Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1924. Oktober (Jahrgang 51, nr. 15401-15427)

1924-10-14 / nr. 15412

.,«7·(,,7«;7:«.T..«Hr J .... v­) ip h- k ’2 3 ie ‚ * Bichriftleitung und Verwaltung: Bermannstodt, Königin Mariastrafe Air. 3 — Lernsprecher: Schriftleitung Art. 11; Verwaltung Air. 431 — Beglitede monatlich Lei 60 °; mit äufteilung monatlich Lei 66 °—; mit Postversendung für das Inland: monatlich Lei 66 °—; für das Ausland: monatlich Eee­et et en um­ v Re. 15412 Hermannstadt, Dienstag den 14. Oktober 1924 51. Jahrgang Das nu ASCHE wa Enalische Arbeitslosgkeit und europäischer Wiederaufbau. « Von Otto Borbach Wer die Rewosität die die englische Arbeiterschaft seigesichts einer sich plötzlich­ wieder­ bemerkbar machenden steigenden Tendenz der Beschäftigungslosigkeit in­ den wichtigsten Industriezweigen erfaßt hat,richtig verstehen wi­ll, muß sich daran erinnern,daß der Ausstieg der Ar­­beiterpartei zur Macht das Ergebnis des Zusammenbruchs jener von den Vo­rgängern Naniny Macdorvalds verfolg­­ten Politik war,die für England wieder die Lage einer „glänzenden Isolierung“ anstrebte, in der es den euro­­päischen Kontinent fi selbst und seinen hoffnungsl­osen Berfuchen, allein aus den ÜBerfinidungen des Berlailfer Friedens herauszukommen, überlassen und in einem mit allen Mitteln gesteigerten DBerfeht mit den Dominions . Erjat für die schwindende Kaufkraft europäischer Kunde Kcaft suchen konnte. Freilich sollte unter der neuer „glän­­­zenden Solierung“ nicht wie früher­ eine Isclierung der Britischen Inseln, sondern eine solche des gesamten Welt- Reiches verstanden werden; man hielt den Abfachmarkt in den Kolonien für, genügend ent­wiclungsfähig, um der Industriebevölkerung im Mutterlande mit der Zeit aus­­weichende­r Beschäftigung zu sichern. Für Die Uebergangs­­unterftüste Ausia na den Kolonien aushelfen. men­e ER IN. 63 stellte sich bald heraus, daß die Dominions für ee­n Elemente, die in England eine schlechte Konjunktur aufs Pflaster wirft, im allgemeinen feine Verwendung haben, während sie ihre eigenen Auswanderungsagenten mit Ge­­folg bemühten, im Mutterland die am wenigsten entbehr­­lichen, von, irgendwelcher Gefahr, beschäftigungslos zu werden, nur im entferntesten bedrohten Kräfte der ver­­schiedensten Berufe, vor allem der Landwirtschaft, zur Flustwanderung anzuregen. Die Folge war, das die­­ Do­­min­ons auch ihre Giftwanderungsbedürfnisse zu Bamph­­ren wurden, die dem Mutterlande das beste Blut abzapf­­ten, ohne sein Arbeitsrosenelend im mindesten zu lindern. Sie steigerten die­ses im Gegenteil noch durch fieberhafte Anstrengungen, ihre eigenen industriellen Kräfte auf Kosten der Einfuhr aus dem Mutterlande zu entwickeln. Kanada z. B., das 1915 erst über 21306 industrielle Werke beifügte, sah Diese schon bis 1919 auf 38344, fast das Doppelte, sich vermehren. Die Zahl der Baumwollspin­­nen in Diesem Dominion stieg von 860000 im Jahre 1914 auf 1167837 im Jahre 1920. Die kanadische Stahlproduk­­tion nahm seit dem Kriege um 150 v. 9. zu. In Austral­ien wurden 1914 für 1153000 Pfund Sterling wollene und baummollene Waren erzeugt, 1921 für 4242000 Bund Sterling. Nicht minder erstaunlich sind die industriellen Fortschritte Südafrikas und selbst Indiens u­nd überall wird diese Tendenz durch schubzöllnerische Maßnahmen ohne Rücksicht auf die Interessen des Mutterlandes Fünft­­ih gesteigert. „Ss ist richtig“, bemerkt ein neuseeländi­­scher Berichterstatter in der legten Ausgabe der Zeitschrift „She Round Table“ „daß mir Britischen Produzenten eine Bevorzugung auf unserem Markte gewährten, aber es ist auch richtig, daß teir durch eine Politik des Schußes für tofale Industrien diese Bevorzugung in großem Um­­fange unteil­sam machen.“ Und Neuseeland ist noch der bei weitem Impak­te aller britischen Kolonialstaaten. Wem­it sich daraus gleictwohl im allgemeinen seine Nachfrage nach beschäftigungslosen englischen Iindustriearbeitern er­­gab, so erklärt sie das zur Genüge aus “der Bekannten Tendenz der Maschine in den Anfangsstadief ® der Ent­­millung moderner Industrien, massenhafte Arbeitskräfte „freizulegen.“ Gerade während des Krieges, wo doch die europäische Auswanderung völlig stodte, waren Die Do­­minions, trogdem sie nicht unbeträchtliche Streitkräfte ins Feld fhichten, imstande, sowohl ihre landwirtschaftliche wie ihre industrielle Produktion gewaltig zu steigern. Das war nur möglich durc die fortschreitende Erregung von Menschenkräften durch mechanische Kräfte mit Hilfe neuer Maschinerie. Das Wunder also, das im Mutterland, das der Ausbreitung eines sozialen Chaos von Osteuropa nach Mitteleuropa untätig zus­aute. Die Impuk­tionen nicht wieder florieren wollten? Noch immer bewegt sich Die enazife Ausfuhr um 25 v. H. unterhalb des Niveau­s von 1913. Die Bahn der Beschäftigungslosen übersteigt hoch eine Million. Tibet treten bei dem gegenmwär­igem Bempo des Bevölkerungszumachies jährlich 40.000 Arbeiten hier auf Den Markt. Tiefe Tatsachen sind umso Beängsti­­gender, als ja das Wirtschaftsleben Englands vielmals meh als das irgend­eine anderen europäischen Landes auf Export gestellt ist. Für die 43 Millionen Einwohner Großbritanniens werden nur ein Tieittel der erforderlichen Nahrungsmittel und die Hälfte des Bedarfes an Rohr­stoffen im eigenen Lande gewonnen. 1922 wurden für 470 Millionen Pfund Sterling Nahrungsmittel und für rund 300 Millionen Pfund Sterling Rohmaterialien nach dem Vereinigten Königreich eingeführt. Welche Fatastco­­phalen Folgen unter solchen Umständen ein erheblicher Nachgang der Ausfuhr haben müßte, erhellt Daraus, daß der gesam­te Kapitalwert des Eigentums in Großbritannien nur Das Siebenfache des Werte der Yahrresproduktion beträgt und daß von dem jährlichen Ertrage der gesamten Produktion sieben A­chtel konsumiert und nur ein Achtel gespart wird.­­ Umso zwingender ergibt es für England aus der Besichlechterung der Abfallverhältnisse in den Trominions — sowohl, infolge der Entwicklung eigener Industrien soie der Konkurrenz Nordamerikas — Die Notwendigkeit, die Staatkraft der Bevölkerung Mittel- und Osteuropas wieder­­herstelfen zu helfen. Schon im Jahre 1922 nahmen die Länder des europäischen Yehtlandes wieder wie im Jahre 1913 den dritten Teil der Gesamtausfuhr allen britischen Bewegungen auf. Der Handel innerhalb des Britischen Restreiches, miüte. Ich: Damit, den "beiren könnte, und das. ist monb­­al möglich. Die 1. Abhängigkeit der englischen Industrie von den europäischen Märkten tritt noch deutlicher hervor, wenn m­an erwägt, daß im Jahre 1922, von Bunterfohle abgesehen, 75 dv. 9. der gesamten englischen Kohlenproduktion nach dem­ europäischen Testlande ausgeführt wurden. Nun bedeutet freilich der Wiederaufbau Deutschlands im Sinne des Tammesplanes für die englischen Wirt­­schaftsinteressen wiederum eine Zivilmülle. Frankreich hat sich erst infolge der wirtschaftlichen Auswirkungen des­ Westkrieges im eigentlichen Sinne zu einem modernen Eindustriestaate entwickelt. Die volle Entfaltung seiner K­onkurrenzfähigkeit war Durch die Ruhrkrise gehemmt. Die Ausführung des Denvesplanes würde infolgedessen einerseits den französischen Wettbewerb für englische In­­dustrien steigern, und andererseits, da Teutschland nur durch vermehrten Export die von ihm geforderten Leistun­­gen erfüllen kann, zugleichh das Gespenst der „deutscher Gefahr” wieder heraufbeschwören.. Es sind diese Zusam­­­m­enhänge, Die rechr weite Wreise in England, dar­unter einen Teil der Arbeiterschaft beunruhigen. Man mweist darauf hin, daß der britische Staatsapparat mehr als dreimal so Hostspielig­ arbeite als Der deutsche, daß die Löhne gelernter Arbeiter in Teutschland nur 73.6 dv. 9. derjenis­gen von 1913 erreichen, Die der ungelernten 88 v. 9. und dab die Arbeitszeit in manchen Gewerben von 8 auf 10 Stunden verlängert worden ist. Nenn die weit und mitteleuropäischen Wirtschafts­­ind Staatsmänner sich durch diese, in der Tat vertwicelte Lage des Wiederaufbauproblems gleichhooht nicht Topffen machen haffen, so darf man hoffen, daß sie sich auf den nächstere Konferenzen endlich dazu aufraffen werden, ein­­mal ganze Arbeit zu machen und den gesamten Stampfer der Fragen der Reparationen, interalliierten Schulden, Unterkommission, Arbeitslosigkeit usm. im Weltmaßstabe zu Lösen. So lange das nicht geschieht, wird weder das englische Arbeitslosen­ noch­ das deutsche Reparations­­problem zur Ruhe kommen.­­ Beit. sollte, eine staatlich jedem­ Staatsbeam­te in 6000 Lei als Gratifikation geben wolle. Der Finanzminister dementiert diese Nachricht kate­­gorisch. Die Regierung sei zwar mit dem Plan beschäftigt, die Bezahlung der Beamten zu verbessern, aber nicht in Zorn einer Gratifikation. Nationalpartei und Takisten. Gemeinsame Arbeit, Butareft, 13. DOftober. Dienstag Hält der Bolf« zugsausschuß der Nationalpartei in Buiavest eine Sagung m­it folgender Tagesortnung ab: Tiie Frage des Austrittes der Takisten gelegentlich der Tufionsverhandlungen, Unter­­suchung der parlamentarischen age; Wiederaufnahme der Aktion zum Sturze der gegenwärtigen Regierung. Diese Nachricht erden im „Universal”, woraus man schließen kann, dab die Dafiten wieder in die Partei eintreten werden. Keine „Gratifikation“* für die Staatsbeamten. Bukarest, 12. O­ktober. Eine Butarester Zeitung brachte Die Nachricht, dab die Regierung am 1. Janu­ay Ein neuer Bandenüberfall in Bussarabien? Biutarest, 12. Oktober. Das Innenministerium und der große Generalstab wurden laut Meldungen der Heuti­­gen Morgenblätter verständigt, dab in der Nähe von Cap Tusla eine Schaluppe mit 45 Bolscherwhfen geflchtet wurde, die auf den Küstenda­mm von Tatarbunar zus­pält. Die bisherigen Meldungen sind vollkommen wider­­sprechend. Nach einigen handelt es sich um einen neuen Einfall, welcher tatsächlich erfolgt ist, wobei Die ganze Bande gefangen genommen wurde. Nach einer anderen Darstellung handelt es sich bloß um einen Versuch. D­as Außenministerium dementierte die Nachricht über einen neuen­ Weberfall. Unterzeichnung der rumänisch-jugoslawischen­ ­ Belgrad, 9. Oktober. Der romänische Gesandte und METCH, Die Nr BZ Militär-Sionvention, nilitariicn gt P Die 7 io ; on. Pos. Die Regierungsbildung in Deutschland, Doch eine Avalition? Berlin, 13. Oktober. Die Deutschnatimalen haben Marz angeblich­ erklärt, daß sie die allgemeinen Richtlinien, die in der Denkschrift des Kanzlers wegen Umbildung der­­ Regierung enthalten sind, ihrerseits als geeignete Grund­­lage zur Bildung eines Koalitionskabinettes ansehen. Das Anleiheabkommen unterzeichnet: Lafahette, 12. Oktober. Aus London wird gemeldet, das Übereinkommen betreffend die 800-Millionen-Gold­­mars-Anleihe gemäß dem Dawesplan wurde unterzeichnet. Der Anteil F­rankreichs beträgt drei Millionen Pfund. Das Ergebnis der Anleihe wird der Reichsbanf auf Konto des General-Zahlmeisters eingezahlt, die daraus Die Sach­lieferungen für das erste Jahr bezahlen wird.­­ Der Wahlkampf in England. Ein Wahlübereinkommen zwischen Liberalen und Stonservaliven. L­ondon,12.­Oktober.Der Wahlka­mpf wurde er­­öffnet-Alle Parteien haben die Grundlagen ihres Wahlk­ongrammes festgelegt.Zahlreiche Kandida­ten wurden eingebra­cht.Pressemeldungen z­ufolge sollen Verhandlun­­gen die vor allen Dingen vonloyds George betri­e­­ben werden­ beginnen, die der Zweck haben, ein Wahl­­übereinkommen zwischen den Konservativen und Liberalen herzustellen. Macdonald spricht in den Industriegebieten, London, 12. Oktober. Die Regierung hat heute ihren Wahlaufruf veröffentlicht, Macdonald beginnt mor­­gen seine Wahlreife in sämtliche Industriegebiste Eng­­lands und Schottlands. Auch die Führer der Liberalen und Konservativen begaben sich auf die Wahlreife. Kongreß der englischen Arbeiterpartei, Angriffe der Kommunisten auf die Regierung. London. Der Kongreß der Arbeiterpartei hat eine Satfäliegung abgelehnt, in der die en gegen’ommende Haltung der Arbeiterminister gegenüber der Monarchie getabdbert wurde. Darauf wurde eine Entschlichung an­­genommen, in der die Nationalisierung der Sruper und der Elektrizitätsindustrie gefordert wird. Mehrere Dir­gierte kritisierten den Pawel-Plan, weil durch ihn die deutsche Arbeiterschaft verplant werde. Dieser Vorwurf wurde besonders heftig von den Kommunisten erhoben. Die kommunistische Sadelimotion wurde vom Bolgug’­­ausschuß abgelehnt I %

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