Transsilvania - Beiblatt zum Siebenbürger Boten, 1848 (Jahrgang 9, nr. 42-101)

1848-12-08 / nr. 95

378 den auf constitutionellem Wege sie abzustellen, allein auch den Mängeln gebührt Gehorsam, bis sie gehoben sind, denn sonst bricht sich Jeder seine­r Bahn, wie ihm beliebt und die Anarchie mit ihrem furchts­baren Gefolge bricht wie eine Seuche herein, die Alles mit sich hinwegrafft. Darum vergessen wir in seinem Drange die Schranz­­en der Liebe, deren freundliches Walten allein die Nationen glücklich macht ! Der Magyarismus gegenüber dem Deutschthum. I. 683 gab und gibt leider noch immer einige Deutsche, welche in den Bestrebungen des seit 1825 wieder erwach­­ten Magyarismus eine Hinneigung für Deutschland, für deutsche Sprache und deutsche Sitten erblidhen. Den Einen schien die Begeisterung für den Magyarismus ein Kampf gegen die tedte lateinische Sprache, somit indirekte ein Hebel dieselbe auch in anderen Sphären, wo sie zum Nachtheil des deutschen Idioms sich gel­­tend gemacht hatte, zu beseitigen, und den auf der deut­­schen Zunge hie und da noch drüFenden Alp zu entfernen. Den Anderen galt die nationale Erhebung der Magyaren als ein günstiges Vorzeichen für ein ähnliche in Deutschland, die Kraft des Beispieles war ja bekannt. Wieder Andere endlich und dazu gehörten namentlich alle Liberalen in Oesterreich erkannten gar wohl, daß sich hinter der nationalen Erhebung des Magyarenthums an die politische verschanzte, daß Segtere den gün­­stigen Augenblic bewüßen und die Larve abwerfen , das heißt mit offenem BVisir auftreten werde. Begreiflich da­­her, daß die Liberalen in Oesterreic das kräftige Aufs­treten des magyarisch - nationalen Elementes in Ungarn damals mit günstigem Blicken betrachteten. Leider hatte aber auch das Dunkel, worin das alte System uns über ungarische Verhältnisse zu erhalten suchte, und welches zuerst durch die vielbesprochene „Pia desideria für Ungarn“ für einen größeren Kreis aufge­­hellt wurde, die große Mehrzahl der Oesterreicher theils in Unwissenheit für die Vorgänge in Ungarn gelassen, theils unsere damalige ohnehin “geringe­­ Theilnahme am politischen Leben, so weit es Ungarn betraf , beinahe zum Indifferentis­mus gesteigert. Alles was für Ungarn in legislativer oder admini­­strativer Hinsicht angeordnet, was im ungarischen Reichs­­tage verhandelt und beschlossen wurde , was die wichti­­gen Comitats-Congregationen berieb­en und zur Ausfüh­­rung vorbereiteten, es wurde uns in der damaligen, vom Drume der Censur geknebelten Wiener Tagespresse lange Zeit ganz verschwiegen, späterhin mindestens oft gar sehr entstellt. Die Wiener Zeitung insbesondere durfte uns nur die Eröffnung und den Schluß des ungarischen Reichstages mittheilen, die deutschen Zeitungen in Ungarn , ohnehin spärlich an Zahl, und noch dürftiger an Gehalt, zugleich von der Censur bei weitem mehr als die magyarischen überwacht , waren in Oesterreich beinahe ungelesen 3 die Blätter Deutschlands, namentlich die allgemeine Augsburger Zeitung und die Vierteljah­­resschrift für Ungarn aber beschäftigten sich meist erst in den leäten Jahren etwas mehr mit den ungarischen Angelegenheiten.­­ Kurz — man kann mit gutem Grunde behaupten, Ungarns Neugestaltung seit dem Jahre 1825 interessirte vergleichungsweise Wenige, theils waren selbst diese We­­nigen nicht selten, aus Mangel an Mitteln, außer Stande, sich eine zureichende Belehrung über den wahren Stand der Dinge in Ungarn zu verschaffen, zumal es allbe­­kannt ist, daß die Koryphäen der ultramagyarischen Partei ihre legten Absichten“ lange Zeit hindurch mit Erfolg zu verschleiern suchten. Nur auf diese Weise ist es erklärlich, daß man sich in Oesterreich so viele Jahre hindurch über den En­d­­zweg Kossuth­s und seiner immer zahlreicher wer­­denden Anhänger täuschte , daß man sie namentlich lange Zeit hindurch, zum Theil noch jüngst der Hoff­­nung hinab , der Magyarismus sei eben­so wenig anti­­österreichisch als antideutsch, er sei nur antilatein und antislavisch. Für diejenigen Wenigen hingegen, welche in der ungarischen Geschichte nicht bloß geblättert, sondern ge­ lesen, welche in und unter Ungarn gelebt, und sie mit ihren Schriften seit 10-15 Jahren z. B. den Bro­­schüren Pußtay?8 und Wesselenyi?8 (über die Nationa­­litäten) vertraut gemacht hatten, welche auf die Debat­­ten in und außerhalb den Congregationen gehorcht, und zumal das magyarische Sprachgeleg vom Jahre 1836 , welche die schließlich mit Erfolg gekrönten rast­­losen Bemühungen der Magyarenhäupter wegen der Abtrennung Fiume*s und seines Litorales vom bis dahin österreichischen Küstenlande, welche ihre Bestrebun­­gen die Union Siebenbürgens mit Ungarn zu bewerk­­stelligen, und zugleich die tiefgewurzelte, nicht selten in /

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