Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1927. Juni (Jahrgang 54, nr. 16175-16197)

1927-06-11 / nr. 16182

Schriftleitung: Hermannstadt, Könngin Mariastr. Arr. 33, Verwaltung: Nr. 25 — Lernsprecher: Schriftleitung Ar. 11; Verwaltung Zir. 431 Bezugspreis für einen Monat: Hermannstadt: ohne Sufteilung Lei 90 ° — ; mit Sufteilung I. 100 °—; mit Postverfer dung : Inland: L 100 °— ; Ausland: L 135 °— Einzelnummer nur Ne. 16182. Hermannstadt, Sonnabend den 11. Juni 1927 54. Iahegang Unter dem Einbruck der Erklärungen Bratians, Wieder einmal die Aussicht Bukarest, 10. Juni. (Eigenbericht.) Die gestern ge­­meldeten Erklärungen Bratianus, mit­ denen er die bevor­­stehende Webernahme der Negierung durch die Liberalen ankündigte, bilden Begreiflicherweise in den politischen Krei­­s das Tagesgespräch) und sind Gegenstand zahlloser Nom­­inationen und mehr oder weniger­ gemagter Prophezziun­­gen, aus denen vorläufig nur das eine sicher hervor­­geht, daß die voraussichtliche Entwicklung der Dinge für die aflernächste Zukunft noch vollkommen ungeklärt ist. Bra­­ttanu hatte gestern abend mit Mantu eine Zusammen­­kunft. Man glaubt, das­s Biratianu bei dieser Gelegen­­heit wieder seinen Standpunkt betont hat: ein einheit­­liches Regime mit gielbewußter Leitung und einem Par umschriebenen Programm für alle Fragen, die die hohen Sta­atsinteres­­sen berühren. Dieser Standpunkt schließt ein Zusam­­menarbeiten mehrerer politischer Gruppen anı Staatsruder nicht aus, sofernd 83 sich in einen­ solchen Fall um eine l ehrlich gemeinte Negirungskoalition und nicht bloß um eine politische Zufallsgemeinschaft handelt, innerhalb wel­­cher sich die einzelnen Teilnehmer den Rand abzulaufen bem­uchen. Vor diesem­ Stil sind auch alle Eröirterungen der Liberalen Breife über die Lage Inspiriert. Wie man in politiichen Kreisen meint, woill Bratianu mit dieser Stellung­­nahe zum Ausdruch bringen, daß er nicht aus dem­ Grund den Sturz Apersscug herbeigeführt Habe, um ein Kabinett Maniu Mihalache im den Sattel zu heben, wie sich die Nationalzaranisten diesen von dem Ergebnis der nächsten Wahlen erhoffen, sondert um entweder mit Maniu oder Wenn es sein muß, auf gegen Manitu zu regieren. In diesem Zusammenhang spricht die heutige politica von der Möglichkeit einer Loslösung Manius den Mihafache und eines Abschwientens der eigentlichen Sie­­benbürger Nationalpartei, deren rechter Flügel bekant­tlich liberafophil ist, zu Yratianu, der die Bildung einer­ großen auf ein Zweiparteiensyn­em­, Partei des rumänischen Bürgertums wünscht, ihr Ereignis, das notwendigerweise eine Verschmelzung der übrig geblie­­benen Gruppen Averescu, Mihalade, Jorga zu einer z­veiten großen regierungsfähigen Partei zur Folge haben muß und die Wiederkehr zum Zweiparteiensyst­em der Vor­­kriegszeit, einer Lieblingsidee Bratianus, der Bekannt­ (i­) auch) die Sonne sympathisch gegenüber steht, einleiten würde. Wen auch diese Erwägung as positive Meldung zur Stunde noch verseüht sein dürfte, so gibt sie doch in guoken Grundzügen ein­ getreues Bild der politischen Ideologie Bratianus und bildet eine hinreichende Erklärung für die jüngsten und kommende Ereignisse. Bukarest, 10. June. Mittwoch abends hatte Yonel Bratianu eine längere Unterredung mit Maniu, worauf er sich für zwei Tage auf sein Gut nach Fforica begab ie lange lebt die Regierung Stirbey? Steife verständigt worden­ zu sein, hat die Regierung in Bukarest. 10. Juni. „Adeverul” wendet sich gegen die Nachricht,­ daßs das Kabinett Stirbey in den nächsten Tagen fallen werde, um einem, vein Tiberale­r Kabinett Plaß zu machen. Das Blatt behauptet von zuständiger bedingt die Ergebnisse der Wahlen abswarten werde. Die „politica” behauptet troß dieser Dementis, daß die Voraus­­sage einer baldigen Demission Stirb&g3 wichtig sei, und daß ein Tiberales Kabinett mit Argetotanu­­ und Dr. Zupu komm­en werde, weil es Stirbei­ nicht gelungen es, ein K­oalitionskabinett zu bilden, bedrent Negierungsparteien mit gemeinsam­en Listen in dem­ Wahlkampf treten. Die­ Begegnung Bratianu Maniu geschah im Hause Mihai Popovici’s. Mar betrachtet­e diese Begegnung a die formelle Wiederaufnahme der persönlichen Beziehungen , zuwoischen den beiden Politikern. „Adeverut” betont, daß Bratianu als der Aelteve den ersten Schritt zur Annäherung gemacht habe. Die Verhandlungen werden fortgelebt. ­OREERITE GELEITET TEE Fn Aegypten regt sich. (Si.) Eigentlich ist in Aegypten nicht gar so biel dargefallen, und Dody sah j. Die englische Regierung genötigt, einige Kriegsschiffe an die ägyptische Küste zu senden, um ihren Wünschen, die mit denen des ägyp­­tischen Parlamentes nicht übereinstimmen, einigen Nach­­bruch verleihen zu können. Das ägyptische Parlament for­­derte den Abbau des militärischen Oberbefehlshabers, des sogenannten Sirdars, der ihm von England aufgezwungen wurde, obwohl England vor den Augen der Welt die Souveränität dieses Landes wiederhergestellt haben wollte. Die von England zugestandene Souveränität bedeutete für Aegypten und seine Regierung: Macht, was ihr wollt, aber stört mir meine Kreise nicht. Es­ war eine Souveräni­­tätserklärung mit vier Vorbehalten. Bei der Verkündung der Unabhängigkeit erklärte nämlich England, das es für die Sicherheit des Weges zwischen England und Indien sorgen werde, und daher die Kontrolle über den Suez­­kanal beibehalten werde, daß es Aegypten gegen den An­­griff einer Dritten Macht verteidigen werde, dass es für den Schuß der Fremden und der Minderheiten sorgen werde und schließlic, daß es die Verwaltung des Sudan weiter behalten werde. .Von Aegypten aus könnter­ gland an einem zehn helllen Punkt,.an denn­ezional getroffen werdem Um davor sicher zu sein,verlangte es,daß..der Oberbefehls- Armee in Aegypten ein Dober englischer Offi­­zier sei. Alle Welt weiß, das Aeghpten eines der ältesten Kulturländer ist. Die vielen P­hasen seiner Geschichte zu Durchlaufen, ist in diesem Zusammenhang nicht angebracht, denn raumpolitisch und verkehrspolitisch, und daher welt­­politisch ist Aeghpten etwas ganz anderes­ getworden, seit Der Suezkanal Das Mittelmeer mit dem roten Meer und [0 mit den­ indiichen Ozean verbindet, und seit England den Ausbau der Kap-Kairobahn im Angriff genom­­men hat. Für den Staatsrechtler wäre es eine domnenvolle Auf­­gabe, wenn er anfangen wollte, für alte Zustände. Die Aegypten im besten Jahrhundert durchgemacht hat,­ den staatsrechtlichen Begriff in zutreffender Weise zu finden. England hatte dort schon festen Fuß gefaßt, als dieses Band äußerlich noch unter der Oberhoheit der Pforte stand. Al England sein Protektorat über Aegypten erklärte, änderte sich tatsächlich recht wenig, denn diese Erklärung war nur die Anpassung der äußeren Form an einen in Wirklichkeit sben bestehenden Zustand. Zum Scheine wurde 1922 die Souveränität Des Nillandes­ wieder hergestellt, aber die Machtbefugnisse der Briten blieben weiter in einem Ausmaß bestehen, das mit einer staatlichen Selbständigkeit nicht recht in Einklang gebracht werden konnte.­­Also Dies­aut. und doc dabei etwas Beharrendes: Die britische wenn Dieses Land nicht an der Lebensader des briti­­shen Weltreiches läge, würde sich England vielleiccht mit einem günstigen H­andelsvertrag begnügen und würde die Schwierigkeiten der politischen­­ Beherrschung dieses Ge­­bietes wahr­scheinlich nicht­ ohne Bedenken auf sich nehmen, denn es ist besonders fchiver, ein altes Kulturland dauernd in Knechtshaft zu erhalten, und es ist vor allem nicht notwendig, wenn nicht Interessen besonderer Art absolute Laufspfänder und alter realite Garantien verlangen. Hat England zum Nagen seines eigenen großen Reiches seinen Fuß in ein fremdes Land gesetzt und Hält es seine Sast Drohend über diesem Land, fa tst 88, nicht nur der Ausbeuter. Rein menschlich findet­ ein Wolf, das unter Fremdherrschaft steht und­ nach Selbständigkeit strebt, in der Welt meistens Sympathien und die Gefühle wenden sch gegen den Unterbrücker. Mit Gefühlen allein wird aber Die große Politik nicht gemacht, und Bei Beurteilung der Rolle, die England im Nillande­ spielte, ist neben mancher Anklage auch vieles zu seinen Gunsten anzu­­führen. Denn es hat in diesem Lande, dessen Fruchtbar­­keit zwar berühmt aber auf einen ganz schmalen Streifen an beiden Seiten des lebenspendenden Nil beschränkt war, viel wertvolle Arbeit geleistet und damit insbesondere die Lebensmöglichkeiten der armen Fellachenbevölkerung ge­­bessert. Der durch lange Jahrhunderte so unberechenbare Nil wurde durch Schleusen beherrschbar­­ gemacht und die enbaufähige Fläche vermehrt. Mit großer Energie wurde der­­ Baumwollbau in Aegypten in Angriff genommen, der so lange die Weltmarktpreise für dieses Produkt güns­­tig waren, jeder viel für das Land abwarf. Heute fitt England am oberen Nil, in dem sogenannten ägyptischen Sudan, wo ihm gerade durch die Beherrschung der Nil­­schleusen eine­ sehr wirksame Waffe in die Hand gegeben ist. Dorthin wird auch die vom Süden her geführte Bahn gelenkt, die dann durch das Niltag weitergeht. Aegypten ist von der Geeseite her verwundbar und fan­t auch vom Oberlauf des Niles aus schwer getroffen werden. Aber damit gibt ich, das britische Reich noch nicht zufrieden. Denn je Tebensü­chtiger die absolute Gic­herheit der Verehrswege zu Lande am Lauf des Nil, zu Waller an Aegypten vorbei dur; den Suezkanal ist, um so empfindlicher ist auch England. Bei einer ernsten Auseinanderlegung könnte ed wohl den Aegypten jweren Schaden zufügen, aber «8 würde doch an etwas ris­­sieren. "Daher fieht ich­ England gezwungen, in manchen Stagen radikal zu sein, d. h. eine ihm ungünstig oder gefährlich werdende Gntwidelung­ion im Keime zu erü­b­en. . Im ägyptischen Parlament ist die Anhängerschaft von Zaglul Bajda, der ein vierfacher Märtyrer der äg­yp­­tischen Freiheitsbewegung ist, angewachsen. Diese Partei will die Unabhängigkeit von Sargrand wirklich­ in die Tat umgefegt unwilfer und verlangt troßiges Tejariter auf den Sorderungen der nationalen Aesgypter.. Von ihr geht an die Anregung aus, die ägyptische Armee zu vermehren und dem Posten des Britischen Oberbefehlsh­abers abzu­­bauen. Sie miss, daß die Armee voll und ganz dem Land gehöre. Lord Lloyd der Mann der englischen Regierung, der „Hochlommissär“ im Aegypten, hat Ihoıt gegen diese ägyptische Militärpolitik Verwahrung einge­­legt und mit der Wiedererrichtung des Protektorates ge­­droht. Noch ist die englische Note nicht beantwortet wor­­den, aber in London kam die ägyptische­ Trage zur Sprache, nicht nur weil England selber ich­ beeilen muß, in feinen, ägyptischen­­ Angelegenheiten Ordnung zu ma­­chen, sondern weil angesichts der ägyptischen Freiheits- Beiwegung ımnd Der 'zuw erwartenden Am­uden, von Ita­­lien und den Bereinigten Staaten erklärt wurde daß sie selber für den Schuß ihrer Untertanen sorgen würden, wenn LGngland diese Aufgabe nicht übernehmen wolle wie „Sribuna“ schrieb: „Wenn die ägyptischen Natonalisten eine neue Krise herbeiführen, wird es die Pflicht Ita­ fiens sein, darüber zu wachen, das die Italiener in Aeghp­­den­ungen Dieser Krise nicht zu leiden haben. Im dem„­selben Artikel stehen auch die Worte: „d­en Interessen in Aegypten sind sehr bedeutam“. Mufio­ Iini hat ja schon ganz offen das italienische Protek­orat über Aegypten verlangt. In London denkt man aber gar nur daran, die Zügel aus der Hand zu geben. So miss man wenigstens zeigen, daß man sie noch fest in der Hand bat. Ueber die Abelfinienpolitik hatten sich Eng­­land und Italien geeinigt.­­Diese Einigung hatte damals den energischen Brotest des abelfinischen Herrschers vor dem Belferbund zur Folge, weil sich dieser in seiner Selb­­ständigkeit bedroht fühlte. "Daß eine weitergehende Leher­­einkunft zwischen England und Italien bestehe, gemeinte Chamberlain entsch­eden. Die Begründung des englischen Eingreifens in Aegypten hat Chamberlain im Unterhaus in echt englischer Weise Har und Teidenschaftslos gege­­ben: Man könne nicht zulassen, daß aus dem ägyptischen Heer das politische Insstrument einer Partei und damt ein englandfeindliches Werkzeug gemacht würde. ‘Die Berteidigung des Suezkanals sei ein englisches­ Lebensin­­bereise, und England habe der Schuß der Sremden in Aegypten übernommen. Diesen beiden Pflichten künne Eng­­land kaum nachkommen, wenn im Rüden der englischen Macht eine feudiche Macht entstehen würde. Nach den eingegangsıien Meldungen würden es Die In Veahpien ansäsige­r Ausländer betonte­s aber die im Nipdern­ tätigen Europäer sehr ungerne sehen, wenn Eng­­lands Flagge s­chon dort versshreinden würde. Die eng­­lische Boritit hat es dan jeher verstanden, auch fremde Ineressen vor ihren eigenen Wagen zu spannen. Unter den Schlagworten der englischen Kolonialpolitik Berufung auf eine Verpflichtung zum Schug der eigenen Leute und der Ausländer eines der beliebtester. Mancher wertvolle Punkt ist unter diesem Titel von Gugland be­­legt worden und Ddanır underlebens gleich behalten wor­­den., Dieses Vent'i des Weltgewissens hat meistens rat gut funktioniert. it de « „Anfere italien» “ 2 ® f EEE TEE EEE SENT TER BERNTSIE­S STEHT ESTER SPS SRCSN TE IEEEETTERT REES SENE WETTE SEE ERZRRTERSTUN PET EREEEEREGEFERENTTSATE Be eu 4 #7 x

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