Ungarische Revue 14. (Budapest, 1894)
1894 / 1-2. heft - Jókai's Leben
126 JÓKAl’s LEBEN. Regeirung sich nach Debreczin zurückzog, folgte ihm auch Jókai dahin und sschlos sich nach klarer Erkenntnis der Haltlosigkeit des damaligen Zustandes, der radikalen Partei an, indem er der Dethronisirung der Dynastie zustimmte und die Republik vertheidigte; so theilte er alle erhebenden und bitter enttäuschenden Erfahrungen dieser Tage, musste nach der Katastrophe bei Világos sein Leben landesflüchtig fristen, seine literarischen Schaffungen unter dem Pseudonym Sajó publiciren und ward so auf den historischen Roman gebracht, womit die große Epoche seiner dichterischen Thätigkeit beginnt. «Siebenbürgens Glanzzeit» sowie die «Türkenzeit in Ungarn» waren aber bald von seinen großen sozialen und zeitgeschichtlichen Romanen «Ein ungarischer Nabob» und «Zoltán Kárpáthy» (1853—54) überholt, welche nicht nur die hohe künstlerische Bedeutung, sondern auch die nationale Wirkung des genialen Mannes in überzeugendster Weise documentieren. Nun entwickelt Jókai eine staunenswerte Productivität; abwechselnd an verschiedenen Zeitschriften betheiligt, wird er die Hauptstütze der seither zu so großer Beliebtheit gelangten illustrirten Wochenschrift «Vasárnapi Újság», deren selbstständige Leitung ihm im Jahre 1854 aus politischen Rücksichten noch nicht übertragen werden konnte; er schafft die ergötzliche Gestalt des Theaterrecensenten Kakas Márton, dessen geistsprühende Kritiken er von 1856 bis 1863 besorgt; veröffentlicht in kaum 10 Jahren 60 Bände Romane und Novellen und ruft eine humoristische Zeitung ins Leben, aus welcher im Jahre 1858 der «Üstökös» die erste illustrirte, satirische Wochenschrift hervorgegangen ist. Der humoristischen und satirischen Ader Jókai’s gebührt eine besondere Würdigung und was er damals theils dem Volkshumor abgelauscht, theils aber (1859) der politischen Lage abgewonnen hat — den zeichnenden Humor nicht zu vergessen — das alles wird dem ungarischen Geistesleben unveräußerlich bleiben. Doch führte ihn die Wandlung der politischen Dinge, besonders der klägliche Misserfolg der «Gesammt-Monarchie» wieder zur ernsten Politik zurück; er zeigte sich als vorzüglicher Parlamentarier, dem aber bei allem Ernste eine mit fröhlicher Bonhommie gepaarte übermüthige Spottlust höchst wirksam zur Verfügung stand. Unter diesem Zeichen rief er das politische Tageblatt «Hon» ins Leben, mit welchem er die Prinzipien Koloman Tißa’s und seiner Freunde vertrat. Trotzdem er im Jahre 1867 die berechtigten Forderungen der ungarischen Nation nicht genügend gesichert sah und zu jenen gehörte, welche dem Schöpfer des damaligen Ausgleiches Franz Deák heftige Opposition machten, nahm er doch später eine versöhnlichere Haltung ein und acceptierte schließlich vollkommen die von Deák geschaffene Basis. Im Jahre 1882 gieng der «Hon» im Vereine mit Csernatoni’s «Ellenőr» in den der