Ungarische Revue 14. (Budapest, 1894)

1894 / 1-2. heft - Jókai's Leben

JÖ KAI’s LEBEN. 125- Berufes bewusst: die erzählende Prosa, wo Viktor Hugo, besonders aber Eugen Sue, von nachhaltiger Wirkung auf ihn waren. Auch wenn er es nicht gestehen würde, wäre der Einfluss dieser vergötterten Schriftsteller leicht zu erkennen, er sucht das Ungewöhnliche, das Niegeschehene und es ist sein Ehrgeiz, «sich dort zu bewegen, wo der Huf des Pegasus noch keine Spur zurückgelassen.» So gelangte der ebenfalls im Alter von 18 Jahren angefangene erste Roman «Hétköznapok» (Wochentage) zur Vollendung, welcher anfangs in Musterstücken mitgetheilt, 1846 complet in zwei Bänden erschienen ist, begleitet von einer stattlichen Anzahl Novellen, den spre­chendsten Beweisen einer ungewöhnlichen Fruchtbarkeit, welche dem Dichter auch nach seinem fünfzigjährigen Jubiläum treu geblieben ist. Doch darf man darum nicht glauben, dass Jökai’s Auftreten so epochemachend gewirkt hätte, wie etwa Petöfi’s Lyrik, denn sowohl Nikolaus Jósika mit seinen historischen, als auch Eötvös mit seinen sozial-philosophischen, wenn auch gelegentlich stark tendenziösen Romanen standen auf ganz europäischem Niveau; auch die Novellistik war in guten Händen und hat in den Zeit­schriften, wie in Publicationen Einzelner höchst Anerkennenswertes gelei­stet. Trotzdem ist seine Erscheinung doch phänomenal, besonders wegen der schrankenlosen Gewalt seiner Phantasie, seiner unerschöpflichen Erfin­dungskraft und dabei seiner bewunderungswürdigen Sicherheit, welche ihn selbst in den kühnsten Conceptionen nicht im Stich lässt, sondern sich auch dem Leser in wohlthuendster Weise mittheilt. So hat er sich in seinen Erzählungen die packende Objectivität bewahrt, neben welcher Reflexionen nur selten als Gedankenblitze auftauchen und den Gang der Ereignisse eher fördern, als aufhalten. Zweiundzwanzig Jahre war unser Dichter alt, als ihm Franken bürg, der einen Ruf an die Hofkanzlei in Wien erhalten hatte, die Redaction der «Életképek» (Lebensbilder) übertrug. Jókai, der schon ein Jahr früher test entschlossen war, sich ausschließlich der Literatur zu widmen und die Fortsetzung seiner juristischen Praxis aufgegeben hatte, konnte sich nun, besonders im Anschlüsse an den hochgebildeten Anton Csengery in die mächtige Bewegung jener ereignisreichen Tage hineinleben. Hiermit beginnt auch für Jókai die Zeit des schweren Kampfes, denn gerade ihm hat das Schicksal eine hervorragende Rolle im revolutionären Kample zugedacht und unstreitig war er einer der geistreichsten und thatkräftigsten Journalisten dieser Gährungszeit. Er hat am denkwürdigen Tage des 15. März die von Josef Irinyi in zwölf Punkten verfassten Wünsche der Nation, der durch die Preßburger Vorgänge tief bewegten Bevölkerung der Hauptstadt in zündenden Worten erklärt, und war einer der Bahnbrecher der politischen Journalistik, wo er der jungen Bewegung anfangs mit seiner gewinnenden Art ebenso große Dienste leistete, wie später mit seinei lei­denschaftlichen, donnernden Sprache. Als Kossuth mit der ungarischen

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