Transsilvania - Beiblatt zum Siebenbürger Boten, 1848 (Jahrgang 9, nr. 42-101)

1848-12-08 / nr. 95

Neunter “= von een SSS SSID TRANSSILVANI. Beiblatt zum PASCRAMNENE- Boten. Meinungsverschiedenheiten, und uns entweder selbe aneignen, oder den Anderen mit Muth die Gründe entwickeln, aus denen wir glauben sie irrten. Diese Achtung vor der Meinung Anderer wird daher nothwendig die Menge der Meinungsver­­schiedenheiten verkleinern, weil sie, wie wir sahen, ein näheres Erforschen der Gründe und somit eine Vereinigung in den Meinungen herbeiführt, das Gebiet der Wahrheit erweitert , somit die theoretische Einheit befördert, wenn aus dieses Ideal nie erreichbar ist! Diese Achtung wird aber auch von selbst den Leiden­­schaften Halt machen und alle die Ungerechtigkeiten­­ abwehren, welche in deren Gefolge sind. Außer der Achtung vor der Meinung Anderer fließt aber­­ aus dem Lesene der Liebe weiter, daß wir die Verdächtigung der Meinungen Anderer unterlassen, nehmen wir die Ansicht des Anderen als­ Ueberzeugung hin, vermuthen wir unter ihr keine böse Absicht, nehmen wir vielmehr für gewiß an, daß der lezte Zwe eken derselbe sei, welchen wir selbst im reinen Bewußtsein anstreben, daß ss nur über die Wahl der Mittel die Ansicht spaltet , so werden wir von selbst gegen abweichende Meinungen nachsichtiger sein, die eher prüfen, ihnen mit forschendem­­ Blicke fol­­gen und dadurch­ der Wahrheit näher kommen , ohne die­sein Gedeihen im Staate. Als wirksames Mittel müssen wir überdies noch die Achtung vor dem positiven Geseße bezeichnen, als dem obersten Richter, dem sich die Meinungsverschiedenheiten zu fügen haben. Das positive Geses ist eben zu allen Zeiten das­­ von der Nothwendigkeit gebotene Mittel gewesen dem anarchi­schen Zustande zuvorzukommen, in welchen die Meinung­s­verschiedenheiten mit dem feurigen Drange jedes"Theiles, seine Ansichten zu verwirklichen, so leicht stürzen kön­­nen ; darum sei uns das positive Seien stets ehrwür­­dig und heilig; nur unter "dessen Fittigen grünt wahre Freiheit, wahrer Fortschritt, wah­­res Heil des Baterlandes! Erblicken wir Mtan­­sondern sie sorgfältig prüfen, ihre Gründe untersuchen gel in denselben, so rechtfertigt dies höchstens das­­ Stre- ) Der Drang seinen Gedanken Körper zu geben, ist der Born alles Großen, Wahren und Schönen, das wir je aus der Menschheit Schooß hervorkommen sahen. Wenn aber dieser Drang, seine Ueberzeu­­gungen zu­ verwirflichen nicht von der Vers­nunft gehütet wird, so führt er zu den traurigsten Z­ärlichkeiten, er wirft Haß und Zwietracht in Fami­­lienfreife, zerreißt die festesten Bande der Freundschaft, „bildet Parteiungen im Staate, entzündet blutige Kämpfe der Einzelnen und schwingt endlich die Fahne zum ver­­heerendesten Bürgerkriege. Die Wahrheit­ dieser Behaup­­tung finden, wir überall in unserer Gegenwart bestätigt. So wll­ auch unser in politischen Meinungen zerklüftetes Vaterland seinen Vertilgungskrieg nicht­ fortz­iegen, nicht ganz zu Grunde gehen, so muß man die Mittel öffentlich besprechen, welche bei allen M­einungs­­verschiedenheiten , die ja­ nie aus der Menschheit ver­­schwinden können, den Frieden wieder einkehren machen. Diese Mittel lassen sich einfach in den Sag zusammen­­drängen: „bewahren wir bei aller Seftigkeit, mit der wir an unsern Meinungen hängen, die ewig frische Liebe,’ von welcher der große Kirchenfürst sagt? „hätte ich allen Glauben und alle Wissenschaft, aber die Liebe nicht, so wäre ich nichts! Die Ueberzeugung hat ihr Gebiet, sie steht unter dem Geseße der Wahrheit , tritt sie zur Grenze des Handelns, dann hört ihr Gebiet auf, es beginnt das des Gesetzes der Liebe, welches für uns das höchste ist. Folgen wir —­­wenn auch unseren Ueber­­zeugungen getreu bleibend! — dieser Himmelstochter, so werden wir vor Allem die Achtung vor der Meinung Anderer bewahren, wir werden die leßtere als die gleiche Geburt eines gottentsprossenen Geistes, wie der eigne ist, betrachten , sie nicht schnöde von uns werfen , uns nicht herrisch darüber erheben,

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