Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1898. Januar (Jahrgang 25, nr. 7312-7335)

1898-01-15 / nr. 7322

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Reissen­­berger, Schässburg Fritz Teutsch, Bistritz Arthur v. Schankebank, Mühlbach Josef Wagner, Kauff­mann, Broos H. Graef, Reps Johanna Guiesch, Buchhandlung, Wien Otto Maas (Haasenstein - Vogler), Rudolf Mosse, A. Oppelik, M. Dukes, Heinrich Schalek, J. Danneberg, Inseraten­­bureau „Die Annonze“, Budapest A. V. Gold­­berger, B. Eckstein, Frankfurt a. M. G. L. Daube & Co. Insertionspreis: Der Raum einer einspaltigen Garmondzeile foftet beim einmaligen Einraden 7 Er., das zweites mal je 6 fr., das drittemal je 5 fr. d. W. ex­­klusive der Stempelgebühr von je 30 Er. 1898 ur Jage. Wenn wir auf die Tage zurückbliden, in welchen der Gesegentswurf über die Ortsnamen einen Sturm der Entrüstung in allen sächsischen Gauen her­­vorrief, die Stadtvertretungen und eine Wählerversammlung nach der anderen entschieden Verwahrung gegen den alten nichtmagyarischen Ortsnamen drohend­den Vernichtungskrieg einlegten, erfüllt und neben dem Schmerze über die traurige Veranlassung ein Gefühl hoher Befriedigung. In diesen Protestkundgebungen trat die Entschlossenheit aller Glieder des sächsischen Volkes, den nationalen Beiisstand zu verteidigen, mit elemen­­tarer Gewalt zu Tage und ward der Beweis geliefert, daß in den Jahren Yeitllichen Friedens und verhältnismäßiger Ruhe, welche dem sächsischen Volke seit dem Sachsentage vom Jahre 1890 beschieden gewesen, der nationale Sinn nicht erstorben, auch nicht erschlafft, vielmehr erstarkt sei, um im kräftigen Schwingungen sich zu regen. Außer der Entschiedenheit bildet die Einmütig­­keit, in welcher alle Volksgenossen si zusammenfanden, das erhebende Moment dieser Tage. Es wird gut sein, dieses Bild herzerhebender Einmütigkeit in der Er­­innerung festzuhalten. Denn leider sind in der Geschichte unseres Volkes der Tage fast mehr, an welchen die Zmwietracht bald verhüllt durch die fächsiichen Gaue geschlichen ist, bald offen den Brand im Hause entfacht hat. Nur zu bald ist auch seit den Tagen der Einmütigkeit der Unfriede gefolgt. Wohl haben die meisten Kreisausschüsse die fächsiichen Reichstagsabgeordneten zum Austritt aus der Regierungspartei aufgefordert, wohl hat die Mehrzahl der Abgeordneten diesen Austritt vollzogen; aber man müßte blind sein, wollte man nicht erkennen, daß einige Kreise und mehrere Abgeordnete dab­ei bleiben in der Regierungspartei für rätlich erachten, daß in dem einen Wahlkreife Unterschriften für, in dem anderen gegen den Austritt gesammelt werden. In dem Widerstreit der Meinungen sind auch schon häßliche, tief zu bedauernde Worte gefallen. Unsere Lage ist ähnlich derjenigen, die vor dem Sachssentage des Jahres 1890 bestand. Damals, vor dem Jahre 1890, befand sich ein Teil der fächslichen Abgeordneten außerhalb des Verbandes der Neid­etagsparteien, ein Teil in der Regierungspartei. Weniger unter den Abgeordneten selbst, als unter den Wählern machte sich ein Gegentag oft in leidenschaftlicher Weise bemerkbar, indem die Anhänger der Regierungspartei von ihren im anderen Lager stehenden Wolfögenossen als nicht national oder abtrünnig bezeichnet wurden, während wieder die Vaterlandsliebe der Anhänger der Volkspartei mehr oder weniger angezweifelt wurde. Diese gegenseitigen Vorwürfe führten zu un wachsender Entfremdung, zur Erbitterung und schufen unerträgliche Zustände, welchen schließlich der Sachsen­­tag im Jahre 1890 ein Ende bereitete. Wehnlichen Erscheinungen begegnen wir au jecht wieder. Die böse­ Saat der V­erdächtigung wird außgestreut Entfremdung und Berbitterung wachen, altbewährte Kämpfer ziehen sich aus dem öffentlichen Leben zurück, und wenn wir in der harten Schule der Ver­gangenheit nichts gelernt haben, so wird die Kraft, ü­ber welche die Einzelnen und wir alle old Volk verfügen, nicht zum Ausbau unserer inneren Ein­­richtungen, nicht zur Stärkung unseren Volkstums, nicht zur Abwehr drohender Gefahren verwendet, sondern zu unserer gegenseitigen Schwächung und Ber­­fleischung. Die Vergangenheit und unsere gegenwärtige Lage mahnen uns, die Lehre zu ziehen, daß wir gegen einander duldsam sein müssen und eine ehrliche Ueberzeugung, mag sie und auch unrichtig erscheinen, achten sollen. Wir betrachten es als ein erfreuliches Zeichen, daß der sächsische Zentral­­ausschuß sich versammelt und einen gemeinsamen Boden­ bildet, auf welchem die besten Männer unseres Volkes, mögen sie auch über die Ziedmäßigkeit der in der Politit einzuschlagenden Wege nicht ganz gleicher Ansicht sein, sich zusammenfinden, um die Sinnerarbeit für unser Volkstum einträchtig fortzu­­legen. Diese Innerarbeit auf kulturellem, sozialem und volkswirtschaftlichem Gebiet bildet das Bindemittel für die politisch auseinanderstrebenden Kräfte unseres Volkes und­­ wird diese nach wie vor zu Feit geschlossener Gemeinschaft vereinigen; sie ist auch das eigentliche Thätigkeitsfeld des Zentralausschusses, nachdem unser Volksprogramm die trennenden Momente der Politik, namentlich die Entscheidung über die Parteistellung der Abgeordneten, in die einzelnen Wahlkreise und A Kreisausschüsse verlegt hat. Allerdings wird auch der Zentralausschuß der auf aller Lippen schweben­­den, an den Austritt der fächsischen Abgeordneten aus der Regierungspartei si­­nüpfenden Frage: Was nun? nicht aus dem Wege gehen künnen, Die einen halten den Austritt aus der Regierungspartei für einen Sprung ins Dunkle, womit die Natlosigkeit über die von der fächsischen Volfepositif nune mehr einzuschlagenden Wege bezeichnet wäre; andere wieder verbinden die willkürlichsten, um nicht zu jagen die abenteuerlichsten Kombinationen mit der Stellung der fächsischen­­ Reichstagsabgeordneten außerhalb der Parteien. Da lagen mir jüngst in einer Bester Zeitung die angeblich einem sächsischen Redner in den Mund gelegte Weißerung: das sächsische Vort werde die Rolle der gernechteten Ballanwölfer übernehmen und das Ausland gegen Ungarn in die Schranken rufen. Das ist eine Unterstellung, die an lichterlohen Wahnsinn ftreift. Denn einmal ist Ungarn nicht das zerbrödelnde Osmanenreich, und zweitend sind die Balkanstämme der Serben, Bulgaren und dergleichen so holfreich, daß sie eine staatenbildende Kraft besigen und ausüben konnten, während die Sacsen zu gering an Zahl sind, um eine staatenbildende Kraft fi beizulegen, staatenbildende Apirationen überhaupt nicht unterfrügen künnen, da sie überzeugt sind, daß eine Staatenbildung, welche auf den Trümmern Ungarns si vollzöge, unser sicheres nationales Grab sein würde. Deshalb stellt sich unser Sächsisches Volksprogramm auf den Boden des ungarischen Staates; er erkennt ihn an und wünscht seine Kräftigung. Geistesverwandt mit jener — mir wollen nicht untersuchen, ob bög­­willigen, ob gedankenlosen — Unterstellung ist die Annahme, daß die aus der Regierungspartei ausgetretenen fachlichen Abgeordneten sich im R­eichstage als die Fahnenträger aller nichtmagyarischen Nationalitäten unseres Bater- Landes geberden würden. Zu einer solchen Rolle fehlt, von allem anderen ab­­gesehen, eine wesentliche Vorauslegung: das Mandat aller nichtmagyarischen Nationalitäten, ihre Spätereffen und Aspirationen im Neichtage zu vertreten. Die nichtmagyarischen Nationalitäten Ungarns sind zu einem Bündnisse mit­einander und zu einem gemeinsamen Programme nicht gelangt ; leider gehen die Aspirationen der verschiedenen nichtmagyarischen Volksstämme Ungarns in wesentlichen Punkten dermaßen auseinander, daß die bisherigen Versuche einer Bereinigung gescheitert sind. Wollten die sächsischen Reichstagsabgeordneten als Fahnenträger aller nichtmagyarischen Nationalitäten auftreten, so m­ürden sie Unmögliches beginnen, als Geschäftsführer ohne Auftrag handeln, niemandem zu Dani, wohl aber den ihnen anvertrauten Snteressen zum allergrößten Schaden. Eine Bolität der Abenteuer ist für das sächsiiche Volk und für seine Abgeordneten ausgeschlossen. Das fähstiche Volk ist die einzige nichtmagyarische Nationalität, welche im ungarischen Reichtage durch Abgeordnete vertreten it; sie ist auch die Reinste und am meisten fortgeschrittene, welche am meisten zu verlieren hat. Unsere Bestrebungen stehen in seinem Gegenlage zum ungarischen Staate; sie sind höchstens dem sinnlosen Chaubinismus ein Dorn im Auge, aber mit den Erxistenzbedingungen des ungarischen Staates wohl vereinbar, ja in denselben eingeschlosfen. Wir wollen nichts anderes, als und im unga­­rischen Staate als Volk behaupten: unsere Kultureinrichtungen, Sprache, Kirche und Schule, Gemeinde, Anstalten, Vereine, alles, was uns zum Volke macht und als Volk erhält. Gerade weil wir unsere Volkdgüter treu bewahren und unseren Nachkommen vererben wollen, dürfen und wollen wir sie nicht für eine abenteuerliche Politis als Eintag aufs Spiel fegen, um nicht diesen Einfaß zu verlieren. Daraus ergiebt sich als Richtschnur für unser politisches Verhalten, daß unsere Haltung an nach dem Austritt der Abgeordneten aus der Regierungs­­partei nicht eine herausfordernde und aggressive, sondern eine defensive sein muß. Nach dem jährlichen Bollaprogramme können auch die aus der Regierungs­­partei ausgetretenen jächsischen Abgeordneten nicht anders, als in allen mäch­­tigeren Staatefragen, in welchen es sich um die Erhaltung des Staates, um die Unteilbarkeit der Monarchie und der Länder der ungarischen Krone, solche um die Bürgschaften ihres Bestandes handelt, mit der Regierungspartei für die Regierungsvorlagen zu stimmen. Dies gilt insbesondere Hinsichtlich der Frage des Ausgleiches, welche im Vordergrund der Tagespolitik steht und voraussichtlich noch lange nicht von der Bildfläche verschwinden wird. Sollten dagegen Lebensgüter des fächsiichen Volkes angegriffen werden, dann müssen die fächsiichen Abgeordneten, und zwar alle ohne Rücsicht auf die Parteistellung, zur Wahrung unserer nationalen Interessen eintreten, und wir hoffen, daß sie mit größerer Heftigkeit diese Pflichten erfüllen werden, als er zuweilen bisher geschehen ist. “ Notstand in Südungarn. Der „W. Allgem. Big.” wird aus Budapest geschrieben: „Schon im vorigen Herbst, bald nach Beendigung der Ernte, haben wir an dieser Stelle Mitteilungen über den drohenden Not­­stand in den sonst gesegnetsten Teilen Südungarns gemacht. Die Befürch­­tungen haben sich seitdem in erschreckender Weise erfüllt. Das bittere Elend ist in jenen Gegenden, welche sonst als die „Kornlammern Ungarns“ gepriesen werden, eingezogen und richtet ungemeine Verheerungen an. Bereit­ t­ird aus mehreren Gemeinden das Auftreten des Hungertyphus gemeldet; die hun­­gernden Leute graben die Hamsternester aus, um das dort angesammelte Ge­­treide für ihre Nahrung zu gewinnen. Die Regierung hat allerdings nicht versäumt, ihrerseit Hülfe zu bieten. Der Aderbauminister hat im Laufe des Herbsteds Samenkorndarlehen im Werte von 148.500 fl. (12.780 Mtz.) und die unentgeltliche Verteilung von 2500 Mtz. im Wert von 32 000 fl. ange geordnet. Außerdem wurde dafür gesorgt, daß auf dem Gebiete des zumeist heimgesuchten Torontaler Komitat? in größerem Ausmaße Wasserschußarbeiten in Angriff genommen und dadurch ungefähr 2500 Arbeitern Erwerb gesichert werde. Ganz besonders übel ergeht es den ärariischen Ansiedlern an der Ufte teren Donau, melde außer Mißmwachd auch noch Ueberschwemmungen zu er­­tragen hatten. Diese Kolonisten wurden vor einigen Jahren durch eine un­­sinnige Agitation aus ihrer Heimat, der Bulowina, hereingelobt und auf das Saundationsgebiet in den Buchtungen der unteren Donau notdürftig angesiedelt. Heute müssen diese auch von Krankheiten heimgesuchten Dsango’3 von der Regierung unmittelbar alimentiert werden. Aber die Verteilung von Saate fern, Nahrungs- und Geldmitteln reicht zur Beseitigung des Notstandes Tange­nit aus. Das Saatlorn selbst wurde von den Beteiligten größtenteils als Brodfrucht verzehrt und die Felder unbestellt gelassen. Die Komitatsbehörde erläßt soeben einen dringlichen Aufruf an das Land mit der Bitte um milde Gaben zur Linderung des ungemeinen Clends in Zorontal. Auch zeigt si für die sünftige Ernte hier wieder nur schlimme Aussicht. Der trockene und milde Winter begünstigt das Ungeziefer, Mäuse und Hamster vernichten die Saaten, die größtenteils gar nit zum Keimen gelangten. Unter diesen Umständen begreift man auch die zunehmende Aus­­wanderung der südungarischen Bevölkerung, und zwar geht diese Emigration nach Bulgarien, dessen Regierung dieser Vermehrung der Bevölkerung gegen­­über jede günstig gestimmt is. Die Bumwanderer erhalten per Kopf 21­, Jod) Adergrund mit 20jähriger Steuerfreiheit, die nötigen Baumateralien zur Her­­stellung ihrer Wohnhäuser und überdies noch Unterstügung für das erste Jahr. Auf diese Weise sind dem Vernehmen nach bisher in der Nähe von Sofia bereits drei Ortschaften mit Kolonisten aus Südungarn angesiedelt worden. Es giebt in den südlichen Zeilen des Torontaler Komitats Gemeinden, in denen zahlreiche Häuser leer stehen, weil deren bisherige Bewohner nach Bulgarien ausgewandert sind. Diese Bewegung, welche alle Boltsstämme jener Landesteile ohne Unterschied der Nationalität und Konfession ergriffen hat, hält nicht nur an, sondern ist den neuesten Nachrichten zufolge in wach­­sender Zunahme begriffen.” . von nase eintleten. Schatten. Roman von B. von der Landen. (26. Fortlegung.) Die Felsenbach’sche Wohnung lag im Hochparterre; vom Speisezimmer aus gelangte man auf eine halbrunde Terrasse, von der an jeder Seite steinerne Treppen in den Garten führten. Auf dieser, mit Herrlich blühenden Topfgewächsen reich dekorierten Terrasse nahmen die beiden jungen Frauen nach dem Essen ihren Kaffee, den Gabi selbst bereitete, und Eva, die si behaglich in einem kleinen Schaufelstuhle wiegte, konnte si nicht satt sehen an den weichen, anmutvollen Bewegungen der Freundin, an dem Clüd, das ihre so Heil aus den großen blauen Augen entgegenstrahlte, wenn Gabi beim Plaudern Neuperts Namen nannte oder ihr von ihrem häuslichen Leben erzählte. Eva war ihre Vertraute und in alle internen Familienverhältnisse eingeweiht, zu ihr konnte Gabriele rüdhaltlos sprechen, wie sie rüdhaltlos fragen durfte ohne die Befürchtung, neugierig oder aufdringlich zu erscheinen. „Wie steht Ulla jegt deinem Manne gegenüber ?“ sagte sie, als Gabi, mit der Bereitung des Kaffees fertig, die Waffen füllte und sie zu ihr febte. „Ich sehe selbst nicht Mal darin”, erwiderte Gabriele offen. Sie kommt so sehr selten zu und und nie, wenn Rupert zu Hause ist. Weißt du, Evi”, — ein leichter Seufzer hob ihre Brust, — „das schmerzt mich oft. Ula ist doch immer meine Schwester, und ich fühle, daß wir uns immer mehr und mehr von­einander Loslösen.” „Deine Schwester hat si in ihre überspannte Schwärmerei und in ihren überspannten Schmerz verrannt”, rief Eva ungeduldig. „Sie hat Arwed sehr geliebt, Evi, und ich verstand sie darin, bis die Liebe zu Rupert meinen Sinn umgewandelt hat.” „Richt die Liebe allein, sondern die Ueberzeugung, daß Rupert unschuldig an dem war, was deine Familie ihm zur Last legte. Dein Bruder fiel als ein Opfer seines Leichtsinns, ald Opfer eines gewissenlosen Weibes.” Gabi antwortete nicht. Sie rührte nachdenklich mit dem Reinen Löffel in ihrer Tafje. Evas schwarze Augen ruhten mit dem Ausbruch des Erstaunens und fast Unwillens auf ihr; plöglich stand sie auf, trat an die junge Frau heran, legte ihr die Hand fest auf die Schulter und sagte: „Gabi, zweifelst du an der Wahrhaftigkeit deines Mannes ?“ Gabriele wandte mit einer raschen Bewegung der Freundin ihr Gesicht zu und sah sie frei und offen an. „Nein, Eva, sagte sie ehrlich: „Rupert steht mir zu Hoch, und ich Liebe ihn zu sehr, als daß an nur der mindeste Zweifel in meiner Seele Raum hat. Wir sind ganz glückich.” Eva Ebert beugte si herab und füßte Gabi auf den Mund. „So is’s in der Ordnung, und das wollte ich auch nur Hören”, lachte sie. „Denn weißt du, Gabi, ich schage deinen Rupert so sehr und bin ihm so gut, daß dein Hineinstarren in die leere Tafje und dein nach­­denkliches Gesichtchen mir schon wie ein Unrecht gegen ihn vorkommen.“ Gabi sehnte sich weit in den Stuhl zurück und zog die Freundin mit beiden Armen zu siß herab an ihre Brust. „Du schäpest ihn und bist ihm gut, — O du beste, — dafür habe ich dich doppelt lieb. Aber meinst du nicht, daß mein Entschluß, sein Weib zu werden, ihm und den Menschen besser als alles andere den Beweis lieferte, wie groß meine Liebe zu ihm ist und wie start mein Glaube an die Lauters Zeit seines ganzen Charakters .” Die beiden jungen Frauen hielten sich noch umschlungen, und Eva war seltsam bewegt. Sie wollte sich eben aus den Armen der Freundin auf­­richten, als von der Thür des Ehzimmers her eine luftige Männerstimme rief: „Beneidenswert, — die eine wie die andere !” Eine zweite Stimme ak­ompagnierte diese Worte mit Herzlichen, wohl­­tönendem Lachen. Erschroden gab Gabriele Eva frei, und tieferrötend wandten si beide um, Ebert stand in der halboffenen Flügelthür, und Belsenbach blidte ihm über die Schulter. „Georg —* „Rupert —” „Ihr und jet schon ?* hol es von den rosigen Frauenmündern, ehe die bärtigen Männerlippen sie mit herzlichen Küffen schlaffen. „Unsere Situng ist vertagt, Gottlob“, berichtete Felsenbach, „nun wollen wir hübsch bei uns zusammen bleiben. Seh’ dich, Georg, — aber laß mir den Pla neben deiner Gattin — und du, Gabi, sorge fü­r einen frischen, nicht zu Schwachen Aufguß Mokka, ich Hole inzwischen das Unent­­behrlichste zur Gemütlichkeit, — eine leichte Upmann !” „Hör mal“, rief Doktor Ebert ihm nach, „wenn du neben Eva figen willst, so wirst du nichts dagegen ha en dürfen, wenn ich Frau von Felsenbach um die Bunt bitte, an ihrer Seite Plaß zu nehmen. Sie gestalten, Gnädigste ?* „Natürlich, Lieber Doktor”, lachte Gabi, „aber Sie dürfen­ nicht zürnen, wenn ich meine Aufmerksamkeit zwischen Ihnen und dem Kaffee­­rochen teile.“ Sie shellte und befahl dem Diener, einen frischgefüllten Theekeffel mit W­affer zu bringen. „Wo Habt ihr nun gespeist ?” fragte Eva ihren Gatten. „Bir? “ Im Kaiserhof. Ich ging, da ich die Aufforderung noch in der Redaktion erhielt, dorthin, um Rupert zu treffen, traf ihn auch richtig, und in der Vorauslegung, daß die Damen so wie so schon gespeist haben würden, aßen wir glei da und fuhren dann hierher.” Seljenbach erschien mit den Upmanns, Gabi hatte ihren frischen Auss­tuß präpariert, und es folgte nun jenes harmlos fröhliche Zusammensein, wie man es unter gleichgesinnten, zufriedenen und geistig anregenden Menschen findet. Scherzreden und Nedereien flogen zwischen den Ehepaaren hin und her, auch wurde dies und jenes berührt, was auf den Gebieten der Kunst und Litteratur von fr­­ieden machte, und als die Männer schließlich die brennendsten politischen Fragen zu erörtern begannen, gingen die Freundinnen in Gabid Musilzimmer, das neben dem Efzimmer, auch nach dem Garten hinaus, gelegen war. Während dem auf der Terrasse über den Erfolg oder Mißerfolg einer neuen D­orlage im Neid­etag debattiert wurde, erklangen duch die geöffneten Senfter, von frischen weichen Stimmen gesungen, die füßesten Liebeslieder, in denen zwei glücliche Frauenherzen an ihr Bühlen, ihr Jauchzen und Hoffen austönen ließen,

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