Deutsche Tagespost, September 1920 (Jahrgang 13, nr. 191-216)

1920-09-15 / nr. 203

Be ei40·——,-,Lci80s—, Bezugspreise:Für Hermannstadt ohne Zustellung monatl.Lei13«50,II« lJ.L­ei16()"—.LiJtit Zustelliug oder Postversand im Jnnlandmonatl.Lei15-50,7«Lei 45·—, I­,Lei90­—,V,Lei180s—.Für das Ausland Lei55,110,220.Einzelnummer Leur­. Nr.203 kn­­kluxAssesstsz Schrittleitunigu Hermannsladt in Sichenbärgen, Wintergasse Nr. 9 Fernstireiger Nr.229. TE . »s­­.,-»..«,.H«-,sz«s;;.;««,-.»». . ss—-»s·s-!.«w--"s-:3«s-·LT.«-;-:.;-:js, Hermanniindt, Mittworh den 15. September. 1920, Anzeigen: Der Raum einer einspaltigen 7. Zeile tostet bei einmaligem Einraden Lei —50 bei größeren Aufträgen Nachlaß. . Beilagen nach Vereinbarung. — Anzeigen übernehmen alle Anzeigenvermittlungsstellen des Inn- und Auslandes. XII. Jahlgang. Kundgebu­ngen fürs den Anschluss Deutschwestungarns an Oesterreich. Wien, 14. September. Gestern fanden vor dem Wiener Rathaus große Massen- Kundgebungen für den Aufschlag Deutsch­­westungarns an Oesterreich statt. Redner­­ aller Parteien sprachen zu der versammelten Menge und gaben dem Wunsch Ausdruch, Da der Anschlag Deutschwestungarns sofort vollzogen werde. Besonders wurde Die Tatsache H­rvorgehoben, daß Oesterreich durch den Friedensvertrag von Saint Germain rechtlichen Anspruch auf Deutsch­­westungarn befige und daß Dieser zu groß,allen Machenschaften der Habsburger werde vollzogen werden. (D. T.) (F. K) Im regelmäßigen Abständen liest Wiener endlich bersprechen, um sman vonsbordn­agern die beiden­­ Regierungsstellen s die Durchfü­hrung des Anschlusses Deutschwests .un­garns an Oesterreich zu erbitten­.Jesu ist es shanse gekommen, eine A­bteilung für Westungarn,die sogar zu einer­ Massenkundgebung vor dem Rat« Im deutschösterreichischen Staatsamte für Inneres besteht schon seit lange Reißig ge­­arbeitet und Die ungarischen Verwaltungsgefege­­ und einschlägigen Ministerialverordnungen ins Deutsche Überlegt hat. Die deutschösterreichische­­ Rationalversammlung hatte schon eine Bundes­­regierung für Oedenburg eingefegt, die Verwal­­tungseinteilung des Burgenlandes war ‚fertig, der Statthalter ernannt.­­ Alle Diese Bemühungen haben nicht mehr als platonische Bedeutung. In Westungarn besteht nach wie vor das ungarische Imperium. Die Enthebung des Grafen Szirafi­ vom Bosten des Regierungskommissärs für Westungarn, die in den legten Tagen erfolgt ist, ist einfach eine verwaltungstechnische Maßname Aie Re­­­gierungskommissariate in Ungarn wurden auf­­gelöst und ihre Aufgaben wieder den Über­gespänen zugewiesen. Immer wieder ee ft militärische Uebergriffe an der ungarisch- Deutschösterreichischen Grenze und gerade heute trifft die Meldung ein, daß der Kommandant der ungarischen Grenztruppen, Obeast Lehar, eine taktische Reise entlang der Österreichischen Grenze unternommen habe, die der Vorbereitung von in diesem Raum abzuhaltenden Division d­­e mandbvern dienen solle. Man kann sagen, daß fs Deutschösterreich "durch sein Vorgehen in der trage des Burger­­landes vor der Weltgeschichte Lächerlich gemacht . Das Burgenland wurde ihm durch den ‚Staatsvertrag von Saint Germain rechtskräftig ‘zugesprochen, genau so, wie Rumänien durch den Frieden von Trianon Siebenbürgen,­­ Juno­­slawien Kroatien erhalten hat. Oesterreich besigt damit eine inernationale Kd­re zur Annektierung dieses deutschen Gebietes, in dem die vollfish gesinnten Elemente dem Schwersten B Verfolgungen seitens der magya­­rischen Behörden ausgefecht waren und sind, ob nun in Dfenpest Karoly, Bela Kun oder Horthy regierte. Während alle andern Nachfolgeritaaten das ihnen zugefallene Gebiet de facto übernahmen, bevor es ihnen de jure zugesprochen war, begnügte sich die Wiener Regierung immer wieder mit Erklärungen, daß sie ihr Recht auf das Burgenland nicht auf­­gebe, troßdem aber in einem freundschaftlichsten Verhältnis zu Ungarn stehen wolle usw. € 3 ist nicht richtig, Daß Oesterreich nicht Die militärische Macht besoffen hätte, um beispielsweise während der Zeit der Nätediktatur in Ungarn die Bewegunga durchzuführen. Gemwiß zählt die öster­reichische Vollsmehr nicht. Der Gefechtswert­­ dieser „Gruppe“ ist gleich Null. Aber mit einer starren Gendarmerieabteilung und einem Aufgebot von Wiener Sicherheitswach­­leuten hätte die Begebung glatt erfolgen können. Es ist nicht geschehen, weil Das Parteiinteresse der Sozialdemokraten in der Wiener Regierung diese Nachsichtnahme auf Bela Run und Genosfen erforderte. Und er kann deute nicht geschehen, weil es zu blutigen­ Kämpfen mit dem ungarischen Szenzk­hng kommen würde. Deren Ausgang zweifelhaft it. Wenn man aber annimmt, wie Staatssek­etär Nenner das wenigstens vorzugeben scheint, daß Ungar­n beu­e oder morgen freiwillig auf Dieses Gebiet verzichten werde, so ist man vollständig auf dem Holzwege. Dienpest wird niemals das Burgen«­land aus freiem Willen abtreten.­­ HDesterreich ist politisch eine quantite meglie­­­neable. Kein Mensch denkt daran, das ec? seiner­­seits die territorialen Bestimmungen des Friedens von Saint Germain nicht einhalten würde. Italien fielt sich mit ihm auf freundschaftlichen Fuß und gerade in den feßten Tagen Hat der tschechische Außenminister in seinem selbstbe­­mußten Berichte Schulterklopferiich gelant, daß die Reine Entente die Tonstenstive Bolisit fortlegen werde, um die Existenz Doesterreichs zu erm­öglichen. Tatsächlich ist das Land wirt­schaftlich vollommen auf das Ausland ange­­wiesen, Oesterreich und insbesondere Wien lebt von den Gnadengaben bei ganzer­ Welt. Logar Argentinien hat ihm einen Millionenkredit be­willigt. Eine Hilfe zur Bewegung des ihm recht­­mäßig zugesprochenen Burgenlandes aber wird Desterreich nie erlangen. Die Deutschen West­ungarns werden weiter die Befängnisse Des pölfern und die Arbeit der „Mitteilung für West­­ungarn“ kann ruhig od acia gelegt werden, Und doch glauben wir nicht, daß Ö­sterreich verderben kann, daß der Geist und die Kultur Wiens endgültig vernichtet werden wird. E83 geistiger und körperlicher Straffheit die Bei wird nach bediesen jammervollen Tagen sozioter­­t fonmen, wo bieses Land feinen Aalıluk an Meutschland finden wird, Die Menschheitdwerte, 1 untergehen. Heute aber morgen muß eine neue Blüte kom­men für dies Land, das man wohl mit Net als das wunglücklichste Kind de& bie im biefem Bolle schlumimern, Thrres ,­iich Weltkrieges bezeichnen darf. ne u man anderen Sumugnne VrnamgDrnagrrr, Teen General Hoffmann in einer sozialdemokratischen Ber­­ meldet: inmmiung, Hofsm­ann das Wort.Dieser benann: Brests Lito ist bekannt ist. Das „Berliner Tageblatt“ vom 1. d. M. Die Mehrheitssozialdemokraten hatten am aestrigen Abend in Grpsberlin eine Reihe von Bersammlungen einberufen, in denen man si mit den Vorgängen im Osten Europas bes­chäftigte. In einer V­ersammlung in Moabit der Schriftsteller Erwin Barth. Nachdem Barth unter grobem Beifall geerdet hatte, eröffnete der Vorsitende die Diskussion und erteilte als ersten Redner einem Derin „SG bin der Reneral Hoff­mann, der Ihnen vielleicht Bas­s mag Ihnen jeder erstaunlich erscheinen, daß ich in einer Arbeiterversammlung erscheine, um Ihnen meinen Standpunkt zum Thema des Abends Über die Ausführungen des Herrn David Haben mir dazu Mut gemacht Das alte Deutsche Reich verdankte eine Blüte in der Hauptsache des deutschen Arbeiterschaft, und auch Heute True mie aus dem Chaos nur mit ar ‚des Deutschen Arbeiters herauskommen, aber ist es notwendig, da wir und gegenseitig Unah­e haben wir Das Baterland | ‚ va Partei, Wir müssen eine Plattform finden, auf der wir uns wer­­ßen Schwierigkeiten, rühren erstens von Wir, müsfen aus Dem Bersailler Friedensvertrag heraus, und ich habe die Hoffnung, daß uns das gelingen werde, weil Die Verhältnisse stärker sein werden, als der Haß der Entente und der aussprechen. Jn unserem oroßen feine Beit für Partei muß höher stehen als Die ständigen können. Die zu an denen Europa team­t, dem Bersailler Friedensvertrag der­ europäischen Angelegenheiten ausgeschaltet ist. Wie brauchen die rufik­en Lebensmittel, um ansere Arbeiter zu ernähren. Unter der jenigen engfischen Negierung wird es voraussichtlich nicht möglich sein, zu einer Verständigung zu kommen. Das rufilige Bolt muß Gelegenheit erhalten, ih in freier Auftimnmung seine Regierung zu bilden. Ale europäischen Staaten müssen mit Rußland an dessen Aufbau arbeiten,“ referierte "darzulegen. zei want­­, meiden­ trill.Der Staatsform Ungarn­ steht Deiterreich indifferent gegenüber und enthält sich jeder Einmengung in die Lbsung der Frage, ob Be3Rahtarland das monarchistische System wieder erneuern, oder das republikanische Staatssystem beibehalten will. Deiterreich m­aß jedoch fordern, daß e3 durch die Staatsform Ungarns selbst nicht berü­hrt werde. In Desterreich selbst müßte das monarchistische System den Bürgerkrieg französische Vernichtungswille. Der zweite­­ an sich ziehen. Desterreich wird mit allen große Fehler ist Der, daß das­­ diplomatischen Mitteln auf Wahrung Seiner rufsische Reich von allen­­ Souveränität und auf der Durchlegung der ihm durch den Friedensvertrag bestehen. « « « -.«.--...s. -.s.s .--—(--.s«.-—-·---·-----s«-W----.----,.--«--k«-«----i-.-s--o-s—«-·-.-s«-­­ an m nen nn Te N Ban a ı Centjm Österreich und Die kleine Entente. Erklärungen Renners zur Frage Wels ungarny und Der Beziehungen zu Ungarn, . Wien, 14. September. Die politische Korrespondenz veröffentlicht eine Unterredhung des Wiener Berichterstatters des „Wr Eit“ mit Staatssekretär Renner. Renner führt davon aus, daß Oesterreich seine durch den Friedensvertrag erworbenen Rechte aus Deutsch­­weinnagern auf seinen Fall aufgeben und sie mit allen Mitteln durchzufegen versuchen werde. Össterreich verzichtet jedoch darauf, mili­­tärische Machtmittel zur Anwendung zu bringen. Die ungarische Nation möge i­hren kriegerischen Geist unterbrücen, denn nur durch friedliche Verständigung mit den Nobarn­ann eine Zukunft geschaffen werden, Der man mit Vertrauen entgegengehen soll. An der Herbeiführung, dieser Verständigung muß vor allem anderen gearbeitet werden. Nach der Durchführung des Friedensvertrages werden die durch Die alte Gemeinschaft geschaffenen und in ihr wurgelnden Empfindungen voll zur Geltung kommen. Aus diesem Grunde und mit Rehsicht auf eine freundschaftliche Zukunft mit Ungarn hat Oesterreich auch gar keine Anstalten getroffen der kleinen Entente beizutreten .Österreich hat mit seinem der diesem Bündnis beigetretenen Staaten politische oder militärische Bündnisse abge­schlossen. Ale gegenteiligen Behauptungen beruhen auf Erfindung. Ebenso sind jene Grüchte und Meldungen erfunden, die in ungarischen Streifen berdreitet sind und wissen wollen, daß Deiterreich in gewissen Fällen aktiv an Ungarns Seite treten­­ werde. Deiterreich ist ein Band, das den Frieden Re­t ReIBEPAE ei­n machten wir zahlreiche Gefangene. Im Ab­schnitt Rohatys finden ihr erbitterte Kämpfe mit wechselndem Erfolge statt. (Schluß des Telegram­mes nicht zu entziffern. &d.) Ba­hans an Feen­he­eresberichte, Die wir forte­n ENT II Nebeltägreitung des Bug Dur Die Rufen. Barihau, 13. September. Bolnischer Heeresbericht vom 10. September. Im Gebiet von Suwalfi beseßten mir Stasnopol und Greiny. Bun­den Ramionfa Strumilowa und Buät ge­­lang es dem Feind nach hartnädigen Kämpfen den Uebergang Über den Bug zu erzwingen. Beim Angriff auf Rust wurde der Feind zune rauchen Radzug gezwungen. Deutlich Knisniisce befegten wir nach heftigem Kampfe Nobatyn, wodurch wir die vor einigen Tagen verlassenen Stellungn an der Blota-Bipa wieder er­reichten. @.T) Rufh­ige Angriffe gegen Lemberg. Wien, 11. September. Aus London kommen Rachrichten über eine piögliche Seite der polnischen Verteidigung in Ostgalizien. Die legten polnischen Berichte zeigen feinenswegs das gleiche Bild. Die englischen Meldungen sind­­ daher mit Vorsicht aufzunegnen. Berlin, 11. September. Die „Morning Boss“ berichtet: Die Rote Armee hat einen Bangenangriff gegen Lemberg unternommen, der von Erfolg begleitet ist. Lemberg scheint ver­­loren. „Daily Herald“ veröffentlicht einen Mos­­kauer Fans­pruch, laut dem die Rote Armee Lemberg von allen Seiten eingeschlossen hat. Die polnischen Truppen, die die­ Stadt ver­­teidigen, haben verschiedene verzweifelte Ausfälle gemacht, wurden aber unter schweren Verlusten zurückgeschlagen.. Der Angriff auf die Weltung Pryemysl hat begonnen (l. Die t seit morgens die ruffifcge Artillerie bombarbdier: äuferen Forts. Der pofnifhernifiiihe Krieg. Nufsi­hher Heeresbericht vom 10. Se­­tember. Mostau, 13. September. (Depesche Stark verstü­mmelt,) Entlang de Bug Auf« Härungstätigkeit. In den Kämpfen bei Bust E . Die polnischen H laufend veröffentlichen, geben zwar eine DVere Schlegterung der Lage in Ostgalizien zu. Von einer unmittelbaren Gefahr für Lemberg war jedoch bisher nicht die Rede. Solange­­ die zuffischen Berichte nicht voll zur Verfügung stellen, läßt sich ein Eares Bild der Lage nicht ge­winnen. (©. Schr.) Ein Buflerstaat Dstgalizien ? Nach einer Meldung der „Rouvelles Europeenn3“ aus Wien verlautet in dortigen diplomatischen Kreisen der Entente, das England den Vermittlungsvorschlag gemacht habe, einen selbständigen Pufferstaat Ostgalizien zu bilden mit Rücsicht darauf, daß dieses Gebiet wegen seiner wertvollen Betroleumquellen ständig ein Banfapfel zwischen Außlasıd und Bolen srin mürbe. Die englische Regierung soll diesen Bors­­chlag angeblich im Einvernehmen mit Kamenem gemacht haben. Nach derselben Quelle breitet sich dersefs­stand der ukrainischen Eroblierung in Dsb nn­en Kund um Berlin. Bon Gustav Erenpi. So parador auch Berlin an das man konnte lieb gewinnen — das nüchterne, ehrgeizige Berlin vor ur das richtige ‘Freilich war «‚ nicht geborgenseins, nennen will, aber andern und dem Kriege, wenn man Verhältnis zu ihm jene kindliche Liebe, ‚oder an die steife Bornehmtuerei ‚s­iederholende kleine Szenen in zur traf, mit ‘Der der Wiener seine Vaterstadt ummirbt, aber­­ eine Art milliger Anpassung, das­ Gefühl des oder wie man diese Liebe sonst sie war nun einmal da! Gie ‘Hammerte sich gewiß nicht an das Tohumabohu der Friedrichstraße, das dem Fremden unter der Spigmarte Berlin sogleich vorschwebt, auch nicht an die Lokale Kranzler an sich täglich oder Kempinsk­ des Weitens, an das Meite und Breite fürsorglich hergerichteter Vor­­städte, an rollende Antiquarbuchhändler, belegte Brötchen selben Zeit der Stadt- und Untergrundbahn. Was ist von Diesem Berlin froher Erleb­­nisse geblieben ? fragt bange der nach sechs Jahren­­ Wiederlehrende. Eigentlich recht viel, wenn bes Dazwischen« “Liegenden gedacht wird: der langen Yahre des ‚Hungen und Wegsterbens, der furchtbaren gi des Zusammenbruches, des Diftats, Des­­ Bandenunmerens, der Ge­waltstreiche von Lieb­­­knecht und Lüttwis! Das alte Straßenbild des grüßt und wieder, und altbekannte Gesichter tauchen auf, gealtert freilich, oft auch abgehärmt, ‚and dennoch die alten. Da steht noch auf ig alten Posten wie hingewachsen der joviale, ide S Fahrlartencontroller auf dem Bahnhof Charlottenburg; da dauert noch in seinem Rettungstrost das schmächtige, altmodische Fräulein, das sich beim Geldwechseln stets zu ihrem Nachteil zu irren pflegt und sich dennoch alle die sch­weren Jahre hindurch über Wasser felt, d­­ »­­Es gibt ja doch kleine Brücken,die von 1914 zu 1920 hinüberführen. Das Walten und Treiben von ehemals ist freilich einigermaßen gedämpft. Die Stadtbahn­züge verkehren durchschnittlich nur noch in Ab­­ständen von fünf Minuten anstatt des früheren Dreiminutenverkehre. Die meisten Autobus­­linien gingen ein. Und doch rattert und fnattert e8$ an allen Enden, wenn schon nicht mit dem alten Betrieb weifer. Auch das inter­­nationale Gepräge kehrt allmählich wieder. In den großen Straßenzügen dringen just wie vor dem Kriege Die verschiedensten Idiome abwechselnd ‚auf ung ein. Söhne erotischer Länder beleben wieder das Straßenbild. &3 ist auch der einst so ver­­zärtelte, dann duch den Krautschaukonflikt plöglich in Mitgunft geratene Japaner zur Stelle, nur diesmal zumeist als stolzer Missions­­offizier, während er früher mehr den bes­­cheidenen Studenten abgab. Der Lebensstrom pulsiert weiter, dem Ge­ige und Bestehenden zum Troß, aber mit em dynamischen Treo eines Nierenmotors, dessen fortlaufendes Näherwert vorübergehend hinwegtäuscht über innere Defekte. Erst wenn man aufmerksamer dahinterschaut, wird man jener einschneidenden Nenderungen gewahr, die sich Hinter alten Umrissen verbergen. Wie seltsam berührt beispielsweise Wertheim mit vestringiertem Betrieb oder das Berliner Pos­t­amt — vordem ein Begriff für sich —, in dem man fi nun anstellen muß, um gegen Pfand Feder und Tinte zu erhalten. Die Ge­­wüffe der Berliner Küche. Die den verwöhnten Südländer an in der Vergangenheit nicht deut genigjanteren Gaumen von heute bei dreißigfach erhöhten Preisen noch weniger. Auch Berlin hat fi in eine Schicht oder Schieber und in eine ambere, der Geschobenen, gespaltet, doch ficrt es Bier mehr als anderwärts. Schien hoch Die Stadt mit ihren Anlegen riesigen Tormats für den arbeiten­­den Burc­ehuitt geschaffen. Die so starfe Mittels Hlaffe hat fi nach oben und unten zertet, von der herkömmlichen Solidiät ist nichts mehr zu merken, und der arbeitäfrendige Berliner von ehedem Hat das Feilchen um den­ frühen Feier E3 hat fi doch gar vieles an Berlin geändert. Berlin ohne feine Sprichwörte b Stänklichkeit und Rechte Schaffenheit dürft uns ein ungereimtes Gebilde liche : Wohlfeilgeit, Die alte Hülle one den alten Kern! Wie ist sie Hohl geworden — Diese Hülle berblaßter Herrlichkeiten ]) Wien rebt trog aller in kg­lon rare Lieferung, die sich durch die Politik nicht von heute auf morgen Lügen sk­aler läßt. Berlin, die Stadt der Affzalitäten, birgt beute At­as fallen an. Die steifen Standbilder des Wilhelmi. r­rigen Etrizea? Geistesobmeiend­igrgnt Bib­oria auf ihrer Säule gegenüber einem Reichstage, der über schleunige Zwangsabrüstung berät. Der Siegeswagen bei dem Prandkenburger Tor gleicht einem Historischen Fragezeichen, und die dreißig und etlie Marl, und Burggrafen der von ihrem kaiserlichen Stifter als Siegesalle, symbolische Marmorblöde für alle Ewigkeit ein­­postiert, sind allzubald zu Gespenstern von m­armorner Bleiche geworden. Wir leben in einem atavistischen Zeitalter, in dem das Berlangen nach dem Urmenschlichen zum Befenntnid wird. Diese reaktionäre Webers zengung weist während eines Bummeld durch den Autfürstendamm, diesen Herd West-Berlin „Kulturfreuden“ heran, der seinen natürlichen Abschluß im Bor, Schick, Trenerwerl- und Autihbahnrummel des Qunaparks findet, da nun einmal der Berliner Rummel in der Regel in einen Rummel an­ zuarten pflegt. Man schreitet vorbei an Bars, Künstler­­buden, „Anstermeieen“ und allerhand intim tuenden Wein, und Zeestuben. An uns bricht das Emig-Weibliche in miobernstem Zu- und Anzischnitt vorbei. Auch das feminine Berlin hat in der „aussichtsreichen" Mode kurz gefaster Röcke angeschlossen, weitherziger und als die Bewohnerinnen alter Modestädte, die sich ja doch ‚mehr an borgefaßte Geld­madlnormen halten. Es wird viel von Stoffersparnis, von der Meftbetit der Ahnungen und des Tsleisches ges­­prochen. Indes ahnt und zumeist nichts Gutes, und grauenvoll sehen wir den Weg einschlagen, der den Schleppen und Brofat unserer Groß­­mütter wieder an der buntlappigen Blöße des Urzustandes führt Das Ladenfenster einer Buchhandlung modernsten Stils starrt uns an. Hier begrüßen uns allerhand Runen und undefinierbare Far­­benflecken er pressionistischer Titelblätter, und ein sehmales Heft, vollgespb­t mit Reflamemarfen ohne Wis und Wahl, verkündet Dalas Bigg. Nun treten wir in Die Halle der Freien Sezession. Diese ist seit sech ®­ahren noch viel freier geworden. Man sieht si vor die Ent­­scheidung gestellt, entweder den Glauben an die eigene Vernunft oder an die Vernunft der Dinge zu verlieren. Ein Aufseher beruhigt ung, man müsse, wie er, drei Monate hier verleben, um den neuen „Rhythmus“ herauszufinden. Der Mensch drück­­t überraschend gewählt aus. Doch nach und nach dämmert auch dem trüben Betrachter das Gesehmäßige Dieser Rhythmik: Sie ist Kinderfallen, Gegendienst, eine dästhetische „Bedjüngungsktur" im Stil­­gewande de zwanzigsten Jahrhunderts, wie denn zwischen dem Nervenmenschen unserer Tage und dem Muskelmenschen der Steinzeit merkwürdige Webereinstimmungen obwalten. . Auch dies wird uns zur Gewißheit, indem wir mit Eintreten der Abenddämmerung in das Cafe des MWestens stolpern, das „Größen“ mahnlotal“, wie es Berliner Humor taufte. Hier lernen wir nach den Werken die Schöpfer kennen. Das Mähnenmotiv und das Motiv hervorstehender Badenknochen dringt auf uns ein. Das Schlendern und Wogen von Tisch zu Tisch erwedt unmilitärlich die vage Er­­innerung an waschechte Negerattraktionen von Kindheit her. Mit leibhaften Augen erleben wir hier, wie sich die Extreme berühren und wie unsere Kultur nach allen An- und Meberspan­­nungen nun im besten Begriffe ist, zu den An­­fangsgründen zurüczukehren. In Berlin wird Heute ungemein viel poli­­tisiert. Will man Die politische Meinung des Mannes vom Volke charakterisieren, so ist mit den Bezeichnungen „rechts“ und „links" so ziemlich alles gesagt. Er gehört mit zu dem e$ lauten mag, speziell Berlinerische, allaujehr lochen, munden abend erlernt. Umflürse weiter menge bed Berborsten und rftarrten.

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