O. Goeschen: Der Kärntner Adel

Vorrede

VORREDE, Fluges ete. zu geben, wäre ermüdend und doch könnte man schwerlich alle möglichen Fälle voraussehen und allen Zweifeln begegnen, zumal man zuweilen gegen die Natur der Sache zu verfahren gezwungen ist, z. B. mit dem Tartschenschilde, dessen Ausschnitt zum Einlegen des Speeres dann links kommt. Die oben gegebene Regel mit dem Spiegel ist aber eben so einfach als vollgültig, und man darf dabei vor keiner Folgerung zurückschrecken, auch wenn dabei ein Heroldsbild aus seiner Lage kommt und wenn das Schwert einem Ritter in die linke Hand, die Scheide an die rechte Hüfte geráth. Blos für Schriftzeichen ist vielleicht eine Ausnahme erlaubt, wenn sie durch Umkehrung unleserlich werden, also nicht für die alleinstehende Ziffer 4, und selbst bei diesen Figuren wird es noch darauf ankommen, ob es nachweislich Schriftzeichen, und nicht etwa ähnlich geformte Maueranker sind. Die Ausnahme für Buchstaben und Worte wäre im Mittelalter, da man sie nicht verstand, unnöthig gewesen: recht gesetzt enthielten sie für den Beschauer so wenig Sinn als verkehrt! In unserem papiernen Zeitalter wird mancher schwer fassen, dass es einen andern Weg zur Bildung giebt als den gewohnten durch das ABC, und dass die gothischen Meister nicht lesen konnten. Vielleicht besassen gerade deshalb diese Zeichen für sie die Anziehung des Geheimnissvollen und sind so mitunter in sehr alte Wappen gekommen; sonst schliesst Mittheilung durch Bilder eigentlich jene durch Schrift aus und in die Wappen gehört keine Schreiberei. — Was von der Rechts- und Links-stellung einfacher Wappen gesagt wurde, hat natürlich keinen Bezug auf zusammengesetzte mit mehreren Helmen, diese werden vielmehr als in sich geschlossen unbeweglich angesehen. Zwar giebt uns Hefner die beispielbelegte Anweisung, auch ein derartiges Wappen einem Altare zuzuwenden, so dass also alle Helme nach Einer Richtung sehen, allein solches war niemals allgemein üblich. Die neuen Wappen, welche während der letzten hundert Jahre aus Heroldsämtern und Adelskanzleien hervorgegangen sind, haben seit dem Wiederaufleben ächter Heraldik diesen Behörden Beurtheilungen zugezogen, welche das Gegentheil von schmeichelhaft sind. Ist dies schon nicht unverdient geschehen, so wäre es doch zuviel, wenn man die rohe Unwissenheit und Geschmacklosigkeit jedes Emporkömmlings auf ihre Rechnung setzen wollte, denn in der Regel wählt er sich das Wappen selbst, und die Angestellten der Aemter haben keineswegs das Ansehen wie der hochgebietende Wappenkönig Römisch Reich vergangner Zeit, dass ihnen entscheidende Einsprache zukäme. Wenn ein Fortschrittsminister sich die Wappen von Oester­reich, Böhmen und Ungarn in den Rückenschild nimmt, so hilft diesem, vom Gewoge der Parteien auf ihre Schultern geschwungenen Vorgesetzten gegenüber kein Widerspruch. Einem einflussreichen Börsenjuden lassen sich wenigstens noch Verordnungen entgegenhalten, allein diese hindern nur die Anmassung, aber selten die Abgeschmacktheiten, in welchen die Genannten das Unerhörteste leisten. Auch manchen Kriegsgesellen ist es nicht gelungen, von lächerlichen Wappenvermehrungen z. B. von einer zerschossenen Lorgnette als Helmkleinod abzuhalten. Die Wirksamkeit der heraldischen Vereine macht sich auch in dieser Hinsicht vortheilhaft bemerklich, und es kommt die Wahrheit nachgerade zur Geltung, dass wir bei der mittelalterlichen Heraldik bleiben und weder neue Waffen und Geräthschaften aufnehmen, noch den Figuren einen Zuschnitt geben müssen, welcher damals unbekannt war. Handelte es sich blos um die Verherrlichung des eignen Ichs, so würde ja diesem Zwecke jedes Flitterwerk der Mode besser entsprechen als die ungeschlachten Schilde und Helme, welche man ja dann zugleich mit dem erblichen Kriegsdienst, dem gebundenen Grundbesitz, dem Deutschen Recht, der ständischen Vertretung, der christlichen

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