Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1929. február (76. évfolyam, 27-49. szám)

1929-02-01 / 27. szám

r'LS'rLR Ohne sich auf diese Einzelheiten emzulassen, hat ^er Ministerpräsident in seiner heutigen Rede insbeson­dere zwei polilische Momente hervorgchoben, von denen namentlich das erstere auch von der öffentlichen Mei­­!nung des Auslaâes beachtet zu werden verdient. Die Mitglieder der Munizipalvertretungcn lverden voll deir nämlichen Wählerlr, die auch das Reichstagswahlvecht ausüben, also von: allgemeinen Wahlrecht, aber in ge­heimer Abstimmung, gewählt. Damit ist ein erster lund wichtiger Schritt zur allgemeineir Einführung des geheimen Wahlrechts getan, Graf Bethlen hat heute ganz ausdrücklich erklärt, daß es sich hier um eineir Akt han­delt, durch den die bveiletl Volksschichten die Vorschulung zum richtigen Gebrauch des geheimen Wahlrechts ge­winnen sollen. Es will das nicht etwa ein Experiment sein, das später einmal wieder rückgängig gemacht werden soll. Dieser Gedanke liegt der Regierung ferli. Bloß sagt sie sich, daß die geheime Wahl zweifellos eine Anzahl sehr wertvoller und erprobter Momente verdrängen uild neuen Elementen, die bisher außerhalb des politischelr Lebens staitden, die Pforterr der Selbstverlvalrungskörper offneir wird. Diese neuelr Elemente verfügell nicht über die Routine derer, an deren Stelle sie treten. Sie stno noch Neulinge im Bereiche des öffentlichelr Dienstes. Die Regierurig zweifelt nicht, daß die Neuankömmlürge das Zeug in sich haben, mit der Zeit sich als brauchbare Stützen des öffentlichen Interesses zu erweisen. Aber über Ièacht konmnt ihnen das nicht zugeflogen. Sie müsten vorerst durch die Schule des praktischen Verwaltungs­lebens gehen. Und beweisen müssm sie, das; sie über die Urteilskraft und das Verantwortungsgefühl verfügen, ohne die das ihnen verliehene Mitbestimmungsr.'cht dem öffentlichen Dienste nicht zuträglich werden könnte. Und werm dann die geheime Wahl irn öffentlichen Leben der Komitate erprobt sein wiâ, werden von selbst alle Zweifel und Bedenken Wegfällen, die der Ausdehnung des geheimen Wchlrechts auf die ParlammtÄvählen im Wege stehen könnten. Der Gedanke ist gut und fruchtbar. In der Lage, in der sich das Land heute befindet, muß es sich dem Luxus eines Sprunges irrs Blaue versagen. Die geheime Wahl, dieses letzte Erfordernis der Demo­kratie, das bei uns noch nicht verwirklicht ist, kann die an sie geknüpften Erwartungen nur erfüllen, wenn den breiten Volksschichten vorerst Gelegenheit geboten ist. sich den erforderlichen politischen Klarblick im ösfontlichea Leben der Munizipien zu erwerben. Das ist kein Hin­auszögern aâ ArUtzoa« oalenckas. Eine Vorstufc rst es, die Len in absehbarer Zeit zu gewärtigenden Sieg oes Gedankens der geheimen Wahl mit voller Sicherheit ver­bürgt. Wir ziveifeln nicht, daß die ausländischen Detno­­kratierr diese Neuemng in solchem Sinne auffassen und nach Gebühr würdigon werden. Das zweite Mmnent, Las voin Grafen Bethlen her­vorgehoben wurde, betrifft die Garantie, die in der Vor­lage dafür geschaffen ist, daß die Selbstverwaltung sortab sich in ungetrübtem Einklang mit den Anforderungen des Systems der parlamentarischen und verantwortlichen Re­gierung betätigen wird. Aus oben dargelegten Gründen konnte der Vollzugsgewalt Las Recht auf Auflösung der , Munizipien in 'der Vergangenheit nicht eingeräumt werden. Aber die nunnrchr erreichte volle staatliche Un­abhängigkeit Ungarns, in der unserem staatsrechtlichen Besitzstand von Wien her keine Gefahr mehr droht, er­fordert gebieterisch, daß der staatlichen Vollzugsgetvalt die Machtvollkommenheit eingeräumt werde, renitente Autonomien, die den Staatswillen sabotieren, aufzulösen und solcherart etwaigen destruktiven Bestrebungen von vornherein den Baden zu entziehen. Die Auflösung wird lich und einzigartig schasst, ist keiner, der zum Kunstwerk werden kann. Sie müsten eins werden. Und werden es in der Musik, der magischen und der mysteriösesten unter allen Künsten, nur dann werden, wenn jedesmal eine neue Fomk entsteht, oder wenn die überlieferte eben von der Art ist, die einen Lebenssinn aussagt: so wie das Rondo das immerwährend wiederkehrende Erlebnis zeich­net, das einem Charakter widerfährt und doch jedesmal aârs und -auf höherer Stufe kommt; so wie die Varia­tion, in der eine Erscheinung durch alle möglichen Schick­sale getrieben wird; so wie die Sonate, in der die The­men in ihrer Kontrastierung einen MensckM mit seinem Widerspmch zeigen, Mann und Feind oder Mann und Gefährtin — und beide im Kampfe der Durchfichrung ein Abbilb des Lebens, der tragischen oder ftohen Ge­schicke uird ihrer schließlichen Lösung in Erhebung oder Untergang geben. Wer hier nur subjektive Ausdeutung eines unheilbaren „Hermeneuten". also eines eigentlich -unmusikalischen, nur in Affektsymbolik zum Verständnis der Meister gelangenden Menschen sieht, dem ist ebenso­wenig zu helfen wie diesem Menschen selbst, dem keine Kunst etwas geben will, die nicht Ausdruck einer großen Seele, ihrer Auseinandersetzung mit Len Mchten des Läbens und ihres Weltbildes ist. An all dieser Verwirrung trägt die vielverlästerte Programmusik einen Teil der Schuld. Aber nur einen, Teil. Denn so wenig eine Musik geben kann, die ein von vornherein gegebenes Pensum sklavisch illustriert, so sehr Wesen und Würde der Tonkunst verletzt wird, wenn sic gezwungen werden soll, gegenständlich nachahmend zu sein, Vorgänge der realen Wirklichkeit abzumalen und sich der Mittel anderer Künste zu bedienen, so wenig kann es eine Musik geben, die nicht doch in einem gewissen Sinn „Programm" ist: keiner der gewaltigen Meister hat ein Mrk geschaffen, in dem nicht ein Erlebnis, eine Seelenstimmung, der Eindruck einer Landschaft oder selbst der einer Dichtergestalt in ihren Tönen wieder auf­erstanden und in das Medium des Klangs, in die Viel­deutigkeit und die Wirklichkeitsferne ihrer trotzdem mächtiger und deutlicher als alle Worte sprechenden Musik übergegangen wäre; sie selbst, Beethoven an der Spitze, zeugen dafür. Wo das Wort eintritt, sei es im Liede, im Sinfonischen, im Oratorium oder im Drama, und davf nur erfolgen, wenn ein Selbstverwaltungskörper sich denr Gesetz oder der Weisung einer von der parlamen­tarischen Mehrheit unterstützten Regierung widersetzt. Dieses Auflösurrgsrecht ist michin ein .Korollar, ohne das der gesetzliche Staatsüville Len Willkürlichkeiten aller sub­versiven Strömungen schutzlos preisgegebcii iväre. lieber die Verwaltungsreform wird ja, bis sie Gesetz wivd, noch manches Wort zu sagen sein. Es wird sich gewiß auch im Plenum des Abgeordnetenhauses eine j^tarke Debatte an dieses Reformwerk knüpfen, chas berufen ist, den Autonoiniegödankeu mit den Anford^erungen der rno­­dernen, auf dem Prinzip der parlamentarischen Regie­rung beruhenden Staatlichkeit in Einklang zu bringen. Wenn, was nicht zweifelhaft sein kann, der Regierungs­entwurf ohne wesentliche Aenderungen in Gesetzeskraft erwächst, wird man sagen können, daß det ungarische Staat Lamit sich den Geboten seiner neuen Lage in ziel­strebiger Weise angepaßt haben wird. Die Sitzung des Verwaltungsausschusses. Jil eiiur eiiszigen Sitzung hat heute der Verwaltungs­ausschuß des Abgeordnetsnhauses die Verwaltungs­­resormvorläge i» erster Lesung erledigt. Die 'Debatte nahm nur wenige Stunden iu Anspruch, war aber sehr lebhaft imL iuteressaut und erhielt Lurch eine große Rede des Ministerpräsidenten Grafen Stefan Bethlen, die wir au anderer Stelle würdigen, ganz besondere Bedeutung. Ton Vorsitz fichrte AbgeorLnster Joses Bottlik, die Regierung tvar durch Len Ministerpräsiden­ten und den Staatssekretär inr Ministerium Les Innern Dr. Sztranyavßky vertreten. 'Als erster sprach Abgeordneter Dasider Buday sChristlichsoz.). Er gab seinem Bedauern darüber Ausdruck, daß die Vorlage nicht für Groß Ungarn, sondern für Las Trianoner RnmpflanL gesckfaffen worden -ist und meiMe, daß die heutige mrgarische GMeration Lies um so inehr zu be­dauern habe, weil die Vorlage gegenüber der Vergangenheit große Fortschritte - im ggnzeii Bereiche der Varwal­­iung austvoist, uamLniltch durch die Einführung des allge­meinen, gleichen und geheimen Wahlrechts in der Komitatsorganisation, durch die Ver­einfachung der Venvaltung und die Einbezichung der Fach­­tinL Jnterestenvertretungen >in die Munizipalausschüsse. Er fand auch, daß die Vorlage zahlreiche Bürgschaften der Autpä nomie enthalle, bemängeite aber, daß in deir 'NMlen Mum­­zipalansschüssen die abhängigen Existenzen ^ie Mehrheit bositzen werden, und schlug aus diesem Grunde vor, daß Ärei Sechstel aller Mitglioder der Vkun-izipalausschüssc aus einer Volkswahl hervorgehen, zwei Sechstel aus gewähl­ten Virilisten bcstehe-n sollen und ein Sechstel den Fach- mck Jnteressenvertrelu-ngen Vorbehalten bleibt. Der Redner be­grüßte auch die S-^ffung der sogeimirnten klein-eir Ausschüsse init Genuqt-lrung, weil die Verwaitungsausschüsse sich in ihrer heutiai'N Zusammensetzung als arbeitslrirfähig erwiesen haben, Abgeordneter Dr. Hegymegi Kiss war nicht so optimistisch wie sein Vorredner. Nach seiner Ansicht sicht der Entwurf im Dienste der zentralistischert Bestre - Lungen der Regierung und hat den Gedanken zur Grund­lage, daß die Hegemonie der MitteMlasse in den Munizipieii und namentlich in den Koinitaten erhalten bleibe. Daran, sagte «r, »oäre eigentUch nichts auszusetzen, — ilm so schwerer aber fällt es iir die Wagschale, daß der Eiitwurf die Autonomie zum Wsterbeii verirrteilt. Es ist ein schwerer Fehler, daß die Munizipâertretung für übermäßig lange Zeit, für die Dauer von zehn Jahren stabilisiert wird, unL zu bemängeln wäre ferner, daß die Kompetenzen der Obergefpäne ausgedehnt werden. Auf Lie Weiterentwicklung der Städte und Gemeinden aber wird überhaupt kein Ge­wicht gelegt. Zu diesem Zwecke wäre es nötig, wenrr die städtische und die Komitatsverwaltung voneinander getrennt wu^n. oberste Aulssichtsrecht des Ministers wird r» geregelt. Tas müßte schon jetzt geschehen »ich der Regierung müßten den Obergespäne» ârlasson worden weil es nicht angche, das Miniskeriu« Mit leder 'âgatelle zu molestiercn. Die Maminutk-rmitate mutzten iii kleiiiere aufgcteilt werden. Es ist verfchlt die ^rancn aus den Munizipalansschüsseil auszuschalten. Nach den Erfahrungen, die Mit dem passiveir Frauenwahlrecht qe­­macht t^rden, kann gesagt werden, daß die Frauen damit reinen Mißbrauch getrieben und sowohl im Mgeordneten- Hanse, als auch iir der hauptstädtischen Munizipalversamm. mng auf der Hohe staiideii, wenii cs sich um soziale s^ragen handelte. Besonders zu bemängeln wäre das ge­plante System dsii DisziplinargerichtSSarkeit: das alte Gesetz aufrichtiger. Bisher hat das Disziplinarrecht der ! Minister selbst ausgeübt, es war also jemand vorhanden, der die Verantwortung für die getroffenen Entscheidungen trug. In seiner heutigen Form muß der Entwurf aus all diesen Gründen abgelehnt werden. Wgeordiister Gáza F. Szabö führte u. a. ,aus, 'daß Ler èjetzeiitwurs dazu beriefen ist, deir natioiMleii Gedanken zu sicherii, -^s ailtonomistische Prinzip zu betonen und ein ze i ig e m äßcsinoderncs Verfahren in unserer Verwaltung einMirgern. Die Vorlage ist keine äbgeschlos. jene Rechtsschöpfung, sondern nur eilte novellarische Versü­­gung und stellt einen -Schritt zur kodexartigön ReMsschöpfunq 'd-U. Zw ihren wichtigsten Bestimmungeii gehören, jene, die sich auf die Einbeziehung der InÜeref,sengemein - ^.^âfrep.und der Fachvertretungen in das Leben der Munizipalausfchüsse bezichen, deiiii Lies lbedeutet qlei-ch­­zeitig die Einbezichung der Kräfte der Gesellschaft in den Krers der 'Verwaltung. Der gewählte Virilismus ist nichts aitderes, als die EinDhrung der Jateresseiigruppen der Viri­­listen. Der Grundgedaiikc des Virilismus liegt darin, daß derienige, der eiN größeres Verinögeii besitzt, gleichzeitig auch ein größeres Interesse ail deir öffentlichen Äiigelegeirheiten bekuitdet. uird wer materiell UimbhLnglg ist, der ist in der höhere geistige Qualifikation anzueignen. Cs unwahrscheinlich, Laß es einen Munizipal­­aus,schuß gelben würde, -der Veranlassung dazu stieten könnte, daß er aufgelöst werde. .Hoffentlich büdcutet die Vorlage Aetchzeitig einen Schritt zur Schakfunq eines eigenen Status. ' c>r -.?^E'geordneter Dr. Fâbiâir gab der ckeberzeuauna Ausdruck, daß ln dein Kanrpfe zwischen den Anhängern der zentralistischen Richtung und dem autonomrstiisc^n Prinzip den Sieg die Zentralisten davongetragen haben. Der rzortschritt, den die Vorlage in demokratischer Rich­tung aufweist, ist iiur ein scheinbarer; der Entwurf bedeutet im Vergleich zur frühereii Lage eine Rückent­wicklung/ weil durch das Auflösiingsrecht der Regierutig das Recht des Widerstandes der Komitate sehr wesentlich be­einträchtigt Wird. Der Umstand, daß gegen die Auflösung an j den Verwaltungsgerichtshof appelliert werdeir kann, bedeutet , nichts. Das System der Interessenvertretungen finden wir , auch bei den Sowjets, wie denn überhaupt sestgestellt werden s muß. daß einzelne Bestimmungeii der Vorlage eine gewisse s Aehnlichreit mit den Sowjets aufweifen. Ministerpräsident Graf Bethlen: Wir sind also imlteinemWort noch weiter qeqanaeu als dle Sozialisten! s Abgeordneter Dr. Fâbiän schloß damit, daß die Vor» läge den Toddes alten Kvmitats bedeut et und daß er sie deshalb nicht annehmetr könne. s Abgeordneter Dr. Petrovâcz übte an der Vorlage ebenfalls ziemlich scharfe Kritik und bemängelte unter anderem, daß die auf die Städte uird Komitate bezüglickM Verfügungen zusammengefaßt worden sind. Diese Ver­­! fügungen muffen unter allen Umständen von einander ! separiert werden. Der glücklichste Teil der Vorlage ist der, der sich auf die Einführung der Fachmäßigkeit bezieht. Zu begrüßen sind auch jene Verfügungen, die die Aufrechterhal­­tuna der Ordnuna -rum Geaenitand babén, denn nack» den hat es eine einengende Wirkung; es läßt der Phantasie keine Wahl, weist ihr einen bestinunten Weg aus dem Unbestimmten, das den eigensten Zauber der Musik bedingt und setzt an die Stelle der tausend Assoziationen, die von den 5tlängen wachgerufen werden, eine einzige. Das ist Verarmung und kann zugleich Bereicherung sein. Und nicht nur deshalb, weil die Menschenstimme die wundervollste Botschaft „von oben" ist, weil wahre Musik Gesang und wieder Gesang sein will, wenn auch nicht „Melodie" von der Art, die jeder Schusterjunge nachpfeifen kann, — aber von jener, die sich wie die Stimmen der entscheidenden Stunde unauslöschbar dem Gemüt einprägen, wie die Stimmen der Natur und des. geheimsten Klingens der Seele. Es gibt Tondichter, denen die Gabe eigen ist, ohne Beihilse des Wortes und des Vokalen und auch ohne eigentliche Tonmalerei, nur durch die Plastik und durch die Suggestionskraft ihrer thematischen Erfindung derart „mit den Ohren sehen" zu zwingen, daß sie tatsächlich reale Vorgänge, eine Gestalt, ein Naturerlebnis vor die geistigen Augen zu zaubern vermögen: Richard Strauß ist ein solcher und bringt es zuwege, nur mit den Mitteln des Instrumen­talen eine Dichtersigur, eine Alpenwanderung, eine Lebensstunde, ja eine Gebärde und nicht nur ein Gefühl oder die Stimmung einer besonderen Situation so stark und so unwiderleglich zur tönenden Gestalt zu bringen, daß ein Mißverstehen oder Andersverstehen kaum denk­bar ist. Aber vielleicht steht diese Gabe des eindeutigen Ausdrucks und der klanglichen Sinnsälligkeit nicht ganz so hoch wie die des Vieldeutigen — weil sie geheimnislos ist und nichts vom Geheimnis und vom Rätsel der Schöpfung aussagt. Aber sie ist nicht nur unerhört in der Macht des visuellen und zugleich des einotionellen Aus­drucks, sondern darin, daß alles zu Musik und nichts als Musik geworden ist, und zu einer, in der sich die Vor­stellung der sichtbaren und die der innerlichen Ereignisse vollkommen in Form und Klang umgesetzt hat, und daß auch ohne jedes aufhellende Wort prachtvoll organisch gewachsene und als solche verständliche, nicht erst einer Exegese bedürftige Tongebilde voll Glanz und Schwung dem formbildenden und bestimmenden Anlaß entsprungen sind. Das unterscheidet sie in Form und/ Inhalt von den fragwürdigen Produkten der bloß illustrierenden Programmusik. Es gibt Leute, die ein Bild erst dann verstehen und genießen, wenn man ihnen gesagt hat, was es ,chor­­stellt": die ausgedrückte Stimniung, die Symbolik der Farbe und ihrer Akkorde, die Kraft der eigentlich maleri­schen Empfindung sagt ihnen nichts oder erst dann etwas, bis ihnen das Stoffliche, das Vorbild, das Anekdotisch- Literarische klar ist. So stehen auch viele der Musik gegen­über; sie wollen zunächst wisien, was sie ausdrückt, welchem Vorgang sie klingende Form gibt, und ahnen kaum, daß nicht darin, sondern in der Sublimiemng all besten durch die ThemenLildung, durch Bau und Entwiâng und durch die inneren Zusammenhänge ihr wahres Wese» liegt; und ferner, daß nicht die Mittel der MeloÄk, der Harmonrk urrd Modulation, des Orchesterklanges und des Rhythmus das Entscheidende sind. Erst was durch die Zeichen des Wortes, der Farbe, der Töne zum Gleichnis wirb, bedeutet das Kurrstwerk. Und hier ist auch der wesentliche Inhalt der Musik zu suchen. Das wird heute geleugnet. Aber die fortschreitende Entseelung und Mechanisiemng der Musik kann nur erne vorübergehende Episode bleiben, die zu neuen Möglichkeiten führt. Kunst ohne Ausdruck ist ein Widersinn in sich. Die heutigen Ingenieure, Maschinenbauer und Uhrmacher der Tonkunst, so interestant ihr Suchen ist und so viel Be­gabung auf ein Musizieren gegen ewige, kosmische, nicht von Menschen konstmlerten, solidem gefundenen Gesetzen verschtvendet wird, mögen als Wegbereiter Geltung be­halten und als Führer zum Verstehen der Wahrheit, daß nicht nur Lied und Oper, in denen das Dichterwort der Einbildungskraft den Weg weist und dadurch jeden anderen sperrt, sondern gerade nranche Jnstrum'ntal­­werke das Höchste aussagen können, dcsten das Menschen­herz und der Melstchengeist fähig sind. Aber dazu muß fteilich lvieder Ausdruck und Seele, Erlebnis lmd Be­­kenntins zu Musik werden — Gesang, die „ewige Melodie" wird wieder entdeckt lverden oder doch erkannt werden müsten und nicht zu Gleichungen und mathemati­scher Physik, nur zum Gleichnis und zu Metaphysik in Tönen werden. Dieser Rückschlag muß kommen. Die Welt ist rund und muß sich drehen... kirsitag', I. k'sbruLr 1929

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