Siebenbürger Bote, Juli-Dezember 1851 (Jahrgang 61, nr. 104-207)

1851-07-02 / nr. 104

495 Hermannstadt. Als im ersten Viertel dieses Jahres die Idee, das man die Völkerschaften in Siebenbürgen zum Zweck einer bequeme­­ren Administration ununterschieden in­einander schieben solle, mehr in den Vordergrund trat, und mehrere und höchst einflußreiche Vertreter fand, da Herrschte im Mittel der sächsischen Nation große Bestürzung. E83 handelte sich für dieselbe um einen sehr schmerzlichen Verlust, und um eine höchst unliebsame Acquisition. Bittung mit Sächsisch-Regen — damit an 40.000 ferndeutsche Bürger sollten vom Sachssenlande abges­töst, an den Retteger Distrikt abgegeben. — Hogarash mit beinahe 80.000 Romanen sollte unserem Ländchen einverleibt werden. Durch eine solche Maßnahme wäre das Schidsal der künfzigen Vertretung im Sachenlande besiegelt gewesen. — Eine große Bestürzung wie gesagt, herrschte in der Nation; allein sie legte die Hände nur mäßig in den Schooß; sie verstärkte die damals in der Residenz unterhaltene Natio­­nal-Deputation, und aus den bedrohten Punkten langten Vorstellungen und Gesuche bei den betreffenden Behörden an. Das Bittrnger Stadt und Distrikts-Publikum namentlich fhichte unter dem 29. April d. J., Zahl 1598/1851 ein kräftiges Gesuch an das hohe Ministerium des Annern ab. Aber auch Sächsisch-Regen — nach Jahrhundert langen Ringen kaum erst mit den stammverwandten Brüdern wieder vereinigt, — fühlte den drohenden Schlag um so empfindlicher nahen, und wandte sich durch seinen Stadt und Bezirks-Magistrat mit nachstehendem Ges­­uche an Seine Hoc­hwohlgeboren, den Grafen der Sächsischen Nation: „Als nach der gerechten Niederlage der magyarischen Insurgenten durch Oesterreich, mächtigen Doppelaar, Sächsisch-Regen mit den betreffenden Bezirksortschaften mittelst hohem FE. Gouvernementd- Erlaß vom 19. September 1849, Zahl 805 dem stammverwands­­ten sächsischen Boden einverleibt ward, — Fannten wir fein hös­heres Glüc, als eben diese Verschmelzung mit den seit Jahrhun­­derten getrennt gewesenen Brüdern im Süden dieses Fronlandes, und dies hohe, nach fast ein Jahrhundert Hindurch zur Wahrung unserer volksthümlichen Rechte geführten fruchtlosen Kämpfen, uns erwachsene Glüc fihren, wenn nicht auf ewige Zeit, — denn welches Volk kann sich Dieses Glüdes rühmen! — doch wenig­­stend auf Jahrhunderte Hinaus Wurzel gefaßt, unsere politische Existenz gesichert zu haben, und jedes deutiche Herz feierte im rg unendlicher Freude dies, überaus Föstliche Geschens des b­ald. — Höchst entmuthigend und niederschlagend aber trifft die gehors­­amst Gefertigten die Nachricht, daß bei der definitiven Landesein­­theilung den Sächsisch- Regener Bezirk dem Retteger Distrift eins zu verleihen bestimmt sei. — Der Todesstreich trifft immer die empfindsamste Stelle des Lebens, — die in Frage stehende Trennung ist eine Lebendfrage für die Deutschen dieses Bezirks, — fan Diese nicht gelöst wer­­den, so müßen wir wieder Durch ein unseliges, eisernes Schicsal, wie seit Jahrhunderten verdammt, unter einem überwiegenden, an Sprache und Gesittung heterogenen Volksstamm versümmern und dann vielleicht dem sehredlichsten Gefchte endlicher Degenerirung unterliegen. Die in allen Zeiten beurkundete Treue und Anhänglichkeit an den deutschen Kaiserthron, — hauptsächlic die mit unserm erzblut unterschriebene und mit dem Berlust unserer sämmtlichen abe erfaufte Treue und Anhänglichkeit an die Geschiche des Allerhöchsten Kaiserhauses ermuthigen den gefertigten Magistrat die gehorsamste Bitte zu stellen: Der Hochwohlgeboren geruhe mit Hinblick auf die vielen zur Wahrung seines Wolfstfums geführten gerechten Kämpfe Sädh­­sisch-Regens vor den Märztagen, aber auch in nationalem Inte­resse auf Grundlage des Umstandes, daß die Sächsische Nation bei der Verschmelung des Sächsisch-Regener Bezirkes mit dem Retteger Distrikt über Zwölftausend deutscher Einwohner verlustig würde, bei den betreffenden hohen Behörden zu erwirken, daß der Sächsisch-Regener Bezirk im natürlichen­­ Verbande mit der ihm stammverwandten Sächsischen Nation­al für die Zukunft vers bleiben könne. Sächsisch-N­egen, den 16. Mai 1851. Der Sächsisch-Regener Stadt- und Bezirks-Magistrat. (Folgen die Unterschriften.) Aus dem Datum dieses Gesuches erhellt, daß des Kaiserd aller­höchste Majestät, auf den weisen Antrag des hohen Ministerrathes be­­reits vier Tage früher die Lebensfrage der Sächsischen Nation günstig entschieden hatte. Der Bittrnger Distrikt mit dem Sächsisch- Regener Bezirk bleibt bei dem Sachsenlande! — Dies ein­­zige Factum genügt, um jene Kleingläubigen zu widerlegen, welche da­s fürchten, man habe die Sächsische Nation fallen gelassen. Inzwischen dringt eine abentheuerliche Mähre aus dem Norden des Sachsenlandes zu uns. Fünf und siebenzig Patrioten aus Bittung wünschen in Retten aufzugeben! Fünf und siebzig Patrioten Haben aus­­saleulirt, daß Hohe Hauszinse besser sind, denn brüderliche Gemeinschaft mit den Nationsgenossen, welche Jahrhunderte geheiligt haben! Fünf und siebenzig P­atrioten haben eine Petition fabrizirt, zu Gunsten des Anschlusses von Biftung an den Retteger Distrikt, wo doch der Belage­­rungszustand das P­etitionsrecht der ununterschiedenen Menge aufhebt. Fünf und siebzig Menschlein agitiren gegen eine P Verordnung des ho­­hen Ministeriums, welche zweimal hundert­fünfzig­tausend erprobt, Staatsbürger mit Heißem Dante willkommen geheigen haben! — E., es! würden die pl. t. Herren Agitatoren nicht besser thun, für ihre Per­sonen nach Retten überzusiedeln, statt — was ihnen sehwerlich gelingen wird — an die vierzigtausend Menschen da­hinüber ziehen zu wollen?! Aber freilich! dann wäre ihnen die Bahn abgeschnitten zum Tempel des berostratischen Ruhmes, wohin wir ihnen glückliche Reife wünschen! Mit wahrhafter Anerkennung aber werfen wir unsere Blide auf die fernhafte Bevölkerung des Diftriger Diftrifts. Nicht auf dem Wege der Ngitation, sondern offen vor den Augen der Welt, durch ihre vers­taffungsmäßigen, geieglichen Organe, den Magistrat und die Stadt — und die Diftrift3-Kommunität von Biftrig hat sie das frevelhafte Bes­­innen jener fünfundsiebzig in ihren Gesuchen an das hohe Ministe­­rium des Innern, an den durchlauchtigen Fürst Gouverneur und an die sächsische Nations-Universität dedavouirt, und gegen dasselbe feier­lichste Verwahrung eingelegt. Zum Beiweise, wie der sächsische Native­nalgeist noch unversümmert webt im Volke; zum Beweise, wie schnell sich Seine Durchlaucht, der fürstliche Gouverneur des Landes, das ehr­­erbietige Vertrauen der Bevölkerung erworben hat, theilen wir die Zus­­chrift der Bisteiger verfassungsmäßigen Vertretung an Seine Durche laucht hier mit: Durchlauchtigster Herr! Die ehrerbietigst­­e Communität, als verfassungsmäßige Bere­treterin von 24.000 österreichischen, auferbauenden, deutschen Staats­­bürgern bat im Vereine mit den Bistrnger Gemeinde-Verordneten unterm 29. April d. h. dem Hohen Ministerium des Innern Die ehrfurchtsvollste Bitte, um Belasfung des früheren Bittrnger Die strift, wie bisher seit Jahrhunderten im organischen DBerbande mit dem Sachsenlande unterbreitet. Ob diese Bitte, bei der durch das Landesstatut () für Siebenbürgen vollzogenen politischen Eine theilung Dieses SKronlandes auch einen Factor abgegeben habe, weiß Diese Communität nicht, se: jedoch, daß die Gründe, mit welchen sie­ ihre diesfälligen Wünsche unterfragt hat, nicht von Selbstsucht Dietirt, sondern der Idee entnommen waren, die Stärke eines einigen Defterreich8­au in unseren Marken zu fördern. Was immer aber den hohen Meinisterrath bestimmt haben mag, den von uns bewohnten reinstdeutschen Theil des Sachsen«­landes gemäß unserem MWunsche nicht zu trennen, — uns hat dieses zu großer Beruhigung gedient und wir zollen dafür nie verm­eeren und Kaiser, wie seinem Ministerrath den tiefgefühltes­­ten Danf. Nun hat aber diese Communität mit Schmerzgefühl in Erfahe­rung bringen müssen, daß in der Stadt Bittung erst Jurg vor der Ankunft Euer Durchlaucht, was auf fremde Einflüße schließen laßt, sich eine Partei gebildet Habe, deren vier oder fünf Führer zu jenen gehören, die in dem bösen Jahre 1848 die erklärtesten Widersacher und Berunglimpfer der deutschen österreichischen Re­­gierung und die fanatisirten Lobhudler und Schildträger der ver­­rec­erischen Partei Kossuth waren, und sich zur Aufgabe mache­ten, das Volk zu beirren,­­ welche im Gegenzug zu den Wün­­­­chen der großen besseren Mehrzahl und dem Kerne der Bevölke­­rung die Lodtrennung des hiesigen Distrikts vom Sachsenlande anstrebt, in diesem Sinne unter falschen Vorspiegelungen auf un­­erlaubte Art Unterschriften gesammelt und Euer Durchlaucht am 9. d. M. in der Mitternachtsstunde, weil ihr Beginnen des Ta­­ges Helle scheut, eingereicht Habe. Durchlauchtiger Sen! Dieser verbrecherischen Agitation, wel­che in Sammlung von Unterschriften obseurer Menschen noch fortdauert, im Wolfe aber Feine Wurzel fassen kann, mögen wir nicht entgegenlegen, daß wir, ein Ast des Baumes, der vor sie­ben Jahrhunderten aus dem großen deutschen Winterlande in die Wildnipe Siebenbürgen verpflanzt, seit dem nie geblüht hat, ohne der stammverwandten Regierung des erlauchten Hauses Habsburg Früchte getragen zu haben, — wenn davon getrennt, zum Nachtheil für den Stamm unrettbar verdorren müßte; — nicht entgegenlegen, daß dadurch unsere Kirche und unsere Schus­den dringender Gefahr ausgefegt würden; — auch nicht zerglies dern alle jene Gründe, welche bei der Hohen Staatsregierung für die Untrennbarkeit dieses Theiles vom Sachsenlande maßge­­bend gewesen sein mögen; wir verschmähen ferner diesen Umtrie­­ben Tausende von Unterschriften für die Maßnahme der hohen *) Das Landesstatut seht noch zu erwarten, die bis­her erschienenen Verordnungen der Ministerien des Sinnern und der Suffiz vom 12. Mai d. SG. beziehen fi bloß auf die Organisation der politischen Verwaltung und auf die Gerichts-Eint­eilung des Landes, U. d.

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