Pester Lloyd - esti kiadás, 1938. június (85. évfolyam, 122-144. szám)

1938-06-01 / 122. szám

Mittwoch, f. Juni 1938 Der Honvédetat vor dem Abgeordnetenhause. In der Vormittagshälfte der heutigen Sitzung verhandelte das Abgeordnetenhaus bei ziemlich regem Interesse den Honvédetat und es mag mit Genugtuung festgestellt werden, daß alle Redner ohne Unterschied der Parteistellung, den Sozial­demokraten Malasits mitinbegriffen, für den kräf­tigen Ausbau der Wehrmacht eintraten. Ministerprä­sident Dr. Imrédy verbrachte einen Teil des Vor- ■ mittags im Abgeordnetenhause und empfing den neuemannten Chef der Militärlsanzlei des Reichsver­wesers, den FML. Jahn, zu einer Unterredung. In Kreisen der Regierungspartei wurde heute mit großer Befriedigung darüber gesprochen, daß die Partei nunmehr ihre in den letzten Monaten in Stockung geratene Werbetätigkeit energisch aufzu­nehmen gedenkt. Den Auftakt wird eine Großver­sammlung der ostungarischen Landwirte in Debrecen bilden, in der Ministerpräsident Dr. Imrédy, Acker­­bauminister Sztranyavszky und Abg. Nagy v. Tasnád, der Präsident der Partei, Reden halten werden. Politisch ist noch von Interesse, daß der Ver­waltungsgerichtshof mit seinem heutigen Urteil das Mandat von Kőszeg dem Kandidaten der Christ­lichen Vereinigung Alexander Kovács zugesprochen hat. Eine Zwischenwahl findet demnach in Kőszeg nicht statt, nachdem der früher gewählte Abgeord­nete Dr. Zoltán Hindy infolge eines Urteils der In­­kompatibilitätsjury sein Mandat niederlegen mußte. Den Sitzungbericht lassen wir hier folgen: Auf der Tagesordnung der heutigen Sitzung stand! die Verhandlung des Honvédetats. Berichters tetter Abg. Dr. Elemér Farkas (Einheit) erklärte, es wäre ein Verbrechen an den heiligsten Inter­essen der Nation, die außenpolitische Lage, den fortge­setzten Wechsel der Richtung der Weltpolitik nicht zur Kenntnis nehmen zu wollen und nicht alle Opfer anzu­wenden, um unser Heer zeitgemäß umzugestalten. Nicht nur die Posten dieses Voranschlages, sondern auch das In­­vestitionsprogramm dienen zum größten Teil dem Zweck, unserer Armee das zu geben, was unerläßlich notwendig sei. Mit größtem Stolz und mit größter Genugtuung stelle er fest, daß die ganze Nation dieses Lasten mit Freude übernehme. (Lebhafter Beifall.) Mit patriotischem Stolz müsse die Einmütigkeit begrüßt werden, mit der jedes Mitglied der Nation das papierene Diktat von Tria­non zerreiße und unsere Honvéd ausgestalten wolle, aus­schließlich im Interesse des Friedens und um zu doku­mentieren, daß diese Nation alles, was ihr Gott gegeben habe, jedermann gegenüber zu schützen wisse. (Lebhafter Beifall und Applaus.) In dieser Frage gebe es keinen Ge­gensatz zwischen der militärischen und der zivilen Bevöl­kerung, und es könne auch mit Genugtuung festgestellt werden, daß in den letzten 20 Jahren die Gesetzgebung der Armee stets das bereitwillig gegeben habe, was die Regierungen gefordert hatten. Auch den Sozialdemokra­ten gebührt hiefür Anerkennung. Die ungarische Nation verlasse sich auf niemand, denn sie wisse, daß ein Volk, daß seine Sicherheit und seine Zukunft ausschließlich auf fremde Unterstützung aufbaue, den Namen Nation nicht verdiene und nicht würdig sei, in den Reihen der Völker zu bleiben. Die moralische Gerechtigkeit sei ja auf dem Marsche und rechtfertige die friedlichen Absichten der Nation sowie das Verhalten der ungarischen Gesetzgebung in den letzten 20 Jahren. Er empfahl den Etat des Hon­­védressorts zur Annahme. (Lebhafter Beifall und Applaus.) Abg. Malasits (Soz.) sprach zunächst von dem schwindelerregenden Tempo der Rüstungen der Großmächte, ein Tempo, das bedauerlicher­weise auch von vielen kleinen Staaten nachgeahmt werde. Durch diese riesigen Rüstungen werde die Bevölkerung immer ärmer, denn die Ausgaben, die man jetzt für die Rüstungen verwende, hätte man in anderen Zeiten zum Schutz der Menschen verwenden können. Dazu komme noch die Verschlechterung der politischen Lage in Europa, so 'daß man Tag für Tag angsterfüllt die Zeitungen in die Hand nimmt. Werden die Rüstungen in diesem Tempo fortgesetzt, so werden die Völker bald darauf kommen, daß der Krieg billiger sei als die Aufrechterhaltung des Friedens. Es sei eine traurige Genugtuung für die Sozial­demokraten, daß man, solange sie in den Staaten Mittel­europas nicht unterdrückt worden waren, ernstlich von Abrüstung gesprochen, keinesfals aber an ein so fieberhaf­tes Tempo der Rüstungen gedacht hatte. (Großer Lärm und Widerspruch). Abg. Németh (parteilos): Und die Regierung Léon Blums in Frankreich? Abg. Malasits erklärte, im Zusammenhang mit den großen Opfern ver­langen er und seine Partei vom Honvédminister, dafür zu sorgen, daß alles, was das ungarische Heer brauche, in Ungarn hergestellt werde. (Lebhafte Zustimmung.) Das ungarische Heer sei nicht darauf angewiesen, von Herr­schaften abgelegte Rüstungsgegenstände anzuschaffen, und Kriegswerkzeuge, die sich anderweitig nicht bewährt haben, sich anhängen zu lassen. Die ungarische Industrie sei imstande, alle Bedürfnisse der Honvéd zu befriedigen, gleichzeitig aber müsse der Minister verhindern, daß die Arbeitskräfte in den Industrieunternehmungelf ausgebeutet werden. Ferner verlangte der Redner eine Verbesserung der Menage der Soldaten, die Unterstützung der Familien der zum Militärdienst einberufenen verheirateten Personen, und zwar die Organisierung dieser Unterstützung nach Schweizer Muster. Es sei wohl verständlich, daß das Honvedministerium sparsam sei, allein bei den Bestelllun­gen bei den Kleingewerbetreibenden dürfe diese Sparsam­keit nicht in Engherzigkeit ausarten. Abg. Dr. Rät® (Einh.) erklärte, es gebe auf der ganzen Welt keine andere Armee, die unter so schwierigen Umständen geschaffen worden sei, wie die ungarische Natiionalarmee, die im. Jahre 1919, als idias Land durch die Bolschewikeniherr­­schaift an den Rand des Rókus gebracht worden war, durch Nikolaus v. Horthy wieder aufgerichfet wuTde. Die militärische und politische Lage Ungarns war zu jener Zeit umso schwieriger, als die Sieger der ungarischen Na­tion Fesseln auferlegte®, während unsere Nachbarn, die Staaten der Klein:® Entente, bis an die Zähne bewaffnet waren, wobei das französische Kapital eine führende Rolle spielte. Aber im Laufe der Jahre habe es sich ge­zeigt, daß die Lage der Kleinen Entente keineswegs so ideal gelblieben war, wie im Jahre 1919. Eine neue Situa­tion sei inizweischen entstanden, und der Begriff „Sieger und Besiegte“ habe stich inzwischen verschoben. Für die Lage im Donaubecken bekunden denzeit alle europäischen Mächte idias stärkste Interesse. In diesen Zeiten,, da allem Anscheine nach die große Abrechnung naht, müssen wir auch für die weitere Entwicklung dér ungarischen Ho-rr véd Sorge tragen, dde 1918 durch den künstlich genähr­ten Pazifismus und den Defaitismus fast vollständig ent­waffnet worden ist. Gegen Ende des Krieges, da Clemen­­ceau den Kampf bis zum äußersten ankündfgte, war die mit kalten Umschlägen auf den Kopf dem Übel zu steuern suchen. Eine unaussprechliche Sehnsucht nach Bettruhe überkam ihn. Doch wie weit war es noch bis dahin! Wohl eine halbe Stunde brauchte er, bis er die Trambahn erreichte und eine weitere halbe Stunde, bis er in seinen Bezirk gelangte. Dann mußte er noch ein gutes Stück Weges zu Fuß bis zur Wohnung zu­rücklegen. Er raffte sich auf und versuchte von neuem zu gehen, doch seine Beine versagten den Dienst. Beleuchtete Autos sausten an ihm vorbei, deren glückliche Insassen in wenigen Minuten ihr Heim erreichen würden. Vielleicht, daß doch eines von ihnen stehen bleiben und der Herr am Volant zu ihm sagen würde: „Ich sehe, Ihnen ist unwohl. Steigen sie doch ein — wohin kann ich sie führen?“ Doch keinem fiel es ein, sich um ihn zu küm­mern, alle sausten weiter und waren gleich darauf in der Dunkelheit verschwunden. Freilich, dachte er, wie sollten sie auch ahnen, daß hier auf der Landstraße einem ihrer Mitmen­schen die Kräfte versagen? Ich muß mich ihnen be­merkbar machen! Wieder tauchte das blendende Licht zweier Scheinwerfer auf. Er taumelte gegen die Milte der Straße und hob seinen Armg. Der Wagen verlang­samte das Tempo, jemand fragte, was er wolle, doch er konnte nicht rasch und laut genug antworten und der Insasse fuhr unwillig weiter. Immer wieder kamen Autos an ihm vorbei, schon mehrmals hatte er vergeblich den Arm er­hoben und mit schwacher Stimme „Halt!“ gerufen. Da blieb endlich ein Wagen kaapp neben ihm stehen, der Chauffeur sprang heraus und öffnete dienstbereit die Türe. „Ach, ein Taxi...“ sagte er etwas verlegen, während er sich mühsam in den Wagen schob. Der Chauffeur nickte lächelnd, stützte ihn mit geübtem Griff unter der Schulter und setzte ihn behutsam nieder. Wie wohl tat es, sich in die federnden Sitze niederzulassen! Doch da fiel ihm etwas ein. ehemalige österreichisch-ungarische Armee von id'er defaP tistische® Lehren bereits durchsetzt Im Jaihre 1918 wa< ren wir beiweitem nicht so schwach, wiie dies den An­schein ihatt«, undi auch heute noch fehlt uns eine gesunde öffentliche Meinung. Abg. Dr. Fábián (Dem.): Der neue PropagandaminIlster wird) die Sache schon machen! Abg. Dr. Rátz: Vielleicht wäre es anders gekommen, wenn wir auch während des Krieges ein PropagandámLnisterium gehabt hätten» (Lärm und Widerspruch links.) Der Redner berief sich sodan® auf die Umbildung der japanische® Regne* rung, die sich bis zu 100 Prozent auf die Produktion und auf die Aufrüstung eingestellt habe. Das gleiche sei auch in Deutschland und in Frankreich der Fall. Auch wir Ungarn müssen auf diesem Gebiet bis an die äußerste Grenze des Möglichen gehen, die de* Ministerpräsident in seiner Programmredle bereits angekümdigt habe. Da Red­ner der Regierung volles Vertrauen entgegenbringe, nehme er den Etat an. Abg. Esztergályos (Soz.) brachte die Beschwerden der Kriegsversorgten zur Sprache. Er ersuchte den Minister, die Differenz zwi­schen den neuen und den alten Invalidenrenten zugunsten der ersteren auszugleichen. Er bemängelte, daß die Durchführungsverordnung des Invalidengesetzes für jene Kriegswitwen und -waisen, die einen besonderen Brot­erwerb haben, die Minimalgrenzen zu niedrig festgesetzt habe. 60, bezw. 90 Pengő, meistens mit harter Arbeit er­worben, sei bei den heutigen Lebensmittelpreisen eine viel zu niedrige Summe, um dabei auf die Witwen- und Waisenrente verzichten zu können. Der Redner erwähnte sodann die Ungerechtigkeiten, die bei der Festsetzung des Prozentsatzes der Invalidität Vorkommen. Er wandte sich an die Militärärzte mit der Bitte, hiebei ihre Arbeit im Geiste der wahren Kameradschaftlichkeit zu verrich­ten. Den Etat lehnte er ab. Abg. Dr. Arvátfalvi-Nagy (Einheit) warf einen Rückblick auf die Geschichte des Weltkrieges. Als er feststellte, daß wir den Krieg wegen des Zusam­menbruchs des Hinterlandes verloren hätten, begegnete er lebhaften Widersprüchen von den Bänken der Sozia­listen. Er sehe mit Freude, daß sich die Verhältnisse heute verändert haben und eine jede Partei des Abgeord­netenhauses einmütig für die Kräftigung unserer Armee eintrete. Der Redner betonte die besondere Wichtigkeit der beschleunigten Entwicklung der Luftstreitkräfte. Ne­ben der wirksamen Ausbildung der aktiven Offiziere müsse auch auf die militärische Erziehung der Freiwilli­gen großes Gewicht gelegt werden. Er verlangte die Ein­führung der zweijährigen Dienstzeit. Überdies solle nach dem Muster der uns befreundeten großen Staaten die ge­samte Einwohnerschaft des Landes in die Vaterlands­verteidigung einbezogen werden. Zu diesem Behufe sei eine gesteigerte finanzielle Unterstützung der Levente­und Schützenorganisationen unerläßlich. Der Redner be­tonte sodann die Wichtigkeit eines pietätvollen Geistes den gefallenen Helden gegenüber und befürwortete die Wünsche der Kriegswitwen und -waisen aufs wärmste. Seines Erachtens stehen die Renten der hundertprozenti­gen Invaliden auf europäischem Niveau; dagegen wurden die Renten der niedrigeren Kategorien unverhältnismäßig karg bemessen. Der Redner bat die Regierung, die Han­delsgesellschaften in der Hinsicht strenger zu über­wachen, ob sie ihren gesetzlichen Verpflichtungen in be­zug auf die Anstellung von Kriegsinvaliden auch gewis­senhaft nachkommen. Die kriegsinvaliden Kleingewerbc­ Das barmherzige Auto. Von Z. SZUNYÁI. Es dunkelte schon. Hunderte kleiner Lichtpunkte llimmerten auf den Hängen der Budaer Berge. Die beleuchteten Autos, die an ihm vorbeisehossen, ließen mit dem roten Licht ihrer rückwärtigen Lampen für Augenblicke die Bahn der int Dunkel vor ihm liegen­den Straße erkennen. Er war noch weit von der Stadt. Hier und dort glänzte in der Feme die Donau, als läge ein unbeweg­liches Stahlband zwischen den leuchtenden Perlen­schnüren der Ufer. Die Müdigkeit, die schon lange auf ihm lastete, wurde immer unerträglicher. Er fühlte eine sonder­bare Starrheit in den Gliedern und ein Prickeln wie von tausend Nadelstichen. Sein Atem ging schwer und es war ihm, als hätte sich sein Bewußtsein vom Kör­per losgelöst und blickte aus weiter Ferne teilneh­mend auf den verlassenen, gepeinigten Leib zurück. Sein Herz zog sich zusammen und kalter Schweiß trat aus den Poren. Er bezwang die in ihm aufstei­gende Angst, doch seine Bewegungen blieben starr und unbeholfen, als wäre er vom Schlage gerührt. Er dachte besorgt daran, daß ein ernstes Leiden im Anzug sei und blieb stehen. Während er eine Zigarette entzündete, sah er betroffen, wie sehr seine Finger zitterten. Er tat einige Züge, doch der Rauch schmeckte ihm nicht und als er die Zigarette fortwerfen wollte, entglitt sie seiner Hand und fiel zu Boden. Das Lichtermeer der Großstadt, das vor ihm lag, begann sich langsam um eine unsichtbare Achse zu drehen. Er lehnte sich an den Stamm einer Akazie am Straßenrand und blickte hilfesuchend umher, obzwar er wußte, daß menschliches Mitleid machtlos war gegen das, was sich im Innern seines Körpers abspielte. Er hatte wohl seine Kräfte überspannt, — ver­suchte er sich zu trösten — in seinem Alter dürfe man sich keine so großen Marschleistungen mehr zumuten. Zu Hause würde er sich zu Bett legen und *n"L' ' ' rEirrnicr-i ■ ii- - . _j „Sehen Sie, lieber Chauffeur, ich habe im gan­zen nur so viel Geld bei mir, zwei Pengő und einige Fillér. Wenn der Taxameter auf zwei Pengő springt, steige ich aus und von dort will ich dann irgendwie mit der Trambahn... Es ist mir nämlich unwohl geworden ... und ich möchte wenigstens bis in die Stadt geführt werden.“ „O bitte, das macht nichts,“ meinte der Chauf­feur, bat um die Wohnungsadresse und schaltete «in. Ein anständiger Kerl, dachte er, weil er gleich sagte, er habe nicht genug Geld bei sich. Deshalb will ich ihn auch bis zur Wohnung fahren. Als der Passagier nach einer Weile rief, er wolle nun aussteigen, bemerkte der Chauffeur, er möge nur ruhig sitzen bleiben und sich in die Ecke drük­­ken, damit man ihn von außen nicht sähe. Sonst würde ihn der Schutzmann aufschreiben, weil er mit dem als „frei“ bezeichneten Wagen einen Passagier (befördere. Endlich blieb das Auto vor dem angegebenen Hause stehen. Der Chauffeur schob sich hinter dem Volant hervor und öffnete die Tür. „Sie können jetzt aussteigen, mein Herr!“ Da sich der Passagier nicht rührte, rüttelte er ihn sgnft an der Schulter, um ihn zu wecken. Doch da fiel dieser zur Seite und dem Chauffeur in die Arme. „Hallo! Zu Hilfe!“ rief der Chauffeur er­schrocken in die nächtliche Stille. In den beleuchteten Fenstern erschienen die Schattenumrisse aufgeregter Menschen und unter der nächsten Straßenlampc blinkte die Säbelscheide eines Schutzmannes auf. Dem Chauffeur fiel plötz­lich ein, daß er jetzt wohl aufgeschrieben würde. Er drückte die Tafel rasch herab und der Taxa­meter begann sogleich die zurückgelegte Strecke zu registrieren. Als der Schutzmann zum Wagen trat, meldete der Chauffeur: „Er ist erst vor kurzem eingestiegen, um nach Hause zu fahren und jetzt, als ich die Wagentüre öffne, fällt er plötzlich vom Sitz. Es scheint, daß er schon gestorben ist.“ PESTER LLOYD • 3 •

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