Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1897. Januar (Jahrgang 24, nr. 7009-7033)

1897-01-15 / nr. 7019

Seite 46 Hermannstadt, Freitag einige Mißbräuche vorgekommen sein mögen, aber nicht im entferntesten gep­rägt, daß die von der Opposition vorgebrachten Klagen wahr und begründet seien. (So ist’8! rechts. Widerspruch und Lärm links.) Der Herr Abgeordnete Volonyi kann fi) berechtigter Weise nicht darauf berufen. (Lärm Links. Prä­­sident Täuter.) Ich hielt es für nötig, dies zu sagen, weil die ganze Folgerung der Polonyi’schen Rede auf dieser Vorausfegung ruht und mit dieser Voraus­­segung auch die Folgerung fällt. (Lebhafte Zustimmung rechts ) Hieraus nahm Franz Kossuth das Werk Derselbe erklärte im Namen der Mitglieder seiner Partei,daß dieselben nicht aufhören werden,ihre Pflicht als Abgeordnete zu erfüllen und auch weiterhin in dem Kampfe für ihre Prin­­zipien ausharren werden Die Unabhängigkeitö-und Achtundvierzigeri Partei habe niemals das Budget angenommen sondern mit ihren finanziellen und politischen Argumenten gegen dasselbe gekämpft,und jetzt werde sie dasselbe thun.Der Referent habe in seiner unzweifelhaft schönen und gründlichen Rede wohlerklärt,er halte es für inkorrett,daß die oppositionellen Redner in die Budgetdebatte auch politische Momente tragen,doch sei diese Auflassung nicht richtig und spreche eine so jährige Praxis dagegen.Redner und die Partei, der er angehört,können der Regierung das Budget schon deshalb nicht vo­­tieren,weil sie nicht aus der 67er Vasiz steheky dieselbe nicht als die U­rsache, sondern all ein Hindernis des Fortschrittes halten.Redner geht dann zur­­’»Kritik des Budgets über und bemängelt in erster Linie, daß die Schluß- TETFrechnungen immer Ueberraschungen bringen.So steigen die Steuern -T"immer einen höheren Ertrag,als präliminiert wurde,woraus man folgern­­ muß,daß es schon anderseitwitre,die Steuern zu ermäßigen.(Zustimmung linie.)Redner erklärt sodann nochmals,daß seine Partei sich in der Erfüllung ihrer parlamentarischen Pflicht nicht irre machen lassen wird, da sie nicht für die Gegenwart, sondern für die Zukunft kämpft und durch sie das ungarische Selbstgefühl zu Worte kommt (Lebhafte Zustimmung äußerst links), und reicht schließlich einen Beschlußantrag ein, das Haus möge den Budgethoranschlag formohl im allgemeinen als in den Detail ablehnen. (Zustimm­ung, äußerst­ Kinte­­nd. on z« )·Der nächste Redner war Max Aranyi.Derselbe führt auf daß die von seite der Opposition so häufig laut werdenden Slagen, daß die finanziellen Hintnisse Ungarns zerrüttet und man dem Defizit entgegengehe, vollständig aolfsbegründet seien. Redner erklärt im Gegenteil, daß unsere finanziellen Ver­hältnisse si fortwährend bessern, und bringt hiefür eine ganze Reihe von statistischen Belegen und Vergleichen mit anderen Staaten vor. Als von einer Berahmung des ungarischen Volkes künne nicht die Rede sein, da man­ im Segenteile dem Volke immer mehr Mittel in die Hand giebt zur Erweiterung­ seines Wohlstandes, da die Eisenbahnlinien fortwährend vermehrt werden und schon fast jede Gegend ihre... . Franz Bolgar: Ihren Omnibus! (Heiterkeit.) = Mar AUranyi: Nein, ihre Eisenbahn erhält. Redner giebt sodann eine­­ Vergleichung der Einnahmen der ungarischen und ausländischen Eisenbahnen in Franc umgerechnet. Soma Bifontai: Drüden Sie si in Vollard aus. (Heiterkeit.) P­räsident ruft den Abgeordneten Vifontai zur Ordnung. Mar Aranyi verweist jedann auf die Steigerungen der Vereicherungen, die ebenfalls für den Volfswohlstand sprechen. Er hält das Budget für real und ver­weift Hinsichhlich der großen Steigerung der Ausgaben auf die übrigen europäischen Staaten, wo dasselbe der Fall ist und erklärt schließlich, das Budget anzunehmen. (Lebhafte Zustimmung rechts.) Hierauf erhob sich Franz Burath. Nach einer kurzen Besprechung des Budgets erklärte er die Herrschaft der Banffyregierung für eine wahre Schwedensherrschaft. Die liberale Partei­ habe vergebens versucht, sich durch das Lebendeligier der radikalen Kirchenpolitik zu galvanisieren. Die Bolfs­­kartei werde umenth­egt den Kampf fortlegen und nicht gestatten, daß man den Händen des ungarischen Königs das apostolische Doppelkreuz entbinde. Zum Schluffe seiner Ausführungen hreift Redner die Anklage zurück, als ob die Volkspartei unpatriotisch wäre, weil sie ss bei den Wahlen mit den Nationalitäten verbindet hat. Das Budget nimmt Redner im allgemeinen an in der Hoffnung einer­­­ besseren Zukunft, für welche hunderttausend Lippen eifrig beten.­­Heiterkeit. Zustimmung bei der Volkpartei.) · Franz Major bat,seine Rede morgen halten zu dürfen.(Zustimmung.) Grapr­Uchowski in Berlin.Wie wir bereits mitgeteilt haben begiebt sich Graf Goluchowski heute nach Berlin, um dem Erdengfefte des Ordens vom Schwarzen Adler beizumahnen, Hören wir num was ein offiziöser Korrespondent über diese Reife schreibt : ·· »Konjekturanten werden es sich kaum nehmen lassem diese alse eine besondere Bedeutung beizumessen und den Anhaltspunkt hiefür vielleicht daraus schöpfen,daß fiü­here Minister des Reußers die mit dem Schwarzen Adler- Orden ausgezeichnet waren an dem Ordensfeste nicht teilnahmen,woran sich die weitere,allerdings nicht unberechtigte Vermutung knüpfen wird,daßes sich um eine besondere Einladung handeln dürfte,der Graf Goluchowski folgt. Wir sind der Meinung,daß ein spezieller Zweck dieser Reiseraum beizum­essen sein dü­rfte,wenn man ihr aber eine Bedeutung zuschreiben will,sie eben nur in der symptomatischen Thatsache gesucht werden­ kann,daß eben unser Minisster des Aeußern bei diesem Anlaß Geb­enheit zur Aussprache mit den »für«·di­e Leitung der auswärtigen­ Politik Deutschlands maßgebenden Persönlich­­­keiten sinnen wird,worin man einen neuerlichen Beweis für die in der letzten Zeit von den berufensten Stellen abermals wiederholt nachdrücklichst­­eb­e Unverbrü­chlichkeit der Beziehungen zwischen Deutschland und Oesterreich- Ungarn zu erblichen habe.” · Die«Hamburger Nachrichten«bestreiten die Andeutung,daß der Be­­such Goluchowskis ein politisches Ereignis sei und ein Abrücke­n Deutsch­­lands von Rußland erkennen lasse, um bei Oesterreich-Ungarn jeden Reft (eng EEE nn EEE EIEIENATEEnENeRIONEEmSERTES LIETEREEEmBRrwer .. .­....«,?", von Mißtrauen zu zerstreuen. Für Deutschland, schreibt das Bismarck’sche Organ, bestehe seinerlei Anlaß, auf Kosten seiner Beziehungen zu Rußland über dasjenige Maß von Intimität mit Desterreich, Ungarn Hinauszugehen, das durch das­­ Vertragsverhältnis begründet sei; die Neffe Goluchomskis sei nur ein Höflichkeitsamt. Die „Nationalzeitung” weit darauf Hin, daß Graf Goluchomski dem Seste des Schwarzen Adler-Ordens nur als Zuschauer beiwohnen, aber an die Investitur erhalten könne, da nur Souveräne und Prinzen aus souveränen Häusern, sowie Inländer, denen der Orden verliehen wurde, nach dem Ordens­­statut Sig und Stimme im Kapitel erhalten k können, niemals jedoch aus»­ländische Ritter. Voraussichtlich wird Graf Goluhomsfti am 16. oder 17. d. M. vom deutschen Kaiser empfangen werden. Ergebnisse der letten französischen Volkszählung. Das Ergebnis der lebten Zählung, die am 29. März 1896 geschah, ist dieser Tage im Amtsblatt der Republik veröffentlicht worden. Sie zeigt für die 5 Jahre 1891—96 nur den Zumachs von rund 175.000 auf 381­, Mil­­lionen Einwohner, eine Vermehrung, die kaum der Rede wert­et. Die Zahl der Departements, die sich almählig entwölfern, wird immer größer, während das Wachstum der Wolfszahl in den andern nicht entsprechend steigt. Im Jahre 1886 gab es no 53 Departements, in denen die Volfszahl zu­ nahm, gegenüber 29, in denen sie abnahm. Set­zielt sie das Verhältnis umgekehrt: Die Bevölkerung sewindet in 63 und wählt nur no­ch 24 Departements. Am schlimmsten steht es gerade um die reichsten Land­wirtschafts­­bezirke der Normandie, Picardie, Burgunds und des französischen Südwestens, denn der Bauer will sein Gut nicht teilen und begnügt si, menn irgend möglich, mit einem einzigen Erben. Sein Ideal wäre, daß es immer auf eine Ehe, die Doch aus 2 Personen besteht, nur ein Kind gebe, so daß die Volfz­­zahl sich von Geschlecht zu Geschlecht durch 2 dibidieren w­­rde. Früher schrieb man die Entvölkerung der meisten Departements dem Zug nach den Großstädten zu, doch dieser ist set nicht mehr stark. Paris insbesondere hat den Höhepunkt seines Wachstums längst überschritten. In den Jahren 1876—81 nahm er noch um 280.000 C ©eelen zu, von 1891 bis 1896 nur noch um 104.000. Bei alledem suchen si­che Franzosen nicht etwa durch Einwande­­rung Erfah zu Schaffen, sondern sperren vielmehr ihre Grenze gegen die Fremden und verleihen den anfläsigen Ausländern systematisch das Dasein. Daher hat die Zahl der Fremden in Frankreich seit 10 Jahren um etwa 100.000 abgenommen. Auf diese Weise verschaffen ss die Franzosen ein ge­­wisses Behagen, daß andere Völker nicht genießen. Sie mildern die Härte des Rebenz­ampfes, häufen den Befikstand in der Hand der Einzelnen und schneiden die fremde Konkurrenz ab. Indem sie somit für ihre Bequemlichkeit sorgen, versperren sie sich aber den Pla zu denjenigen Zielen, die ihrem nationalen Ehrgeiz vorschweben. Gar zu gern möchten sie ihre traditionelle Weltpolitik weiter führen, ihr „Prestige” bewahren, ihre Macht in internatio­­nalen Händeln geltend machen, den Weltmarkt beherrschen, in Europa die erste Geige spielen und vor allem Deutschland übertrumpfen, Revanche üben und Elsaß-Lothringen wieder erobern. « « greifen,und somit bleibt nichts anderes übrig, als daß ich selbst die Sache in die Hand nehme. Du kannst ruhig sein, ich werde die Gefühle des Prinzen zu schonen wissen“, fügte sie mit Nahdruch Hinzu. Der Baron begnü­gte sich mit der Versicherung und war schließlich froh, daß er deH Amtes entbunden wordem in der beid­en Geschichte ein Wort mitzusprechen — wenn er auch im ganzen bedauerte, daß ‚seine Tochter eine so glänzende Partie auszuschlagen entschlossen war. · «Zoe sollte bald Gelegenheit haben, den Prinzen über den Stand der­­ Singe aufzuklären. Am nächsten Tage fon |prach er im Hause vor, sichtlich aufgeregt und unruhig. Auch Baron Ragok war eigentümlich befangen, als der Besucher ins Zimmer trat, und suchte in fast auffälliger Weise allerlei gleichgiltige Gesprächestoffe heranzuziehen, um den peinlichen Moment hinaus­­zuschieben, dem er als Zeuge beiwohnen zu müssen, fürchtete. Endlich fand er willkommene Gelegenheit, sich auf ein paar Augenblicke­ zu entfernen, da ihm der Bauleiter aus Buchenfeld angemeldet wurde, und er beeilte, si der Tochter einen Wink zu geben, daß sie in seiner Abwesenheit die Angelegenheit ‘in Ordnung bringen möge. " · Auch Heissenstein schien der Augenblick günstig,denn er hub sogleich mit etwas befangener Stimme am»Ein glücklicher Zufall führte mich gestern mit ihrem­ Vater zusammen und ich nahm die Gelegenheit unseres Allein­­seins wahr, um ihn in einer Sache ins Vertrauen zu ziehen, die —" Mein Vater sprach mir davon“, unterbrach sie rasch. „Ich weiß nicht, ob er Sie recht bverstanden hat, soviel ich indes aus seinen Worten entnehmen konnte, betraf die Uingelegenheit mich. Als er nach Hause kam, beeilte ich mich dor afent, ihn mit einer Nachricht zu überraschen, nämlich seine Zustimmung zu meiner Verlobung mit Baron Tannenberg zu erbitten.“ (Gurklegung folgt.) · Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt. Nr. 7019 Aufgabe gerecht werden. Die Thätigkeit des Parlaments werde durch diesen Streit wohl eine minder geräuschvolle sein, es komme aber auch nicht auf das Schnurren der Räder an, sondern auf das, was die Staatsmaschine thatsächlich verrichtet. Und diese Arbeit werde seine Schmälerung erfahren.“ In London hat man die Hoffnung gehegt, Kaiser-König Franz Zosef werde beim Jubiläum der 60jährigen Regierung der Königin Bistoria als Gast in der englischen Hauptstadt erscheinen. Wie nun die „Neuesten Nachrichten” melden, dürfte diese Hoffnung nicht in Erfüllung gehen. Man glaubt nämlich jegt, ein jüngerer Erzherzog werde den Monarchen beitreten. Zwischen der katholischen V­olfspartei und den katho­­lischen Konservativ­en des Hohenwartklubs s­chweben Verhandlungen, welche eine Vereinigung dieser beiden Gruppen und deren eventuellen Zuwachs aus der fünften Rur­e zu einem Klub im neuen Reichsrat bezwehen. Möglich sei, daß die Grundlage dieser neuen Parteigruppierung noch im jenigen Tagungs­­abschnitte gefunden werde. Die Gründung einer deutsch-konservativen Partei im neuen Hause sei nahezu sicher. Borgestern hat die Französische Kammer ihre Session in voll­­kommener Ruhe eröffnet. Der Deputierte für Pontarliers, Grenier, welcher zum Mohamedanismus übergetreten, erregte in seiner arabischen Tracht die allgemeine Aufmerksamkeit. Nn der Eröffnungsansprache des Alterspräsidenten Lemercier, welcher konstatierte, daß die Kammer unter günstigen Anzeichen ‘zusammentrete, und an den Besuch der zufsischen Majestäten erinnerte, schritt die Kammer zur Präsidenten­wahl. » Zum Präsidenten der Kammer wurde mit 297 Stimmen bei An­­wesenheit von 347 der Deputierte Brisson gewählt. In einer Konstantinopeler Mitteilung der»Polit.Korr.«wird neuerdings betont,daß der Erfolg der ganzen Reformaktion in dem Einvernehmen der Großmächte zu suchen sei.Gestützt auf dieses Einvernehmen hege man auch die Zu versicht,daß der Sultan guten Willen bekunden werde.Sei er aber einmal zur Annahme der Reformvor­­schläge entschlossen,dann wäre man auch zu günstigen Erwartungen bezüglich ihrer Durchführung berechtigt,denn der Sultan besitze gewiß die Autorität, seinen Befehlen Gehorsam seitens der Verwaltung zu verschaffen.Das eigent­­liche Hindernis liege in manchen Personen der Umgebung des Sultans,welche dem Großherrn unzweifelhaft Ratschläge des Widerstandes gegen die Forde­­rungen Europas erteilen­ werden.Es ist daher wahrscheinlich daß die Bots­­chafter direkt auf dieses Hin­dernis losgehen und die Entfernung der bes­treffenden Personen aus dem Palais verlangen werden Es ist dies eine bes­merkenswerte Andeutung über die Richtung,welche die Aktion der Botschafter einschlagen wird,vorausgesetzt,daß sie überhaupt in Fluß kommt. Vom Nigeri Delta in Nordwest-Afrika kommt die Nachricht von der Niedermetzelung einer englischen Expedition durch Benin-Neger. Die Expedition,welcher die hervorragendsten englischen Koloni als Funktinäre angehörten,trar von Vonah,einem Palmölhafen an der Einmündung des östlichsten Nigerarmes ausgegangen um sich in einer feierlichen Mission nach Benin zu begeben.Der Untergang der Mission dürfte möglicherweise die Engländer zur Ausrüstung einer bewaffneten Expedition gegen den König von Benin veranlassen,obwohl,soweit bekannt ist,die Streitkräfte dieser mit dem benachbarten kriegerischen Jorubas Reiche verbündeten Negerpotentaten nicht zu verachten sein sollen. Politische Heberfidht. Hermannstadt, 14. Januar­ ‚matiiche Gewandtheit, aber, wenn notwendig, auch große Energie. Im Vordergrund der politischen Tagesereignisse steht gegenwärtig un­­zweifelhaft die Ernennung des Grafen Muramchem zum russischen Minister des Aeußern. Diese Lösung der Ministerfrage, die Monate hindurch die Presse Europas beschäftigt hat, überrascht insoferne, als man auch in Petersburger Kreisen anfangs glaubte, Muramien werde als Bot­­schafter nach Paris gehen. Der neuernannte russische Minister des Aeußern gehört zu dem jüngern russischen Staatsmännern und hat bis jeit auf ex­po­­nierten diplomatischen Besten noch nicht eine bemerkbare Rolle gespielt. Gegen­­wärtig ist er 52 Jahre alt. Seit 1893 wirkte Muramier als Gesandter in Kopenhagen. Dort hatte er vielfach Gelegenheit, auch mit Mitgliedern der russischen Kaiserfamilie in Berührung zu kommen. Er wurde bald persona gratissima am Hofe von Kopenhagen und auch bei der Kaiserin-Witwe Maria Feodorowna, deren Gunst er fi übrigens schon seit Jahren erfreute. Die Kaiserin- Witwe sol er auch ge­wesen sein, welche gleich nach dem Tode des Fürsten Lobanow die Aufmerksamkeit ihres Sohnes des Zars Nikolaus II. auf Muramiero senfte, und man wird nicht fehlgehen, wenn man die Er­­nennung Murowiend ihrem direkten und persönlichen Einflusse zuschreibt. Kaiser Nikolaus II. Hat auch thatsächlich Muramiem während seines rechten Aufenthaltes in Kopenhagen viel in feine Nähe gezogen und angelegentlich Unterredungen mit ihm geführt. Man glaubt, daß schon damals der Plan im Keime entstand, Muramiew für die jenige hohe und verantwortungsvolle Stellung ins Auge zu fassen. Graf Michael Muramier gilt als ein Diplomat von reichem Talente, scharfer Auffassung und umfangreicher Bildung. Er besißt dabei große diplo­ Sn poli­­tischer Beziehung Huldigt er altrufsischen Anschauungen; dabei hat er aber nie zu der Annahme Anlaß gegeben, daß er Oesterreich-Ungarn oder Deutschland gegenüber nicht freundlich gesinnt wäre. Der „Neuen Freien P­resse“ wird berichtet, daß die russische P­olitif durch die Berufung Murawiews seine Wenderung erfahren werde. Der Bar habe die Friedenspolitif als Richtihnur vorgezeichnet und der neue Minister der Weiteren werde sie sicherlich in diesem Geiste leiten. In Berliner maßgebenden Kreisen tragen die Urteile über Muramiew durchaus den Stempel der größten Reserve. Die Versuche, ihn als einen Deutschen­ Feind zu charakterisieren, führt man auf eine in französischen Kreisen herrschende Tendenz zurück. Er befige einnehmende Manieren, habe si jedoch bisher allen Versuchen gegenüber, ihn über seine Ansichten über die hohe Politäk auszuholen, sehr zugek­öpft verhalten. Man müsse daher sein Wirken als Minister abwarten. Eine der eigentümlichsten Blüten Hat der ungarische Parla­mentarismus gezeitigt, daduch daß die Nationalpartei doch Horanffy den Redestreit angekündigt hat. „So schweigt die Schwiegermutter”, schreibt Hiezu der „Weiter. Lloyd“ vom 13. d. M., „der ein xuchloser Tochtermann das falsche Gebiß gestohlen Hat: sie wird dem Elenden doch nicht die Freude bereiten mit zahnlosem Munde zu streiten. Schon aus diesem Sape allein läßt sich schließen, daß der oppositionelle Hede­­fireit von der Regierungspartei durchaus nicht tragisch aufgenommen wird. Bon­seite der Regierungspartei betrachtet man bdiesen Schritt als das Ein­­benenntnng der Ohnmacht seitens der arg zusammengeschmolzenen oppositionellen Parteien, die sich nicht mehr stark genug fühlen, um die Debatten durch große Neberhlachten in die Länge zu ziehen und nunmehr der verhaßten Majorität duch­ diesen neuesten Ziri­ Verlegenheiten bereiten wollen. An maßgebender Stelle hat jedoch dieser ingeniöse Kriegsplatz der Nationalpartei alles eher als irgend­eine angstvolle Beflommenheit hervorgerufen. Denn sollte dieser Plan thatsächlich zur Durchführung gelangen, so würde derselbe seine andere Folge haben, al daß die Dauer der einzelnen Sessionen des ungarischen Abgeordneten­­hauses, die bisher ohnehin bedeutend länger gewesen, als in jedem anderen Parlament, eine Abkürzung erfahren würde. Der Ernst der parlamentarischen Verhandlungen, der Wert der in denselben durchgeführten Beischlüffe werde dur das Schmolzen der D­pposition seinen Abbruch erleiden, da ja die folder­­weise gewonnene freie Zeit zu einer intensiveren Verarbeitung des Materials in den Ausschüffen berußt werden wird. Bei den bisher üblichen großen Neberschlachten, welche die Abgeordneten im Beratungssaale festhielten, konnten die Ausschüsse nur bei der Äußersten Kraftanstrengung der Abgeordneten ihrer 15. Januar 1897. Fhie­dorg Willroth. Vortrag,gehalten am 29.Dezember 1896 im Komitatssaale von Dr.Arthur v.Sachsenheim. (Fortsetzung.) Es war,wie er oft erzählt hat,so,daß er die besten Gedanken bei anderen Schriftstellern zwischen ihrenseilen fand—so produzierte er ohne weiters aus demwater eben rezipiert hatte.Sein Geist also vornehmlich und seine umfassende universale Bildung machten ihn zudem starken Magneten,dem alles von Nah und Fern zuflog Wirtönnen mit Billroth von­ Billrothsagen:»Die großen Naturforscher und Aerzte haben immer etwas Schwärmerisches,Phantastisches,zum Universalen hin drängendes gehabt,meist auch einen Hang zum Kü­nstlerischem oft waren sie zugleich Dichter,Maler,Musiker und hatten daher in ihrer ganzen Erscheinung,so verschieden sie auch sein mochte,für die Jugend etwas unüberwindlichslns ziehendes,Priesterliches,Dämonisches.« Der größte Hörsaal des allgemeinen Krankenhauses reichte nichthin die Zuhörer zu fassen,die selbst aus dem fernen Japan herbeiströmte.Auch Herzog Theodor von Bayern konnte man in jedem Wintersemester als einen seiner aufmerksamsten Zuhörer im Auditorium sitzen sehen Seine Stimme war nicht stark,aber von sehr angenehmem Tiebke­ und die Ruhe,die Natü­r­­lichkeit,die ihn im Privatverkehre charakterisierten,verließen­ ihn auch bei der Vorlesung nicht.Aufs und abgehend,in seinem weißen Operationsmantel von dem­ sich sein Charakterkopf plastisch abhob,pflegte er vorzutragen und sah dabei,inmitten seiner Zöglinge und Hörer,wie ein Patriarch aus.Sein Vortrag war kein trockenakademischer,einfach,natürlich und prinileg,ohne oratorischen Schmuck und ohne theatralische Effekte,floß er wie in leichtem Gesprächston von seinen Lippen,gewissermaßen improvisiert.Man hatte nie die Empfindung,ein Kapitel aus einem Lehrbuch zu hören,stets war es so, alö schöpfte es angeregt durch einen Krankheitsfall,aus dem reichen Schatz seines Wissens und seiner Erfahrung und als entstünde der Vertrag erst, während er gehalten wurde.Dadurch wurde der Hörer zum Mitdenken heran­­gezogen;das Vorgetragene wurde meist anschaulicher gemacht durch Demons­­trationen von Abbildungen aus Büchern und Atlanten und aus der von ihm angelegten und dotierten reichhaltigen Sammlung von Aquarellen und Photographien. As Operateur ging sein Ruf über die ganze Welt. In der Technik war er wohl unerreichter Meister, die­ Geschiclichkeit seiner Hände eine er­­staunliche! Mit seiner eigenen Art der Messerführung berief er sich immer auf Zangenlied, der ihm fiel, als das Modell eines Operateurs vorschwebte. Auch ich hatte das Glück Langendek zu hören und operieren zu sehen; einen eleganteren Operateur kann man sich thatsächlich wohl schwer vorstellen ! Große Ruhe und rasche Entschlossenheit, Kühnheit mit Vorsicht gepaart und ein künstlerischer Sinn vervollständigten die persönlichen Eigenschaften Billroths und es ist daher nicht zu wundern, daß er einer der glücklichsten Chera­­teure war. Diesen Ruf genoß er ohne Zweifel vor allem al Schöpfer und Erfinder einer Reihe der wichtigsten, modernen Operations­­methoden, die von ihm erdacht und zuerst an V­ersuchstieren experimentell begründet und dann erst am Menschen ausgeführt worden sind. Er nahm zum ersten Mal die partielle und totale Entfernung des erkrankten Rehk­opfes vor; ich erinnere mich noch lebhaft, welche außerordentliche Sensation der erste derartige, von Billroth auf der Klinik vorgestellte Fall erregt hatte.­­ Handelte sich um einen Lehrer, der dann nach glücklich ge­­lungener Operation mit einem sinnreich erdachten, künstlichen Kehlkopf auch verständlich sprechen konnte. Diese Operation, die das Staunen der ganzen wissensgaftlichen Welt hervorgerufen hatte und dem Laienpublikum geradezu unglaublich erschien, gewann dann später bei der Krankheit von Kaiser Friedrich eine große aktuelle Bedeutung. Bekanntlich hatten die, Berliner erste, Professor Bergmann an der Spibe, dem mit Kehltopftrebs Behafteten die Kehltopferpsuirpation angeraten, wodurch Hoffnung vorhanden ge­wesen wäre sein kostbares Leben noch auf Jahre zu erhalten. Sir Macenzie aber, der vom englischen Hof aufostroierte Spezialist, der mehr ein Höfling als ein gemwissenhafter und sich seiner Verantwortung bem­ußter Arzt mar, widerriet biß es für den unglückichen,­­ fill duldenden Kaiser seine Rettung mehr gab.

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