Transsilvania - Beiblatt zum Siebenbürger Boten, 1845 (Jahrgang 6, nr. 6-103)

1845-01-21 / nr. 6

30 alten „Manus manum “ machen , was er wollte. Nun aber sind gewisse Momente entfallen, und gestüßt auf seinen Einfluß und auf die Ungestraftheit Anderer, wagt es mancher, der öffentlichen Meinung und den lauten Klagen wahnsprechend die Stirne zu bieten. Die Ursachen dieser Erscheinung seit der Negulirung unseres Volks mögen hauptsächlich folgende sein: die allzugroße Ausdehnung der Macht des Comes,­­ die Übertrie­­bene Erhebung der Beamten über den Kommunitäten und Beschränkung­­ der lettern , endlich das demoralisi­­rende Prinzip der Wahlen, welches jegt überhand genommen, und die gegenseitige Achtung und das Vertrauen zwi­­schen dem Volke und den Beamten durchaus zu ver­­nichten droht. Von den beiden ersten wollen wir bei einer andern Gelegenheit handeln, und vor der Hand nur den legten Punkt näher betrachten. Was, also sind die­jenigen freien Beamtenwahlen, einst der Stolz unseres Volkes, der Schlußstein unserer Verfassung im Vergleiche der Vorzeit ? Häufig ist die Klage, daß die ehemals freie Wahl durch die Regula­­tion zu sehr beschränkt worden sei, denn 4) vermöge dem 1. 8 des 4. Titels im ersten Buche unserer Mu­­nizipalstatuten — welcher damals , als die Hermann­­städter Königsrichter­würde von der Person des Nations­­grafen getrennt wurde , als vollkommen giltig anerkannt worden war, — haben die Sachsen das Recht , alle Beamten nach altem Herkommen , frei zu wählen. 2) Nach dem Compilaten UM II tits art. D.ch. 5. ubique Gond. 18) wurde von allen sächsischen Beamten bloß die Bestätigung des Hermannstädter Kö­­nigsrichters dem Fürsten vorbehalten, weil dieser der Nations-Comes sei (mnivel at Comes Universitatis Saxonicae). 3) Im heiligen Leopoldinischen Diplom wurden die Landesgeseße so­wie die Munizipalstatuten der sächsischen Nation ausdrücklich bestätigt und derselben die freie Wahl ihrer Beamten belassen ; nur die Bestä­­tigung der Königsrichter oder Oberbeamten behielt sich der Landesfürst vor. 4) Mit dem 43. Artikel­ von 791 wurde das altherkömmliche Wahlrecht der Sachsen an­­erkannt, und bei Kräften belassen. Mit diesem stimmt nun das fette Regulationsreffrite vom Jahre 1804 (Sect. 1 p 5) nicht ganz überein, indem dadurch das Wahlrecht der Kommunitäten dahin beschränkt worden ist, daß der Comes zu jeder Stelle eines der Wahl unterliegenden Beamten drei Individuen, und eben­so die Magistrate zur Stelle eines Kommunitäts-Mitgliedes gleichfalls drei Personen kandidhren, wo­ dann also die Kommunitäten bemüßigt sind, eins von diesen drei In­­dividuen zu wählen, andere Personen aber, welche nicht in die Wahl gegeben worden, nicht wählen können,­­ wenn sie auch noch so sehr ihr Vertrauen besäßen. Die Motäre aber sind ganz der Wahl entzogen worden, und werden ernannt. Dieß hat jedoch auch nor andere Le­­berstände. Der Comes Fandidirt z. B. zur Königsrichter­­­stelle eines Kreises drei Individuen. Für gewöhnlich wird der mit Stimmenmehrheit Erwählte auch anempfoh­­len und auf diese Empfehlung auch allerhöchsten Ortes bestätigt. Wenn es aber je einem Comes einfallen sollte, nicht den Gewählten, sondern einen der mit der Min­­derzahl der Stimmen versehenen Wahlbewerber zu em­­pfehlen, und derselbe würde zum betreffenden Amte er­­nannt, wäre dies nicht­­ so,­als hätte der Comes drei Individuen vorgeschlagen, hieraus ohne Wahl eines dem allerhöchstem Hofe anempfohlen , und dieses wäre dann ernannt worden ? Oder wenn der Kandidirende zu einer Stelle nur ein besonderes bekanntes und taugliches In­­dividuen nebst zwei schwachen Figuranten in die Wahl gibt? Soll dann die Kommunität um ihres Wohles willen sich des Wahlrechts begeben, und das per emi­­nentiam Kandidirte Individuum wählen ? oder sol sie, um nur die wenigen vorhandenen Ueberbleibsel der Wahl­­freiheit sich zu wahren, starr und troßig den minder tauglichen wählen? Aber auch das Verhältniß zwischen dem Wähler und Gewählten ist hierdurch ein trauri­­geres geworden, als früher. Ehedem, als noch der ganze Magistrat zu jeder Stelle wählbar, d. h. jeder einzelne Senator zu jedem Amte gleichsam von selbst Kandidart war, konnte selbst die Bestechung keinen rechten Anhalt finden, denn­­­­ laßt es nur gestehen! — ob die Ber­stechung durch Geld oder Wein, — oder ob sie durch gute Worte, übertriebener­­ Demuth vor dem Wähler, un­­zeitige­ Nachgiebigkeit und vielverheißende Versprechungen geschieht, sie ist gleich verderblich. Und wer steht uns dafür, daß “ed nicht einmal auch einem unter uns einfällt, sich nach dem Beispiele der Nachbaren Wähler durch Geld zu er­­kaufen, zu korrumpiren. Treffend ist dieser Ausdruck der Römer, — denn wer besticht , verdirbt sowohl sich, als den Bestochenen im wahren Sinn des Worts — er de­­moralisirt. Wer hätte früher die Anzahl der Wähler be­­stehen wollen, da man zudem nicht bestimmt wissen konnte, auf wen die Augen der Bürger gerichtet wa­­ren. Damals konnte sich jemand gemeiniglich nur dadurch , und das auf ehrliche Weise einen bedeutend überwiegenden Anhang verschaffen , wenn er sich durch Gescht und Fleiß, guten Willen und glänzende Thaten vortheilhaft vor allen anderen Bewerbern auszeichnete,

Next