Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1900. Dezember (Jahrgang 27, nr. 8197-8220)

1900-12-01 / nr. 8197

I U Yedaaaon undxidministratio Hermannstadt,Heltauergasse 23. Ehckueleontobeiderk­ung«Poilsparkassa Nr.1305 CxlgohonanschlustL z Erscheint mit gusnatimeJ­«qufzonus und Feiertage folgendet tä sochspilages tägkich. Abonnement für Hermannstadt: monatlich 1 Kr. 70 9., vierteljährlich 5 Kr., Halb­­jährig 10 r., ganzjährig 20 Sr. ohne Zustellung in’3 Haus, mit Zustellung 2r., 6 Kr.,12 Kr., 24 Kr. Abonnement mit Bestversendung: Für das Inland: vierteljährig 7 Kr., halbjährig 14 Fr., ganze jährig 28 & g Für das Ausland: vierteljährig 7 M. oder 10 Fre­., Halbjährig 14 M. oder 20 Fre3., ganzjährig 28 M. oder 40 Fre3. Eine einzelne Nummer Eostet 10­9. Unfransierte Briefe werden nicht angenommen, Manuskripte nicht zurückgestellt. N 8197. is . Deiis­ke _Hermannstadt, Sonnabend den 1. Dezember 1900. . » Ke Pränufherationet und 3 Ahern einen außer dem Hauptburdan, Heltauer­ 5 gasse Nr. 23: in Kronstadt Heinrich Zeidne. “Mediasch Johann Hedrich’s Erben, Schässburi, Fritz­ Teutsch, Bistritz Arthur v. Schankebank, Mühlbach Josef Wagner, Laufmann, Broos H. Graef, Reps Johanna Guiesch, Buchhandlung,­­ Wien Haasenstein , Vogler (Otto Maas), Rudolf Mosse, A. Oppelik, M. Dukes, Nachfolger, Hein­­rich Schalek, J. Danneberg, M. Zitters Inseraten­­­bureau „Die Annonze“, Budapest A. V. Gold­­berger, B. Eckstein, J. Blockner, Frankfurt a. M. G. L. Daube & Co. Inseritottgpreig: Der Raum einer einspaltigen Garmondzeile kostet beim einmaligen Einrücken 14H.,das zweite­­mal je 12H.,das dritte mal je 10H. xxvtissticksäug­e der PBroris ein Vorrecht der ultramontanen Agitation bedeuten würden und behauptet geradezu, daß der Antrag ein Mittel zur Rückerufung der Zefuliten niemald werben dürfe. Der „Schwäbische Merkur” Hingegen erhebt die nicht unberechtigte Frage: „Was läßt der Zentrumsantrag von der staatlichen Kirchen­­hoheit­ übrig? Wenig mehr als nichts.” « Wir unsererseits mneinem so wie ed nicht erlaubt ist,Dokumente und Hi DIE Zu älichen, 0 1 ed nt eTLAUDE, Det geijt et : ' « DIE Reformation dem deutschen Volk gebracht hat, zu fälschen. Das aber bezweckt der Zentrumsantrag und darum ist seine Annahme eine sittliche Unmöglichkeit. 0 »map I Altramontane,,Petigionsfreiheit«. O­ Der von der Zentrumspartei des deutschen Reichstages eingereichte Gesetzentwurf über die Religionsfreiheit von dem wir unseren Lesern Mit­­teilung gemacht haben,(,,Pol.Uebersicht«Nr.8194 und 8195),nicht ohne eine kurze Charakterisierung desselben zu versuchen,zerfällt in zwei Teile, deren erster die»Religionsfreiheit der Reichsangehörigen behandelt,während beschäftigt. &s ist natürlich und uns verständlich, daß die ultramontane Presse Deutschlands Über den Antrag von­ Lobes is. So schreibt die „Germania“: „Mit ihrem Toleranzantrage hat die Zentrumsfraktion des Deutschen Reiches in unanfechtbarer Weise zu erkennen gegeben, daß sie ihrerseits das ernstliche Bestreben hat, eine unwahre Toleranz auf politisgem, staatsbürger­­lichem Gebiete herbeizuführen, eine gleichmäßige Toleranz für das individuelle Religionsbekenntnis sowohl wie für die Religionsfreiheit der Religionsgemein­­schaften. Der Zentrumsantrag bildet sonach zugleich einen Prüfstein zur that­­sächlichen Feststellng, auf welcher Seite die politische Toleranz, über die so viel gesprochen und geredet wird, ernst gemeint ist oder nit. Wir können unsererseits die meiteren Eröirierungen ruhig abwarten.” ‚ I De 2 atonstreihe eliqio n . « . Ber diese Enunziation liest, kann sich der Heiterkeit wohl kaum erwehren. Die intoleranteste Kirche der Welt, die zu seiner Zeit eine andere Ansicht geduldet hat, als die ihre und alle dieser Widerstrebenden mit Feuer und Schwert vertilgt hat, soferne sie nur die Macht hatte, beansprucht, daß man ihr glaube, wenn sie vorgiebt, daß sie die gleichmäßige Toleranz sowohl für das Individuum, als auch für die Religionsgemeinschaften, anstrebe. E& ist dieselbe Kirche, die gegen das Toleranzeditt des edlen Kaiser Sosefs II. mit all den ihr zu Bes bo’e stehenden Mitteln ankämpfte, die den Inder der verbotenen Bücher verfaßt, den Sylabus und die Enziklifa, diese moderne Mißgeburt mittelalterlichen Geistes geschaffen hat, die nämliche Kirche, die aus reiner „Toleranz“ die Inquisition einführte und Hunderttausende auf dem Scheiterhaufen verbrannt oder in unterirdischen Kellern ermordet hat. Darum schreibt auch die „Zägl. Rundigan“: „Das edle Gut der Religionsfreiheit sol unserem Vaterland demnächst belegert werden, so lautet die neueste Botschaft aus dem Reichstage. Nun wird fmzwarfö"«mauchsk­.»"der das hört oder liest,etwa zerstaunt umsehen,da er sicherlich bisher der Meinung gewesen ist, die in deutschen Landen jeder nach seiner Facon selig werden könne, und er selbst noch nichts von einer Bes­­­chränkung der Religionsfreiheit verspürt hat. Noch erstaunter aber merken wole Demiüter fein, wenn sie erfahren, wer uns dieses Segens teil­­­ unschulds­haftig werden lassen will. Die Herren Dr. Lieber, Bachem u.­­. w. find­e 8, die dem deutschen Volke einen schön ausgearbeiteten Gelegentwurf des be­­zeichneten Inhalts auf den Weihnachtetisch legen. &8 braucht wohl nicht hin­ zugefügt zu werden, daß außer den eigentlichen Antragstellern Lieber, Pichler, Spahn, Baden die ganze Zentrumsfraktion den Antrag unterscrieben hat.“ Der erste Teil der Weihnachtebeicherung, der über die Religionsfreiheit der Reichsangehörigen spricht, ist der unverfänglichere Teil der Vorlage. Wie die „Kirchliche Korrespondenz“ meint, „hat eine wenig glückliche Hand den ersten Phoragraphen formuliert. Nach ihm sol­l jeder Reichsangehörige* nicht nur „die volle Freiheit des religiösen Bekenntnisses“ s sondern auch die „der Bereinigung zu Religionsgemeinschaften und zu gemeinsamer häuslicher und öffentlicher Religionsübung” haben. Nach $ 2 sollen die Kinder in Er­­mangelung einer Vereinbarung der Eltern nach den landesrechtlichen Vor»­ugriffen desjenigen Bundesstaates religiös erzogen werden, in dessen Bezirk der Mann bei der Eingehung der Ehe seinen Wohnsig hatte. Ob diese Lösung der schwierigen Frage nach der konfessionelen Kindererziehung bei der gegen­­wärtigen Freizügigkeit und dem Häufigen Wohnungswechsel zumal der arbei­­tenden Stasien die glück­chste ist, mag hier dahingestellt bleiben. Die Ent­­feidung über das eigene religiöse Bek­nntnis sol dem Kinde bereit nach beendetem zwölften A­bensjahre zustehen. S­o bestimmt für den Austritt aus einer Religionsgemeinchaft mit bürgerlicher Wirkung eine Ek­lärung des Aus­­tretenden „gegenüber der Religionsgem­einschaft“ ; diese Erklärung soi aber­­ legt ihm die Tendenz bei, er wolle den Weg­ebenen für Bestrebungen, die in dennoch nach dem zweiten Weblage nicht vor einem Vertreter der Religions­­gemeinschaft, sondern vor dem Amtsgericht des Wohnortes abgegeben werden, das seinerseits die zuständige Behörde der­­ Religionsgemeinschaft Hievon in Kenntnis zu jehen hat. Eine Empfangsbescheinigung ist zu verteilen.­­ Nach $ 4 sind von dem Ausgetretenen persönliche, nicht auf Grundflächen lastende Leistungen nach Abgabe der Austrittserklärung an die verlassene Religion.- Der zweite Abschnitt Über die Religionsfreiheit der Religionsgenossen­­sheften bestimmt in S 5, daß in einem Bundesstaate anerkannten Religions­­gemeinschaften im ganzen Reichsgebiete die freie und öffentliche Ausübung des Kultus zustehen sei, insbesondere die Befugnis, ohne weitere staatliche oder kommunale Genehmigung Gottesdienste abzuhalten und Kirchengebäude mit Türmen und Glocken zu erbauen. Die Religionsdiener jeder Landschaftlich organisierten Kirche sollen bei allen Mitgliedern derselben Religionsgemeinschaft im Rei­che Relgionshandlungen ausüben dürfen. Die eigentlichen Sturmes­­paragraphen kommen aber nun erst. 8­6 lautet: „Der Verkehr der aner­­kannten Religionsgemeingaften mit ihren Oberen ist ungehindert. Vorschriften und Unordnungen einer anerkannten Religionsgemeinschaft, welche sich auf die Religionsübung beziehen, bedürfen zu ihrer Güftigkeit weder einer Mitteilung an die Staatsbehörde, noch einer Genehmigung von jeiten der Staatsbehörde.­ Dadurch wäre also mit einem Streiche das staatliche Blacet, wie es in Sachsen, Bayern, Württemberg, Elsaß Lothringen, in beschränkter Form auch in Baden, Hessen, Sachsen - Weimar, Sachsen , Coburg - Gotha und Braunschweig noch besteht, abgeschafft und der auswärtige „Obere“, der Bapst, hätte unbegrenztes Bestimmungsrecht.­­­­ Nach 57 können ohne staatliche Genehmigung von anerkannten Religions­­gemeinscha­ten, sofern nur keine Staatsmittel in Anspruch gen­ommen werden, im ganzen Reld­egebiete Religionsgemeinschaften oder geistliche Heiter errichtet oder abgeändert werden. Damit stünde, einer Verdoppelung oder Verbreifaltung der bischöflichen Stühle, wenn nur Rom selbst für ihre Besoldung sorgte, nichts mehr im Wege. Noch bedenklicher aber ist der zweite Abgab, welcher landes­­rechtliche Verbote oder Beschränkungen der Verwendung aus­wärtiger Religions­­dieter zu seelsorgerlicher Thätigkeit für anerkannte Religionsgemeinschaften aus­­schließen will. Wir könnten mithin in Scharen ausländi­sche Mönche und Priester, Bischöfe und Erzbischöfe in unser deutsches Vaterland einziehen sehen, die an mit dem legten Reste deutschpatriotischer Gesinnung in ihren Sprengeln ungehindert aufzuräumen in der Lage­ wären.. Der $ 8 beseitigt die Anzeige ‚ religiöser Alte bei Staatbehörden oder bei einer anderen Religionsgemeinschaft. Dem vieleicht nur ungeschicht gefaßten Wortlaute dieses Paragraphen nach wären Taufen, Trauungen und Be­erdigungen von Mitgliedern einer anderen Religionsgemeinschaft zulässig, ohne daß bei den betreffenden Beamten derselden auch nur eine Mitteilung davon gemacht zu werden brauchte. 8­9 fordert die Beseitigung jeglicher geieglichen Beschränkung oder Hinderung für die Abhaltung von Missionen anerkannter Religionsgemeinsaften. Welch eine Missionspropaganda wüche sich dann über Deutschland ergießen! Und nun endlich der frönende Schluß, um denwillen das ganze schöne Gebäude aufgeführt ist: „S 10. Religiöse Genossenschaften, Gesellsshaften und Vereine aller Art, welche einer anerkannten Religionsgemein­­schaft angehören, bedürfen zu ihrer Gründung und Thätigkeit innerhalb des Reichsgebietes keinerlei staatlicher und kommunaler Genehmigung” „Das It­alio“, bemerkt die schon einmal zitierte „Rich­l. Korr.”, „der Fesuiten­­paragraph, der für die Gesellschaft Seju und die ihr verwandten Orden die Thüren Deutschlands, auch in den Staaten, die nach Aufhebung des Reichs­­geleges vom A. Juli 1872 die Sem­iten nach ihrem Landesgeieg noch aus» fließen könnten, meit aufthun und die „besten“ Glieder ihrer Kirche mit ihren Schulen, Seminarien, Sonvisten, Klöstern ze, im­­ Heimatlande der Reformation zu bleibenden Ansiedelungen mit Banken und Tcompeten wieder einführen soll.« » Die deutschen Blätter,mit Ausnahme der Ultramontanen,sind selbsts verständlich mit dem Zentrumsantrag nicht einverstanden.Die»Nationalzeitung« politische Uebersicht. Hermannstadt, 30. November. Angers. Borgestern hat die Verhandlung über den Staatsvoranschlag­ im Abgeordnetenhaus begonnen. Der Referent des Finanzausschusses Nemenyi legte in längerer Rede unsere Finanzlage und die wirtschaftlichen Verhältnisse im allgemeinen dar, in demselben Sinn, wie es in dem an unseren Lesern mitgeteilten Ausschußbericht geschehen ist. Er bezeichnete troß der schlechten Beiten die Erhaltung des finanziellen Bleichgewichts sowohl wie der Staatd­­kredit3 als gesichert. Hierauf ergriff der Führer der Volkspartei, Johann Molnar das Wort zu einer dreistündigen Rede, die den Rest der Situng füllte, Redner, der den Boranschlag natürlich nit annimmt, k konstatiert, daß eine ganze Welt von Differenzen zwischen Szell und der Volkspartei liege. Bei dem Regierungs­­antritte Szells dachte die Volkspartei, er stehe der Christenheit näher, als Banffy, doch müsse Redner als intransigenter Christ jegt erklären, daß die Rolfepartei sich in dieser Beziehung getäuscht habe und­ demzufolge auch sein Vertrauen zur Regierung haben könne. Ex begründete dies u. a. auf damit, daß das alte System sich auch in der neuen Welt nicht geändert habe, und führte konkrete Beispiele an, um die Grausamkeiten der Gen­armerie, die Mikbräuche der V­erwaltungsorgane, die Verlegung des Veh­ammlungsrechtes, der Rede» und Wahlfreiheit zu illustrieren. Sodann formulierte er die Wünste der Bollspartei, verlangte die Revision der kirchenpolitischen Gejege und tadelte die Indolenz, die die Negierung gegenüber der Verunglimpfung des Katholizismus angeblich befunde. Schließlich gab er der Ueberzeugung Auße­rend, daß Szell weit gefährlicher­ei als Banffy. Banffy war in offener Weise gewaltthätig, während Szel im feiner süßlichen Weise die Leute ein­ ichläfere und sie die Unterdrückung Trebgemwinnen Laffe. Banffy hat Ungefehr l­teiten verübt, ohne sich als Verteidiger des Geseßes aufzuspielen, während Szel nur von Recht, Gefeb und Gerechtigkeit spreche, aber das Gegenteil thue. Das Amtsblatt des Arm­erministers veröffentlicht in einer besonderen Nummer die an sämtliche Obergespane erlassene Verordnung des Minister­­präsidenten in Angelegenheit der Bereinfagung der Verwaltung. Dem Minister schwebt vor allem das Ziel vor Augen, die Aemter der Ober­­stuhlrichter und der Gemeindenotäre von ihrer heutigen Ueber­­bürdung zu befreien. Die Verordnung enthält ein aus 24 Punkten bestehen­­des Programm. Die Obergespane werden aufgefordert, dieses Programm in einer Konferenz der Zentralbeamten und eventuell der Oberstuhlrichter zum Segenstande eingehender Beratung zu machen. Die auf dem Ergebniss­e der Beratung begründeten Anträge sind 5i8 Ende des Laufenden Jahres dem Ministerium zu unterbreiten, damit bei der Vorbereitung der gefeßgeberischen Regelung dieser Frage auch die Um­chauungen derjenigen berücsichtigt werden können, die in erster Reihe Gelegenheit haben, die Verwaltungspraxis lernen zu können. Deutsches Reich. Kaiser Wilhelm empfing vorgestern das Präsid­ium des Reichstages. Bei dem heutigen Empfang wies der Kaiser darauf hin, daß auch der gegen­wärtigen Tagung des Neichätags bedeutungsvolle Aufgaben gestelt seien, und gab der Buversicht Ausdruck, daß deren Erledigung zum Segen Deutschlands erfolgen werde, besonders sei dies mit der Kredit- Feuilleton. Kanler und Staatsmann. vom Grafen Albert Apponyi. Autorisierte Welterregung von Friedrich Klein. (6. Sortfegung.) Die Beschaffenheit aber, welche bei dem Staatsmann die Phantasie und das Herz besigen muß, geht auch aus dem bisherigen fihon hervor und wir haben sie ja auch bis hieher nicht einmal nur bei Namen genannt. Sehr indessen wollen wir in der Bezeichnung dieser Beschaffenheit das ganze Resultat unserer Entwicklungen zusammenfassen und zwar kurz so: Der Staats­­mann bedarftünftterifige Phantasie und fünftlerisches Herz Die zünftlerische Beschaffenheit macht diese Kräfte für ihunäglich um­ sie bietet deren Gefahren das Öegen­­gemwingt.­­ Wo bringt nämlich Die richtig verwendete Phantasie in der Politik zu Wege? Sie ergänzt die Beobachtung und die Erfahrung dadurch daß sie einerseits die leblosen Abstraktionen mit individuellen Bügen umkleidet und andererseits aus den sets mangelhaften thatsächlichen Daten Typen schafft, mit deren Hilfe wir einen großen Durchblick und eine ferne Boraussicht er­­langen können. Über was ist dazu erforderlich, daß diese Gebilde erfolgreich seien, daß sie unsere Kenntnisse, Urteile und Voraussichten wahrhaft fördern, nicht etwa fehlleiten? Dieses, daß jene Typen in Wahrheit die charakteristischen und wesentlichen Züge der wirklichen Dinge, Menschen, Volkskiaffen, Beten u. a. enthalten, oder, daß sie fünftlerische Wahrheit besißen. Jene Bhantasie aber, welche Wahres schafft, ist die fünftleriscche Bhantastie . Und das Herz?­­ leitet dann fehl, wenn es selbstlich ist; — ich sage nicht einmal, selbstsüchtig, was die sittliche Entartung der Selbstheit ist, sondern einfach ein solches, das si in der Welt seiner individuellen Gefühle versprießt. Wir können sehr gutherzig, voll von Mitleid und Soealismus ‚ sein; aber vieleicht besigen wir eine subjektive Vorliebe für gemisse Kategorien wohlthätiger Handlungen und edler Ideen.Der eine beispielsweise kümmert sich hauptsächlich um das Loß der Taubstummel vielleicht deshalb,weil er in seiner Famie einen solchen Fall Wehe­ t hat-der andere schwärmt besonders für die Vereinsfreiheit,einem dritten geht jedes Gefühl für die Bedeckung derartiger Fragen ab.Alle diese Herren können sehr gute Menschen sein und keiner Ausstellung erreichbar,wenn sie ihre­ individuelle Thätigkeit gerade an das Zielrichten,welches sie persönlich am meisten bewegt und sich damit nicht befassen,was ihr Herz unmittelbar nicht berührt. Aber den Staatsmann dürfen nicht solche subjektiven Gefühlsneigungen leiten und­ wenn sie ihn leiten, so leiten sie ihn fehl. Das Herz der ganzen Nation muß in ihm schlagen, er muß für jene Interessen, für jene Speen auf das unwärmste fühlen, welche das Gemeinbedürfnis in den Vordergrund sielt; selbst über die Gefühlswelt der Nation muß er so weit erhaben sein, daß er nicht jedem plößlichen Auffladern nachgebe, sondern nur jene Begeisterung in sich aufnehme, worin fi die stetige Gefühlsenergie der Nation­ fundgiebt — oder auch jene triebartige Rolfekraft, welche die Befriedigung eines wahren Gemeinbedürfnisses erbriiht. Das staatsmännische Herz bewegt daher nicht das, was mit seiner subjessiven Gefühlswelt in Beziehung steht, sondern das, was das unwahrhaftige Gemeinbedürfnis und das daraus entspringende Gemein­­gefühl de Nation ist; kurz die Kraft der Wahrheit daran, nicht das persönliche Interessje jene Herz aber, welches so empfindet, fünstlerische Herz. „Bhantasie, welche nur Wahres sieht, Herz, dad das Wahre als solches bewegt: die3dift das Wesen der Künstlerseele” Dieses haben wir in dem einleitenden Teil unserer Abhandlung gesagt; und jegt können wir bei dem Staatsmann Wort für Wort wiederholen: „Bhantasie,welche nur Wahresj sieht, Herz, das das Wahre als solches bewegt:solche Phantasie,solches Herz braucht der Staatssmann“" Siehe­ wir haben den Künstler im Staatsmann entdeckt. « Und fern davon, daß diese künstlerischen Eigenschaften phantastische und empfindsame Politiker erzeugen solten, zügeln sie vielmehr die Phantasie und das Herz, daß sie mit dem Beistand nicht in Widerspruch geraten können, gerade so wie das Wahre mit dem Wirklichen nicht in Widerspruch stehen kann. Das ist feine künstlerische Phantasie, welche ausschwert und im unsinnigen haftet, das ist sein künftlerisches Herz, welches seine subjektiven Gefühle an Stelle des Gemeinbedürfnisses gebt. Die Künstlersgaft in dem Staatsmann bedeutet nicht die Ueberspannung dieser zwei mächtigen und unentbehrlichen, aber zugleich gefährlichen Kräfte, sondern, gerade im Gegenteil, deren Eins­chränk­ung und Bügelung. Und wenn wir nunmehr die Stelle der künstlerischen Eigenschaften in der Wirksamkeit des Staatsmannes genau bezeichnen wollen, so gewinnen wir dafür die folgende Formel: [ Der Künstler haft Phantasiegebilde, deren Haupterfordernis die Wahr­­heit ist, jene höhere Wahrheit, zu der Herz und Phantasie den Weg eröffnen ; aber als Hilfsmittel zur Erkenntnis des Wahren nimmt er auf Schritt und Tritt die verstandesmäßige Beobachtung des Wirklichen in Anspruch. Der Staatsmann schafft im­ Bereiche des Wirklichen, er gestaltet mensch­­ige Verhältnisse: zu dem Ende hebt er auf dem Wege verstandesmäßiger Beobachtung und Erwägung das Wirkliche auf und das, was ins Dasein treten sol und mit­ der Straft seines Willens führt er dieses durch. Aber damit er das Wirkliche vollkommen durcschauen, und seine zukünftigen Auf­­gaben erkennen künne und daß sein Wille zur Durchführung derselben Kraft gewinnen, muß er das künstlerisch Wahre zu Hilfe rufen, zu dem die Phantasie und das Herz den Schlüssel bergen. Wenn sich der Künstler mit ausgespannten Flügeln in den unendlichen Regionen des Wahren immer höher erhebt, ist er gezwungen, si manchmal auf den festen Boden der Wirklichkeit herabzulaffen und von hier Nichtung zu nehmen für den neuerlichen Flug seiner Seele, damit er sich nicht in dem schwindelnden AU­veriere. Wenn der Staatsmann in dem Labyrinth der millionenfachen Offenbarungen des Wirklichen wandert und forscht, dann ist er genötigt, auf Flügeln der Kunst in die Höhe zu steigen, damit sein Auge ein­­dringb­er werde und er mit stählender Luft seine Brust erfäle; sonst verfehlt ist das

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