Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1892. Oktober (Jahrgang 19, nr. 5718-5743)

1892-10-26 / nr. 5739

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Wachsmann, Sächsisch-Regen Carl Fronius, Mühlbach Josef Wagner, Kaufmann, Broos Paul Batzoni, Zehrer, Wien Otto Maas (Haasenstein & Vogler), Rudolf Mosse, A. Opelik, M. Dukes, Heinrich Schalek, J. Dannen­­berg, Budapest A. V. Goldberger, B. Eckstein, Frankfurt a. M. G. L. Daube & Co., Hamburg Adolf Steiner, Karoly­­n Liebmann. Infertionspreis: Der Naum einer einspaltigen Garmondgeile Xoftet beim einmaligen Einraden 7 fr., das zimeite­­­mal je 6 fr., das drittemal je 5 fr. ö. W. ex­­­clusive der Stempelgebühr von je 30 Er. 1892. Die neueste Militär-Affaire.­­ ­ Budapest, 21. Oktober. Die Sigung wurde vom Präsidenten Baron Banffy kurz nach 10 Uhr vormittags eröffnet. Er hatte bloß das Einfangen dreier Petitionen anzu­­melden, worauf das Haus die Debatte über die Einladung zur Enthüllung des Honveddenkinales fortlebte. Der erste Redner, Zosef Bogranyi, wies auf das Programm des Ministerpräsidenten hin, welches derselbe bei seinem Amtsantritte entwickelte. Senes Programm habe Reformen versprochen, die seitherige Amtsführung des Ministerpräsidenten aber beweise, daß er nach allen Richtungen nur zerstöre. Seit wolle er das Selbstgefühl und das staatliche Bewußtsein der Magyaren zerstören. Er wolle mit aller Gewalt ebenfalls eine Verfühnung zu­­stande bringen! Redner rät ihm daher, sich mit dem Ch­olerabazillus zu versöhnen. Hengi habe charakterlos gehandelt, künne somit nie verherrlicht werden; dem­­­gemäß stimmte Redner für den von Eötvds eingebrachten Antrag. (Beifall der äußersten Linken.) Georg Hedenast sagte vom Standpunkte seiner Partei genossen, daß die Honvedfeier mit der Bekränzung des Henti-Monumentes unvereinbar sei. Das neueste P­rojekt des Ministerpräsidenten sei so ungeheuerlich, daß selbst die liberale Partei es nicht verwinden könne. Hoffentlich werde man bald nur noch von der in Gott entschlafenen Liberalen Partei zu sprechen brauchen. Das Hengi-Monument dürfe nicht begränzt, sondern müsse entfernt werden. Seen, welche die Nation und die politische Moral infizieren, scheinen sich beim Mi­­­nisterpräsidenten zu einer wahren Seuche entwickelt zu haben, sonderbareriweise en­­g zu seiner Desinfizierung noch nichts geschehen. (Heiterkeit der äußersten infen. Graf Gabriel Karolyi: Ihiden. Man muß ihn zur Cholera-Kommission Präsident: Ich rufe den Abgeordneten Gabriel Karolyi zur Ordnung ! (Beifall recht?.) Georg Hedenast schloß mit der Erklärung, das Bekränzungsprojekt befinde das Verfinden in den Sumpf des Hafchens nach österreichischen Gnaden, daher künne Redner nur für den von Eötvös gestellten Antrag stimmen. (Beifall der äußerten Linken.) Gedeon Rohonczy: Geehrtes Haus! Der Abgeordnete Karl Edtog beschwert sich, daß seine Partei von der­­­ Presse der Regierungspartei starr an­­­gegriffen werde, was die P­arteileidenschaft entflamme. Welchen Angriffen von feite der Opposition und ihren Blättern sind erst wir ausgefeßt! Schloß doch jüngst ein vom Abgeordneten Hentaller verfaßter Artikel im "Egyetertes" mit den Worten: „Kein Magyar, er sei denn ein Ehrloser und Verräter, kann auf das Grab des österreichischen Söldlings einen Kranz niederlegen.” Und fast alle Redner der Opposition werfen uns zu Beginn ihrer Reden Gottes­­­lästerung, zum Schluß derselben aber Vaterlandsverrat vor. Dies beweist, daß bei und die Achtung der gegenseitigen Meinungen noch nicht genügend Wurzel geschlagen hat. Und daß selbst abweichende Anschauungen und Standpunkte doch auf beiden Seiten im besten Glauben für die richtigen gehalten werden, sei aus den Aeußerungen des Abgeordneten Fornfek im „Eghetertes“ und des Abgeordneten Bodmaniczey Hier im Hause ersichtlich. Sie haben beide mit Ehren den Freiheitskampf bis zu Ende mitgekämpft, jei aber sind sie ent­­­gegengefegter Ansicht. Hieraus ergiebt si, daß weder Sie noch wir berechtigt sind, ihren Standpunkt zu verdanken. Die gute Intention des Denkmalkomitees wurde denn auch von drüben nicht in Zweifel gezogen, nur der Abgeordnete Bilontai riskierte die Bemerkung, es sei der Zweck der Bekränzung, daß daß durch Hengi von der Nation verherrlicht werde. (Rufe von der äußersten Linken: „Sit denn nicht das der Zmed?“) Darauf kann ich nur antworten, daß in Ungarn selbst durch Gewalt sein Mensch dazu zu bewegen wäre, den Kranz zu diesem Bimece niederzufegen. (Lebhafter Beifall der Opposition.) Der Redner bespricht die Arader Feier, welcher er persönlich heimwohnte ; sie sei entgegen den gehegten Besorgnissen ruhig verlaufen und nicht zu­­m­arteizwecken aus­­­genüßt worden; dorther sei vielleicht die­­dee der feit vorgeschlagenen Bek­­­ränzung entsprungen. (Heiterkeit der Opposition.) Im weiteren Verlaufe seiner Rede mißbilligte Rohonczy, daß das Einladungsschreiben des Denkmalkomitees und das Programm selbst so verschwommen verfaßt sei. Weder der Ort, imo die Feier stattfinden werde, noch die Ursache, warum zwei Kränze niedergelegt werden sollen, sei darin angegeben. Durch die Angriffe der Opposition ziehe sie wie ein roter Faden der Haß gegen Henki, und dag sei das auf dem St. Georgsplag stehende Monument nicht zur Verherrlichung Hengis, den der Redner nicht verteidigen wolle, sondern zur Ehrung jener 420 Soldaten eis­­richtet worden, die bei der tapferen Verteidigung Ofens gefallen sind. Sulius Horvath: Man lasse es grundbücherlich auf den Namen Hengis umschreiben. (Lebhafte Heiterkeit der Opposition.) Rohonczy: Daß die auf dem St. Georgsplaß stehende Denksäule ge­­­wöhnlich das Hengi-Monument genannt wurde . . . Buy Kohann Hoc: War eine bescheidene Wegtaufung. (Heiterkeit Iinfs.) Rohonczy: Man kann über alles wigeln, aber die Sache ist viel ernster, als daß man darüber öffentlich scherze. (Bestimmung recht.) Woher stammt die Benennung „Hengi-Monument“ . Dasselbe wurde nach dem Frei­­­heitskampfe errichtet, als die Nation, obwohl wir bei der Erstürmung Diens siegreich waren, thatsächlich doch besiegt war. Natürlich erblickte die Nation im Monumente nicht ein Zeichen der Pietät für die Gefallenen, sondern eine Herausforderung des Siegers. Aber jegt, wo wir unsere Berfaffung und Freiheit errungen haben, stehen wir am Sieger da und an der Schwelle eines erhebenden Astes. Indem das Denkmal, das wir unseren gefallenen tapferen Honveds errichten, im Namen und Auftrage des von uns allen geliebten und verehrten Konstitutionellen Königs von Seite des gemeinsamen Heeres anerkannt, geehrt und begränzt wird (Lärm auf der äußersten Linken ; eine Stimme: „Es wird ihm anbefohlen! “3 geschieht nicht spontan !“), ist dies jedenfalls eine so hehre That, welche die Nation nicht unerwidert lassen kann (Bestimmung rechts; Lärm und Bewegung auf der äußersten Linken); besonders nicht dem gegena­­bwärtigen Herrscher gegenüber, der zugleich der Kriegsherr der bei der Ein­­­nahme von Ofen besiegten Truppen war. Von dem Momente an, in welchem die Hülfe vom Honveddenkmal fällt, welches auch im Namen des obersten Kriegsherrn anerkannt, geehrt und begränzt wird, muß nicht nur das Gefühl der Ritterlichkeit, muß auch die edelste angeborene Eigenschaft und Jugend der magyarischen Nation, daß sie in patriotischen Fragen im Notfalle nur die Aufe Opferung, nach dem Siege nur Großmut rennt, zur Geltung gelangen. Dieses Gefühl der Großmut muß nun maßgebend sein, dieses Gefühl schreibt ung vor, das Monument auf dem St. Georgsplag nicht mehr Hengi-Monument zu nennen, sondern es als Denkmal der Gefallenen zu betrachten, welches ‚von unseren alten Honved‘ als Erwiderung ruhig begränzt werden kann. Dieser Art wird seine Schande, feine Gotteglästerung, sein Vaterlandsverrat sein. Unsere heldenmütigen Honveds werden sie durch die aus politischen Motiven entspringende Auffassung der Opposition nicht irre machen lassen, sondern das Denkmal der gefallenen ehemaligen Gegner begränzen. (Rufe von der äußersten Linken: Umstürzen werden sie e3!) Dies ist meine Meberzeugung und auch ich werde dort sein. (Lebhafter Beifall recht.) Sukias Gullner: Geehrtes Haus! Der geehrte Vorredner ist in einem Irrtum befangen, wenn er glaubt, daß unsere Haltung in der abschwebenden Frage ein Ausflug unserer politischen P­arteistellung ist. (Zestimmung der Unsere Haltung fließt einfach daraus, daß wir Sinn für das Selbstgefühl der Nation haben (Lebhafte Zustimmung der Opposition), daß wir den nationalen Scha zu würdigen wissen, den wir im Rahme un­serer Vergangenheit besigen (Lebhafter Beifall der Opposition), und daß wir diesen Scha& weder der Hyperloyalität noch dem Höflingstreiben zum‘ Opfer bringen werden. (Stürmischer Beifall der Opposition.) Nach dieser Einleitung führte der Redner aus, daß er den ersten Teil des Festprogrammes billige, daß die im Namen der Armee vorzunehmende Bekränzung des Honveddenkmals schon darum am Plabe sei, weil die Arm­ee einen Bestandteil des Staatsorganismus bilde. Aber um nach der Enthüllung des Honveddenkmals zum Henki-Monu­­­mente zu gelangen, müßte man das Faudinische Joch passtieren (Zustimmung der äußersten Linken), die Nation habe jedoch durchaus seinen Grund, eine Buß­­­fahrt durchzumachen. Bei dem Denkmal auf dem St. Georgsplag würde entweder Hengt oder der Absolutismus begränzt werden: „Wenn Sie die Bekränzung jenes Monumentes als eine Heldenthat betrachten, rief der Redner zur Rechten hinüber, so sagen Sie doch, wem dadurch im Namen der Nation Anerkennung gezollt werden sol, damit die Nation in der Stunde der Abrechnung, die jeden­­­fall kommen­­­ wird, wisse, wer oder was dort begränzt wurde.“ » Graf Gabriel Karolyi: Dann werde auch ich dort sein! (Heiterkeit der äußersten Linken.) Sullner fährt fort, die Nation erbliche im Henti-Monument nur den Ausbruch der Welterhebung der ehemaligen Sieger; die Nation kann dieses Monument in das Sanktuarium ihrer Pietät nie aufnehmen. (Lebhafter Beifall und Elsenrufe der Opposition; Rufe, Pulver darunter oder Dynamit!) Wenn man die Nation darüber abstimmen ließe, was geschehen solle, um die alten, bösen Erinnerungen aus der Welt zu schaffen, wirde die Antwort vielleicht einstimmig lauten: Entfernet das Hengi-Monument! (Lebhafter Beifall Links.) Deshalb war die Idee, dieses Monument noch zu begränzen, eine schredliche Verirrung eines gestörten Hirnes. (Stürmischer Beifall der Opposition.) Wenn der Ministerpräsident die Verführung wolle, warum sei er da von der Arader Feier ferngeblieben, warum wurde da Klapa, der doch bei der Kapitulation von Komorn als kriegführende Partei anerkannt worden war, ohne militärische Ehren begraben? Der Ministerpräsident konnte über die öffentliche Meinung orientiert sein; deshalb hätte er die vermittelnden Anträge der Opposition annehmen und die Nation vor einer Kompromittierung bewahren sollen. Wenn er nun doch starrsinnig auf der Bekränzung des Henki-Monumentes bestehe, möge er die Verantwortung tragen. Er fäete Wind, daher werde er Sturm ernten. Die projektierte Eier werde nicht ein Fet der Pietät, sondern ein ungeheurer Skandal sein. Gehen Sie immerhin zum Henri-Monument und lehren Sie die heranwachsende Generation, daß es gleichwertig sei, für das Vaterland zu sterben oder es zu verraten, ich gehe nicht mit Ihnen. (Lange anhaltender stürmischer Beifall und Applaus der Opposition.) Nach Gullner sprachen noch vier Redner, Albert Kovacs beleuchtete die staatsmännische Ungeschicklichkeit des Ministerpräsidenten, der alles, was er anfasse, verderbe. Was die Ehrung gegnerischer hervorragender Männer betreffe, so sei dieselbe nur dann möglich, wenn beide Parteien vom Patriotismus geleitet waren und nach ihrer Auffassung das Beste des Vaterlandes anstrebten. Deshalb künnten in einem ungarischen Bantheon Georg Rakoczi und Valatin Esterhazy ganz gut neben­­einander Plaß finden, deshalb können selbst die Protestanten die Größe und den Patriotismus Peter Bazmans anerkennen, aber die Ehrung eines Caraffa, eines Bafta, eines Hengi jet ausgeschlossen. Wenn der Ministerpräsident den vermittelnden Antrag Apponyis nicht annehme, müßte Redner für den Antrag Edtoög stimmen. (Lebhafter Beifall der Opposition.) Nachdem dann noch Franz Sima, Georg Sturmann und Graf Gabriel Karolyi, welcher unter anderem dem Baron Podmaniczky gegenüber betonte, daß auch er in der Zudergasse geboren er, für den Antrag Edtvds gesprochen hatten, wurde die Sigung um 2 Uhr geschlossen. — (Fortlegung in der Beilage).­­­ DOpposition.) : Heuffleton, Unter der Königstanne. Preisgefrönter Roman von Maria Theresia May. (44. Fortlegung.) Die Blinde niete Leicht und fuhr tief aufatmend in ihrer Erzählung fort: „Nach ungefähr 3 Monaten also, die ich im Hause des Fabrikanten äußerlich ganz angenehm verlebt hatte, bemerkte ich eines Tages bei Zirche, daß ein Geded mehr als sonst und gerade mir gegenüber, aufgelegt war. „Mein neuer Geschäftsführer wird mit ung speisen,“ sagte der Hausherr zu mir. „Nehmen Sie sich in acht, sich nicht in ihn zu verlieben," fügte er scherzend hinzu, „unser Hausgenosse ist ein sehr schöner Mann.“ Ich lächelte gez­wungen, folge Scherze waren nicht mehr nach meinem Geschmack. An demselben Augenblick trat der Erwartete ein, und­­­ sein Wort vermag meine tötliche Bestürzung zu schildern, ich sah meinen Beiführer mir gegenüber. Ich raffte mühsam meine ganze Selbstbeherrschung zusammen, um meine Bewegung zu verbergen. Er jedoch plauderte und lachte nach der ersten rasch vorüber­­­gegangen, Betroffenheit völlig ungezwungen und erwähnte mit der größten Un­­­befangenheit, daß er mich Schon Fenne. „So sehr ich bereits angefangen hatte, den Mann zu verachten, der herz» und gewissenlos das Mädchen, das er unglüclich gemacht, seinem Schicsal überließ, so sehr dankte ich troßdem dem Bufall, der mir den Elenden wieder zugeführt hatte. Meine Lage wurde ja von Tag zu Tag verzweifelte, ich sah unerbittlich den Wagenblick herankommen, wo ich aus dem Hause des Sabrilanten freiwillig fortgehen mußte, wollte ich nicht schmachvoll hinaus­­­gewiesen werden. Und meine Mutter, twie gern hätte ich meiner Mutter den Schmerz erspart, in ihrer Tochter eine Gefallene zu sehen !" Yella japte erschüttert nach der Hand Magdalenens: „Ich bitte Sie, sprechen. Sie nicht weiter“, bat sie mit bebender Stimme. „Sie quälen si furchtbar und ich — ich weiß ja genug!” „Lassen Sie mich, gnädiges Fräulein“, entgegnete die Blinde traurig, „ich bin bald zu Ende, und ich werde Ihnen danken, wenn Sie mich vollends freundlich anhören. — Ich befand mich in der furchtbarsten Aufregung“, legte Magdalena ihre Erzählung­ fort, „in einer Aufregung, die sie umso mehr steigerte, je deutlicher ich erkannte, daß der neue Geschäftsführer sichtlich be­­­müht war, unsere Bekanntschaft als die oberflächlichste von der Welt darzu­­­stellen. Ich versuchte, ihn an seine Verpflichtungen, an seine Schwüre und Beteuerungen zu erinnern, er war umsonft, er hielt mir nit Stand und entschlüpfte stets auf die geschichterte Weise. Ich Schrieb ihm endlich und erhielt die Höfliche Antwort, daß er si durchaus nicht erklären künne, was ich meine, ja er fügte noch eine abscheuliche Siivosität hinzu. Dieser leicht­­­fertige Hohn brachte mich außer mir. Ach beobachtete ihn nun auf Schritt und Tritt, um ihm bei erster Gelegenheit seine ganze Schlechtigkeit ins Gesicht zu schleudern. „Eines Mittags, als die Arbeiter bereits die Fabris verlassen hatten, begab ich mich in die Fabrissräume, um ihn hier aufzusuchen. Ich fand ihn nicht und gelangte bis in den Heizraum, den der Vorschrift entgegen auch der Heizer, wohl nur für einen Moment, verlassen hatte. Da stand er, wen ich suchte, neben dem großen Dampfteffel, anscheinend beschäftigt, eines der Benzile zu untersuchen. Kaum wurde er meiner ansichtig, als er eiligst den Raum verlassen wollte, doch er mußte an mir vorüber, und ich vertrat ihm den Weg. Es kam zu einer schredlichen Szene, deren Schilderung ich Ihnen ersparen will. Genug, ich ließ mich von meiner grenzenlosen Erregtheit hin­­­reißen, die Drohung auszustoßen, seine ganze Schlechtigkeit seinem Chef, dem Fabrifsheren, zu enthüllen. Da raubte der Zorn dem Menschen alle Be­­­sinnung. Er gab mir einen Stoß, daß ich taumelnd stürzte. Im Hallen griff ich tastend nach einem Halt, ich faßte den Hahn des Ventils, er öffnete si­­­e und ziehend strömte eine Flut kochenden Dampfes über mein Gesicht.“ „Entjeglich!” schrie M­ella auf. Magdalena schien es nicht zu Hören,­­­ sie sprach langsam weiter: ‚m Was der Geschäftsführer seinem Chef über jenen Vorfall gejagt hat, Habe ich nie erfahren. Ich wurde zu meiner Mutter gebracht. Die DBrandiwunden im Gesicht und an den Händen Heilten verhältnismäßig bald unter geeigneten Mitteln, aber mein Augenlicht war für immer verloren. Angesichts ‚Tolchen Unglück hatte meine arme Mutter nicht mehr den Mut, mir Vorwürfe zu machen, als ich einem Kinde das Leben gab. Ich wohne seitdem bei meiner Mutter und erziehe mein Kind, so gut es gehen will!“ Eine lange, drücende Pause trat ein, als Magdalena sehwieg., Das Heine Kochen fan aus dem Boudoir; die schönen, prächtigen Gegenstände, die das Kind überall sah, gefielen ihm ausnehmend gut. Mit dem Boudoir war die Kleine nun fertig, deshalb wagte sie sich tapfer dur­ die Portiere in die Bibliothek, wo sie staunend vor Bewunderung vor jeder­ der schönen Marmorstatuen und den Büsten auf hohem Sodel stehen blieb, welche die Bibliothek schmücten. Yella hatte das Kind nicht bemerkt, als es fachte durch den Saal gegangen war, sie war zu sehr in ihrem Innern aufgeregt. In wenigen Tagen hatte Rolf Siegfried ihr die Geschichte ihres Oheims erzählt. In den weichen Tönen des Mitgefühls, des heiligsten Erbarmens hatte er das Gesichd jener verwaisten Kinder geschildert, die vor ihrer Geburt schon von ihren Vätern verstoßen und enterbt werden, und doch verleugnete er in ebenso feiger, ja geradezu in niederträchtiger Weise sein eigenes Kind! Und nun sah fi­­nella wieder neben Rolf Siegfried unter dem Weihnachtsbaume und fühlte seinen treuen Eid auf sich gerichtet. „Nein, nein!" Hätte sie aufs­­­chreien mögen, „er kann nicht Lügen, er kann nicht falsch sein!“ Aber sie mußte er ja doch glauben, und damit vertant für Yella ein strahlendes Bild in ewige Nacht. ..Und er—der Vater Evas­—hat sich nicht um sein Kind ge­­­küm­mert?«fragte die Baronesse endlich mit klangloser Stimme. „Nein.“ „Und alle Sorge war ihnen, der Mutter, überlassen, niemand nahm sich Ihrer an?” „Da nein, wir waren nicht ganz betlaffen”, entgegnete die Blinde bewegt. „Es bleibt ein wahres Wort: Wo die Not am größten, da ist Gottes Hilfe am nächsten. Gerade der Mann, an dem ich mich so sehr versündigt hatte, er erbarmte sich unser.“ In diesem Augenblide kam Evchen zurückgelaufen und fahte wieder das Kleid Magdalenend. „Mama, ein Herr Hat mich gefragt, wer ich bin,“ flüsterte das Kind der Mutter zu. Die Blinde strich zärtlich über die goldenen Loden der Steinen. „Und hast du es gesagt, Evchen 2” „Nein, ich weiß ja nicht, wer ich bin.” „der, Evchen, der Herr wollte nur triffen, wie du heißest.” „D, nein, er Hat gefragt: „Wer bist du denn?“ sagte die Steine mit allerliebster Schmollmiene, während Magdalena holend das Kinderhändchen Füßte. Im nächsten Augenblicke erklangen laute Stimmen in der Bibliothek. „Mein lieber Direktor“, sagte die Stimme Strehlens, „bis jet habe ich zwar noch immer gefunden, daß Sie Recht Hatten, aber diesmal bin ich meiner Sache zu sicher, sonst würde ich Ihnen eine Wette bortschlagen.” (Zortjegung folgt.) t

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