen Befugnissen der Regierung gehören und aus den ein­­­zelnen Königreichen und Ländern sehr verschiedene Wünsche und Forderungen in der Sprachenfrage vernommen wurden. (Hört! Hört! rechts.) Hätte der Minoritäts-Referent sich dessen erinnert, so Hätte er unmöglich eine prinzipien­­­losigkeit darin erblicen können, daß die Regierung die Sprachenfrage in den verschiedenen Ländern auch verschieden zu Lösen versucht hat; denn Die Re­­gierung hat damit ganz im Geiste des Berfaffungs-Ausschusses des Jahres 1867 gehandelt. Er wisse wohl, daß Abgeordneter Sturm 1867 als Referent des Verfassungs-Ausschusses und Heute als Referent der Minorität des Sprachen- Ausschusses fungiert und er. (Nedner) sei weit entfernt, den Widerspruch, in dem sich seine Mandate befinden, ihm zur Last zu legen. (Heiterkeit.) Es ist nicht zu verwundern, wenn es den Jahre langen vereinten Bemühungen, der der Minorität freundlich gesinnten Presse gelungen ist, wenigstens in einem­ Teile der deutschen Bevölkerung Beunruhigung hervorzurufen. Solchen falschen Alarmenten gegenüber halte er es, unbeirrt von Schmähungen, für seine Pflicht, öffentlich zu widersprechen. Selbst der Minoritätsbericht ist nicht in der Lage, einen einzigen Fall anzuführen (Hört! Hört! recht), in welchem auch nur der Berf­ich gemacht worden wäre, die deutsche Sprache aus dieser berechtigten Stellung zu verdrängen. Diesen unleugbaren Thatsachen gegenüber wäre es nicht blos zmwedlos, es wäre in mehr als einer Beziehung gefährlich, durch ein geschriebenes Geseh das erzw­ingen zu wollen, was durch ein viel stärkeres Gefeß, durch das Geseh der staatlichen Notwendigkeit (Beifall rechts), seit mehr al Hundert Fahren ausreichend geihüst und unangetastet bewahrt worden ist. Wir haben wenige geschriebene Gesehe, welche eine so lange, so unveränderte und so unangefochtene Wirksamkeit nachweisen können, wir haben sein einziges, von dem heute behauptet werden kann, daß e3 allezeit fortbe­­­stehen wird. Das Gefeg der staatlichen Notwendigkeit aber wird fortbestehen, so lange Oesterreich Oesterreich ist (Beifall rechts), das heißt, so Lange e3 ein polyglottes Reid­ ist, desfen verschiedene Nationen eines gemeinsamen B Verstän­­­digungsmitteld nicht entbehren können. (Beifall rechts.) Darımı möchte ich der Minorität das Wort zurufen. Pas­­­tzaa de, zele!. Rufen: Sie nicht durch, Uebereifer erft trirkfich eine Gefahr hervor, Die heute nur einer überreizten Phantasie vorschwebt, und seien Sie versichert, meine Herren, daß Sie der deutschen Sprache in Feiner Weise einen besseren Dienst erweisen künnen, als weit Sie auf jeden V Versuch verzichten, ihr künstlich ein Vorrecht schaffen zu wollen, daß ihr im natürlichen Laufe der Dinge von selbst zufällt (Webhafter Beifall rechts), und das eben deshalb seinem Widerspruche und feiner An­­­fechtung begegnet. Durchdrungen von dieser Ueberzeugung und im­­nteresse meiner Muttersprache werde ich für den Antrag der Majorität stimmen. (Leb­­­hafter Beifall-und Händeklatschen rechts. Nedner wird von vielen Seiten be­­glüdwinscht.) Lieubacher stimmt vollkommen der Ansicht bei,daß der Antrag Wurmbrand ein ungelungener,ein inopportuner sei,aber wie viel es auf der Welt,wie viele Kinder können sogar den Eltern inopportun sein.(Lebhafte Heiterkeit.)Wenn so ein Kind ins Leben tritt,ruft es mit dem ersten Atem­­­zuge nach seinem Rechte,da muß man eben zu dem­ neuen Staatsbürger Stellung nehmen und so müssen auch wir Stellung nehmen zu dem Antrag Wurmbrand.Mir erscheint er vorzugsweise deshalb inopportun,weil er die Gefahr involviert,daß,statt etwas besseres herbeiführen,eine Beein­­­trächtigung des Bestehenden erfolgen könnte.Zur Ausführung des Art.XIX bedürfe es keines­ Gesetzes,diese habe im Verordnungswege zu geschehen.Das, was in dem Majoritätsberichte vorkommt,ist eine vollständige Negierung der Staatssprache.Es thut mir leid,aber ich muß,als Oesterreicher,als Staatss­­beamter und als Deutscher dem entgegentreten.Aus diesem Grunde muß ich sagen,wenn ich keine andere Wahl habe,als zwischen dem Majoritätsantrage und dem Minoritätsantrage,werde ich für den letzteren stimmen.Es wird eine Definition des Wortes»Staatssprache­«verlangt,b­es denn üblich,daß man die Worte definiert?Das Definieren ist eine höchst kritische Sache und soll womöglich vermieden werden,man kann aber nicht etwas normieren,­ bevor man nicht weiß,was es ist.Ich werde ihnen eine sehr einfache Definition der Staatssprache gebe.Die Staatssprache ist die Sprache des Staates.(Gelächter.)Sind wir wirklich auf dem Standpunkte,daß es nötig wäre zu definieren,was­ Staat ist und was Sprache ist.(Verfall.)Die Staatssprache ist eine angeborene und anerzogene,in der Entstehung Oester­­­reichs begrü­ndete Sprache,keine Verstt­ttl­ungs-oder Umgangssprache Es muß eine Sprache geben,die der Staat sprechen kann,das ist eine unabwendbare Notwendigkeit Achten wir die Staatssprache und der Staat wird die Landes­­­sprachen achten.(Lebhafter Beifall.)Ich könnte nur einem solchen Vermitt­­­lungsantrage zustimmen,der die Staatssprache nicht negiert und die Aus­­­führung des Artikels XIX des Staatsgrund­gesetzes nicht den Landtagen über­weist.Nehmen Sie es doch einem Deutschen auch nicht ü­bel,wenn er etwas besorgt ist,nachdem die Besorgnis und die Furcht auf nichtdeutscher­ Seite einen so hohen Grad erreicht hat. (Sehr richtig! und Heiterkeit Links.) Wenn wir heute aussprechen würden, daß ein Vollzugsgese zu erlasfen zum Art. XIX de Staatsgrundgefeßes über den Gebrauch der Landesüblichen Sprache ein Recht des Landtages sei, dann möchte ich willen, wie die deutschen Minoritäten in Böhmen, Mähren, Schlesien, Dal­­matien, Triest, Istrien und Krain (Lebhafter Beifall int) überhaupt noch einen ausreichenden Schuß Haben wü­rden? (Beifall und Händeklau­chen Kints.) Ich vertraue da wirklich Fieber der Regierung und ihrem Verordnnungs­­­recht, als den einzelnen Landesgesettgebungen. (Beifall Tinf3.) In einem offizielsen WB hatte wide gesagt, daß die Forderung der deutschen Sprache als Staatssprache die Gefahr bringen künnte, daß die Ungarn dagegen sich auf­ Ie­nen und energisch protestieren würden ... . Meine Herren! Diese Ungarn haben die ungarische Sprache zur Staatssprache gemacht (Sehr richtig! Links) und in dem Antrage Wurmbrand’3 Heißt es ja nicht, daß an der Reichssprache festgehalten werden soll; e3 wird das nur von der Staatssprache gesagt. Die Ungarn werden sich da ebenso wenig Hineinmischen, al fie e8 sich gefallen ließen, daß man sich bei ihnen in dergleichen einmische. Redner meint schließlich, e3 sollte ein Vermittlungsantrag angenommen werden, aber nicht ein solcher, in dem der Ablehnung blos ein Mäntelchen umgehängt würde. Mean lehne es ab, ein Gefäß zu $ 19 zu machen, aber man anerkenne dabei die deutsche Staatssprache, das sei das mindeste, was zur Beruhigung der Gemüter dienen önnte. Redmer­­ beingt­­­noch unter­ großer Heiterkeit seinen Brief zur Kenntnis,­­­ den ihm ein Ticheche geschrieben und in welchem ihm gesagt wird, er habe sich als Mensch und Patriot herabgew­ürdigt, weil er die Ansicht ausgesprochen, er sei nicht notwendig, daß jeder Beamte in Böhmen tschechisch verstehe. „Im Uebrigen” — schließt dieser Brief — „verbleibe ich mit aller Hochachtung 20.” (Stürmische Heiterkeit.) Abgeordneter Ritter v. Groholski sucht den Nachweis zu führen, daß es von den Deutschen unpolitisch sei, ihre Sprache durch ein Gefäß als Staatssprache proklamieren zu wollen, Gefeh und allen Schwankungen der Parteien und politischen Strömungen unterworfen. Die Staatssprache in ihrer gegenwärtigen Gestaltung sei am besten der Obhut des Monarchen überlassen. (Lebhafter Beifall rechts.) Redner stellt daher folgenden Antrag: „Das Hohe Haus wolle beschließen: In Er­­­wägung, daß die Beschließung eines Gefeßes zur Durchführung der Bestim­­­mungen des Artikels XIX des Staatsgrundgefeßes über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger nach dem Wortlaute des $ 11 des Staatsgrund­­­gefeßes über die Reichsvertretung nicht zur Kompetenz des Reicherates gehört; in weiterer Erwägung, daß, abgesehen von­ der Kompetenzfrage, nach den zutreffenden Ausführungen des Ausschußberichtes die Geltung der deuts­­­chen Sprache auf dem Gebiete der gemeinsamen Interessen, im öffentlichen Leben wie in der Staatsverwaltung, so weit die Staatseinheit­­­dies erfordert, von seiner Seite bestritten wird und durch die staatsrechtliche Bereinigung der Königreiche und Länder. Durch die Interestengemeinschaft der Völker des Reiches und durch die freiwillige Anerkennung und Uebung eine ausreichende Sicherung findet, geht das Haus über den Antrag: „Die Re­­­gierung w wird aufgefordert, in Ausführung des Artikel XIX des­­­ Staats­­­grundgeseßes vom 21. Dezember 1867 über die allgemeinen Rechte der Staats- Ein solches Gefeß sei eben nur ein Benifleteon. Bis zur Neige. Namen von Emile Richebourg. Autorisierte Bearbeitung von Mar v. Weißenthurn. (23. Fortlegung.) XX. Der Weg zur Ric­htstätte. Eines Nachmittags, beiläufig um vier Uhr, war es, als Frederic Boif­­­fier eben eine ziemlich bedeutende Weinbestellung übernommen hatte, daß er, in Gedanken verfunden, den Barf Monceau durchschritt. Er schlug eine der kleinen Seiten-Alleen ein, welche nach den Grotten führte, als er plößlich auf einer von Lindenbaum und Rosenlorbeer Halle verdeckten Bank seine Frau mit einem weichgekreideten, ihm gänzlich fremden Herrn prechen ab. Er war so überrascht, daß er regungslos stehen blieb, unfähig auch nur einen Schritt vorwärts zu thun. Alles Blut war ihm nach dem Herzen gedrungen, so daß er weiß wie ein Leichentuch war. Nach Ablauf weniger Minuten gelang es ihm jedoch wieder, seine Zahlung zu gewinnen; er suchte Entschuldigungsgründe für Emmeline. Sie war vermutlich nach dem Park spazieren gegangen, das ließ sich nicht verbieten. Sie hatte sich auf eine Bank gelegt, man Fan doch nicht immer gehen. Ein Mann Hatte auf der­­­selben Bank Plan genommen, das ist das gute Recht eines jeden. Er hatte das Wort an Emmeline gerichtet und Emmeline hatte ihm geantwortet. Viel­­­leicht wü­rde sie besser daran gethan haben, sich zu entfernen, aber endlich — sie that sein Unrecht damit. Durch dieses Naisonnement beruhigt, sagte er si, er sei ein Thor gewesen und wollte eben auf Emmeline zueilen, als diese sich gleichzeitig mit dem Fremden erhob. Frederic war es, als fege sich ein Schleier vor seine Augen und doc sah er, wie seine Frau den Arm des Fremden erfaßte; diesmal stieg ihm alles Blut zu Kopfe, seine Puiffe pochten. Verwirrt taumelte er hin und her, ihm war es, als müsse er zu Boden finden. Er wollte einen Schrei aus­­­stoßen, aber nur ein dumpfes Stöhnen entwang sich seiner Brust. Als er wieder vollständig zu sich kam, waren Emmeline und ihr Gefährte verschwunden; trogdem versuchte er es noch, ihre Spur zu finden. B Zweimal rannte er wie ein Wahnsinniger durch den Garten, endlich aber begriff er, daß diejenigen, welche er suchte, nicht mehr zugegen seien. Gepreßten Herzens verließ er den Park. Während er langsam den Boulevard Malesherbes entlang schritt. Er sann nach Anfangs sehr bitter gegen Emmeline gestimmt, gab er nach und nach ruhigerer Ueberlegung Raum. Er strebte sie zu entschu­ldigen. Hatte er sich nicht getäuscht? Hatte sie that­­­sächlich den Arm des Fremden erfaßt? Er zwang sie zu zweifeln. Er hatte gesehen, aber er wollte dem Zeugnis seiner eigenen Augen seinen Glauben enken. o — 63 gibt Menschen, sagte er si, die aus einer Miücde einen Ele­­­phanten machen und ich muß mich zu dieser Klasse rechnen. Und er lachte, sein Lachen aber Hang gezwungen. Die Eifersucht war zum erstenmale einge­­­zogen in sein Herz und hatte demselben eine schmerzliche Wunde geschlagen. Abends kehrte er anscheinend ebenso ruhig wie sonst Heim. Er plauderte mit Emmeline und aß wie gewöhnlich. Nach dem Essen entfernte sich die Aufwarte­­­frau und das Ehepaar begab sich in den kleinen Salon. — Bo bist der heute gewesen? forschte Frederic, zu seiner Frau gewendet. Er stellte ihr oftmals diese oder eine ähnliche Frage. — ch habe Besuche gemacht, und Emmeline nannte mehrere Namen, zulegt auch Madame Surmain. — Bist du lange bei deiner Freundin Helene geblieben ? — a, ziemlich lange, — Wann bist du heimgenommen ? — ch entsinne mich dessen nicht genau, e3 dürfte beiläufig drei Uhr gewesen sein. Warum stellst du so lächerliche Fragen ? —­ DO nur, um e3 zu wissen und weil man doc von et­was plaudern muß. Du kamst also gegen drei Uhr beiläufig zu Madame Surmain? — a, um drei Uhr. — Und wann hast du sie verlassen ? — Um fünf Uhr, um nach Hause zur gehen. — Geraden Weges ? "a. Frederic erfaßte den Arm seiner Frau und preßte denselben Krampfhaft. — Du lügst, Emmeline! schrie er auf und sie erbebte. — Du trast mir weh, rief sie, sich ungeduldig losreißend. Er starrte ihr unverwandt ins Antlck. Sie fühlte sich beunruhigt durch diesen stechenden Blick, sie wich zuric, sie wendete die Augen hinweg. — Emmeline­ hob Frederic von Neuem an, two bist du denn um vier Uhr gewesen ? Einer seiner Freunde hat mich gesehen oder er selbst begegnete mir. Das war der Gedanke, welcher mit Bliges Schnelle das Gemüt der jungen Frau Durchzuchte. — So antiworte mir doch, rief Frederic mit bebender Stimme. — Du lange weilst mich mit deinen Fragen, ich will nicht antworten, entgegnete sie in trockenen Tone. — Soll ich es dir etwa mitteilen ? — Laß mich in Nuhe. — Um vier Uhr, fuhr Frederic fort, warst du im Park Monceau, nicht aber bei Madame Surmain. Auf einer Bank figend, plaudertest du mit einem Manne, an dessen Arm du den Garten verlafen hast. Sie versuchte zu leugnen. _­­­ —Bestrebe dich nicht,zu lügen,ich habe dich gesehen. — Gut, du Hast mich gesehen. Und was weiter? Habe ich etwa ein Verbrechen begangen ? mäßigte sich seine Aufregung etwas. AR

Next