Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1892. Oktober (Jahrgang 19, nr. 5718-5743)

1892-10-14 / nr. 5729

Yedcikiionundxidmiuistmiion Heltauergassesz eint mit Ausnahme des auf Sonn- und ie folgenden W­ohentages täglich. Abonnement für Hermannstadt: monatlich, 85 Tr., vierteljährlich 2 fl. 50 Er., halb­­­jährig 5 fl., ganzjährig 10 fl. ohne Zustellung in’3 Haus, mit Zustellung 1 fl., Sf. 6 fl. 12 fl. Abonnement mit Wortversendung: Für das Inland: bierteljährig 3 fl. 50 Er., Halbjährig 7 fl., ganze jährig heil drig 7 fl, ganz Für das Ausland: bierteljährig 7 RM. oder 10 Fre3., halbjährig 14 AM. oder 20 Fre3., ganzjährig 28 AM. oder a0 Free. Eine einzelne Nummer foftet 5 ff. d. W. Unfrantirte Briefe werden nicht angenommen, Manuskripte nicht zurückgestelt. Siebenbürgisch-Deutsches C - Hermannstadt, Freitag 14. Oktober Nr. 5729. XIX. Jahrgang Yräm­merationen und Infferate übernehmen außerdem Hauptbureau,Heltauer­­­gasse Nr. 23, in Kronstadt Heinrich Zeidner, H. Dresswandt’s Nachfolger, Mediasch Johann Hedrich’s Erben, Schässburg Carl Herrmann, Bistritz G. Wachsmann, Sächsisch-Regen Carl Fronius, Mühlbach Josef Wagner, Kaufmann, Broos Paul Batzoni, Lehrer, Wien Otto Maas (Haasenstein & Vogler), Rudolf Mosse, A. Opelik, M. Dukes, Heinrich Schalek, J. Dannen­­berg, Budapest A. V. Goldberger, B. Eckstein, Frankfurt a. M. G. L. Daube & Co., Hamburg Adolf Steiner, Karoly­­n Liebmann. Aufsationspreis: Der Nam­e einer einspaltigen Garmondzeile foftet beim einmaligen Einrücen 7 kr., das zweites mal je 6 fr., das drittemal je 5 fr. d. W. ex­­­klusive der Stempelgebühr von je 30 Kr. Bemerkungen zu den in rebter Zeit in unserer Piese veröffentlichten „Reformideen“ im allgemeinen und zu einigen derselben im besonderen. V. (Schluß.) So betreff der beiden Untergymnasien in Mühlbach und Sächsisch-Regen beschränkt sich Verfasser dieser Bemerkungen auf nachfolgende, seine unmaß­­­geblichen Ansichten enthaltenden Andeutungen, deren weitere Ausführung vielleicht andere übernehmen werden. An beiden Orten sind höhere Schulen notwendig, welche, von akademisch vorgebildeten Lehrern geleitet, auf die vierktasfige Elementarschule in Höchstenz ebenso viel ktaffen sich weiter aufbauen, das ist nach gegenwärtig zu­­recht bestehender Terminologie, entweder höhere Volksschulen oder Untergymnasien oder Unterrealschulen. Eine vierftassige „Bürgerschule” giebt es gesetzlich nicht und wo faktisch bloß vier Klassen unter diesem Namen bestehen, da dürften sie demnächhft fi umzutaufen Anlaß haben. Für welche von jenen drei Arten sich die betreffende Schulgemeinde entscheidet, beziehungsweise ob sie diejenige, die sie jet hat, beibehält, darauf wird außer der Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse der betreffenden Kirchengemeinde auch einiges weitere von Einfluß sein müssen: die Lage des Ortes und dessen Bevölkerungsziffer überhaupt, die Natur der für ihr Schulunwesen verfügbaren Mittel, die Erwägung, ob die ein­­­gehende eigene Schule nicht bloß den Pfan frei machen werde für eine, ihrer Natur nach ganz anders geartete gleicher Kategorie und ob im Falle jene Schule aufhört, nicht die eben an eine solche Schule durch ihr Bildungsbe­­­dürfnis angewiesenen Kinder der eigenen Gemeindegenossen die Befriedigung dieses­ Bedürfnisses wahrscheinlich an den näher gelegenen derartigen Schulen fremder Konfessionen oder nichtdeutscher Unterrichtssprache suchen werden, statt an den entfernteren und leider in der Regel auch Fertspieligeren der evang. Landeskirche. Ueber diesen Punkt getraut sich Verfasser übrigens nicht ein irgendewie entschiedenes oder drängendes Urteil auszusprechen. Nur so viel steht ihm fest, so lange die betreffenden Gemeinden die feige Art ihrer Schulen für das beste halten, ist die Gesamtkirche verpflichtet, auch ihnen mit Rat und That nach Kräften gleich den übrigen an die Hand zu gehen. Zum Schlusse dieser Reihe von Bemerkungen zu einigen der aufge­­­worfenen­­­ Reformfragen sei es dem Berfaffer nur noch gestattet, zu jenen Vor­­­schlägen sich Fury zu äußern, die ss auf die Organisation des Landeskonsi­­­storiums beziehen. Hier befindet er sich in der erfreulichen Lage, in nicht­­­ wenigen P­unkten denselben Standpunkt einzunehmen, wie beispielweise Herr Dr. Wolff. Wenn er auch nicht glaubt, daß es zweckmäßig sei oder die Landes­­­kirchenversammlung sich entschließen werde, ein „Wirtschaftsamt“ aufzustellen, bevor sie einen entsprechenden Grundbesig erworben, und wenn er auch nach seinen Erfahrungen in solchem Besit überhaupt wohl eine an sich gesichertere, aber in dem Neinertrage durchaus unsichere Kapitalsanlage sehen und deshalb jeder wünschen muß, daß der Stamm des Behntrentenkapitals dann erst in dieser Weise auch nur zu einem namhafteren Teile angelegt werde, wenn die Zanderkirche den eventuellen Abgang an der zur Auszahlung der jenigen Renten an die Bezugsberechtigten erforderlichen Summe aus Mitteln der Ge­­­samtlich­e deben zu wollen im vorhinein sich bereit erklärt hat; so stimmt er doch in der Grundanschauung, auf der jene Vorschläge beruhen, vollständig zu, daß die Organisation des Landeskonsistoriums, beziehungsweise seiner Arbeit der Verbesserung dringend bedürftig sei. Eines geregederischen Amtes, einer Aenderung der Kirchenverfassung bes darf es jedoch hiebei nicht. Die Zahl der von ihr für die Kanzlei des Landes­­­konsistoriums bestimmten Beamten dürfte bei Berücsichtigung der entsprechenden Dualifikation anläßlich ihrer Anftelung und Arbeitsteilung auch heute troß der seit 1861 verdoppelten Geschäftslast noch ausreichen. Nach der Kirchen­­­verfassung SS 117, 120, 121, sind systemisiert: der Sekretär der Landeskirche, ein Archivar und ein demselben beizugebender Gehilfe, zwei Kanzlisten, zu denen selbstverständlich nach Bedarf noch Diurnisten kommen müssen, also fünf ständige Beamte. Gegenwärtig besteht die Kanzlei aus zwei ständigen Be­­­amten, Sekretär und Archivar, einem Translator und einem Diuinisten. Nach der Kirchenverfassung müssen wenigstens zwei jener fünf Kandidaten des Pfarr­­­amtes sein. In der gegenwärtigen Kanzlei ist ein solcher überhaupt nicht vor­­­handen. Im Sinne der Kirchenverfassung und nach der ursprünglichen Praxis ist dem Sekretär eine ganz besonders bedeutsame Stellung eingeräumt. Wenn auch ohne Stimmrecht in den Ligungen, ist und war er der erste Konzepts­­­beamte, und eine nicht seine Anzahl von Akten größter Wichtigkeit fiel, seiner Ausarbeitung zu. Die wachsende Geschäftslast und die geringe Zahl des Kanzlei­­­personales haben es mit fi gebracht, daß heute für das Konzeptfach viel zu wenig Beamte da sind und die vorhandenen alle mehr oder weniger mit der Manipulationsarbeit ih beschäftigen müssen. So ist es gekommen, daß einzelne Mitglieder des Konsistoriums, vom Vorfigenden angefangen, in einem Ausmaße mit Referaten und Ausarbeitungen haben bedacht werden müssen, für die ihnen ihre sonstigen Berufspflichten die notwendige Zeit nicht übrig lassen. Insbesondere werden für alle in das Schul­­­wesen einschlagenden Arbeiten, und das ist vielleicht ein Drittel der Gesamt­­­arbeit, auf diesem Wege gethan, schlejf und recht, ungleichmäßig, wie es eben nicht anders möglich ist. Dieser Zustand bedarf der Verbesserung und er kann nach der Ansicht des Verfassers unschwer verbessert werden, wenn das in der Verfassung be­­­zeichnete, dort mindestens als zulässig aufgenommene Personal unverkürzt auf­­­gestellt wird, das ist fünf Beamte und die erforderliche Anzahl von Diurnisten. Von diesen fünfen müßte einer finanzfachliche Kenntnisse befigen; zwei müßten Kandidaten der Theologie und des Lehramtes sein. Einer von diesen, im Range der zweite, müßte bereits im Schuldienst oder im geistlichen Amt er­­­probt sein und wäre dann berufen, das Hauptreferat in Schulfachen zu führen. Dem Bilar bliebe im Sinne der Verfassung und der bezüglichen Beischlüsse der Landeskirchenversammlung neben der Stellvertretung des Superintendenten, die ihn unter normalen­­­ Verhältnissen wenig in Anspruch nimmt, die Ver­­­pflichtung der Schulvisitation, wozu dann ohne Bedenken auch noch die Be­­­arbeitung einzelner größerer organisatorischer Schulfragen gefügt werden könnte. Die Mehrkosten, welche diese Organisation erfordern würde, fallen nach ihrem Wesen dem Landeskirchenfonde zu, der ohnehin, auch mit Rücksicht auf die­­­ übrigen zur Entscheidung drängenden Fragen, der­­­ Verstärkung dringend bedarf. Die­­jenige Nemu­eration des Oberehegerichtsaktuars kann ihrer Natur zufolge dafür nicht in Anschlag gebracht werden. Wohl aber wird, wenn diese Fragen einmal — wir wünschen, so bald als möglich — im Zusammenhang mit den übrigen größeren Finanzfragen zur Entscheidung gelangen sollen, zu erwägen sein, ob dabei nicht auch das Kassenamt der evang. Landeskirche in Kombination zu ziehen zweckmäßig sei, dessen jenige Verbindung mit einem wesentlich verschiedenen, nicht zum Organismus der Kirche gehörigen Institute doch nur als eine vorübergehende Anomalie angesehen werden kon. Bei der etwaigen Reorganisierung des Kassenamtes ließe sich dann vielleicht auch für den Wirtschaftsbeamten, falls ein solcher bis dahin notwendig geworden wäre, der richtige Pfan finden, selbst notleidende Landwirte nicht zu reflektieren geneigt sind. Für Mais ge­­­stalten sich die Verhältnisse etwas günstiger, ohne jedoch selbst niedriger gestellten Preis- und Exporterwartungen zu genügen. Der gewöhnliche Preis für Mais lofo Braila betrug nämlich nur 1000 Franco per Tonne, während für Weizen lofo Braila unverändert Franco 8 bis 9 für schöne Mittelsorten geboten werden. Ueber das einer Versteifung der Preise sehr im Wege stehende Verhältnis zwilligen Zufuhr und ernsten Angebot giebt die Thatsache Aufklärung, daß in Braila am 30. September, am 1. und 2. Oktober nie etwas über 127.870 Hektoliter Weizen verkauft wurden, während für die genannten Tage eine Weizenzufuhr von nur 744.520 konstatiert wurde. Am besten lauten noch die Nachrichten von Constanza, dem Getreide- und Marktplage der Dobrudicha, t wo eine größere Partie Weizen mit 9.25 bis 10 Lei verkauft worden ist. Auf den Gesamtstand des Getreidemarktes übt aber diese, zunächst auf die günstige maritime Lage Constanzas zurückzuführende bessere Preisnotierung ebenso wenig einen Einfluß, wie die für Saatweizen bie und da gezahlten besseren P­reise. Die seit neun Wochen in der Walachei und dem größten Teile der Moldau Herrschende, nur hie und da von belanglosen Steichregen unwirksam unterbrochene tau=s und regenlose Trecenheit hat, von den ausdörrenden Winden und der im August bis spät in den September hinein währenden tropischen Hige unterfrügt, den rumänischen Landwirten großen Schaden zu­­­gefügt. Der zu Anfang August in die noch regenfeuchte Erde eingejäete und gut aufgegangene Reps ist mit Ausnahme eines Heinen von Strichregen bee­­rührten Gebietes gänzlich weit geworden. Alle Weiden sind ausgedorrt, so zivar, daß heuer dem rumänischen Landwirte die gewohnte Herbstweide fehlt und er schon jeit das für den Winter gesammelte Trockenfutter verfüttern muß. Der Schaden, welchen die Trockenheit an den Weingärten verursacht hat, ist ein so großer, daß daß Ergebnis der eben im Zuge befindlichen See auf höchstens zwei Drittel de noch kürzlich in Aussicht stehenden Duantums geschäßt wird. Sehr groß ist auch der Verlust an Dualität, da die Trauben bei vollständigem Mangel jeder Feuchtigkeit nicht zur Reife gelangen konnten. Landwirtschaftliches aus Rumänien. Aus Bukarest wird dem „Pester Lloyd“ berichtet: Wenn ich zu Beginn des Erscheinens des neuen Weizend auf den großen Getreideplänen des Landes schreiben konnte, daß, nach dem Beginn der Ex­portkampagne zu urteilen, das finanzielle Erträgnis der diesjährigen Weizenernte troß ihres im Vergleiche zur Fechtung des Vorjahres um mindestens 40 Perzent höheren qualitativen Wertes hinter jenem des festen Jahres zurückbleiben werde, so hat der bisherige Verlauf der Ausfuhrsaison diese meine Voraussage in seiner Weise desavoniert. Die Hauptursache für die Unterbindung der rumänischen Weizenausfuhre über die Bukowina, Holland und Hamburg, die Cholera. Hat noch nichts von ihrer lähmenden Kraft verloren, und doch die angebotlosen Anhäufungen von Getreide an allen Marktplägen ermuntert, werden von den Vertretern des inländischen Konsums für Weizen häufig solche Schundpfeise (7 Stancs per Heftoliter) geboten, daß auf dieselben 3 | 1892, Politische Nebersicht. Hermannstadt, 13. Oktober. Ueber die Vereinbarungen, doch die in betreff der kirchenpolitischen Fragen die Einigkeit im Kabinet Szapart, wieder hergestellt worden sei, meldet „Pefii Naplo”, daß dieselben alternativer Natur seien und daß es von der Haltung des Parlamentes sowie der öffentlichen Meinung abhängen­­­ werde, welcher Modus durchdringen werde. Die erste Alternative bestünde in der Akzeptierung der fakultativen Bivilehe unter gleichzeitiger Aufrechterhaltung des 53. GA. von 1868 und Einführung der partiellen Zivilmatrifel. Die andere Alternative faßte die obligatorische Zivilehe unter Abschaffung des 53. G.­U. von 1868 und unter gleichzeitiger Einführung der allgemeinen Zivilmatrifeln ins Auge. Die Not-Zivilehe sei einstimmig verworfen worden und als ausgeschlossen zu betrachten. Die Stellung, die die Regierung einnehmen werde, hänge daher nach „Petit Naplo“ davon ab, für welche Dieser zwei Alternativen sich eine stärkere Strömung fundgeben wird. Die von österreichischen Delegierten angeregte Befragung der Delegations­­­beratungen wurde nach einer vorher in Wien stattgehabten neuerlichen Beratung der Delegationsmitglieder fallen gelassen. Die Herren haben daran sehr ver­­­nünftig gethan, denn die Choleragefahr hat Gottlob in Budapest seine sols­he Dimensionen angenommen, daß eine so ungewöhnliche Maßregel notwendig er­­­scheinen würde. Hervorragende österreichische Delegierte wie Plener, Such und Dumba haben ss entschieden gegen die Vertagung ausgesprochen. Der Iehrere soll erklärt haben, er wäre eine Schmach und eine Feigheit, wegen einiger Cholerfälle die Flucht zu ergreifen. Derselben Ansicht gaben auf die gar nicht aus Budapest abgereisten Delegierten Vizepräsident Abt Hauswirth, Herrenhaus­­­mitglied Baron Helfert, Kriegsbudgetreferent Graf Badeni und der Referent des Kriegsbudget-Extraordinariums Popowski Ausdrud, indem sie sich schriftlich gegen eine Vertagung verwahrten. Ausschlaggebend dürfte auch das Präzedens Brenilleton. Unter der Königstanne, Preisgefrönter Roman von Maria Theresia May. (33. Fortlegung.) 198: Nicht Lieben zu dürfen, nicht hoffen zu können, D grausame Dualen, wer hat euch erdacht? (3. Worf.) Einige Tage vor Weihnachten war strengere Kälte eingetreten, und so dicht mwirbelten die Floden vom schneetrüben Himmel herab, daß die Holzfäller im Walde schon vor Anbruch des Festes unfreiwillig feiern mußten. Baron Salberg hatte Schloß Rotheim wieder verlassen, nicht ohne vorher die Ein­­­willigung seines Diener zu einer Unterredung mit dem Schloßheren erz­wungen zu haben. Der alte Baron empfing Salberg äußerst fahl und zurückhaltend , als aber Salberg in der ruhigsten und Höflichsten Weise erklärte, daß er nur gekommen sei, einige Papiere zu holen, deren er dringend benötige, und als er mit seiner Klugheit dabei durchk­limmern Ließ, wie tief die legten Vorfälle sein Gemüt verwundet hätten, so daß er nur mit NRüdsicht auf seine Ver­­­wandten eine sofortige gänzliche Lösung seiner Stellung auf Schloß Rotheim unterlasse, da fühlte der gute, arglos ehrenhafte alte Herr sein Herz weich­­­ werden. Salberg sprach so voll ZBartsinn, so warm, daß schließlich Baron Notheim dem jungen Manne mit der bestridenden Erscheinung gerührt die Hand reichte und die Hoffnung aussprach, es künne doch noch alles gut werden. Sehr triumphierend berichtete Salberg seinem Getreuen die Erfolge seines Besu­ches bei Libor von Notheim. Der Schloßherr jedoch dachte, als sein Besuch ihn verlassen hatte, mit einem gewissen Unbehagen an — Rolf Siegfried. Er war spät am Nachmittage, da schritt das Fräulein von Notheim duch den Korridor nach dem rechten Schloßflügel, um über die dort befindliche Gestentreppe in das Erdgeschoß zu gelangen, wo im einem großen Zimmer gewordene Balltoiletten aus Spiken, Crepe und Geide, Zante Lona ein paar ländliche Nätherinnen mit der Anfertigung von Kleidungs­­­stüden zur Christbescheerung für die arme Dorfjugend beschäftigte. Yella hatte diese eigentümliche­­dee ihrer Tante erst mitleidig belächelt, dann hatte sie Milka befohlen, ihre ganze Garderobe zur Besichtigung in ihr Ankleid­ezimmer zu bringen, und hatte Höchst eigenhändig ein halbes Dugend nach ihrer Meinung unbrauchbar gewordener Kleider ausgewählt, die sie für die barfüßigen Heinen Dorfmädchen zerschneiden lassen wollte. Lachend hatte Tante Lona davon die Hälfte zurückerwiesen, nämlich drei reizende, nur ein wenig­­­er Die drei anderen Kleider aus guten Wollstoffen hatte sie jedoch daukend angenommen. Halb aus Neugierde. Halb aus Langweile beabsichtigte Yella nun, sich in das Arbeitszimmer der Näherinnen zu begeben, um zu sehen, was man aus ihren Kleidern zurechtgeschnitten habe. An Rolf Siegfrieds Gemächern vorübergehend, bemerkte die junge Dame, daß die Thür des Vorzimmers weit offen stand. Auf der Schwelle lag Lodi lang ausgestrebt, sehr unbefümmert um den sonderbaren Schmud, der heute sein zottiges schwarzes Fell zierte. Es hingen nämlich eine Menge kleiner Fichten und Tannenzweigspigen in den langen sc­hwarzen Kraushaaren. „Wie siehst du denn aus, Lodi?“ fragte die junge Dame halblaut,­ als sie des Hundes ansichtig wurde, und trat einen Schritt dem Tiere näher; sie wußte ja, daß sein Herr noch nicht zu Hause sei. Lodi richtete sich bedächtig auf und schaute mit den klaren Augen zu dem schönen Mädchen auf, das seinem Hundeherzen sehr viel Sympathie einzuflößen schien, denn Liebkofend stieß er mit dem Kopfe an Yellas Hand. Die Baronesse bückte si und löste die kleinen, grünen Zweige von dem Mischen des Tieres, dabei sah sie, daß auch auf dem Fußboden des Barzimmers solche Reisigabfälle verstreut waren. Baghaft trat die junge Dame über die Schwelle. Auch die Thür des Wohn- und Arbeitszimmers stand offen. Hier war der Schreibtisch des Divetors mit Reisiggewinden umgeben, ebenso das Bild einer alten, mild und gütig bildenden Frau über dem Schreibtische. „Das ist seine Mutter,” dachte Yela, „sie sieht gütiger aus als er, und doc trägt er ihre Züge”. Neben dem Schreibtische stand auf einem Reinen Tische der elegante Violinfasten, und auch dieser — Yella mußte Lächeln — hatte eine volle, grüne Guirlande er­­­halten. Unwillkürlich fiel der Baronesse das schlichte, innige Lied ein „Vennchen von Tharau“, dessen Melodie wie leise Grüße zu ihr gedrungen war, als sie es zum ersten Male von Siegfried gehört hatte. Yella wandte si leise aufseufzend zum Gehen, da fand mit vor Er­ ftaunen halb geöffnetem Munde Paul, der Diener des Direktors, vor ihr, und Hinter dem jungen, fraustöpfigen Manne erschien Mademoiselle Milka, welche fi Paul wahrscheinlich zur Hilfe herbeigeholt hatte, denn eine mächtige Guirlande von Tannenzweigen hing ihr um die Schultern. Das junge Mädchen wagte es beim Anblickk ihrer Herrin in tötlichster Verlegenheit nicht, sich von der Stelle zu bewegen. Doch Yella schien sie kaum zu bemerken. „Welches Fest wird denn hier gefeiert?“ fragte die junge Dame herab­­­laffend den Diener. „Ich Schmüde, so gut es gehen will, das Zimmer ein wenig zum Weihnachtsfeste, damit man nicht gar so sehr merkt, wie abgenubt sehen die Möbel sind,“ entgegnete Paul, um sich gleich darauf verwundert zu Milka umzudrehen, die ihm einen kleinen Nippenstoß verlegt hatte. Ein vorwurfs­­­volter Blid der glänzenden Augen befehrte ihn schnell, welch indirekten Vor­­­wurf mangelnder Gastfreundschaft er der Tochter des Hauses gemacht habe. Aber Paul war ein verstodter Sünder, er fiel ihm gar nicht ein, sich zu entschuldigen, im Gegenteil nichte er sehr beistimmend mit dem Kopfe, als Yella nach einem Blide auf die geschmähten Möbel gleichgiltig bemerkte: „Die Einrichtung sieht allerdings ziemlich armselig aus. Wer hat denn die herein­­­stellen Tafjen?” wandte sie sich dann an Milka. „Der Herr Baron Salberg hat ausdrücklich der Beichließerin angegeben, Br Möbel Hier hereinkommen sollen,“ antwortete das Kammermädchen zaghaft: „.. Nun dann sage einmal der Beichließerin, sie möge diese Ein­­­richtung sofort wieder herausschaffen Lassen und anordnen, daß die Möbel­­­garnitur aus dem vorderen Eiferzimmer Hierher geschafft werde. Und wenn Sie durchaus das Zimmer festlich schmücken wollen,“ fuhr die Baronesse zu Paul gewendet fort, „so Laffen Sie si do vom Gärtner aus dem Warmhaufe ein paar Dekorationspflanzen geben.” (Zortfegung folgt.) —

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