Ungarische Revue 1. (Budapest, 1881)

1881 / 6. heft - Anton Radó: Petőfi in Italien

514 PETŐFI IN ITALIEN. Hochschule, aus welcher sich die Universität entwickelte, die nun schon seit mehr als dreihundert Jahren eine der bedeutendsten civilisatorischen Factoren unseres Vaterlandes ist. Dr. Eugen Abel. PETŐTI IN ITALIEN. Es ist bekannt, dass Petőfi sich mit Vorliebe mit dem Stu­dium der italienischen Literatur befasste. Sein Lehrer, der jetzige Professor an der Budapester Universität, Anton Messi, weiss nicht genug von dem Eifer zu erzählen, mit welchem der Dichter die «canti popolari» las und übersetzte, und wie er den Sinn der­selben sozusagen errieth, ohne sich je viel um Grammatik und Syntax zu bekümmern. Die bilderreiche Sprache Italiens, das wunderbar Melodiöse der Verse, überhaupt aber die unerschöpf­liche Phantasie der Südländer fesselte den ungarischen National­dichter mit unwiderstehlicher Gewalt; sein Gemüth sympathisirte ausserordentlich mit der heissblütigen Poesie des Landes, welches schon durch den üppigen Beichthum seiner Natur zum Liede stimmt. Petöfi’s glühende Begeisterung für das Vaterland wett­eifert mit derjenigen eines Aleardi, seine heissende Satyre hat viel Verwandtes mit den Liedern Giusti’s oder Parini’s, seine Lieder erinnern an die kraftvollen Töne von Carducci’s Leier. Die Wahl­verwandtschaft, die zwischen den Dichtungen Petöfi’s und der ita­lienischen Lyrik herrscht, mag auch das Meiste dazu beigetragen haben, dass der Tyrtäus des ungarischen Freiheitskampfes am Fusse der Appeninen so schnell beliebt wurde. Der Petöfi-Cultus in Italien ist bedeutend älter als derjenige in Deutschland. Die I rsache dieser Erscheinung liegt grösstentheils darin, dass in der Zeit nach der Wafi’enstreckung von Világos sich viele Magyaren nach Italien geflüchtet und dort längere Zeit gelebt haben. Diese Emigranten, die auch an den italienischen Kämjifen theilnahmen,

Next